Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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 Betreff des Beitrags: Folge 1916 - Nemesis
BeitragVerfasst: So 28. Apr 2024, 15:08 
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Folge 1916: Nemesis

Spieltag: Donnerstag, 25.04.2024


Lisa hat schlecht geschlafen und lauter wirres Zeug geträumt – natürlich von Murat und Andrea. Von Kopfschmerzen geplagt, meldet sie sich gleich nach dem Aufstehen für heute bei ihrer Chefin von dem ambulanten Pflegedienst, für den sie jetzt arbeitet, krank. Sie hat heute wirklich anderes im Sinn als ihren Job. Stattdessen schlendert sie kurz nachdem die Praxis Tenge-Wegemann geöffnet hat, die Lindenstraße entlang. Vor der Villa parkt Andreas alte Schrottkarre. Lisa blickt sich um, dann öffnet sie die Fahrertür. Andrea hat ihre Zentralverriegelung immer noch nicht reparieren lassen. Lisa blickt ins Wageninnere und sieht sich suchend um, öffnet das Handschuhfach unter dem Armaturenbrett – nichts. Schließlich steigt sie aus, späht sich nochmal um, um sicherzugehen, dass niemand sie beobachtet und öffnet die Motorhaube. All die ganzen Kabel, Schläuche und Apparate sagen ihr gar nichts. Wütend schlägt sie die Motorhaube wieder zu – so kommt sie hier nicht weiter … Kurz denkt Lisa darüber nach, die Handbremse zu lösen und das Auto einfach auf die Straße zu schieben – aber das erscheint ihr nicht effektiv genug.
Frustriert tritt Lisa fürs erste den Rückzug an. Sie arbeitet zuhause ein wenig im Haushalt vor sich hin, ist aber nur halbherzig bei der Sache. Schließlich begibt sie sich erneut auf die Straße und geht in die Kfz-Werkstatt an der Ecke. Suchend sieht sie sich in der Halle.
„Ach nee, Blondie!“ Breit grinsend steht Ludde auf einmal hinter ihr.
Genervt verdreht Lisa die Augen.
„Ist Jack da?“, will sie von ihm wissen.
„Außentermin“, erwidert Ludde knapp und kaut dabei auf einem Zahnstocher herum. Lisa ist genervt von dem ach so coolen Gehabe dieses kriminellen Arschlochs.
„Und? Wie läuft deine Lehre hier?“, fragt sie ihn.
„Interessiert dich das wirklich?“, lacht Ludde auf.
„Ich will nur wissen, ob du was drauf hast oder hier nur zur Deko rumstehst“, schnauzt sie ihn an.
„Worum geht’s denn?“, fragt Ludde.
„Weißt du, wo ich an meinem Auto die Bremsschläuche finde?“
„Warum willst denn das wissen?“, fragt Ludde irritiert.
„Weil meine Bremsen so… so komisch sind irgendwie. Und ich dachte, vielleicht gucke ich mal, ob mit den Bremsschläuchen alles in Ordnung ist…“
Ludde lacht erneut auf. „Definiere’ irgendwie komisch’!“
„Naja, die machen so Geräusche und ruckeln so beim bremsen…“
„Vielleicht eher die Bremsklötze?“, mutmaßt Ludde.
„Wer weiß“, sagt Lisa schulterzuckend. „Wo sind denn nun die Bremsschläuche?“
„Hör zu, ganz egal ob nun Schläuche oder Klötze. Wenn irgendwas mit deinen Bremsen nicht okay ist, solltest du das den Profis überlassen und da nicht als Laie selbst rumbasteln! Bring deine Karre kurz rein und dann guckt Jack sich das nachher mal an.“
„Na gut“, sagt Lisa. „Bis später!“
Damit verlässt sie unzufrieden die Werkstatt und Ludde sieht ihr kopfschüttelnd nach…
Zuhause angekommen, beginnt Lisa, im Internet zu recherchieren, findet aber auch dort keine wirklich befriedigenden Informationen. Schließlich schnappt sie sich ein Cutter-Messer und eine scharfe Zange und beschließt einfach alles durchzutrennen, was sie an Schläuchen in Andreas Motorraum findet – es wird schon das Richtige dabei sein.
