Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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 Betreff des Beitrags: Folge 1914 - Der Lockvogel
BeitragVerfasst: So 14. Apr 2024, 17:21 
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Folge 1914: Der Lockvogel

Spieltag: Donnerstag, 11.04.2024

Jenny hat das Reich mal wieder für sich in Murats Döner-Imbiss. Nachdem sich ihr Chef kürzlich bereits aufgrund seiner wohl sehr unschönen Trennung wochenlang aus dem Geschäft ausgeklinkt hat, ist er nun für ein paar Tage verreist – mit seiner Neuen… Jenny soll es recht sein. Mittlerweile weiß sie ja zur Genüge, wie der Laden läuft und sie ist ohnehin lieber für sich. Und dass Murat ihr immer wieder alleine den Laden überlässt, ist ja auch ein großer Vertrauensbeweis – offenbar hat er keine Probleme mit ihrer Vergangenheit.
Claudio, der jenseits des Hausflurs seine Pizzeria aufschließt, winkt er fröhlich zu. Zu ihm hat sie mittlerweile auch wieder ein ganz gutes Verhältnis. Zumindest auf der Ebene von Geschäftsnachbarn. Trotzdem ist es irgendwie nicht mehr so wie vorher, nachdem er die ganze Wahrheit über sie erfahren hat. Aber was sollte sie schon auch anderes erwarten…?
Plötzlich steht Lisa vor ihr im Laden und reißt Jenny aus ihren Gedanken.
„Entschuldigung, ich wollte Sie nicht erschrecken“, sagt Lisa ungewohnt freundlich. „Ist Murat nicht da?“
„Nein“, erwidert Jenny knapp und setzt den Döner-Spieß in Gang.
„Kommt er später?“ erkundigt sich Lisa.
„Er kommt erst Ende nächster Woche wieder“, erklärt Jenny. „Er ist in Urlaub gefahren mit… Er ist in Urlaub gefahren!“
„Verstehe“, sagt Lisa und eine tiefe Traurigkeit huscht über ihr Gesicht. Jenny würde sich am liebsten die Zunge abbeißen.
Lisa zögert einen Moment, dann sagt sie: „Ich komme dann nächste Woche nochmal vorbei.“ Damit verlässt sie den Imbiss. Jenny schaut ihr nach, wie sie mit hängenden Schultern die Straße überquert und auf das Haus Nr. 3 zuschlurft… So biestig diese Frau sich auch stets verhält, jetzt, in diesem Moment, empfindet Jenny tiefstes Mitleid mit dieser Lisa…
Jenny macht sich wieder an die Arbeit, als plötzlich ein Mann im Anzug im Laden steht.
„Guten Tag“, sagt er und hält ihr einen laminiertes Pappstück, scheinbar eine Art Ausweis entgegen und Jenny durchzuckt es heiß und kalt. Etwas das Gesundheitsamt? Ausgerechnet jetzt, wo ihr Chef nicht da ist?! Auf so etwas ist sie nun wirklich überhaupt nicht vorbereitet…
„Mein Name ist Simonischek, ich bin vom Verfassungsschutz“, stellt er sich ihr vor.
„Verfassungsschutz?“ fragt Jenny skeptisch und in ihr schrillen plötzlich sämtliche Alarmglocken. Noch weitaus mehr, als wenn ihr ein Mitarbeiter vom Gesundheitsamt gegenüber stünde…
„Wie Sie vermutlich mitbekommen haben, hat man vor wenigen Wochen Daniela Klette in Berlin aufgegriffen“, beginnt Dirk Simonischek.
„Ich kenne Daniela Klette nicht persönlich“, unterbricht Jenny ihn sogleich. „Wir hatten nie persönlich miteinander zu tun…“
„Um Frau Klette geht es auch gar nicht“, sagt Simonischek. „Es geht viel mehr darum, dass Sie zu Ihrer aktiven RAF-Zeit sehr eng mit Marlies Funke befreundet waren.“
Jenny schluckt. „Wir haben seit über 30 Jahren keinen Kontakt mehr“, erklärt sie mit belegter Stimme. „Ich habe keine Ahnung, wo Marlies heute steckt und was sie treibt.“
„Wir haben durch einen unserer Mittelsmänner eine Frau im Visier, bei der es sich möglicherweise um Marlies Funke handeln könnte“, berichtet Simonischek. „Sie lebt unter einem anderen Namen hier in München.“
„Und was hat das mit mir zu tun?“ fragt Jenny. „Ich kann Ihnen bei der Sache nicht weiterhelfen.“
„Möglicherweise schon“, erwidert Simonischek. „Wenn Sie als frühere gute Freundin und enge Vertraute von Frau Funke Kontakt zu unserer mutmaßlichen Zielperson aufnehmen, könnten Sie in Erfahrung bringen, um es sich bei der Dame tatsächlich um die Gesuchte handelt…“
Einen Moment lang starrt Jenny Herrn Simonischek irritiert an, dann fällt der Groschen. „Ich soll für Sie so eine Art… Lockvogel spielen!?!“ stellt sie empört fest.
„Sie sollen lediglich einen Anfangsverdacht für uns prüfen und uns dann informieren, ob wir richtig liegen oder nicht“, stellt Dirk Simonischek klar.
„Das mache ich nicht!“ kommt es von Jenny wie aus der Pistole geschossen.
