Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
Aktuelle Zeit: Mo 29. Apr 2024, 07:03

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 1 Beitrag ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Folge 1832 - Vorwürfe
BeitragVerfasst: So 1. Mai 2022, 13:36 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Di 14. Sep 2010, 16:04
Beiträge: 10222
Wohnort: Popihausen
Folge 1832: Vorwürfe

Spieltag: Donnerstag, 28.04.2022


Während Lola an diesem Morgen erneut für ihre Tages-Reha abgeholt wird, sitzen Helga, Andy, Gabi und Bruno noch am WG-Frühstückstisch.
„Popo, stehst du langsam auf?“ ruft Helga vom Küchentisch aus in den Wohnungsflur.
„Ach, geh, Helga“, sagt Gabi. „Nun lass sie doch ausschlafen und sich an wenig erholen von der schrecklichen G’schicht letzte Woch'!“
„Das würde ich ihr ja auch von Herzen gönnen“, erwidert Helga. „Aber gleich kommt Frau Doktor Piasecki nochmal zu einem Gespräch vorbei. Sie hat einen Termin hier in der Nähe und hat freundlicherweise angeboten, bei der Gelegenheit bei uns reinzuschauen, damit wir nicht wieder extra bis in die Stadt fahren müssen.“
„Ich versteh sowieso nicht, warum ihr euch diese Anwaltskanzlei ausgesucht habt“, murrt Andy. „Warum habt ihr denn nicht den von Sassnitz genommen, damit er Popo vertritt, der ist immerhin gleich hier an der Ecke.“
„Ich denke, in so einem… Vergewaltigungsfall“, sagt Helga mit gedämpfter Stimme, „ist ein weiblicher Rechtsbeistand vermutlich doch besser… Meint ihr nicht?“
„Aber die Sarah ist doch beim von Sassnitz mit drin“, mischt sich Bruno ein, „die hätt' des b’stimmt auch ganz hervorragend g’macht!“
„Naja, Sarah ist im Vergleich zu Fr. Dr. Piasecki ja doch noch eher unerfahren“, erklärt Helga verlegen, „allein schon aufgrund ihres Alters… Und dann… nun ja, man sollte ja auch nicht außer Acht lassen. Also, nichts gegen Sarah, aber sie ist ja immer noch die Tochter von Anna…“
„Geh, Helga, wirst denn deine Vorurteile gegen die Anna niemals ablegen können?“ fragt Gabi kopfschüttelnd.
Ehe Helga etwas erwidern kann, klingelt es an der Wohnungstür.
„Oh mein Gott! Das ist doch nicht etwa schon Frau Dr. Piasecki? So früh?“ Helga springt entsetzt auf, stürmt in den Flur und ruft: „POPOOOO!“ Dann reißt sie die Wohnungstür auf.
„Pat!“ ruft Helga überrascht. „Das ist ja mal wieder typisch, unangekündigt zu so früher Stunde, hättest du nicht vorher anrufen können?“
„Hi Helga“, begrüßt Pat sie beim Eintreten. „Where is my Baby?“
In diesem Augenblick erscheint Popo im Flur. „Mom!“ ruft sie mit Tränen in den Augen und fällt Pat in die Arme. Das Wiedersehen zwischen Mutter und Tochter unter den aktuellen schlimmen Bedingungen rührt dann auch die aufgedrehte Helga binnen Sekunden.
