Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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 Betreff des Beitrags: Folge 1882 - Hoffnung
BeitragVerfasst: So 28. Mai 2023, 08:19 
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Folge 1882: Hoffnung

Spieltag: Donnerstag, 25.05.2023

Annalena ist schrecklich nervös und bekommt beim Frühstück keinen Bissen hinunter, denn heute ist der Tag, auf den sie seit Monaten hinarbeitet: Heute hat sie ihre Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule… Mit klopfendem Herzen schiebt Annalena den Teller mit dem einmal angebissenen Brötchen zur Seite und geht gedanklich nochmal den Text für ihr Vorspielen durch…
„Du willst aber nicht mit leerem Magen dorthin gehen?“ fragt Kerstin besorgt.
„Ich bekomme aber nichts runter“, erwidert Annalena.
„Schon komisch“, lacht Nils. „Ich hatte das Gefühl, dass du bei keiner deiner Abi-Prüfungen in den letzten Wochen nur annähernd so aufgeregt warst, wie heute.“
Und damit liegt ihr Vater tatsächlich richtig. Das Abitur und die dazu gehörenden Prüfungen waren Annalena im Grunde so wurscht, dass sie das Ganze einfach durchgezogen hat, egal, wie es ausgeht. Sie ist zuversichtlich, es irgendwie geschafft zu haben – dass sie dabei keinen berauschenden Schnitt hingelegt haben wird, ist ihr allerdings ebenso bewusst. Vermutlich etwa im Bereich vier Komma irgendwas… Aber das interessiert sie eben auch nicht wirklich. Die Prüfung heute hingegen ist ihr wirklich wichtig, denn die entscheidet über ihre Zukunft! Obwohl ihre Eltern sie seit Monaten drängen, über einen Studien- oder Ausbildungsplatz nachzudenken, hat Annalena keinen Plan B, falls es mit der heutigen Aufnahmeprüfung nicht klappen sollte…
Lovis hat derweil ganz andere Sorgen. Sie steht immer noch unter Hausarrest und darf nirgendwo hingehen, außer zur Schule, was es ihr unmöglich macht, sich mit ihrer Gruppe zu treffen. Wenn das noch lange so weitergeht, wird sie von ihren Mitstreitern schneller wieder ausgeschlossen, als ihr lieb ist. Während Lovis missmutig an der Bushaltestelle vor dem Akropolis steht, gesellt sich Mila zu ihr – und strahlt über das ganze Gesicht.
„Worüber freust du dich denn so?“ fragt Lovis gequält. So viel gute Laune am frühen Morgen kann sie gerade schwer ertragen.
„Ich hab mich doch für dieses Stipendium in London beworben“, erklärt Mila. „Ich bin jetzt wirklich in der engeren Auswahl. Und im Juni bin ich zu den Aufnahmeprüfungen eingeladen.“
„Super“, erwidert Lovis eher halbherzig.
„Naja, ob mein Vater das so super findet, weiß ich nicht“, überlegt Mila. „Ich hab schon das Gefühl, dass es ihm lieber wäre, wenn ich darauf verzichte.“
„Dann lass es doch“, erwidert Lovis, ohne überhaupt genau hinzuhören.
