Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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 Betreff des Beitrags: Folge 1774 - Ein schwarzer Tag
BeitragVerfasst: So 21. Mär 2021, 14:49 
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Folge 1774: Ein schwarzer Tag

Spieltag: Donnerstag, 18.03.2021


Bei den Dagdelens herrscht seit einer Woche mal wieder frostigste Eiszeit. Paul hat nach seiner Unterhaltung mit Lisa in der Vorwoche ernsthaft darüber nachgedacht, die Wohnung nicht zu nehmen, aber Mika hat ihm klar gemacht, dass die beiden bestimmt nicht so schnell eine andere bezahlbare Wohnung in München finden werden. Nachdem Paul und Mika dann schließlich die Zusage für die Wohnung bekommen haben, wollen sie heute zur Hausverwaltung gehen und den Mietvertrag unterschreiben. Lisa ist zutiefst enttäuscht von Paul und macht ihm in einem fort Vorwürfe, wie er ihr so etwas nur antun könne.
Auch jetzt, kurz bevor Paul sich auf den Weg zur Hausverwaltung machen will, legt Lisa noch einmal los und überschüttet ihren Sohn mit erneuten Vorwürfen.
„Mama“, sagt Paul, „was ist eigentlich dein Problem? Die Wohnung kann doch nichts dafür, was damals passiert ist. Meinst du, der tote Pfarrer spukt da noch rum, oder was?“
Lisa muss schlucken. „Ich kann diese Wohnung nicht mehr betreten, nie mehr!“ entgegnet sie energisch.
„Also wenn du das so siehst, dann dürftest du nicht mal mehr hier in dieser Straße leben“, argumentiert Paul. „Allein schon, was du hier früher mit deiner Mutter für schlimme Sachen erlebt hast. Dann das mit dem Pfarrer. Wenn das immer noch so belastend für dich ist, dann hättest du schon längst von hier weggehen müssen und nie zurückkommen dürfen.“
„Weiß du eigentlich, was ich damals durchgemacht habe?“ kreischt Lisa hysterisch und die Tränen schießen ihr aus den Augen. „Was ich für Schuldgefühle hatte? Ich hatte Albträume, ich konnte nachts nicht mehr schlafen! Hast du auch nur annähernd eine Vorstellung davon, wie es sich anfühlt, wenn man... wenn man... einen Menschen... getötet hat?“
„Das glaub ich dir doch auch“, erwidert Paul. „Aber... das hat doch nichts mit dieser Wohnung zu tun.“
„Paul, du darfst diese Wohnung nicht mieten!!!“ schreit Lisa hysterisch und pfeffert im nächsten Moment eine auf dem Tisch stehende Tasse gegen die Wand. „Ich verbiete es dir!!!“
„Mama, das ist lächerlich und das weißt du auch. Ich werde jetzt diesen Mietvertrag unterschreiben.“
Paul geht mit eiligen Schritten zur Wohnungstür. „Ich werde dich niemals dort besuchen können“, schreit Lisa ihm nach.
„Dann lass es“, sagt Paul und verlässt die Wohnung. Lisa blickt ihm einen Moment lang wie paralysiert hinterher. Dann sinkt sie hysterisch weinend auf dem Küchenboden zusammen...
Während Mika und Paul später auf ihren ersten eigenen Mietvertrag anstoßen – in dem Paul als Hauptmieter in Erscheinung tritt – kommt Lisa vorne und hinten nicht mehr zurecht. Den ganzen Tag tigert sie aufgewühlt in der Wohnung hin und her. Als Murat nach Hause kommt, lässt Lisa ihren ganz aufgestauten Frust sofort wieder an ihm aus. Sie ist der Meinung, er hätte mal ein Machtwort sprechen müssen, er hätte Paul von seinen Plänen, in diese verfluchte Wohnung ziehen zu wollen, abbringen müssen – aber er habe natürlich mal wieder gar nichts getan! Wie immer!