„Wie bitte?“
„Ich mache so etwas nicht! Ich hab nichts mehr mit meiner kriminellen Vergangenheit zu tun, aber ich liefere auch niemanden ans Messer! Lassen Sie mich in Ruhe und finden sie selbst heraus, ob diese Frau Marlies ist oder nicht!“
„Das kann ich leider nicht“, erklärt Simonischek. „Sie werden wohl oder übel verpflichtet sein, uns diesen Gefallen zu tun, wenn Sie nicht gegen Ihre Auflagen verstoßen wollen!“
„Was soll die Scheiße?“ Jenny starrt ihn stechend an. „Ich habe einen Job, ich habe eine Wohnung, ich zahle meine Steuern, ich mache nichts verbotenes… Gegen was für Auflagen sollte ich verstoßen?“
„Als Sie damals aus der Haft entlassen wurden, haben Sie unterschrieben und sich damit dafür verpflichtet, dass Sie uns behilflich sind, wenn wir irgendwelche Fragen bezüglich Ihrer RAF-Vergangenheit haben!“
„Sie können mich fragen, was Sie wollen“, zischt Jenny. „Und ich werde Ihnen nach bestem Wissen und Gewissen antworten! Aber ich werde keine Leute belügen und dann an die Polizei verraten!“
„Sie sagen, Sie haben mit Ihrer kriminellen Vergangenheit abgeschlossen?“ fragt Simonischek mit scharfem Unterton.
„So ist es“, bestätigt Jenny.
„Nun, Ihre Weigerung, uns zu unterstützen, könnte allerdings auch so aufgefasst werden, dass Sie immer noch mit Marlies Funke und Ihren anderen Freunden von damals sympathisieren und sie daher schützen wollen!“
„Ich sympathisiere mit niemandem und ich will auch niemanden schützen“, weist Jenny empört zurück. „Und trotzdem bin ich keine Verräterin. Und ich bin auch nicht dafür zuständig, untergetauchte Ex-Terroristen ausfindig zu machen, das ist Ihre Aufgabe. Ich bin kein Bulle!“
„Das behaupten Sie!“ Dirk Simonischek baut sich bedrohlich vor ihr auf. „Das könnte man an den zuständigen Stellen aber ganz böse in den falschen Hals bekommen. Und wenn dann bekannt wird, dass eine gewisse Frau Lüders ihren früheren Mittätern hilft, sich eines polizeilichen Zugriffs zu entziehen, dann könnte es ganz schnell passieren, dass wegen Beihilfe auch gegen Sie wieder ein Haftbefehl erlassen wird!“
„Sind Sie gerade dabei, mich zu erpressen?“ fragt Jenny wütend.
„Ich erinnere Sie nur daran, dass Sie in Ihrer Vergangenheit schwere Fehler begangen haben“, erklärt Simonischek kühl. „Und dass Sie sich glücklich schätzen können, bei diesen schwerwiegenden Fehlern heute überhaupt wieder ein vollwertiges Detail dieser Gesellschaft sein zu dürfen. Das sollten Sie wirklich nicht leichtfertig aufs Spiel setzen.“
„Ich frage mich, wer hier gerade auf der moralisch richtigen Seite steht“, brummt Jenny.
„Das ist so eine Sache, mit der richtigen und der falschen Seite, nicht wahr?“ säuselt Simonischek. „Damals haben Sie ja auch schon geglaubt, auf der richtigen Seite zu kämpfen, als Sie Bomben gelegt und Menschen entführt haben. Das ist oft ein schmaler Grat!“
Während Jenny mit mahlenden Kiefern dasteht, zieht Simonischek eine Visitenkarte aus seiner Brusttasche und legt sie auf die Theke neben die Flyer der Südländischen Spezialitäten.
„Sie müssen sich nicht sofort entscheiden“, flötet er. „Aber wenn ich bis Anfang der nächsten Woche nichts von Ihnen gehört habe, dann gehe ich davon aus, dass Sie nicht bereit sind, zu kooperieren. Welche Konsequenzen das dann letzten Endes für Sie haben wird, kann ich Ihnen hier und jetzt nicht detailliert erläutern, das werden Sie dann schon früher oder später selber merken…!“
Mit diesen Worten verlässt Dirk Simonischek den Döner-Imbiss und lässt Jenny mit klopfendem Herzen zurück…
In den nächsten Stunden ist Jenny völlig am Ende mit den Nerven. Ihre Gedanken kreisen nur um den Besuch von Dirk Simonischek und um das, was er für Forderungen gestellt hat. Sollten diese Leute wirklich so weit gehen, ihr Schwierigkeiten zu bereiten, wenn sie nicht kooperiert? Im Grunde ist es ja wirklich ein relativ einfacher Dienst, den sie dem Verfassungsschutz erweisen soll.. Da hat sie früher, während ihrer Zeit bei der RAF, weitaus schlimmere Dinge getan. Wie lange hat sie Marlies nun nicht mehr gesehen, keinen Kontakt mehr zu ihr gehabt? 34 Jahre? Und wäre Marlies umgekehrt genauso zaghaft, wie sie? Wäre die Situation umgekehrt, würde Marlies dann auch so lange zögern, wie sie? Oder würde sie sie nicht eher blindlings ans Messer liefern, um ihre eigene Haut zu retten? Und überhaupt; was schert Marlies Funke sie heute noch? Und schließlich ist diese Frau damals untergetaucht, hat all die Jahre irgendwo in Freiheit verbracht, die Jenny hinter Gittern geschmort hat. Scheiß auf dein Gewissen, denkt sie sich, schnappt sich die Visitenkarte des Beamten und wählt seine Nummer.