Als Lisa sich dem Auto nähert, schlägt ihr das Herz bis zum Hals. Aber heute ist ein diesiger und grauer Frühlingstag und die wenigen Leute, die auf der Straße unterwegs sind, haben es eilig, um wieder nach drinnen zu kommen. Als Lisa darauf hofft, dass die Luft wirklich rein ist, öffnet sie erneut Andreas Motorhaube. Doch das ganze Wirrwarr darin überfordert sie. Hektisch fingert sie die Zange hervor und sieht sich suchend im Motorraum um. Verdammt, wo soll sie denn hier anfangen?
„Bremsschläuche durchschneiden ist eine ziemlich dumme Idee“, sagt plötzlich eine männliche Stimme hinter ihr. Lisa fährt erschrocken herum und blickt in Luddes Gesicht.
„Ich… äh“, stammelt Lisa.
„Außerdem verlaufen die bei vielen Autos größtenteils durch Stahlrohre, du müsstest also erstmal eine flexible Stelle finden, die sich so einfach durchtrennen lässt“, sagt Ludde, tritt mit einem großen Schritt neben sie und knallt mit einer Handbewegung die Motorhaube wieder runter.
„Ich… wollte nur…“, beginnt Lisa nach einer Erklärung zu suchen.
„Kleiner Mordanschlag?“, fragt Ludde grinsend. „Ich würd’s nicht machen. Für so eine Scheiße kommst du in den Knast und ich garantiere dir, da willst du nicht hin, Blondie!“
„Ich wollte nur was nachgucken“, sagt Lisa.
„Ob da drin ein Osterei übersehen wurde?“, fragt Ludde und grinst noch breiter.
„Ich… das ist mein Auto und ich...ich…“, stottert Lisa.
„Falsch!“ unterbricht Ludde sie. „Das ist das Auto von der anderen Blondine, die in der Praxis arbeitet!“
„Dann zeig mich doch an“, zischt Lisa ihn giftig an und macht sich aus dem Staub.
So was Dummes aber auch… Eine Weile später klingelt es an ihrer Wohnungstür. Lisa rutscht das Herz in die Hose. Sollte der Typ ihr nun wirklich die Polizei auf den Hals gehetzt haben? Die werden ihr doch wohl hoffentlich mehr glauben, als ihm … Zögernd öffnet Lisa die Tür. Im Hausflur steht Ludde und wedelt grinsend mit ihrer Zange in der Luft herum.
„Mit dem popeligen Ding wärst du eh nicht weit gekommen“, lacht er.
Wütend reißt Lisa ihm die Zange aus der Hand und schlägt ihm die Tür vor der Nase zu. Ludde beflissentliches Klopfen und Klingeln ignoriert sie. Ihr Leben läuft gerade auch so schon beschissen genug, da muss sie sich nun nicht auch noch mit diesem kriminellen Widerling auseinandersetzen. Soll er doch machen, was er will. Soll er sie doch erpressen, sie wird sich nicht darauf einlassen. Soll er sie doch anzeigen – wem würde die Polizei wohl eher glauben?
Viel schlimmer als die Angst vor Ludde ist für Lisa nach wie vor die Wut auf Andrea. Und so macht sie sich ein wenig später nochmal auf den Weg zu ihrem Auto. Wenn sie es schon nicht schafft, ihrer Widersacherin richtigen Schaden zuzufügen, dann will sie doch wenigstens eine kleine Genugtuung. Am Auto angekommen, öffnet Lisa blitzschnell die Fahrertüre, löst die Handbremse, schlägt die Tür wieder zu und drückt einmal kräftig gegen die Motorhaube. Und während Andreas Auto langsam rückwärts auf die Lindenstraße rollt, eilt Lisa hinüber zum Marcellas und setzt sich dort auf einen Fensterplatz, um das Szenario zu beobachten. Es dauert nicht lange und die ersten Autos, die vorbei wollen, starten ihr Hub-Konzert.