„Bist du verrückt?“ fragt Mila ungläubig. „Das würde ich ewig bereuen.“
„Mmmh“, macht Lovis schulterzuckend und Mila erkennt, dass sie wohl heute nicht in der Stimmung ist, sich mit ihr und ihren Abliegen auseinander zu setzen…
Derweil macht sich auch Annalena auf den Weg zu ihrer Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule. Für ihr Vorsprechen hat sie sich die Rolle des Gretchen in Goethes „Faust“ ausgesucht und mehrere Passagen daraus vorbereitet. Und Annalena glaubt, sich wirklich akribisch vorbereitet zu haben. Doch als sie vor dem Prüfungsausschuss steht, wird sie urplötzlich vom Lampenfieber übermannt und glaubt, völlig die Nerven zu verlieren. Ihr Text und alles, was sie einstudiert hat, sind wie weggeblasen und es dauert schier endlose Sekunden, bis Annalena die Fassung wiederfindet. Doch auch, nachdem sie alle Sinne wieder beieinander hat, verläuft Annalenas Vorspiel desaströs und nachdem sie am Ende angelangt ist, bedanken sich die Damen und Herren aus dem Gremium bei ihr und empfehlen ihr, es im nächsten Jahr nochmal zu versuchen…
Vollkommen am Boden zerstört verlässt Annalena die Schauspielschule wieder und steigt in den nächsten Bus Richtung Lindenstraße. Binnen Minuten, so fühlt es sich an, wurden alle ihre Träume und Illusionen zerstört. Alles, worauf sie die ganze Zeit gehofft und hingearbeitet hat – zerplatzt wie eine Seifenblase… Und nun? Was sollte sie jetzt ihren Eltern erzählen? Die ja ohnehin von Anfang an nicht daran geglaubt haben, dass sie es schaffen könnte? Ihnen einfach erzählen, dass alles geklappt hat? Das würde keinen Sinn machen. Sich in anderen Städten an anderen Schauspielschulen bewerben? Aber zum einen waren die Bewerbungsfristen überall längst abgelaufen und zum anderen, wie sollte das finanziell funktionieren, wenn sie neben den Schulgebühren auch noch irgendwo Miete für eine Wohnung oder zumindest für ein Zimmer zahlen müsste? Ihr bleibt nichts anderes, als ihren Eltern die Wahrheit zu sagen. Und dann? Sie würden darauf beharren, dass sie sich einen Ausbildungs- oder Studienplatz sucht, irgendwas »richtiges«. Und sie würden ihr nie im Leben erlauben, dass sie es im nächsten Jahr nochmal an der Schauspielschule versucht – mit der Begründung, dass sie dieses Mal gescheitert ist und beim nächsten Mal wieder scheitern wird…
Zuhause im Treppenhaus trifft Annalena auf Hermann Benodakt, doch vollkommen in ihrem eigenen Film, geht sie wortlos an ihm vorbei.
„Hast du jetzt das Grüßen verlernt?“ fragt der pensionierte Lehrer sie spitz.
„Ach… Entschuldigung, ich hab Sie irgendwie gar nicht gesehen“, erwidert Annalena.
„Ist irgendetwas nicht in Ordnung?“ erkundigt sich Benodakt – und Annalena erzählt ihm schließlich von ihrem heutigen Dilemma.
„Und deswegen wirst du jetzt den Kopf in den Sand stecken?“ fragt Benodakt nahezu vorwurfsvoll. „Die Flinte ins Korn werfen?“
„Was soll ich denn sonst machen?“ fragt Annalena pampig.
„Es im nächsten Jahr erneut versuchen“, erwidert Benodakt. „Und die Zeit bis dahin sinnvoll nutzen.“
„Sie glauben doch nicht, dass meine Eltern mich ein Jahr lang rumgammeln lassen, damit ich dann die nächste Absage kriege“, protestiert Annalena.
„Von ´rumgammeln` war ja auch nie die Rede“, entgegnet Benodakt. „Mache ein Praktikum oder bewirb dich für ein soziales Jahr. Und bereite dich nebenbei auf die nächste Aufnahmeprüfung vor. ‚Faust´ ist nun in der Tat nichts, was man so nebenbei aus dem Ärmel schüttelt. Auf das ´Gretchen´ muss man sich auch als sogenannte ´gestandene Schauspielerin` schon sehr gründlich vorbereiten. Vielleicht suchst du die für das nächste Mal etwas weniger Anspruchsvolles aus. Du kannst dein Talent ja auch unter Beweis stellen, ohne dich gleich den ganz großen Klassikern des Schauspielfachs zu widmen.“
„Ich weiß nicht…“, murrt Annalena.
„Ich hätte dich anders eingeschätzt“, sagt der Lehrer. „Ich hätte nicht gedacht, dass du so schnell aufgibst.“
„Aber, aber…“
„Nichts, aber...“, fällt Benodakt ihr ins Wort. „Du bist durch die Aufnahmeprüfung der Schauspielschule gefallen. Na und? Das war zu erwarten! Das weißt du! Bei den Mengen an Menschen, die sich dort bewerben. Einige der ganz Großen sind bei ihren ersten Versuchen durchgefallen. Sowohl in der Schauspielerei, wie auch in anderen Bereichen. Und die haben es später bestimmt nicht doch noch geschafft, weil sie bei ihrer ersten Niederlage gleich aufgegeben haben! Du hast mir doch erzählt, wie sehr du dir das wünscht, dass das dein ganz großer Traum ist und du nichts anderes möchtest! Dann lass dich doch jetzt davon nicht unterkriegen. Zeige, dass du Biss hast, beweise, dass dir dein Traum wirklich wichtig ist! Und bleib am Ball!“
Tatsächlich rütteln die Worte des pensionierten Lehrers etwas in dem Mädchen wach, denn plötzlich ist Annalenas Entschlossenheit wieder da. „Sie haben recht!“ sagt sie. „Ich gebe jetzt nicht auf!“
„Das ist die richtige Einstellung!“ lobt Benodakt sie.