„What did he do to you, my Darling?“ fragt Pat und wischt sich mit der einen Hand die Tränen aus den Augenwinkeln, während sie mit der anderen ihrer Tochter übers Haar streicht.
Als Popo und Pat am Küchentisch sitzen, steht kurz darauf auch die Rechtsanwältin Frau Dr. Gudrun Piasecki vor der Tür.
„Herr Hülsch bestreitet seine Tat weiterhin“, erklärt die Anwältin. „Und schlimmer noch: Er behauptet, dass Sie, Popo, das ganze erfunden hätten, um sich an ihm zu rächen, weil er Ihnen nicht die Stelle der Filialleitung in einem der Cafés aus der George-Kette besorgt haben.“
„What?“ entfährt es Pat fassungslos.
„Er behauptet, sie hätten vorher versucht, ihn zu erpressen und ihm angedroht, ihn wegen sexueller Nötigung wieder ins Gefängnis zu bringen, wenn Sie ihm die Stelle nicht besorgen“, berichtet Dr. Piasecki weiter.
„Also, das ist doch nun wirklich blanker Unsinn“, meint Helga kopfschüttelnd. „Nichts für ungut, Popo, aber die Arbeit hast du ja nun wirklich nicht erfunden.“ An die Anwältin gewandt setzt Helga fort: „Popo ist mit Sicherheit der letzte Mensch auf Erden, der für einen Job zu irgendwelchen unlauteren Mitteln greifen würde.“
„Absolutly“, bestätigt auch Pat. „My daughter würde lieber liegen auf die faule Pelle, statt sich für einen Job zu verausgaben. Da sie ist wie ich!“
„Auf der faulen Haut!“ korrigiert Helga.
„Ich bin auch von Herrn Hülschs Schuld überzeugt“, pflichtet die Anwältin bei. „Allerdings sieht es wohl so aus, dass die gegnerische Partei versucht, sich auf die Aussagen von zwei Mitarbeiterinnen der George-Filiale zu berufen. Eine… Moment…!“ Die Anwältin blättert in ihren Papieren und setzt dann fort: „Eine Frau Wintergrün und eine Frau Imme haben ausgesagt, dass Sie, Frau Wolfson, in der vergangenen Woche sehr aufgebracht reagiert haben, nachdem Sie von Herrn Hülsch erfahren haben, dass Frau Imme den Posten der Filialleitung von Frau Wintergrün übernehmen soll. Und dann haben Sie kurz darauf wütend Ihren Job gekündigt…“
„Aber doch nur, weil die Britta eine noch größere Bitch ist als die Silvia“, jammert Popo. „Und weil, wenn sie ist the Boss, ich auf die Arbeit noch mehr rumgescheucht werde. Darauf ich habe keine Lust!“
„Das sehen Sie’s“, ruft Helga aus. „Popo und Arbeit – da prallen zwei völlig gegensätzliche Welten aufeinander.“
„Ich denke, dass Frau Wintergrün und Frau Imme Herrn Hülsch nur schützen wollen“, pflichtet die Rechtsanwältin bei. „Beide haben ihm schließlich einen Karrieresprung zu verdanken, die eine als Geschäftsführung in der Filiale und die andere in diesem neuen Kaffeehaus. Dennoch wird die gegnerische Partei wohl versuchen, sich auf diesen Standpunkt einzuschießen. Und je nachdem, was für ein Richter die Verhandlung führen wird … Ich möchte nur, dass Ihnen bewusst ist, dass man sie diesbezüglich möglicherweise in die Mangel nehmen wird.“