„Herr Simonischek, hier ist Jenny Lüders“, begrüßt sie ihn mit zitternder Stimme, nachdem er das Gespräch angenommen hat. „Ich hab’s mir überlegt. Ich bin bereit, Ihnen zu helfen.“
Keine Stunde später taucht Simonischek erneut im Döner-Imbiss auf und überreicht Jenny einen Zettel mit einem Namen und einer Adresse in München: Martina Gruber, Landwehrstraße 266c
„Wer ist das?“ fragt Jenny.
„Das ist die Frau, von der wir vermuten, dass es sich dabei um Marlies Funke handelt“, erklärt Simonischek.
„Und jetzt soll ich… sie besuchen?“
„Selbstverständlich nicht“, sagt Simonischek. „Sie soll ja schließlich keinen Verdacht schöpfen, dass Sie von jemandem geschickt worden sein könnten. Sie arbeitet in einem kleinen, türkischen Supermarkt, gleich unten in dem Haus, in dem sie lebt. Sie sollten sich dort als Kundin aufhalten und ihr dabei zufällig über den Weg laufen…“
Dirk Simonischek verabschiedet sich und fordert von Jenny eine baldige Rückmeldung bezüglich eines eventuellen Erfolges. Jenny fühlt sich zunehmend unwohl in ihrer Haut. Dennoch beschließt sie, das Ganze so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Und so ruft sie Murats Tante Hatice an, die Murat ihr als Kontakt angegeben hat, falls sie im Imbiss mal Hilfe bräuchte. Nachdem Jenny ihr erzählt hat, sie habe höllische Zahnschmerzen und glücklicherweise noch kurzfristig einen Zahnarzttermin bekommen, ist Hatice auch schnell zur Stelle, um sie im Laden zu vertreten.
Mit gemischten Gefühlen macht sich Jenny auf den Weg in sie Landwehrstraße. Das Haus Nr. 266 ist ein riesiger, grauer Betonklotz, 15 Etagen hoch und fast einen Häuserblock lang mit mehreren heruntergekommen wirkenden Ladenlokalen im Erdgeschoss. Jenny findet den türkischen Supermarkt sofort und betritt ihn mit klopfendem Herzen. An der Kasse sitzt ein türkischer, junger Mann, der kurz zu ihr aufblickt und sich dann wieder seinem Smartphone widmet, ohne sie zu grüßen. Jenny schlendert durch die engen Gänge des Ladens, in dem es nicht besonders sauber ist. Das Ambiente ist allgemein sehr schäbig – genau wie die Gegend, in der sich der Laden befindet. Während ihres Streifzugs durch das Geschäft entdeckt Jenny noch drei Frauen, die in verschiedenen Gängen die Regale mit neuen Waren befüllen. Zwei von ihnen sind Türkinnen, die dritte ist eine Westeuropäerin, allerdings maximal Mitte 20 – definitiv nicht Marlies. Jenny späht noch durch eine offenstehende Türe, die in den hinteren, privaten Bereich des Supermarktes führt: Ein langer Gang, zwei verschlossene Türen links und rechts und eine offenstehende Tür am Ende, die offenbar in ein Büro führt, denn sie sieht ein Aktenregal und den äußeren Rand eines Schreibtisches. Von dort hört sie eine aufgebrachte Männerstimme auf türkisch telefonieren. Aber keine Spur von Marlies Funke…
Schließlich kauft Jenny sich ein Tütchen mit einem türkischen Gewürz und verlässt den Supermarkt wieder, ohne etwas erreicht zu haben. Sie geht ein Stück die Straße hinunter und wählt dann Simonischeks Nummer.
„Versuchen Sie es weiter!“ fordert der sie auf, nachdem Jenny ihm von ihrem Misserfolg berichtet hat. „Sie sind nun eine neue Stammkundin und besuchen diesen Markt in Zukunft regelmäßig!“
Mist… Wie konnte sie nur ernsthaft annehmen, nach einem einmaligen Fehlversuch aus der Nummer raus zu sein?
Jenny dreht sich nochmal um. Dann geht sie langsam an der Hausfassade entlang. Zwischen den einzelnen Ladenlokalen befinden sich mehrere Hauseingänge. Am Eingang c bleibt sie stehen und lässt ihren Blick über die unzähligen Klingelschilder schweifen. Im 12. Stock entdeckt sie ein handgeschriebenes Schild, auf dem in Druckbuchstaben GRUBER steht. Das muss sie sein… Kurz denkt Jenny darüber nach, einfach mal zu klingeln, verwirft diesen Gedanken aber sogleich wieder. Falls diese Martina Gruber in Wahrheit tatsächlich Marlies ist, wie sollte sie ihr dann erklären, dass sie plötzlich einfach vor ihrer Türe steht? Ich muss doch sofort klar sein, dass jemand sie geschickt hat… Jenny sieht nochmal an der dreckigen, wuchtigen Gebäudefassade empor, die sich vor einem strahlend blauen Frühlingshimmel nahezu grotesk abzeichnet – wie eine gewaltige Festung in einem unheimlichen Film – dann begibt sie sich auf den Rückweg in die Kastanienstraße…
Als sie in den Döner-Imbiss kommt, erkundigt Hatice sich nach ihrem Befinden und bietet ihr an, sich den Rest des Tages frei zu nehmen – Hatice selbst würde das Abendgeschäft übernehmen. Jenny nimmt das Angebot dankend an und will sich schon auf den Heimweg begeben. Doch dann betritt sie stattdessen die Pizzeria, in der Claudio heute alleine arbeitet.