Dennoch läuft es bei den Wendlands zuhause erst einmal genau so, wie Annalena befürchtet hat. Ihre Eltern machen ihr sogleich klar, dass sie nun genug geträumt habe und sich nach einer ernsthaften Alternative umsehen solle.
„Ich mach mir Gedanken“, sagt Annalena. „Ich suche mir einen Job und überlege mir, was mich sonst noch interessiert und wo ich vielleicht ein Praktikum machen kann. Aber ich bleib trotzdem dran, was die Schauspielere angeht. Und nächstes Jahr versuche ich es wieder!“
Kerstin und Nils sehen sich an und ihr Blick zeigt wenig Begeisterung. Dennoch zeigen die beiden sich einverstanden…
Und am Ende des Tages ist Annalena doch ganz zufrieden. Zwar nicht darüber, dass sie die Aufnahmeprüfung nicht geschafft hat, aber darüber, dass ihre Eltern halbwegs gelassen reagiert haben und ihr keine Steine in den Weg legen.
Auch bei den Zwillingen Maite und Merle läuft der Abend zufriedenstellend. Denn nach wochenlangem Clinch kommt es heute endlich wieder zu einer Annäherung zwischen den beiden, als Maite ihrer Schwester dringend erzählen muss, was sich bei ihr in der heutigen Sportstunde abgespielt hat…
Einzig und alleine Lovis schiebt Frust! Die Tatsache, immer noch unter Hausarrest zu stehen und sich somit nicht mit ihrer Gruppe treffen zu können, passt ihr ganz und gar nicht in den Kram. Sie brennt darauf, irgendwelche neuen Aktionen für die Rettung des Klimas und der Umwelt zu starten – lieber heute als morgen...



„Heute Abend kommt Udo zum Abendessen zu uns“, erklärt Urszula. „Er kocht für uns. Er bringt alles mit und freut sich darauf, dich besser kennenzulernen. Ich möchte, dass du dich benimmst, mein Lieber, ist das klar?“
Artjom spürt, wie sich sein Puls beschleunigt. „Wenn er unbedingt für dich kochen will, warum trefft ihr euch dann nicht bei ihm?“ fragt er gereizt.
„Das habe ich gerade gesagt!“ zischt Urszula. „Weil er dich besser kennenlernen möchte.“
„Warum?“ fragt Artjom bockig.
„Weil ihm das wichtig ist“, erklärt Urszula.
„Wenn er dich ficken will, dann soll er mich da raus halten!“ erwidert der Junge giftig.
„Artjom, es reicht!“ kreischt Urszula. „Du benimmst dich heute Abend gefälligst und sparst dir solche Bemerkungen!!!“
Doch Artjom denkt gar nicht daran, sich vor diesem fetten Schwein zu benehmen. Er brodelt innerlich, als er sich auf den Weg zur Schule macht. Den ganzen Vormittag lässt er den Unterricht teilnahmslos an sich vorbeiziehen.
In der zweiten Pause kommen Cedric und Lenny auf ihn zu.
„Ey, Russe!“ begrüßt Cedric ihn. „Haste keine coolen Videos mehr? Keine brennenden Hotels mehr in der Nachbarschaft?“
„Nee“, murmelt Artjom und versucht, ihm auszuweichen.
„Schade“, erwidert Cedric. „Die waren schon echt cool, die Aufnahmen. Und weißte, wenn einer so uncool ist wie du, dann muss er halt mal ein paar coole Sachen präsentieren, um sich ein bisschen beliebter zu machen.“
„Kann mir nichts cooles aus den Rippen schneiden“, murmelt Artjom.