Popo bricht in Tränen aus. Während Helga und die Anwältin sich bemühen, Popo Zuversicht zu spenden, dass alles gut werden wird und Hülsch für seine Tat bestraft wird, wird Pat stutzig.
Als sie später mit ihrer Tochter alleine ist, fragt sie: „Tell me, honey, hast du mir nicht erzählt vor two weeks on the phone, dass du willst bleiben in Germany, weil du bekommen kannst Chef-Posten in die George-Filiale, in die du jobbst?“
Popo schweigt und Pat hakt nach: „Ich bin gerade … wie sagt man … verunsichert. Du erzählst mir, du kannst bekommen Job als Filialleitung. Dann Herr Hülsch behauptet, du wolltest ihn erpressen, damit du bekommst Job als Filialleitung und nun du erzählst, du wolltest nie werden Filialleitung, weil dir ist zu stressig. That’s very strange…“
Popo blickt ihre Mutter verunsichert an. Dann sagt sie mit belegter Stimme: „Willst du jetzt sagen, dass ich lüge? Glaubst du Mr. Hülsch mehr als mir?“
„Oh no, no, honey, das habe ich nie gesagt!“ lenkt Pat schnell ein.
„Aber du hast gedacht“, faucht Popo. „Du glaubst, ich habe mir ausgedacht das alles, ja?“
„No!“ sagt Pat nochmal nachdrücklich. „But it is… Ich will einfach nur verstehen, was ist geschehen, you know? It’s all so… contradictory.“
Popo schluckt und atmet tief ein. Dann erklärt sie leise: „Ich habe erfunden, dass ich werden könnte Filialleitung. Ich habe gehört, dass die Posten neu besetzt werden soll und dann ich habe dir erzählt, dass ich dafür in Frage komme. But that was a lie!“
Pat starrt Popo ungläubig an. „Aber, warum…?“ möchte sie von ihrer Tochter wissen. Und wieder bricht Popo in Tränen aus und schluchzt: „Ich war dir nie wichtig. Du hast immer nur gewollt reisen, Party machen, having fun. Du warst ständig unterwegs und hast mich geparkt irgendwo; bei Grandma Sue, bei Freunden, bei Nannys… Du hast dich nie interessiert für mich…“
„Das ist nicht wahr!“ fällt Pat ihr ins Wort.
„Doch“, erwidert Popo trotzig. „Ich war nie wichtig in deine Leben. Immer nur du selbst warst wichtig. Ich war nur ein Klotz am Bein für dich!“
„No, no!“ ereifert sich Pat.
„Doch!“ sagt Popo. „Und ich wollte einmal in die Leben von dir so etwas bekommen wie Anerkennung!“
„Aner… what?“ fragt Pat ratlos.
„Recognition“, übersetzt Popo das Wort, das ihre Mutter offensichtlich nicht kennt.
„Oh“, leuchtet es Pat ein.
„Weißt du noch, was du gesagt hast, vor zwei Wochen, als ich dir erzählte davon?“ fragt Popo. „Du hast gesagt, dass du bist stolz auf mich! Das erste Mal in meine Leben, dass du stolz auf mich warst! Und deshalb ich habe erfunden diese Story, dass ich werden könnte Filialleitung.“
„Aber ich bin immer stolz auf dich!“ sagt Pat.
„Nein! Ich war immer überflüssig!“
„Über...flussig“, wundert sich Pat.
„Unnecessary!“
„Oh!“ entfährt es Pat. „Aber du nie warst über… fluss… you’re never unnecessary!“