„Baby“, beginnt Murat zögerlich, „findest du nicht, dass du ein wenig überspannt bist...“
Lisa schnappt empört nach Luft. „Überspannt? Ich bin überspannt?!?“
„Naja, weißt du, es ist doch so, dass...“ Weiter kommt Murat nicht, denn Lisa bricht in einen hemmungslosen Weinkrampf aus. Als sie sich wieder einigermaßen im Griff hat, schluchzt sie los: „Ich hab mir immer nur gewünscht, dass mich irgendjemand liebt. Und mich versteht. Das es einen Ort gibt, wo ich hingehöre. Und es ist immer nur alles Scheiße gelaufen in meinem Leben. Meine Mutter wollte mich nicht. Meine erste große Liebe hat mich nur ausgenutzt und verarscht. Dann die Sache mit … dem Steinbrück. Nach meiner Ausbildung war ich dann ungewollt schwanger... Ich bin immer nur auf die Schnauze gefallen. Aber ich hab gedacht, jetzt ist endlich mal alles besser. Und was ist jetzt? Mein Sohn ist schwul und hasst mich. Mein Mann ist ein jämmerlicher Waschlappen, der nichts auf die Reihe bekommt. Ich muss mir jeden Tag in der Praxis den Arsch aufreißen, um diese Familie zu ernähren, weil du dazu ja nicht in der Lage bist.“ Lisa funkelt Murat aus eiskalten Augen an. „Weißt du was?“ zischt sie. „Dich zu heiraten, war wahrscheinlich der allergrößte Fehler, den ich in meinem Leben gemacht habe. Mit dir unfähigem Würstchen als Mann hab ich mir mein Leben endgültig versaut!“
Murat schaut Lisa fassungslos an – und obwohl die ihre Worte schon im selben Augenblick bereut, in dem sie sie ausgesprochen hat, hält sie seinem Blick stand und legt so viel Verachtung wie möglich in ihren Gesichtsausdruck. Murat dreht sich um, schnappt seine Jacke und verlässt wortlos und mit einem heftigen Türknallen die Wohnung. Lisa starrt noch lange regungslos die zugeschlagene Wohnungstür an.
Murat läuft derweil ziellos durch die Stadt. Kopflos, aufgewühlt, kaum in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Irgendwann hält er in einer Fußgängerzone inne, lässt sich auf eine Bank fallen und versucht, seine Gedanken zu ordnen. Wenige Meter von ihm entfernt sitzt auf einer anderen Bank ein knutschendes Pärchen. Murat beobachtet die beiden mit starrem Blick und denkt an die besseren Tage seiner Beziehung zu Lisa. Meint sie ihre verletzenden Worte wirklich ernst? Hat sie ihn wirklich jemals geliebt? Als das Pärchen aufsteht und Hand in Hand davon spaziert, ist Murat irritiert. Er glaubt zunächst, sich getäuscht zu haben, blickt den beiden hinterher – und ist sich dann ganz sicher! Der Typ ist Jakob Meinhold, der Freund von Andrea. Aber die junge Frau ist definitiv nicht Andrea.
„EY!“schreit Murat den beiden hinterher. „Ey, du!!!“ Doch keiner der beiden fühlt sich angesprochen und schon sind sie um eine Ecke verschwunden. Und Murat bleibt fassungslos zurück und weiß mal wieder nicht, wie er sich verhalten soll... Als er später am Abend nach Hause zurück kommt, hat Lisa seine Bettwäsche mal wieder auf die Couch ins Wohnzimmer befördert – Murat weiß, was das zu bedeuten hat und fügt sich schweigend diesem Schicksal...