„Was?“ brüllt Cedric ihm ins Ohr. „Nimm mal beim reden die Lippen auseinander, dann versteht man dich vielleicht auch!“
Artjom wiederholt seine Aussage etwas lauter und fühlt sich zunehmend unwohl in der Gegenwart der beiden Jungs.
„Dann musst du halt mal nachhelfen!“ schlägt Cedric lachend vor. „Könntest ja zum Beispiel selbst mal zündeln!“
„Jetzt lass ihn doch“, fordert Lenny seinen Kumpel.
„Warum?“ fragt Cedric. „Der Kleine hier braucht mal ein bisschen Input!“
„Der scheißt sich doch vor Angst gleich ein“, meint Lenny.
Und tatsächlich ist Artjom im Grunde froh, als die Pause beendet ist und er sich dem Gespräch entziehen kann. Allerdings wartet in den letzten beiden Stunden noch Sport auf ihn – sein absolutes Hassfach! Und das Ganze auch noch bei Uwe Bauer – seinem absoluten Hasslehrer.
Wie immer wird die Doppelstunde in der Sporthalle zur Tortur für Artjom. Beim Zirkeltraining, das in der ersten der beiden Doppelstunden zum aufwärmen stattfindet, versagt er schon jämmerlich. Als Herr Bauer dann in der letzten Stunden zum Handball aufruft, ist Artjom endgültig verloren. Ballspiele jeder Art, egal ob Handball, Fußball, Basketball, Volleyball oder auch nur Völkerball, sind so überhaupt nichts seins. Er versteht die Spielregeln größtenteils nicht und – was noch viel erschwerlicher ist – er hat Angst vor dem Ball. Sobald dieser auf ihn zufliegt, hält er sich fast automatisch die Hände vors Gesicht um es vor einem möglichen Aufprall zu schützen… Das Martyrium beginnt schon beim Aufstellen der Mannschaften, als Artjom natürlich mal wieder als Letzter gewählt wird – wobei gewählt noch geprahlt wäre. Er ist halt übrig und muss sich somit gezwungenermaßen der Mannschaft anschließen, die als letztes an der Reihe ist…
Das Spiel entwickelt sich für Artjom wie üblich zum Desaster. Die meiste Zeit steht er völlig überfordert am Rande des Spielfelds herum, muss sich von seinen Mitspielern beschimpfen und von den Spielern der gegnerischen Mannschaft auslachen lassen und wird von Lehrer Bauer permanent als „Flasche“, „Pfeife“ und „Versager“ betitelt…
Und dann – wie aus dem Nichts – hat Artjom plötzlich den Ball in der Hand. Wie er dorthin gekommen ist, kann er selbst nicht so genau sagen – irgendwie hat er ihn eher zufällig aufgefangen und weiß nun gar nicht, was er damit anstellen sollen. Während die Spieler der Gegenmannschaft scheinbar von überall her auf ihn zugestürmt kommen, steht Artjom nur da wie angewurzelt. Unmittelbar hinter sich hört er Lehrer Bauer brüllen: „ABGEBEN! GIB DOCH AB, DU TOTALVERSAGER!!!“
Und noch im selben Moment fährt Artjom auf dem Absatz rum und schmettert dem nun direkt vor ihm stehenden Sportlehrer mit voller Wucht den Ball ins Gesicht. In der Sporthalle ist es augenblicklich so still, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte. Was man stattdessen hört, ist ein kurzes Knacken, als die Nase des Lehrers bricht – und dessen ohrenbetäubende Mischung aus Wut- und Schmerzensschrei, die von den Wänden widerhallt, während Blut aus seiner Nase und von seiner aufgeplatzten Lippe auf den Hallenboden tropft…
Keine zehn Minuten später finden sich Artjom und Lehrer Bauer im Direktorat wieder, wo sie Schulleiterin Dr. Brigitte Klöckner gegenübersitzen. Während Bauer sich in jedes Nasenloch ein Stück Toilettenpapier gesteckt hat und ein kariertes Altherren-Stofftaschentuch auf seine blutende Lippe presst, stammelt Artjom mit noch dünnerer Stimme als üblich: „Ich… ich hab das… nicht ge… gewollt. Ich… ich wusste nicht, wohin mit dem Ball… Ich wollte… sollte angeben und … auf… auf einmal stand Herr Bauer direkt vor mir. Ich… ich hab ihn zu spät gesehen…“
„Das hast du mit Absicht gemacht, du kleiner Psychopath!“ brüllt Bauer ihn auf der Stelle an.