„Enzo iste auf die Jungegesellenabschiede von eine Freunde“, erklärt der Italiener. „Möchtest du eine Pizza Funghi?“
„Du weißt noch, dass ich am liebsten Funghi esse?“ stellt Jenny erfreut fest.
„Si!“
„Danke, aber heute nicht. Ich komme gerade vom Zahnarzt und kann noch nicht so gut beißen“, lügt Jenny.
Dennoch bleibt sie noch eine Weile und die beiden plaudern. Nicht über ihre Vergangenheit, nicht mal wirklich über ihre persönliche Gegenwart. Ehe über allgemeine Dinge, über Gott und die Welt. Aber die Stimmung ist sehr angenehm und Jenny spürt wieder die alte Vertrautheit, die sie in jungen Jahren in Claudios Gegenwart verspürt hat… Und Jenny muss sich plötzlich unweigerlich fragen, wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, wenn sie damals einen anderen Weg eingeschlagen hätte und wie wohl ein gemeinsames Leben mit Claudio ausgesehen hätte – eine Vorstellung, die sie zugleich traurig macht, ihr aber auch ein warmes Gefühl gibt…
„Beim nächsten Mal dann wieder eine Funghi“, sagt sie, als sie sich später von ihm verabschiedet.
„Iche freue miche draufe“, erwidert Claudio und strahlt sie an.
Jenny strahlt zurück und geht...


Antonia reist heute Nachmittag nach Neuseeland ab, um dort ein Jahr lang am Work and Travel-Programm teilzunehmen. Da Gabi sich weiterhin nicht in der Lage fühlt, ihre Wohnung zu verlassen, hat sie die ganze Familie zu einem Abschieds-Brunch in die Alten-WG eingeladen. Antonia erscheint gemeinsam mit Iffi, Roland, Finn und Valerie als erstes. Kurz darauf folgt Nico und schließlich Konstantin. Auf Gabis Wunsch ist auch Anna dabei und natürlich lässt auch Helga es sich nicht nehmen, sich dazu zu gesellen, wenn die ganze Veranstaltung schon unter ihrem Dach stattfindet. Während Anna und Helga sich giftige Blicke zuwerfen, sobald sie am Tisch Platz genommen habe, ist Iffis Laune auf dem Tiefpunkt: Ihr fällt es unendlich schwer, ihre Tochter für ein ganzes Jahr ans andere Ende der Welt zu verabschieden… Antonia jedoch freut sich auf das bevorstehende Abenteuer und glaubt, dass dies genau der richtige Abstand und die richtige Ablenkung ist, um die traumatischen Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit endgültig hinter sich lassen zu können…
„Freust du dich denn auch schon auf dein neues Abenteuer?“ möchte Konstantin von Finn wissen.
Der zuckt er unschlüssig mit den Schultern. „Wenn man Schule denn als Abenteuer sehen will“, meint er und klingt dabei eher missmutig. „Ich würde ja ein Jahr Neuseeland oder Australien auch spannender finden…“
„Dös könnt dü donn jo mochen, wönn dü döönen Schulabschluss nochgehölt höst“, meint Roland ermutigend.
„Ein guter Schulabschluss ist wichtig“, mischt sich Helga ein und sieht Finn aufmunternd an.
„Was hast du eigentlich für einen Schulabschluss, Helga? Oder gab’s sowas zu deiner Zeit noch nicht?“ stichelt Anna und Helga schnappt empört nach Luft.
„Bitt schön kein Streit jetzt!“ verlangt Gabi. „Wir möchten die Toni schließlich gebührend verabschieden. Mei, Madl, ich beneide und bewundere dich für deinen Mut!“
„Und ich finde es gut und ebenfalls mutig, dass du nochmal zur Schule gehst“, sagt Anna zu Finn.
„Ich bin immer noch nicht sicher, ob das richtig ist“, gibt Finn zu. „9. Klasse. Die anderen da sind doch alle locker drei Jahre jünger als ich.“
„Trotzdem solltest du dich freuen, so eine Chance zu bekommen und diese dann auch nutzen“, sagt Helga oberlehrerhaft und erntet einen giftigen Blick von Anna.
Antonia erzählt ein bisschen von dem, was in Neuseeland als erstes für sie auf dem Programm steht und Helga meint: „In deinem Alter muss man die Welt erkunden, da kann man ruhig mal für ein Jahr nach Neuseeland. Aber irgendwann muss man ja auch mal sesshaft werden. Wenn man mit über 60 noch auswandert, wirkt das schon ein wenig lächerlich…“ Helgas Blick geht in Richtung Anna.
„Ich wandere nicht aus, ich ziehe nur aufs Land“, erwidert diese schnippisch.