Als Marcella sich am Morgen aus dem Bett quält, fühlt sie sich völlig matschig. Die halbe Nacht lang haben ihr unerträgliche Zahnschmerzen den Schlaf geraubt. Als sie nun bei ihrem Zahnarzt anruft, um einen schnellen Termin zu bekommen, teilt ihr eine Bandansage mit, dass die Praxis aufgrund von zwei Corona-positiven Mitarbeiterinnen die Praxis vorübergehend geschlossen ist – eine Vertretung wird nicht genannt. Fluchend beginnt Marcella, alle Zahnarztpraxen durchzutelefonieren – mit dem Resultat, dass sie so kurzfristig nirgendwo einen Termin bekommt. Nach gefühlten Ewigkeiten bekommt sie dann für den heutigen Vormittag schließlich doch noch einen Termin – bei einem Dr. Ritter in einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis. Allerdings liegt diese fast am anderen Ende der Stadt. Und sie muss doch auch das George öffnen. Die Umstrukturierungs- und Renovierungsarbeiten durch die neuen Besitzer sind inzwischen abgeschlossen. Zwar befindet sich auch das George immer noch im Lockdown und darf keine Gäste empfangen, aber Getränke und Snacks To Go werden für die Laufkundschaft trotzdem angeboten. Nachdem Marcella vergeblich versucht, eine ihrer Aushilfen für den Vormittag als Vertretung einzusetzen, stiefelt sie schließlich mürrisch selbst zum Café rüber, um ein Schild in die Tür zu hängen, dass das George heute Vormittag geschlossen bleibt. Vor der Tür warten bereits Lea und Konstantin, um sich einen Kaffee zu holen, doch Marcella muss sie vertrösten und die beiden wünschen ihr gute Besserung. Marcella begibt sich nun auf eine schier endlos erscheinende Reise durch die Stadt, um zu der Praxis zu gelangen: Zuerst mit dem Bus, dann mit der Tram und schließlich noch ein paar Stationen mit dem Bus. Die letzten paar hundert Meter geht Marcella schließlich zu Fuß und bestaunt die teuren Geschäfte und schicken Gebäude in dem offensichtlich ziemlich noblen Viertel, in dem die Zahnarztpraxis liegt. Die Frau, die ihr in Begleitung eines Jugendlichen auf dem Bürgersteig entgegen kommt, nimmt Marcella nur aus dem Augenwinkel wahr.
„Marcella?“ fragt die Frau plötzlich, nachdem sie schon aneinander vorbeigegangen sind.
Marcella bleibt irritiert stehen – wen könnte sie hier in dieser Gegend kennen?
„Urszula!“ entfährt es ihr überrascht, nachdem sie ihr Gegenüber erkannt hat.
Tatsächlich steht da Urszula vor Marcella – in ihrem extravaganten Outfit hätte sie sie jedoch beinahe nicht erkannt.
„Das ist ja eine Überraschung“, sagt Urszula. „Was machst du denn hier?“
Marcella berichtet von ihrem Zahnarzttermin und die beiden tauschen ein paar Höflichkeiten aus – obwohl ihnen deutlich anzumerken ist, dass in Wirklichkeit keine der beiden wirklich erfreut über das unerwartete Wiedersehen ist.
„Mutter, es wird Zeit“, meldet sich plötzlich der bleiche Jüngling zu Wort, der die ganze Zeit ein Stück seitlich von Urszula gestanden hat.
„Das ist Artjom, unser Sohn“, erklärt Urszula.
„Oh, aha“, entgegnet Marcella und mustert Artjom von Kopf bis Fuß, der vielleicht 14 oder 15 Jahre alt sein mag, in seinem konservativen Outfit mit dem Seitenscheitel und der kleinen Brille aber wie aus der Zeit gefallen wirkt.
„Wir haben ihn damals adoptiert, Christian und ich, nachdem wir aus der Lindenstraße weggezogen sind“, erklärt Urszula eilig. „Aber jetzt haben wir noch einen Termin bei Artjoms Kinderarzt. Und heute Mittag hätte er eigentlich Cello-Unterricht, aber wenn der Arzt meint, dass Artjom noch nicht wieder zur Schule darf, müssen wir das natürlich auch absagen.“
„Oh...Aha... verstehe“, murmelt Marcella.