„Bitte mäßigen Sie Ihre Wortwahl, Herr Kollege“, sagt die Klöckner mahnend. „Und vor allem: reduzieren Sie Ihre Lautstärke. Wir sind hier in meinem Büro und nicht auf dem Fußballfeld. Hier können wir Sie auch verstehen, ohne dass Sie brüllen wie auf einem Truppenübungsplatz!“
„Er hat das mit Absicht gemacht“, zischt Bauer nun auf Zimmerlautstärke.
„Nein!“ stöhnt Artjom panisch und wird noch blasser.
„Machen Sie sich doch nicht lächerlich, Herr Bauer“, sagt die Klöckner. „Mit Absicht! Warum sollte er das denn tun?“
„Weil er ein unberechenbarer kleiner Psychopath ist“, zischt der Sportlehrer, sehr darum bemüht, nicht wieder los zu brüllen.
Brigitte Klöckner sieht ihrem Kollegen lange und kühl in die Augen. Dann knurrt sie mit ihrer tiefen Stimme: „Herr Bauer, bei allem Respekt, aber Sie sind im ganzen Kollegium durchaus für Ihre teils sehr cholerischen Ausbrüche bekannt…“
„Cholerische Ausbrüche?“ stößt Herr Bauer empört hervor.
„… und Ihr Umgang mit Schülern erinnert teils mehr an militärischen Drill und weniger an pädagogische Arbeit“, fügt die Klöckner hinzu. „Auf dem Spielfeld steigern Sie sich in Ihrer sportlichen Begeisterung ja durchaus des öfteren in eine… nennen wir es einfach Hitzköpfigkeit. Davon konnte ich mich bei diversen Bundesjugendspielen und Hallenturnieren selbst schon überzeugen.“
„Hitzköpfigkeit?!“ wiederholt Uwe Bauer fassungslos.
„Artjom Brenner ist als ruhig, unauffälliger Schüler bekannt“, setzt die Klöckner ihre Ausführungen fort. „Er ist nie im unangemessenen Rahmen auffällig geworden und es ist nahezu lächerlich, ihm zu unterstellen, er habe Sie tätlich angegriffen und Ihnen mit Absicht einen Ball ins Gesicht geworfen…!“
„Er hat ihn nicht geworfen, er hat ihn mir mit voller Wucht mitten ins Gesicht geschlagen“, erklärt Bauer erneut gereizt.
„Ich… ich wollte ihn werfen“, verteidigt Artjom sich erneut. „So, wie Sie gesagt haben. Sie… standen im Weg… Ich… ich hab Sie nicht gesehen… Ich… ich hab das ehrlich nicht ge...wollt.“
„Daran zweifelt auch niemand“, versichert die Direktorin und wendet sich dann wieder an den Sportlehrer: „Wir wissen doch alle, dass Sie im Eifer des Gefechts manchmal ein wenig den Überblick verlieren, nicht wahr, Herr Bauer?!“
Dieser schnappt empört nach Luft, während neues Blut auf sein Shirt tropft.
„Ich würde sagen, wir beenden dieses Gespräch jetzt und hier“, beschließt Dr. Klöckner. „Es war ein tragischer Unfall, für den niemand etwas kann. Ich werde Frau Pinkowski einen Arzt verständigen lassen, das muss dringend versorgt werden. Und dann beende ich Ihren heutigen Unterricht.“
Während Uwe Bauer völlig mitgenommen im Vorzimmer von Schulsekretärin Irmgard Pinkowski Platz nimmt, geht die Klöckner zusammen mit Artjom zur Sporthalle, um die Schüler für heute nach Hause zu schicken. Auf dem Weg dorthin versichert sie dem immer noch völlig verstört wirkenden Jungen, dass er wegen des Vorfalls mit keinerlei Konsequenzen zu rechnen hat und das alles als eine Art von Arbeitsunfall verbucht würde. Der Form halber würde sie aber dennoch Artjoms Mutter über die Geschehnisse informieren müssen…
Als Artjom später im Bus Richtung Lindenstraße sitzt, spürt er in seinem Nacken die Blicke von Maite, die ein paar Reihen weiter hinten sitzt. Plötzlich erhebt sie sich und nimmt direkt neben Artjom Platz.