„Doch“, sagt Popo. „Wenn du verreisen wolltest oder feiern, du hast mich untergebracht bei other people. Als ich verkackt habe die High School Abschluss, du hast mich geschickt nach Deutschland zu Helga. Ich war dir immer nur im Weg!“
„Du warst mir nie im Weg“, widerspricht Pat. „I love you, honey! So much! Und wenn diese furchtbare Geschichte ist ausgestanden, wenn diese court process vorbei ist und diese Mann bekommen hat seine fair punishment, dann du kommst zurück mit mir nach Toronto! Weg von diese schreckliche Land und diese dumme, alte Helga und wir machen uns ein schönes Leben, okay, honey?“
Popo blitzt ihre Mutter vernichtend an. „Ich will keine schöne Leben mir dir“, giftet sie. „Jetzt du musst auch nicht mehr versuchen, jetzt es ist to late. I’m adult. Meine ganze Kindheit, ich war dir egal! Ich komme nicht mehr back to Toronto.“
„Aber… was willst du machen?“ fragt Pat verzweifelt.
„We will see“, antwortet Popo – und lässt ihre Mutter einfach stehen…
Am Abend steht die Anwältin Piasecki nochmal vor der Tür und teilt Popo mit, dass Hülsch heute aus der Untersuchungshaft entlassen wurde.
„Aber wie kann denn so etwas sein?“ fragt Helga fassungslos.
„Sein Anwalt hat wohl glaubhaft darstellen können, dass keine Fluchtgefahr besteht“, erklärt Dr. Piasecki. „Er muss sich regelmäßig bei der Polizei melden und darf bis zum Prozess auf freiem Fuß bleiben.“
Popo atmet schwer ein.
„Er muss sich aber von Ihnen fern halten“, erklärt die Anwältin ihrer Mandantin. „Wenn er sich Ihnen nähert oder in irgendeiner Weise versucht, Kontakt zu Ihnen aufzunehmen, und sei es nur schriftlich oder telefonisch, dann müssen Sie mich das UNVERZÜGLICH wissen lassen. Dann hat er gegen seine Auflagen verstoßen und muss SOFORT zurück in Untersuchungshaft!“
Popo wirkt nur unzureichend beruhigt. Mit einer Mischung aus Angst, Ungewissheit und Gewissensbissen verabschiedet sie sich an diesem Abend früh ins Bett.
Als Pat später noch mit Helga alleine in der Küche sitzt, sagt sie: „Ich habe versagt!“
„Wie bitte?“ fragt Helga.
„Als Mutter“, erklärt Pat. „Popo hat mir gesagt heute, ich war ihr ganzes Leben lang nur egotistical und habe mich nie interessiert für sie, sondern immer nur für mir selbst.“
„Tja, meine Liebe“, entgegnet Helga ernst, „das mag jetzt zwar hart für dich sein, aber ich würde mal behaupten, mit dieser Aussage hat deine Tochter voll ins Schwarze getroffen. Und wo wir gerade beim Thema sind: Du hast nicht nur als Mutter versagt, sondern auch als Tochter. Und zwar auf der ganzen Linie. Wenn man sein ganzes Leben lang immer nur an sich selbst und an sein eigenes Vergnügen denkt, dann bekommt man halt irgendwann die Quittung dafür!“ Und mit diesen Worten steht Helga auf und lässt eine zermürbte Pat alleine in der Küche zurück…