„Na, wenn du meinst.“ Helga zuckt mit den Schultern. „Und du, Valerie? Willst du jetzt ewig im Bistro kellnern oder vielleicht doch nochmal irgendwo als Krankenschwester arbeiten? In Mexiko darfst du ja wohl nicht mehr einreisen, wie? Aber es gibt ja auch andere Entwicklungsländer, in denen dringend medizinischen Personal gebraucht wird. Und du bist ja auch noch so halbwegs jung…“
„Muss die eigentlich wieder dabei sein?“ keift Valerie. „Die macht doch nur schlechte Stimmung hier mit ihren Bemerkungen! Außerdem möchte ich, dass Sie mich siezen, ich bin nämlich kein Kind mehr, Frau Beimer!“
„Aber du kannst mich doch auch duzen“, befindet Helga. „Wir sind doch quasi eine große Familie!“
„Sind wir nicht!“ widerspricht Valerie trotzig.
Nachdem alle ein Weilchen schweigend vor sich hin essen, fällt Helga plötzlich ein neues, für sie hochbrisantes Thema ein.
„Was ist eigentlich mit diesen Leuten, die jetzt die Wohnung von Alex und Frau Dr. Brooks übernommen haben?“ fragt sie in die Runde. „Dieser Vater mit seinen beiden Söhnen! Hat irgendwer von euch schon mal ein Wort mit denen gewechselt? Das sind ja wohl auch sehr sonderbare Leute, die bleiben völlig für sich! Dabei sind wir hier doch eine Hausgemeinschaft. Und die Betonung liegt auf Gemeinschaft! Und ich weiß noch nicht einmal, wie die heißen!“
„Nein!!!“ entfährt es Anna gespielt empört. „Die hatten es nicht nötig, bei dir persönlich vorstellig zu werden? Bei der Grand Dame der Lindenstraße? Das ist ja unglaublich! Ein Skandal!“
Helgas Blick schwankt zwischen böse und verdattert.
„Klein heißen die mit Nachnamen“, klärt Andy auf. „Der Vater heißt Wolfgang, ist irgendwie so Mitte bis Ende 50 und hat eine Werkstatt für orthopädische Schuhe, in der Akazienstraße, glaube ich. Und die Söhne heißen Aaron und Henry, 19 und 17 Jahre alt.“
Helga starrt ihn ungläubig an. „Woher weißt du das?“ fragt sie. „Hast du etwa schon mit denen gesprochen?“
„Mit dem Vater“, sagt Andy. „Er hat mich letztens auf eine Reparaturarbeit angesprochen, weil er wohl meinte, dass ich hier noch der Hausmeister bin. Ich hab ihn dann auf Wasti verwiesen, allerdings hab ich ihm auch erklärt, dass er das zuerst mit dem Brenner klären muss; die Wohnung gehört ja schließlich ihm und Wasti ist bei Angelina eingestellt. Ich weiß nicht, ob der Brenner dafür aufkommt, wenn Wasti da irgendwelche Arbeiten verrichtet.“
„Und davon hast du mir nichts erzählt?“ Helga schäumt fast vor Empörung.
„Der nächste Skandal“, kichert Anna.
„Ich wusste nicht, dass ich dir Rechenschaft schuldig bin“, meint Andy schulterzuckend. „Ich wusste nicht mal, ob dich das überhaupt interessiert.“
„Aber natürlich interessiert mich das!“ ruft Helga aus. „Überhaupt finde ich das nicht richtig, dass die sich hier so aus allem raushalten. Das geht so nicht, schließlich ist das hier keine normale Hausgemeinschaft!“
„Da gebe ich dir ausnahmsweise mal recht“, meint Anna grinsend.
„Du weißt genau, wie ich das meine!“ schimpft Helga. „Wir sind hier eine Hausgemeinschaft, in der noch eine richtige Nachbarschaft existiert, in der man einander kennt und füreinander da ist. Nicht so ein anonymer Mietblock. Da kann nicht einfach wer einziehen und sich dann von den anderen ausgrenzen. Das müssen wir diesen Leuten sahen. Andy, du solltest das tun, wenn du schon so einen guten Draht zu denen hast!“
„Was denn für einen Draht?“ motzt Andy. „Ich hab mich einmal mit dem Mann unterhalten und das ist schon ein paar Wochen her. Mach’s doch selber, wenn’s dir so wichtig ist!“
Der restliche Vormittag verläuft ohne Reibereien und Zwischenfälle und irgendwann ist es an der Zeit, die Runde aufzulösen, denn Antonia muss schließlich bald zum Flughafen aufbrechen.
Nachdem sie sich von ihren Großeltern sowie von Helga und Anna verabschiedet hat und gemeinsam mit Iffi, Roland, Valerie, Nico und Konstantin die Alten-WG verlassen hat, erklärt sie ihrer Mutter, dass sie sich nicht von ihr und Roland, sondern von Nico zum Flughafen bringen lässt.
„Ich hab keine Lust auf so ein Anschieds-Szenario am Flughafen“, erklärt Antonia der verblüfften Iffi. „Lass uns das gleich kurz und schmerzlos zuhause machen.“
Iffi beugt sich schweren Herzens dem Wunsch ihrer Tochter. Und als Nico und Antonia dann eine Weile später die Lindenstraße hinunter fahren und in die Ulrike-Böss-Straße einbiegen, steht Iffi tränenüberströmt im Hauseingang in der Kastanienstraße und winkt ihrer Tochter nach…
Helga befindet sich derweil in einer ganz anderen Mission: Sie klingelt an der Wohnungstür der Familie Klein, wo ihr ein großgewachsener junger Mann öffnet.