Als Gian-Luca an ihren Tisch kommt, bestellt Lisa den gleichen Eisbecher, wie in der Vorwoche.
„Meinten Sie nicht, dass der wie Scheiße schmeckt?“ erkundigt Gian-Luca sich misstrauisch.
„Vielleicht haben Sie sich ja verbessert“, erwidert Lisa grinsend.
Kopfschüttelnd nimmt Gian-Luca ihre Bestellung auf und serviert Lisa ihr Eis.
„Was ist denn da los?“ fragt er und blickt hinüber zur Lindenstraße, wo mittlerweile ein wahres Verkehrs-Chaos ausgebrochen ist.
„Ich weiß auch nicht“, antwortet Lisa schulterzuckend. „Manche Leute können halt echt nicht parken…“
Die halbe Lindenstraße in Richtung Kastanienstraße und die Zufahrt von der Ulrike-Böss-Straße aus sind mittlerweile verstopft und das Konzert der Autos wird immer ohrenbetäubender. Während Lisa genüsslich ihr Eis löffelt, beobachtet sie, wie Andrea mit hochrotem Kopf aus der Villa geeilt kommt, gefolgt von einer zeternden Birthe Tenge-Wegemann. Andrea hebt beschwichtigend die Hände in Richtung der hupenden Fahrer, steigt in ihr Auto und fährt in die Parklücke zurück. Danach eilt sie mit zerzaustem Haar in die Praxis zurück, während Birthe, immer noch zeternd, ihr erneut hinterherläuft …
Lisa freut sich derweil über ihren kleinen Racheakt.
„War heute sehr lecker“, sagt sie beim Bezahlen zu Gian-Luca und verlässt zufrieden das Bistro.
Als Andrea später Feierabend hat, läuft sie auf geradem Wege zu Murat in den Döner-Imbiss und berichtet ihm, was heute Nachmittag geschehen ist.
„Ich versteh das einfach nicht“, grübelt sie. „Ich schwöre dir, ich habe die Handbremse angezogen. Sowas vergesse ich nie! Die muss irgendwie nicht richtig eingerastet sein und sich von selbst gelöst haben. Diese Kiste ist wirklich noch schrottreifer, als ich dachte. Ich muss mich dringend nach etwas Neuem umsehen…“
Nach ihrem Besuch im Imbiss läuft Andrea zurück zu ihrem Auto, das immer noch vor der Villa parkt. Sie ahnt nicht, dass Lisa sie dabei von ihrer Wohnung aus genau im Blick hat.
„Fühl dich bloß nicht zu sicher, du Aas“, flüstert sie. „Mit dir bin ich noch lange nicht fertig. Das war erst ein kleiner Vorgeschmack heute…“

Jenny fühlt sich zunehmend unwohl in ihrer Haut. Seit ihrem ersten Besuch in dem türkischen Supermarkt, in dem ihre alte Wegbegleiterin Marlies Funke arbeiten soll, ist sie nicht mehr dort gewesen, hat dem Verfassungsschutzbeamten Dirk Simonischek auf seine telefonischen Nachfragen hin aber mehrmals versichert, beinahe täglich dorthin zu gehen und die Frau, die man für Marlies hält, immer noch nicht angetroffen zu haben. Schon seit Tagen fragt Jenny sich, wie lange sie diese Lüge wohl noch aufrecht erhalten kann. Und nun scheint die Sache noch bedrohlicher zu werden, denn kaum dass sie und Murat an diesem Tag den Döner-Imbiss geöffnet haben, steht Simonischek plötzlich höchstpersönlich im Laden und bittet Jenny, ihn für ein Gespräch unter vier Augen nach draußen zu begleiten.
„Sind Sie sicher, dass Sie sich auch die erforderliche Mühe geben?“ fragt Simonischek scharf. „Denn unserem Informanten zufolge hat die rothaarige Frau, bei der es sich um Frau Funke handeln könnte, in den letzten zwei Wochen mehrere Schichten in dem Supermarkt gehabt. Sogar beinahe täglich…“
„Dann haben wir uns wohl immer verpasst“, weicht Jenny ihm mit belegter Stimme aus. „Ich muss ja schließlich auch arbeiten, ich kann nicht den ganzen Tag in irgendwelchen Supermärkten rumhängen und warten, dass etwas passiert…“
„Sie sollten sich nochmal bewusst machen, dass es ernsthafte juristische Konsequenzen für Sie haben könnte, falls Sie versuchen, uns an der Nase herumzuführen“, warnt der Beamte sie streng.