Als Konstantin an diesem Morgen das Lehrerzimmer der Schule betritt, findet er eine ratlose Nele vor.
„Ich fasse das nicht“, murmelt sie.
„Was ist denn los?“ fragt Konstantin.
„Ich hatte gerade eine Freistunde und hab die restlichen Englisch-Arbeiten der 7c korrigiert, damit ich sie nachher rausgeben kann“, erklärt Nele. „Und sowohl Cedric Heltau wie auch Lenny Kroon haben eine satte Eins geschrieben.“
Konstantin schießt das Blut in den Kopf und er muss sich schnell abwenden. „Ist doch gut“, sagt er und räuspert sich verlegen.
„Sehr gut sogar, um es genau zu sagen“, kichert Nele unwirsch. „Nur verstehe ich das nicht, das sind alle beide zuvor reine Fünfer-Kandidaten gewesen.“
„Ein blindes Huhn…“, erwidert Konstantin.
„Ja, aber dann so massiv?“ fragt Nele skeptisch. „Wenn sie jetzt eine Drei geschrieben hätten, okay, könnte man angehen lassen. Aber gleich eine Eins? Volle Punktzahl! Alle beide!“
„Was… glaubst du denn?“ erkundigt sich Konstantin vorsichtig.
„Wenn ich’s nicht besser wüsste, würde ich sagen, die haben betrogen“, antwortet Nele. „Nur weiß ich nicht, wie man bei so einer Arbeit betrügen soll, außer vielleicht vom anderen abzuschreiben, Aber die sitzen ja nebeneinander, die könnten höchstens gegenseitig voneinander abschreiben… Ach, das ergibt doch alles keinen Sinn!“
Nele rauft sich die Haare und versteht die Welt nicht mehr und Konstantin fühlt sich mehr als unwohl in seiner Haut…
In der Englisch-Stunde in der 7c verteilt Nele eine Weile später die Klassenarbeiten an ihre Schüler und geizt auch mit einigen lobenden Worten für Cedric und Lenny nicht. Die beiden triumphieren und während Nele die Arbeiten an ihre Mitschüler, darunter auch Artjom und Sina verteilt, führen sich Cedric und Lenny auf wie die größten Kings der Welt. Doch Nele bleibt misstrauisch, irgendetwas stimmt hier nicht, sie hält es für nahezu unmöglich, dass ausgerechnet diese zwei Problemschüler plötzlich aus heiterem Himmel eine solche Leistung erbracht haben. Und so stellt sie sie schließlich auf die Probe und schießt sich im weiteren Verlauf der Stunde gezielt auf die beiden ein, um sie quasi mündlich noch einmal auf den Prüfstein zu setzen – und siehe da: Cedric und Lenny versagen auf der ganzen Linie und haben ganz offensichtlich überhaupt keinen Schimmer vom aktuellen Unterrichtsstoff…
In der nächsten Pause spricht Nele Konstantin erneut darauf an und berichtet ihm, wie die Englisch-Stunde verlaufen ist. Konstantin atmet tief durch und versucht, sich seine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen …
„Was glaubst du denn, wie sie das gemacht haben könnten?“ fragt er Nele so beiläufig wie möglich.
„Keine Ahnung“, gibt Nele zu. „Also wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, die müssen vorher irgendwie an die Prüfungsunterlagen gekommen sein.“
Konstantin bekommt weiche Knie. „Aber… das ist doch unmöglich“, murmelt er.
„Natürlich ist das unmöglich. Ich hatte die Sachen auf meinem Laptop und da kommt definitiv kein Schüler ran. Trotzdem wäre das die logischste Erklärung.“
„Was willst du denn jetzt machen?“ fragt Konstantin.
„Ich gönne ihnen halt ihren Erfolg“, erwidert Nele mürrisch. „Aber ich behalte die beiden jetzt ganz genau im Auge. Und mit ihrem einmaligen Glücksgriff können die ihre Gesamtnote auch nicht wirklich rausreißen, wenn sich bei ihnen nicht grundlegend was ändert …“
Als Konstantin nach Feierabend die Schule verlässt, erwarten ihn bei den Fahrradständern Cedric und Lenny.
„Korrekte Arbeit, Alter!“ lobt Lenny ihn.
„Hat alles perfekt geklappt“, lacht Cedric. „Wir melden uns dann, wenn die nächste Klassenarbeit ansteht, bei der wir deine Hilfe brauchen.“
„Vergesst es“, wehrt Konstantin ab. „Ihr hattet euer Erfolgserlebnis, jetzt müsst ihr selbst klarkommen.“
„Okay“, erwidert Cedric und hält demonstrativ sein Handy in die Höhe. „Dann werden wir der Klöckner wohl dein kleines perverses Geheimnis stecken müssen.“
„Ey, Mann, das isses doch nicht wert“, befindet Lenny.
„Also, wir melden uns“, erklärt Cedric nochmals. „Und dann gibt es auch keine Probleme.“
Damit machen sich die beiden Jungs aus dem Staub …
Am Abend hat Konstantin erneut das Gefühl, dass auf seiner Seele zentnerschwere Lasten liegen und er weiß nicht, wie er aus der Nummer rauskommen soll. Lea wundert sich darüber, dass ihr Mitbewohner erneut so wortkarg ist, und Konstantin erklärt ihr, dass er einen extrem stressigen Arbeitstag hatte und geht ins Bett.
„Vielleicht sollte er sich langsam mal nach einem neuen Job umsehen“, meint Lea schulterzuckend zu sich selbst. „Das ist ja echt eine Zumutung, wenn man jeden Abend so fertig mit der Welt ist ...“