„Oh, wie schön“, trällert Helga fröhlich. „Sind Sie Aaron oder Henry?“
„Kennen wir uns?“ fragt der junge Mann perplex.
„Ich bin die Frau Beimer, hier aus dem Haus! Ist Ihr Vater da?“
„Der ist arbeiten. Ich bin Henry.“
„Ah, der Jüngere, ja? Dann richten Sie Ihrem Vater doch bitte aus, dass er sich mal bei uns melden soll, in Ordnung? Wir wohnen im 1.Stock. Einfach bei Beimer und Zenker klingeln!“
Damit verabschiedet sie sich – und Henry sieht ihr kopfschüttelnd nach, als sie die Treppen hinuntersteigt…



Klaus hat heute einen Termin bei Tristan in dessen Anwaltskanzlei. Er ist immer noch überzeugt davon, dass Simone Stadler sich auf irgendeine Weise Zugang zu seinem Recherche-Material verschafft und daraus dann ihren Society-Roman ´zusammengezimmert` hat – wie auch immer sie das angestellt hat… Um der Sache genauer auf den Grund zu gehen, hat er sich das Buch sogar inzwischen selber gekauft und gelesen – und ist sich seiner Sache seither noch sicherer...
„Das ist natürlich alles äußerst schwierig, wenn wir nicht beweisen können, dass das wirklich Ihr Material ist, was Frau Stadler in ihrem Buch verwendet“, erkärt Tristan. Dann räuspert er sich und sagt: „Entschuldigung, aber wollen wir uns nicht vielleicht einfach duzen? Sie sind doch… also, ich meine, DU bist doch der Onkel von Lea… Ich finde, das wird eigentlich mal Zeit, oder?“
„Ja, natürlich, sehr gerne“, willigt Klaus erfreut in das Angebot ein.
„Also Beweise…“, nimmt Tristan den Faden wieder auf. „Wie sieht’s denn mit deinen Quellen aus? Wie hast du recherchiert und wo hast du dein Material her? Vielleicht können wir da ansetzen, um Beweise zu finden, dass wirklich du und nicht diese Stadler die Sachen zusammengetragen hat…“
„Das ist ein wenig kompliziert“, gibt Klaus zähneknirschend zu. „Ich habe meine Informationen hauptsächlich durch meinen Kontakt zu… also zu einem ehemaligen Society-Mitglied erhalten. Nastya Pashenko. Sie… sie ist die Mutter meiner Tochter. Und sie war selbst mehrere Jahre bei Society, hat sich dann aber davon distanziert. Leider hat sie sich mittlerweile auch von dem Buch-Projekt distanziert. Obwohl das Ganze ursprünglich ihre Idee gewesen ist…“
„Und warum?“ fragt Tristan.
„Sie hat Angst“, erwidert Klaus. „Society haben Wind von dem Projekt bekommen und ordentlich Druck ausgeübt…“
„Verstehe…“
„Das ist so eine verdammte Scheiße!“ Klaus schlägt mit der flachen Hand auf die Tischplatte. „Ich hab so lange an dem Buch gearbeitet. Da steckt so viel Zeit drin. Und so viel Arbeit. Und dann war es ein Unding, das überhaupt rauszubringen. Zuerst habe ich gar keinen Verleger gefunden, der sich darauf einlassen wollte. Denen war das Ganze einfach zu heiß. Und dann habe ich beschlossen, es im Selbstverlag rauszubringen. Aber das ist noch mühevoller und zeitaufwändiger. Und jetzt habe ich schließlich doch noch das Interesse von ein paar Verlegern gefunden, die bereit waren… Und nun grätscht mir die blöde Kuh dazwischen und kommt mir ein paar Monate zuvor. Es ist echt unglaublich…“
„Wenn deine Quelle die Mutter deiner Tochter ist, ist es natürlich fraglich, ob man sie als glaubwürdige Zeugin ansieht, wenn sie für dich aussagt, dass du wirklich durch sie deine Informationen erhalten hast“, sagt Tristan. „Man könnte es möglicherweise so auslegen, dass sie nur zu deinen Gunsten aussagt, um die einen Freundschaftsdienst zu erbringen…“
„Nastya und ich haben definitiv kein freundschaftliches Verhältnis“, stellt Klaus klar.
„Es wäre auf jeden Fall einen Versuch wert“, befindet Tristan. „Meinst du denn, dass sie eventuell für dich aussagen würde?“
„Ich bezweifle das“, glaubt Klaus ehrlich zu. „Erstens ist unser Verhältnis beschissen. Und zweitens will sie mit dem Society-Buch ja, wie gesagt, ohnehin nichts mehr zu tun haben.“
„Wenn du mir ihre Kontaktdaten gibst, könnte ich mein Glück trotzdem mal versuchen“, schlägt Tristan vor.
„Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wo sie zur Zeit steckt“, sagt Klaus. „Der letzte Kontakt liegt Monate zurück. Ich hab nur noch ihre letzte Handynummer. Man könnte ausprobieren, ob die noch aktuell ist.“
„Wenn du magst, dann mache ich das“, bietet Tristan an.