Jenny sieht ein, dass sie keine andere Wahl hat. Dieser Typ wird niemals locker lassen. Und wenn diese rothaarige Frau tatsächlich in dem Geschäft arbeitet, wird er ihr es nicht mehr lange glauben, dass sie sie noch nie dort angetroffen hat, wenn sie doch wirklich täglich dorthin geht – er ist ohnehin schon hochgradig misstrauisch…
Also tut Jenny, wie ihr geheißen, und macht sich nach Feierabend erneut auf den Weg in die Landwehrstraße. Das Gedudel irgendwelcher türkischer Pop-Gruppen, deren Gesang das Innere des Supermarktes erfüllt, geht ihr schon binnen Sekunden auf die Nerven. Suchend geht Jenny langsam Gang für Gang des Ladens ab und begegnet dabei erstmal wieder nur ausschließlich Mitarbeitern türkischer Abstammung. Doch dann steht da plötzlich eine Frau, von vielleicht Anfang bis Mitte sechzig, die – ihr den Rücken zudrehend – ein Regal mit Waren auffüllt. Die noch roten langen Haare sind von grauen Strähnen durchzogen. Was ihre Größe und Statur anbelangt, würde Jenny sofort und ohne zu zögern auf Marlies tippen… Wie gebannt starrt Jenny auf die Supermarkt-Mitarbeiterin, die ihre Blicke im Rücken offenbar spürt. Sie hält in ihrer Arbeit inne und dreht sich ganz langsam in Jennys Richtung um.
„Is was?“, fragt sie barsch – dann treffen sich ihre Blicke. Und in diesem Moment ist alles klar.
„Marlies?“, fragt Jenny – obwohl es dieser Frage eigentlich gar nicht bedurft hätte.
Es sind die gleichen Augen, es sind die gleichen Gesichtszüge, nur um mehr als 30 Jahre gealtert. Und auch im Blick von Marlies Funke ist eindeutig abzulesen, dass sie Jenny erkannt hat… Dennoch geht sie auf Abwehr.
„Was wollen Sie?“, fragt Marlies barsch. „Ich kenne keine Marlies. Und Sie kenne ich auch nicht.“
Doch für Jenny ist die Sache klar. Nicht nur das Aussehen und die Bewegungen der Frau sind eindeutig, sondern auch ihre Stimme. Und obwohl sie sich bemüht, hochdeutsch zu sprechen, ist auch ihr Berliner Dialekt noch ein wenig herauszuhören…
Jenny steht ihr unentschlossen gegenüber und starrt sie an. Wie soll sie reagieren?
„Gehen Sie jetzt weiter, ich muss arbeiten“, fordert Marlies sie auf, starrt sie noch einen kurzen Moment an, dann dreht sie ihr wieder den Rücken zu und setzt ihre Tätigkeit fort.
Jenny zögert kurz, dann fragt sie: „Wie geht es dir?“
„Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen“, sagt Marlies hastig, pfeffert die letzten Pakete eilig in das Regal und verschwindet dann durch die Tür, die in den Mitarbeiterbereich führt. Jenny wartet noch kurz ab, dann verlässt sie den Supermarkt.
Sie überquert die Landwehrstraße und betritt gegenüber des Geschäfts ein nicht sehr einladendes Café, bestellt sich einen Kaffee, setzt sich ans Fenster und beobachtet den Supermarkt. Doch es geschieht nichts, was sie weiterbringt; Kunden betreten und verlassen den Laden, aber von Marlies kein Zeichen.
Nachdem ihr vom mittlerweile vierten Kaffee fast schon schlecht ist, verlässt Jenny das Café schließlich. Auf dem Heimweg ruft sie bei Simonischek an.