„Das war ja echt krass“, sagt sie zu ihm und wirkt beinahe beeindruckt. „Das hat ja richtig geknackt, als der Ball ihn getroffen hat.“
„Ich… ich hab das nicht gewollt“, stammelt Artjom.
„Logisch“, erwidert Maite. „Aber der Bauer ist schon echt ein riesiges Arschloch. Wir der immer rumbrüllt. Als ob alle so sportfanatisch wären wie er. Kriegst du jetzt Ärger?“
Artjom schüttelt zögernd den Kopf. „Die Klöckner sagt, das war ein Unfall.“
„Ich fand’s cool!“ Maite lächelt ihn an. „Sowas hat der blöde Bauer schon längst verdient.“
Als sie an der Villa aussteigen, gehen Artjom und Maite den Weg durch die Lindenstraße zum ersten Mal, seit sie seit Schuljahresbeginn in eine Klasse gehen, zusammen.
„Hier wohne ich“, erklärt Artjom, als sie am Haus Nr. 3 angekommen sind.
„Ich weiß“, lacht Maite. „Wir können ja vielleicht mal zusammen Hausaufgaben machen oder so?!“
„O...okay“, stottert Artjom und geht ins Haus.
Oben in der Wohnung angekommen, ist Urszula, die heute frei hat, bereits telefonisch von der Klöckner über den Vorfall informiert worden.
„Ich hab das wirklich nicht gewollt“, versichert Artjom auch ihr.
„Das weiß ich“, erwidert Urszula. „Das hat mir deine Direktorin doch schon alles erklärt.“
Nachdem Artjom sich in sein Zimmer zurückgezogen hat, verspürt er eine tiefe Zufriedenheit. Es hat so gut getan, diesem Arschloch den Ball in die Visage zu donnern. Und natürlich hat er das mit Absicht gemacht. In dem Moment, in dem der Bauer hinter ihn stand und ihn so unverschämt und so herablassend beschimpft hat, überkam es ihn einfach, von einer Sekunde zur nächsten. Da war plötzlich dieser Impuls, es zu tun und er konnte ihm nicht nachgeben. Und es war großartig. Und noch großartiger ist, dass scheinbar niemand einen Zweifel daran hat, dass das Ganze ein Versehen war. Niemand, außer dem Bauer, aber wen interessiert es schon, was dieser Arsch denkt. Immerhin hat er sein Fett weg gekriegt…
Eigentlich könnte Artjom jetzt voll und ganz zufrieden mit sich und der Welt sein, wenn da bloß nicht der Ausblick auf den heutigen Abend wäre, wenn dieses Mastschwein ihn und seine Mutter bekochen will. Schade, dass da nicht zufällig ein Ball auf dem Tisch liegt, den man diesem Fettsack auch versehentlich in die Fresse donnern könnte…
Im Verlauf des Nachmittags findet sich Udo Bloch schließlich ein und macht sich in der Küche gleich an Werk. Artjom ist genervt von den Geräuschen, die er hört, vor allem, weil der Bloch auch noch unentwegt fröhlich vor sich hin pfeift. Doch das, was er eine Weile später riecht, ist gar nicht schlecht und macht ihm wirklich Appetit…
„Was gibt es denn?“ fragt Artjom zögernd, als er sich abends an den wirklich opulent gedeckten Tisch setzt – und ihm mittlerweile wirklich der Magen knurrt.
„Wildschweinbraten mit Semmelknödel, Dampfgemüse und Feldsalat“ erklärt Bloch. „Und zum Dessert Aprikosencreme.“
„Das Wildschwein hat Udo selbst geschossen“, erklärt Urszula beeindruckt.
„Echt?“ fragt Artjom. „Jetzt ganz frisch?“
„Nein, nein!“ lacht Bloch. „Im letzten Herbst. Momentan ist Schonzeit. Aber ich friere mir immer reichlich Fleisch ein. Hast du schon mal Wild gegessen?“
Artjom schüttelt den Kopf und setzt sich. Und das Essen sind nicht nur gut aus, es schmeckt auch. Doch kaum, dass die Drei angefangen haben, klingelt es an der Wohnungstür.
„Wer ist das denn jetzt?“ fragt Urszula gereizt. „Ausgerechnet jetzt! Als ob sie’s riechen würden…!“
Genervt geht Urszula in den Flur – und Sekunden später hört Artjom die Stimme seines verhassten Sportlehrers. Nervös steht der Junge auf und tritt ebenfalls auf den Flur hinaus.