„War schön, dich mal wiederzusehen“, sagt Urszula und mit jeder Silbe hört man ihr an, dass dies nicht ernst gemeint ist. „Aber wie müssen nun los. Ciao, Marcella. Komm, Artjom, los, los.“
Marcella blickt den beiden kopfschüttelnd hinterher, dann legt sie den Rest des Weges zurück.
Die in einem Jugendstilhaus gelesene Zahnarztpraxis ist hell, groß und vor allem prunkvoll. Marcella fühlt sich sofort unwohl und fragt sich, wie sie hier – als nicht privat versicherte Patientin – überhaupt so schnell und problemlos einen Termin bekommen hat. Die restlichen Patienten scheinen sich ihrem äußeren Erscheinungsbild nach auch eher in gehobeneren Kreisen zu bewegen. Als Marcella schließlich im Behandlungsraum sitzt, fühlt sie sich noch unwohler als zuvor. Doch dann betritt er das Zimmer: Dr. Sebastian Ritter, eine Erscheinung wie aus einem Werbespot für irgendein Schöne-heile-Welt-Produkt und vermutlich der attraktivste Mann, den Marcella jemals gesehen hat. Was danach passiert, bekommt Marcella nur noch mit wie durch einen Nebel. Dr. Ritter ist freundlich, charmant und als Zahnarzt offenbar wirklich gut. Marcella muss sich eingestehen, dass sie sich noch nie zuvor so 'geflasht' von einem anderen Menschen gefühlt hat und dass sie sich noch nie so wohl gefühlt hat während einer zahnärztlichen Behandlung. Als Marcella die Praxis verlässt und noch einen Kontrolltermin für den nächsten Donnerstag in der Tasche hat, fühlt sie sich, als würde sie auf Wolken wandeln.
Allerdings ist dieses Hochgefühl bereits wieder verschwunden, als sie nach einer nervtötenden Odyssee mit den öffentlichen Verkehrsmitteln durch die ganze Stadt wieder in der Lindenstraße ankommt. Und endgültig auf den Boden der Tatsachen kommt sie, als sie vor dem George steht und feststellen muss, dass der Eingang des Cafes mit Kisten und Möbeln zugebaut ist.
„Was ist das hier für eine Scheiße?“ fährt Marcella einen der Möbelpacker an, die gerade das Haus verlassen und sich einem Teil des Krempels auf die Schultern packen.
Der Mann erklärt ihr, dass dies die Sachen des Anwalts sind, der im kommenden Monat seine Kanzlei in einem der Büros in der oberen Etage über dem Friseursalon eröffnen wird.
„Ja, und warum steht das hier alles vor meinem Cafe?“ will Marcella gereizt wissen. „Ich muss da rein.“
Die Möbelpacker rechtfertigen sich dadurch, dass das Cafe ja eh geschlossen hatte und dass sie daher dachten, es sei wohl besser, den Eingang eines geschlossenen Lokals zu blockieren, als den des geöffneten Friseursalons.
Nachdem der Eingang endlich frei geräumt ist, betritt Marcella italienisch fluchend ihr Cafe. Bei einem Blick auf ihr Handy erinnert sie sich, dass sie dies beim Betreten der Zahnarztpraxis auf lautlos gestellt hat – und muss nun feststellen, dass sie in der Zwischenzeit fünf verpasste Anrufe von Herrn Hülsch hatte. Dieser macht ihr auf ihrer Mailbox sehr ungehalten mehrfach Vorwürfe bezüglich des geschlossenen Cafes – und keine halbe Stunde später steht Hülsch dann auch höchstpersönlich im Laden und lässt Marcella wissen, dass die Führungsetagen des Konzerns, der die George-Kette übernommen hat, nicht sehr zufrieden ist mit ihrem Führungsstil und dass sie sich zukünftig mehr Mühe geben müsse, wenn sie ihren Posten behalten will. Die Gewinnzahlen seien auch weitaus geringer als die in den anderen Filialen der Kette und aufgrund der Mitnehm-Angebote ließe sich dies offensichtlich nicht alleine auf den Lockdown zurückführen. Auf Marcellas Einwand, dass die anderen Filialen einfach zentraler lägen und dies der Grund sein könnte, geht Hülsch gar nicht ein. Er rät Marcella, mehr Einsatzbereitschaft zu zeigen und verschwindet.