„Ich hab die Frau heute gesehen“, berichtet sie ihm. „Zumindest denke ich, dass es die Frau ist, die Sie meinen. Ich bin mir allerdings absolut nicht sicher. Es gibt eine gewisse Ähnlichkeit, aber irgendwie… Ich weiß es nicht. Wir haben uns seit über 30 Jahren nicht gesehen. Ich glaube, ich kann Ihnen da nicht helfen.“
„Haben Sie sie angesprochen?“, will Simonischek wissen.
„Ja, sie kannte mich nicht!“
„Behauptet sie“, fügt Simonischek an.
„Es wirkte echt“, sagt Jenny schnell. „Ich glaube nicht, dass sie es ist…“
„Bleiben Sie dran“, verlangt Simonischek. „Wenn jemand sie identifizieren kann, dann Sie.“
Jenny schließt die Augen. Nimmt dieser Albtraum denn nie ein Ende?
„Ich brauche mehr Zeit“, sagt sie schließlich.
„Meinetwegen“, erwidert Simonischek. „Aber überstrapazieren Sie unsere Geduld nicht. Sehen Sie zu, dass Sie in die Hufe kommen. Ewig können Sie so nicht weitermachen!“
Damit drückt er das Gespräch ohne Abschied weg. Frustriert geht Jenny nach Hause. Dieser Kerl und sein verdammter Verfassungsschutz werden nicht eher Ruhe geben, als bis sie ihnen Marlies ausgeliefert hat…

„Guten Morgen, Daddy!“, begrüßt Iffi ihren Vater, als der ihr die Wohnungstür öffnet. „Oh, du siehst ja völlig fertig aus! Hast du schlecht geschlafen?“
„Ich schlafe hier nur noch schlecht!“, motzt Andy. „Es wird immer schlimmer mit Gabi!“
„Was ist denn nun wieder los?“, fragt Iffi besorgt.
Andy verdreht genervt die Augen und atmet schwer aus. „Sie hat gestern im Fernsehen eine Doku über künstliche Intelligenzen gesehen“, erklärt er. „Und danach hatte sie eine Panikattacke. Sie hat jetzt tatsächlich Angst davor, dass diese KIs unser aller Untergang sind.“
„Nun ja, es ist ja jetzt auch nicht ganz von der Hand zu weisen, dass der Einsatz von KIs auch Gefahren birgt und man wirklich nicht genau einschätzen kann, wohin das führt und wie das unser aller Leben letzten Endes beeinflussen wird“, verteidigt Iffi Gabi,
„Ja, aber sie tut nahezu so, als ob diese künstlichen Intelligenzen uns gerade den Krieg erklären und ab morgen todbringend über uns her fallen!“ klagt Andy. „Wie in irgendeinem Science-fiction-Film…“
Iffi seufzt. „Eigentlich bin ich hier, weil ich fragen wollte, was mit Gabis Handy los ist“, erklärt sie. „Toni hat ihr Fotos und Videos aus Neuseeland geschickt, aber sie sagt, das Häkchen bleibt immer grau. Dann hat sie mir die Sachen geschickt und ich hab versucht, sie weiterzuleiten, aber bei mir ist es das Gleiche…“
„Sie benutzt ihr Handy nicht mehr“, knurrt Andy.
„Wie bitte?“
„Seit ein paar Tagen schon nicht mehr. Liegt ausgeschaltet in irgendeiner Schublade. Sie hat Angst, dass sie von der Strahlung einen Hirntumor bekommt. Oder Leukämie. Oder irgendeinen anderen Krebs.“
„Also das ist doch nun wirklich albern“, meint Iffi. „Es ist doch mittlerweile erwiesen, dass die Strahlung von den neuen Handymodellen auch nicht schlimmer ist, als …“
In diesem Moment kommt Gabi aus der Küche – bleich wie ein Laken und mit dunklen Ringen unter den Augen. Iffi erschrickt, hat sich dann aber schnell wieder im Griff.