„Das mache ich schon selber, danke!“ Klaus verabschiedet sich aus der Kanzlei und lässt Tristan wissen, dass er ihm in den nächsten Tagen mitteilen wird, ob er etwas erreichen konnte…
Als er zuhause angekommen ist, sucht Klaus Nastya aus der Kontaktliste seines Handys heraus und startet auf gut Glück einen Videoanruf. Und nach mehrmaligem Klingeln erscheint tatsächlich das Gesicht von Nastya auf dem Display.
„Was willst du?“ begrüßt sie ihn schroff.
„Herzlich wie eh und je“, erwidert Klaus sarkastisch.
„Sag mir, was du willst oder ich lege auf“, zickt Nastya.
Und so berichtet Klaus, was sich in der jüngsten Zeit ereignet hat.
„Und diese Frau hat ein Buch veröffentlicht mit meinen Informationen?“ fragt Nastya entsetzt.
„So sieht es aus“, erwidert Klaus.
„Wird mein Name darin erwähnt?“ fragt Nastya alarmiert. „Oder irgendetwas, was direkt auf mich hindeutet?“
„Nein!“
„Dann ist ja gut!“ Nastya atmet erleichtert auf.
„Nichts ist gut“, schimpft Klaus und lässt ein weiteres Mal seinen Unmut über Simone vom Stapel.
„Woher willst du denn so genau wissen, dass dir die Frau dein Material geklaut hat?“ fragt Nastya. „Vielleicht hat sie ja anderweitig recherchiert. Vielleicht hat sie auch Kontakt zu einem ehemaligen Society-Mitglied?“
„Nein! Das ist definitiv mein Recherche-Material“ beharrt Klaus. „Sie hat ja ganze Text-Passagen wortwörtlich so übernommen, wie ich sie schon ausformuliert hatte.“
„Aber wie sollte sie das denn gemacht haben?“
„Mein Gott, ihr fragt immer alle, wie sie das gemacht haben soll!“ poltert Klaus los. „Was weiß denn ich, was die für Methoden hat! Vielleicht ist sie bei mir eingebrochen oder sie hat sich in meinen Laptop eingehackt. Keine Ahnung! Fakt ist, dass das mein Material ist, was sie in ihrem Buch verwendet.“
„Aber du kannst das nicht beweisen“, stellt Nastya fest.
„Das ist ja das Problem! Aber mein Anwalt sagt, wenn du bestätigst, dass du mir genau dieses Material geliefert hast, dann hätten wir vielleicht noch eine Chance. Vorausgesetzt, man erkennt an, dass wir nicht irgendeinen freundschaftlichen Klüngel miteinander haben…“
Nastya schaut einen Moment lang verwirrt drein. „Ich weiß nicht, was ein freundschaftlicher Klüngel ist“, sagt sie. „Aber das ist mir auch egal. Ich werde nichts aussagen, ich bin ja froh, wenn man mich nicht mit diesem Buch in Verbindung bringt. Und du solltest auch froh sein. Soll diese Frau sich doch demnächst mit der Rache von Society rumschlagen. Sei froh, dass du das nicht bist!“
„Ich arbeite doch nicht jahrelang für Nüsse an diesem Projekt und ein anderer heimst sich dann die Lorbeeren ein!!“ empört sich Klaus.
„Was für Nüsse? Was für Lorbeeren?“ fragt Nastya verständnislos. „Klaus, ich sag’s dir nochmal. Ich bin raus aus der Sache. Ich will nichts mehr mit diesem Buch zu tun haben und ich werde dir auch nicht helfen! Ruf mich nie wieder an!“
„So einfach kannst du es dir nicht machen. Du bist es mir schuldig, dass du…“,beginnt Klaus, kommt allerdings nicht weiter, weil Nastya ihn wegdrückt. Empört versucht er noch mehrfach, sie zurückzurufen. Die ersten Male geht sie einfach nicht ran – bei seinem letzten Versuch muss er dann feststellen, dass sie seine Nummer offenbar blockiert hat.
„Verdammte Nattern!“ schimpft er – und begibt sich wutschnaubend auf den Weg zum Akropolis.
Und tatsächlich trifft er doch auf Simone, die am Tresen sitzt und auf ihrem Laptop herumtippt.
„Nur damit du Bescheid weißt“, poltert er sogleich ohne Begrüßung los. „Ich hab mir einen Anwalt genommen und meine Kontaktperson aus der Society, von der ich meine Infos habe, wird aussagen, dass du in deinem Machwerk eins zu eins die Dinge verwendest, die ich von ihr habe.“
Klaus ist es egal, dass er nur blufft, ihm kommt es einfach nur darauf an, Simone einzuschüchtern. Doch die erwünschte Wirkung bleibt aus, Simone reagiert äußerst kühl und gelassen auf das, was Klaus ihr mitzuteilen hat.
„Könntest du jetzt mal bitte aufhören, mich mit deiner Paranoia zu langweilen?“ fragt sie. „Ich weiß wirklich nicht, was du von mir willst. Ich habe gründlich recherchiert und aus meinen Recherchen ein Buch geschrieben. Wenn wir beide über das gleiche Thema schreiben, dann kann es natürlich auch zwangsläufig zu Überschneidungen kommen. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich bei dir geklaut habe. Ich war halt einfach schneller als du und habe mein Buch vor die veröffentlicht. Pech gehabt, würde ich sagen. Und nun geh raus und jammer den Linden die Ohren voll. Ich will dein Gesülze jedenfalls nicht mehr hören!“
„Du widerliche, dreckige…!“
„Was ist denn hier los?“ Vasily ist aus der Küche gekommen und unterbricht Klaus’ aufkeimenden Wutausbruch.