Am Abend, nach Feierabend im inzwischen endlich wieder eröffneten Friseursalon, holen Tanja, Lea und 'Lotti' noch ein paar kleine Snacks im George und Marcella berichtet ihnen von ihrer Begegnung mit Urszula – und ihrem blassen Adoptivsohn.
Tanja erzählt ihr, dass Urszula und Christian damals, als sie aus der Lindenstraße wegzogen, gerade im Adoptionsverfahren für einen Jungen aus Russland steckten. Kurz nach ihrem Weggang hat Urszula dann aufgehört, sich bei Tanja und den anderen alten Freunden aus der Lindenstraße zu melden. Tanja und 'Lotti' haben noch mehrmals versucht, Kontakt zu ihr aufzunehmen, aber nachdem Urszula sich dann nie zurück gemeldet hat, haben sie es schließlich irgendwann aufgegeben. Beide bedauern diese Entwicklung, da sie früher immer gut und gerne zusammengearbeitet haben. Auf Marcella jedenfalls hat Urszula einen sehr abgehobenen Eindruck gemacht. „Tja, manchmal verdirbt Geld halt doch den Charakter“, meint 'Lotti' schließlich.

Als Nina am frühen Morgen vom Fenster aus in den Hinterhof blickt, glaubt sie ihren Augen nicht zu trauen: Ein Mann verlässt gerade das dort parkende Wohnmobil und drückt Jekaterina dabei einen Geldschein in die Hand.
„Das darf jetzt ja wohl nicht wahr sein!“ entfährt es Nina empört.
Am Küchentisch checkt Klaus gerade seine E-Mails und ruft erfreut: „Die nehmen die Story über Jekaterina. Und wenn sie bei den Lesern gut ankommt, stellen sie mir in Aussicht, dass ich demnächst nochmal ein Interview mit ihr machen kann. Und eine kleine Story, wie es ihr inzwischen so ergangen ist.“
„Wie soll es der inzwischen schon ergangen sein“, zischt Nina und schnappt sich ihre Jacke. „Die wird genauso weitermachen wie bisher.“
„Wie meinst du das?“ will Klaus wissen.
„Deine 'Story' schafft gerade munter an. In unserem Hof!“ Und schon ist Nina zur Tür heraus. Zwei Minuten später klopft sie energisch an das Wohnmobil der Ukrainerin.
„Oh, früher Wurm fängt Vogel?“ fragt Jekaterina gespielt erstaunt, als sie ihr öffnet.
„Hör auf, mich für dumm zu verkaufen“, blafft Nina. „Ich weiß genau, was du hier treibst. Aber das hier ist nicht die rote Meile, ist das klar?!“
„Rote Meile? Ich nicht verstehen...“, gibt Jekaterina sich unschuldig.
„Du verstehst sehr gut! Wenn du deine Freier hier in unseren Hof holst, dann kannst du dich gleich wieder vom Acker machen.“
„Welche Acker?“ fragt die Ukrainerin. „Ich nix verstehen. Wieso Freier? Ich hab hier keine Freier...“
„Ach so. Und der Typ gerade, das war der Gasableser? Oder der Schornsteinfeger?“fragt Nina sarkastisch.
„Glasverleger? Stornschein... flegel? Was ist das?“ spielt Jekaterina weiterhin die Ahnungslose.
„Ich beobachte dich“, droht Nina. „Beim nächsten Freier, den du hier her bringst, bist du weg.“
Damit dreht Nina um und marschiert schnellen Schrittes Richtung Hofausfahrt.