„Guten Morgen, Gabi“, begrüßt sie sie bemüht fröhlich. „Toni hat Fotos und Videos aus Neuseeland geschickt. Total toll. Willst du mal sehen?“
„Naaa, besser net!“, Gabi weicht zurück, als würde Iffi ihr etwas hochgradig Toxisches unter die Nase halten, dabei handelt es sich nur um ihr Smartphone. „I mag die Dinger net mehr so… Kannst mir die Fotos net vielleicht ausdrucken?“
„Oh, wenn da aber mal nicht too much gefährlich Poison ist in die Druckerfarbe“, mischt sich Popo ein, die just in diesem Moment das Badezimmer verlässt. Andy und Iffi werfen ihr vernichtende Blicke zu. Tatsächlich scheinen Popos Worte Gabi nun nachhaltig durch den Kopf zu gehen und Andy würde die kleine Kanadierin am liebsten per Popo-Tritt schnurstracks in ihre Heimat zurück befördern …
Während Andy etwas später das Weite sucht, um mal den Kopf frei zu kriegen, und Popo ihre Schicht im Bayer antritt, legt Gabi sich auf die Couch, während Helga zu bügeln beginnt. Plötzlich klingelt es an der Wohnungstür.
„Kannst du mal aufmachen, Gabi?,“ ruft Helga aus der Küche.
„Naaa, ich geh net so gern an die Tür“, kommt Gabis gequälte Stimme aus dem Wohnzimmer. Genervt unterbricht Helga ihre Tätigkeit und geht zur Tür. Zu ihrer großen Überraschung steht draußen Ines Krämer.
„Guten Tag, Frau Beimer, ist die Gabi da?“, begrüßt Ines sie.
„Ja, im Wohnzimmer, kommen Sie doch rein!“ Dann ruft Helga in Richtung Wohnzimmer: „Gabi, Besuch für dich!“
Auch Ines ist sichtlich erschrocken, als sie die bleiche Gabi sieht.
„Bist krank?“, erkundigt sie sich besorgt.
„Bin psychisch a bissl ang’schlagen im Moment“, erwidert Gabi schulterzuckend.
„Du, Gabi“, kommt Ines recht schnell zum Grund ihres Erscheinens. „Ich hatte in Rom Besuch von Interpol. Die wollten von mir wissen, ob ich in letzter Zeit mal was vom Olaf gehört habe oder ob ich wüsst’, wo er sich aufhalten könnt’!“
Gabi wird augenblicklich noch blasser.
„Des hat mich natürlich sehr verwundert“, setzt Ines unbeirrt fort. „Ich hab ja seit Jahren nix mehr mit’m Olaf zu tun. Ich hab dann g’fragt, was des jetzt plötzlich soll und sie haben mir dann schließlich g’sagt, du und die Anna, ihr seid’s ihm begegnet?!?“
Wie aufs Stichwort beginnt Gabi am ganzen Leib zu zittern wie Espenlaub. Eine neue Panikattacke bahnt sich an. Doch diesmal bekommt Gabi die Sache selbst in den Griff. Sie schnappt sich eine auf dem Tisch liegenden Tüte und atmet mehrmals intensiv hinein. Danach hat sie sich tatsächlich ein Stück weit gefangen und berichtet Ines, was sich in Sankt Aloyisbeuern abgespielt hat und dass die Polizei vermutet, dass Olaf Kling über den Brenner nach Italien geflüchtet sein könnte.
Ines schüttelt unwirsch den Kopf. „I kann mir ja kaum vorstellen, dass der sich dann ausg`rechnet bei mir melden würd`“, meint sie. „Zumal er mich ja erstmal finden müsst’“.
„Und nur deshalb bist jetzt extra nach Deutschland gekommen?“, fragt Gabi erstaunt.
„Naaa, i wollt mir eh längst mal wieder blicken lassen“, sagt Ines. „Auch mal nach’m David schauen. Die arme Seele…“
„Und bist immer noch bei Society?“, fragt Gabi mit sorgenvoller Stimme.
„Darüber möcht i jetzt net reden“, erwidert Ines knapp. Da es Gabi ganz offensichtlich nicht gut geht, verabschiedet sie sich auch ziemlich schnell wieder und verspricht, vor ihrer Abreise auf jeden Fall nochmal vorbeizuschauen.