Marcella ist froh, dass heute Morgen in ihrem Café nicht allzu viel los ist. An einem der vorderen Tische sitzt Valerie und rührt in einem Eiskaffee, weiter hinten füttern sich David und Mandy gegenseitig verliebt mit Milchschaum. Marcella hat miserabel geschlafen und ihr ist mal wieder speiübel. Und heute Mittag hat sie ihren Termin bei der Beratungsstelle für ihren Schwangerschaftsabbruch und ist nun doch ein wenig nervös. Während ihre Gedanken um das kreisen, was ihr bevorsteht, betritt Sebastian das Café. Ihre Kontakte fanden in den letzten Tagen nur auf Sparflamme statt. Nachdem Sebastian am letzten Donnerstagabend so überstürzt ihre Wohnung verlassen hat, haben die beiden sich nur einmal kurz gesehen und ein paar knappe Telefonate gefühlt.
„Wie geht’s dir?“ fragt er, bleibt aber auf Distanz zu ihr.
„Es geht“, erwidert Marcella.
„Und? Wie geht’s nun weiter?“ erkundigt er sich.
„Ich hab heute Mittag mein Beratungsgespräch“, sagt sie leise. „Dann hole ich mir meine Bescheinigung. Und nächste Woche kann ich es dann … durchziehen.“
„So einfach ist das, ja?“ erkundigt sich Sebastian.
„Ja, so einfach ist das!“ erwidert Marcella kühl.
„Und du hast kein Problem damit?“ Sebastian wird nun lauter. „Zack und weg und aus die Maus? Ganz egoistisch, einfach dein Ding durchziehen und fertig!“
„Sebastian, bitte…“, flüstert Marcella und schielt vorsichtig zu den rar gesäten Gästen rüber, deren Aufmerksamkeit sie allmählich erregen.
„Marcella, ich finde das Scheiße!“ mault Sebastian. „Ich find’s richtig zum Kotzen, wie rigoros du dein Ding durchziehst!“
„Müssen wir das jetzt und hier diskutieren?“ fragt Marcella scharf.
„Ja, wann und wo denn sonst? Du weichst mir ja voll aus!“
„Ich hab keine Lust mehr auf dieses Thema“, erwidert Marcella. „Es ist ganz alleine meine Sache!“
„Nein, es ist auch meine gottverdammte Sache!“ brüllt Sebastian und schlägt mit der Faust auf die Theke. „Es ist schließlich auch MEIN Kind, das DU einfach abtreiben willst!!!“
Marcella wird knallrot, denn plötzlich steht sie im alleinigen Zentrum der Blicke aller drei anwesenden Gäste. Und dann legt auch noch Valerie los. „Du willst abtreiben lassen?“ fragt sie mit lauter, empörter Stimme. „Du bist schwanger und willst abtreiben lassen?“
Marcella blickt Valerie voller Empörung an und sagt: „Ja, das will ich! Und ich glaube nicht, dass dich das was angeht!“
„Das ist so ungerecht!“ Valerie stehen Tränen in den Augen und in ihrer Stimme scheint sowohl alle Empörung wie auch alle Verzweiflung der Welt zu liegen. „Weißt du eigentlich, was manchen Frauen in Kauf nehmen, um schwanger zu werden? Was sie alles dafür tun würden, um ein Kind bekommen zu können? Ein Kind! Das größte Geschenk auf der Welt!!! Und du??? Du hast dieses unvorstellbare Glück und wirfst das einfach weg? Trittst das einfach mit Füßen? Das ist so unglaublich unfair!“
„Also, es reicht jetzt wirklich“, regt Marcella sich auf. „Ich muss mich hier ganz bestimmt nicht für meine Entscheidung rechtfertigen. Vor niemandem, außer vor mir selbst!“
„Ich bin der Vater!“ sagt Sebastian.
„Und ich bin nicht deine Gebärmaschine“, schnauzt Marcella.
„Gebärmaschine?“ wiederholt Valerie fassungslos. „Du wirst Mutter, das ist das größte Wunder überhaupt!“
„Jeden Tag werden Millionen Menschen geboren und die meisten von ihnen sind Arschlöcher“, faucht Marcella. „So groß kann dieses Wunder ja nicht sein.“
„Weißt du, was ich in meinem Leben alles versucht habe, um ein Kind zu bekommen“, heult Valerie. „Nichts hat funktioniert!“
„Das tut mir sehr leid für dich, aber das ist doch nicht mein Problem“, erwidert Marcella gereizt.
Am Rande einer Hysterie knallt Valerie das Geld für ihren Kaffee auf den Tisch und verlässt nahezu fluchtartig das Marcellas.