„Du bist richtige Nazi-Bulle, du weißen?“ giftet Jekaterina ihr hinterher. Ein wunder Punkt für Nina, die ganz sicher kein Nazi ist und denen die rechtsgesinnten schwarzen Schafe bei der Polizei ein Dorn im Auge sind – und die noch sehr unangenehme Erinnerungen an die Zeit hat, in der sie mit Klaus vor gut einem Jahr das rechte Netzwerk bei der Polizei ausgehoben hat.
„Ich bin kein Nazi“, sagt Nina energisch.
„Ausländer alle pfui für dich“, ätzt Jekaterina weiter.
„Ich habe NICHTS gegen Ausländer. Aber gegen solche scheinheiligen Lügnerinnen wie dich. Und dabei ist es mir scheißegal, ob du aus der Ukraine kommst oder aus Polen oder Deutschland oder Mol.... oder sonst woher. Scheißegal!“
Damit verschwindet Nina endgültig.
„Und ist dir nicht egal, du früher Wurm...“, flüstert Jekaterina ihr böse hinterher.
Nachdem Nina sich in der Wohnung bei Klaus nochmal ausgiebig über die unliebsame Hinterhof-Bewohnerin aufgeregt hat, macht sie sich auf den Weg zur Arbeit.
Derweil schleicht sich auch Yannik vor der Schule noch zum Love-Mobil. Er hat sein Taschengeld zusammengekratzt und ein paar alte PC- und PlayStation-Spiele vertickt und hat nun das Geld zusammen, das Jekaterina für ihre Dienste verlangt. Die beiden vereinbaren einen Termin für den späten Nachmittag und Yannik macht sich auf den Schulweg – nervös und aufgeregt einerseits, aber auch schon voller Vorfreude darauf, dass er heute Abend auch endlich 'ein Mann mit Erfahrung' sein wird. Als er mit Simon kurz darauf an der Bushaltestelle steht, zeigt Antonia ihm gewohnt die kalte Schulter und tuschelt kichernd mit Annalena und Lovis – vermutlich über ihn, aber das soll ihm egal sein, er wird schon noch beweisen, was er drauf hat.
Als Nina später von der Arbeit nach Hause kommt, begegnet sie Helga im Treppenhaus. Sofort ist Nina wieder bei ihrem aktuellen Lieblingsthema und lässt bei Helga ordentlich Dampf ab über die neue 'Nachbarin' aus dem Hinterhof, doch Helga hört ihr gar nicht richtig zu und plappert munter drauf los: „Stell dir vor, Ninchen, wir bekommen nächste Woche Besuch von Ines Krämer. Die wohnt ja jetzt in Italien, aber sie kommt beruflich für eine Weile nach München. Sie arbeitet als Übersetzerin für irgend so ein Unternehmen. Ach, es ist immer schön, alte Bekannte wiederzusehen. Und die Frau Krämer war ja früher schon immer so nett. Ich freue mich auf ihren Besuch.“ Damit verschwindet Helga trällernd mit ihrem Wäschekorb auf der Kellertreppe und Nina steigt zu ihrer Wohnung hinauf – leicht missmutig, dass Helga keine Lust auf ein wenig Lästerei über die Ukrainerin hatte. In der Wohnung angekommen führt Ninas erster Weg zu einem der Fenster, die zum Hof zeigen. Und was Nina dazu Gesicht bekommt, verschlägt ihr nun wirklich die Sprache: Sie sieht nämlich gerade noch ihren Neffen Yannik zusammen mit Jekaterina in deren Wohnmobil verschwinden. DAS IST NUN WIRKLICH DIE HÖHE! In Windeseile stürmt Nina in den Hof hinunter, will die Tür des Wohnmobils aufreißen – doch diese ist von innen verschlossen. Energisch klopft Nina an die Tür. Als Jekaterina endlich öffnet, tut sie so, als habe sie gerade geschlafen.
„Wo ist mein Neffe?“ brüllt Nina.