Als nächstes steht ein Besuch bei ihrem Neffen David und der kleinen Hope auf Ines’ Plan. Die Sache mit ihrem Ex-Mann lässt ihr allerdings keine Ruhe. Wie alle anderen war sich auch Ines sehr sicher, dass Olaf sich bereits vor Jahren irgendwohin ins Ausland abgesetzt hat. Allerdings ist Olaf ein Bayer durch und durch und war dem Ausland gegenüber ja immer eher abgeneigt … Also so gesehen, verwundert es eigentlich doch nicht so sehr, dass man ihn eines Tages in der bayrischen Provinz wiederfindet.
Ines stattet nun kurzentschlossen Anna einen Besuch ab in der Hoffnung, dass diese ihr detailierter und ohne die Panik, die Gabi dabei überkommt, mehr von dem erzählen kann, was sich in Sankt Aloyisbeuern zugetragen hat. Und tatsächlich ist Anna um einiges redseliger und auskunftsfreudiger.
„In den Augen von diesem Mann blitzte wirklich der nackte Wahnsinn, als wir uns gegenüberstanden“, berichtet Anna schaudernd. „Ich glaube, der ist heute noch gefährlicher als damals …“
Nachdenklich verabschiedet Ines sich von Anna. Die Besuche bei ihr, Gabi und David haben doch deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen, als sie ursprünglich eingeplant hat, und als Ines das Haus Nr. 3 verlässt, hat sich bereits die Dämmerung über München gelegt. Ines schlendert in Richtung Kastanienstraße. Sie ist in einem Bed & Breakfast untergekommen, das nur wenige Querstraßen entfernt liegt, und legt den Weg zu Fuß zurück.
Der Biergarten des Akropolis ist an dem heute doch eher kühlen und unbeständigen Frühlingsabend kaum besucht, aber ein paar Hartgesottene, die unbedingt den Sommer herbeisehnen, sitzen trotzdem da. Im Vorbeigehen sieht Ines Vasily, der an der Hauswand lehnt und telefoniert.
„Ja, Mary, es ist schon alles für deine Ankunft vorbereitet“, sagt er gerade. „Du brauchst dich um nichts zu kümmern. Wir freuen uns, wenn du nächste Woche kommst …“
Ines geht weiter, ohne Vasily zu grüßen – und ungeachtet der dunklen Gestalt, die sich aus dem Schatten der der Kastanienstraße zugewandten Häuserfassade jenseits des Biergartens löst. Die Gestalt schleicht Ines im Schutz der Hauswand ein paar Meter hinterher, kehrt dann aber leise wieder zurück zum Eingang des Biergartens.
„Bis nächste Woche, Mary…“ , hört man Vasily noch in sein Telefon sagen, ehe er im Eingang seines Lokals verschwindet.
„Do griag i eich doch noch alle auf oanen Schlag, ihr Schlampn“, flüstert die dunkle Gestalt mit heiserer Stimme zu sich selbst und tritt noch einen Schritt nach vorne. Und im blassen Schein der Straßenlaterne erscheint das schmutzige und bärtige Gesicht von Olaf Kling

CLIFFHANGER auf: Olaf Kling

Mitwirkende Personen
Lisa Dagdelen
Murat Dagdelen
Andrea Neumann
Dr. Birthe Tenge-Wegemann
Gian-Luca Conti
Ludde Mayer
Jenny Lüders
Ines Krämer
David Krämer
Hope Krämer
Gabi Zenker
Andy Zenker
Iffi Zenker
Helga Beimer
Popo Wolfson
Anna Ziegler
Olaf Kling
Vasily Sarikakis
Dirk Simonischek
Marlies Funke

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


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Verfasst: So 28. Apr 2024, 15:08 


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1916 - Nemesis
BeitragVerfasst: Mo 29. Apr 2024, 17:17 
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Registriert: Mi 15. Sep 2010, 12:37
Beiträge: 10015
Ohhhh, ich kann die Fortsetzung kaum erwarten, so ein böser Cliffhanger.


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