„Ja, großartig“, schnauzt Marcella Sebastian an. „Soll ich vielleicht einen Aushang machen. Willst du mir vielleicht noch ein paar Abtreibungsgegner auf den Hals hetzen?“
„Mach doch, was du willst“, schimpft Sebastian und verlässt ebenfalls das Café. David und Mandy sehen kurz verlegen zu Marcella hinüber, ehe sie sich wieder sich selbst widmen…
Nachdem Laura Marcella später im Café abgelöst hat, macht diese sich auf den Weg zu ihrem Termin in der Beratungsstelle.
Die Dame dort klärt Marcella routiniert aber ohne erhobenen moralischen Zeigefinger auf und man merkt ihr allzu deutlich an, dass sie durch ihren Job mittlerweile scheinbar abgestumpft genug ist, um keine allzu großen Versuche zu unternehmen, jemanden von einem Schwangerschaftsabbruch abbringen zu wollen.
„Haben Sie noch irgendwelche Fragen?“ möchte die Beraterin abschließend wissen.
„Nein, ich brauche einfach nur den Schein“, erklärt Marcella - und bekommt ihn …
Am Abend taucht wider Erwarten Sebastian bei Marcella auf, die in der Zwischenzeit für den nächsten Donnerstag einen Termin für ihre Abtreibung gemacht hat. Am liebsten würde sie das Ganze gleich hinter sich bringen, aber zwischen der Beratung und dem Eingriff müssen mindestens vier Tage liegen, in denen Marcella ihren Entschluss gegebenenfalls nochmal überdenken kann. Mit dem Termin am nächsten Donnerstag ist Marcella dann aber auch bereits am Limit ihrer Möglichkeiten angelangt, da ihre Schwangerschaft danach bereits zu weit fortgeschritten sein wird, um diesen Eingriff noch durchführen zu lassen.
„Du ziehst das jetzt also wirklich durch?“ fragt Sebastian.
„Jetzt fang doch nicht schon wieder an zu diskutieren“, sagt Marcella genervt. „Ich habe mir darüber nun wirklich reichlich Gedanken machen können. Und mein Beratungsgespräch hat an meiner Entscheidung nichts geändert.“
„Und meine Meinung hat nach wie vor nichts zu bedeuten?“ bohrt Sebastian weiter. „Es ist schließlich auch mein Kind!“
„Ich habe jetzt keine Lust mehr, dieses Thema schon wieder aufzurollen“, erklärt Marcella genervt. „Ich bin müde und möchte schlafen!“
„Okay“, erwidert Sebastian bitter. „Dann mach halt, was du für richtig hältst, aber dann war es das mit uns!“
„Was?“ entfährt es der Italienerin entsetzt. „Das … das ist jetzt aber nicht dein Ernst?“
„Doch, das ist es“, erklärt Sebastian. „Eine Beziehung, in der der eine Partner so wenig kompromissbereit ist und der andere sich bedingungslos unterzuordnen hat, ist für mich keine Beziehung. Mach’s gut, Marcella!“
Und mit diesen Worten dreht Sebastian sich um und geht…

CLIFFHANGER auf: Marcella Varese

Mitwirkende Personen
Dr. Sebastian Ritter
Marcella Varese
Popo Wolfson
Pat Wolfson
Helga Beimer
Bruno Skabowski
Lola Zenker
Andy Zenker
Gabi Zenker
Valerie Zenker
Lea Starck
Konstantin Landmann
Artjom Brenner
David Krämer
Mandy Peschke
Nele Lindner
Laura Steinke
Sina Kleist
Cedric Heltau
Lenny Kroon
Dr. Gudrun Piasecki

© ´popo wolfson´, 2022

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags:
Verfasst: So 1. Mai 2022, 13:36 


Nach oben
  
 
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 1 Beitrag ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde


Wer ist online?

0 Mitglieder


Ähnliche Beiträge

Folge 1832 - Vorwürfe
Forum: Lindenstraße morgen
Autor: popo wolfson
Antworten: 0

Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron
Powered by phpBB® Forum Software © phpBB Group


Bei iphpbb3.com bekommen Sie ein kostenloses Forum mit vielen tollen Extras
Forum kostenlos einrichten - Hot Topics - Tags
Beliebteste Themen: Quelle, NES, Haus, Erde, Liebe

Impressum | Datenschutz