„Weißt du eigentlich, mit was für einer miesen Kanalratte du dich hier eingelassen hast?“ möchte Klaus von Vasily wissen. „Die hier hat nicht viel gemeinsam mit ihrem gerechtigkeitsliebenden Vater oder mit ihren beiden anständigen Brüdern! Die geht über Leichen, um ihren Willen zu kriegen!“
„Bla bla bla!“ macht Simone und gähnt theatralisch.
„Wie meinst du das?“ fragt Vasily – und Klaus lässt ein weiteres Mal seiner Unmut freien Lauf.
„Es wäre wohl wirklich besser, wenn du jetzt gehst und ein fairer Verlierer bist“, sagt Vasily abschließend. „Simone war einfach schneller als du. Akzeptiere das!“
Wütend begibt Klaus sich in Richtung Ausgang. „Ihr hört noch von mir!“ faucht er, ehe er das Lokal verlässt.
„Stimmt das, was er sagt?“ möchte Vasily von Simone wissen, als die beiden alleine sind.
„Fängst du jetzt auch noch an?“ fragt diese. „Ich habe gründlich recherchiert, das ist alles. Wie hätte ich denn an seinen Kram kommen sollen?“
Vasily beschließt, es dabei zu belassen. Er hat weder Ahnung von Journalismus, noch von Schriftstellerei und will davon auch gar nichts wissen.
An Simone nagt Klaus’ Auftritt insgeheim aber doch ein wenig. Denn sie für ihren Teil hat keine große Ahnung vom deutschen Rechtssystem und weiß nicht, inwiefern ihr Klaus’ Anwalt und seine Society-Quelle tatsächlich gefährlich werden können… Wäre es vielleicht besser, sich zur Sicherheit selbst auch einen Anwalt zu nehmen und gleich zum Gegenangriff zu blasen, ehe es zu spät ist?
Während sie noch ihren Gedanken nachhängt, klingelt Vasilys Handy und der Grieche geht ran.
„Mary“, sagt er. „Das ist ja eine Überraschung!“
Simone horcht auf. Mary? Vasilys Ex-Frau aus Berlin?! Was will die denn von ihm? Und warum klingt Vasily so überaus freundlich? War das Verhältnis zwischen den beiden bislang nicht eher angespannt und ohnehin auf ein Minimum bezüglich ihres gemeinsamen Sohnes und Enkels reduziert?
„Ach wirklich? (…) Hier in München? (…) Wie lange denn? (…) Aber natürlich steht dir mein Gästezimmer jederzeit zur Verfügung!“
„Äh… Was war das jetzt?“ fragt Simone, nachdem Vasily das Telefonat nahezu überschwänglich freundlich beendet hat.
„Mary, meine Ex-Frau!“ Vasily strahlt wie ein Honigkuchenpferd.
„Ja, das habe ich schon mitbekommen!“
„Sie kommt nach München“, berichtet Vasily. „Nächsten Monat. Beruflich. Für etwa zwei Monate.“
„Ach…“
„Ja. Sie arbeitet ja als Dolmetscherin für die nigerianische Botschaft in Berlin und muss für irgendein berufliches Projekt vorübergehend nach München.“
„Und da hast du dann nichts besseres zu tun, als ihr gleich unser Gästezimmer anzubieten?“ fragt Simone spitz.
„Unser Gästezimmer?“ entgegnet Vasily grinsend. „Seit wann ist das denn UNSER Gästezimmer? Du willst doch auf Teufel komm raus deine Wohnung in Starnberg nicht aufgeben, um zu mir zu ziehen! Und plötzlich ist das dann doch unser Gästezimmer?“
„Deine, meine, unserer… Sei doch nicht so kleinlich!“ zetert Simone. „In einer Beziehung muss
man da ja wohl nicht solche Unterschiede machen...“
„Bist du etwas eifersüchtig?“ fragt Vasily und grinst noch breiter.
„Ich bin nicht eifersüchtig! Aber ich werde es ja wohl noch befremdlich finden dürfen, wenn du plötzlich deine Ex-Frau wieder bei dir einquartierst! Noch dazu, wenn du mir immer wieder erzählst, wie schlecht dein Verhältnis zu ihr ist.“
Vasilys Grinsen wird noch breiter…
„Was grinst du denn jetzt so grenzdebil?“ fährt Simone ihn an.
„Und du bist doch eifersüchtig!“ lacht Vasily schallend…

CLIFFHANGER auf: Simone Stadler

Mitwirkende Personen
Antonia Zenker
Nico Zenker
Iffi Zenker
Valerie Zenker
Andy Zenker
Gabi Zenker
Roland Landmann
Konstantin Landmann
Finn Schäfer
Anna Ziegler
Helga Beimer
Klaus Beimer
Tristan von Sassnitz
Simone Stadler
Vasily Sarikakis
Jenny Lüders
Claudio Russo
Lisa Dagdelen
Henry Klein
Nastya Pashenko
Hatice Talay
Dirk Simonischek

© ´popo wolfson´2024

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


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Verfasst: So 14. Apr 2024, 17:21 


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