„Neffe? Ich nicht verstehen“, murmelt Jekaterina – und wird im nächsten Moment unsanft von Nina zur Seite geschoben, damit diese sich Zutritt zum Inneren des Gefährtes verschaffen kann.
„Ungeschämtheit!“ brüllt die Ukrainerin. „Das ist Hausunfriedensbruch. Hast du überhaupt Untersuchungsbefehl?“
Yannik sitzt, nur in Unterhose bekleidet, wie ein Häufchen Elend auf Jekaterinas Bett und blickt seine Tante schuldbewusst an.
„Was machst du hier?“ fragt Nina fassungslos und wendet sich dann, ohne eine Antwort abzuwarten, an die Prostituierte: „Das wird ein Nachspiel haben, meine Liebe. Das hier ist Verführung Minderjähriger. Es reicht! Ich ruf jetzt die Kollegen an. Und dann werde ich hier das ganze Programm auffahren: Polizei, Ordnungsamt, Gesundheitsamt, Ausländerbehörde...“
„Ooooh, da hat der kleine Nazi Spaß, was!?“ trällert die Ukrainerin mit aggressivem Unterton.
„Bitte, bitte nicht“, wimmert Yannik. „Sunny und Tanja dürfen das auf keinen Fall erfahren. Die schicken mich sofort zurück zu Mama und Leon.“
Doch Nina ist unerbittlich. Während sie ihr Handy rauskramt und in ihren Kontakten nach den entsprechenden Nummern sucht, saust Yannik plötzlich wie ein geölter Blitz an ihr vorbei Richtung Hofausfahrt. Nina zögert einen Moment, läuft ihm dann nach und sieht, wie Yannik im Haus verschwindet. Nina eilt ebenfalls zum Hauseingang. Jekaterina nutzt die Gelegenheit, startet ihr Wohnmobil, holpert aus der Einfahrt auf die Lindenstraße und verschwindet Sekunden später mit ihrem Gefährt und quietschenden Reifen um die Ecke.
In der Wohnung Schildknecht-Zöllig ist derweil eine hitzige Diskussion zwischen Nina, Sunny und Yannik entflammt. Sunny fordert eine Erklärung von Yannik. Der gesteht schließlich kleinlaut, dass er gehofft hat, mehr Eindruck bei Antonia machen zu können, wenn er erstmal 'Erfahrungen' gesammelt hat, da ihn ja sonst ohnehin nicht beachtet.
„Dich trifft ja auch überhaupt keine Schuld“, versucht Nina zu beschwichtigen. „Aber dieser Frau muss ja wohl klar sein, dass sie sich nicht einfach mit einem minderjährigen... ach, was, die soll hier generell keine Freier in unseren Hof holen, wo sind wir denn?“
„Bitte sag Tanja nichts davon“, fleht Yannik Sunny an. „Das gibt doch nur wieder Ärger. Und ich will nicht zurück nach Berlin...“
„Was soll man mir diesmal nicht sagen?“ ertönt plötzlich eine Stimme vom Flur. Tanja ist gerade nach Hause zurückgekehrt und steht mit erregtem Gesichtsausdruck in der Tür.
„Was hat er diesmal wieder angestellt?“

CLIFFHANGER auf: Tanja Schildknecht

Mitwirkende Personen
Marcella Varese
Konstantin Landmann
Lea Starck
Peter 'Lotti' Lottmann
Tanja Schildknecht
Simon Schildknecht
Yannik Zöllig
Sunny Zöllig
Nina Zöllig
Klaus Beimer
Helga Beimer
Murat Dagdelen
Lisa Dagdelen
Paul Dagdelen
Mika Arlen
Antonia Zenker
Annalena Wendland
Lovis Wendland
Urszula Winicki-Brenner
Artjom Brenner
Hans-Wilhelm Hülsch
Jakob Meinhold
Jekaterina Litwinski
Dr. Sebastian Ritter

© 'popo wolfson' 2020

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


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