„Ich weiß wirklich nicht, was das soll“, sagt Urszula gerade gereizt. „Es ist doch alles geklärt! Mein Sohn hat das nicht mit Absicht gemacht. Nennen Sie es Berufsrisiko, wenn Sie mit Ihren Schülern solche Spiele veranstalten.“
In diesem Moment erblickt Bauer Artjom im Hintergrund und tobt los: „Da bist du ja, du verdammter kleiner Mistkäfer! Ein ganz schöner Rotzlöffel bist du! Mag ja sein, dass dir hier alle deine Unschuldsnummer mit deinem hilflosen Gestottere abnehmen! Aber ich weiß, was du für einer bist. Faustdick hast du es hinter den Ohren, Freundchen, faustdick!!!“
„Also erlauben Sie mal!“ kreischt Urszula.
„Ich… ich“, satammelt Artjom.
„Ich… ich!“ äfft Bauer ihn nach. „Da stottert er wieder rum und tut so, als könne er nicht bis drei zählen! Du bist ein ganz mieser, ausgebuffter, kleiner Scheißkerl!“
„So, jetzt ist hier aber mal Schluss!“ donnert Blochs sonore Stimme aus dem Hintergrund und im nächsten Moment erscheint die imposante Figur des großen, stämmigen Knopffabrikanten ebenfalls im Flur. „Gehört das zu Ihrem Lehrauftrag, dass Sie nach Feierabend Ihre Schüler zuhause aufsuchen und Sie einschüchtern?“
Und mit wenigen ausgewählten Sätzen schafft Bloch es, Bauer den Wind aus den Segeln zu nehmen und ihm schließlich die Wohnungstür vor der gebrochenen Nase zuzuschlagen – und schafft es damit, beim sichtlich beeindruckten Artjom zu punkten.
„Solch einen Lehrer hatte ich früher auch“, erklärt Bloch Artjom beim Essen augenzwinkernd. „Meinte, sich immer die schwächsten Schüler aussuchen zu müssen, sie runterzumachen und sich dabei stark zu fühlen.“
„Sie waren aber bestimmt nie der schwächste Schüler“, vermutet Artjom skeptisch.
„Ich war ein introvertiertes Pummelchen“, lacht Bloch. „Ich war so schüchtern, dass ich kaum Freunde hatte und die Lehrer mich gehasst haben. Ich bin erst viel später selbstsicherer geworden.“
„Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen“, findet Urszula schwärmerisch. „So ein souveräner Unternehmensleiter...
„Jagen Sie schon lange?“ möchte Artjom wissen.
„Seit meiner Jugend“, erklärt Bloch. „Habe ich von meinem Vater gelernt. Aber du kannst ruhig DU zu mir sagen. Ich bin der Udo!“
Artjom scheint plötzlich ganz angetan von dem zuvor so unerwünschten Gast und interessiert sich brennend für das Thema Jagd.
„Hast du schon mal geschossen?“ erkundigt Udo sich.
„Nur am Schießstand. Auf Volksfesten“, erwidert Artjom.
„Wenn du willst, kann ich es dir beibringen“, schlägt Udo vor. „Ich hab ein Wochenendhaus, draußen vor der Stadt. Einsam gelegen. Wald drum herum und direkt ein See dahinter. Und ein riesiges Grundstück. Irgendwann in diesem Sommer könnte ich euch mal zum grillen einladen und dann können wir gerne ein paar Schießübungen machen. Da draußen stört das niemanden…“
„Echt?“ fragt Artjom begeistert.
„Ich weiß ja nicht…“, entfährt es Urszula skeptisch.
„Ein bisschen auf Flaschen schießen“, lacht Bloch. „Ist nicht anders als Dosenschießen auf dem Jahrmarkt.“
„Das würde ich total cool finden!“ begeistert sich Artjom.
„Wenn du dich gut anstellst, dann könnte ich dich auch mal mit auf die Jagd nehmen“, meint Bloch. „Im Herbst, wenn wieder Saison ist.“
„Das wäre ja maga!“ freut sich Artjom.
„Na, das wollen wir erstmal sehen!“ beendet Urszula das Thema. „Und nun, guten Appetit!“
Das Thema Jagd und Schießen ist der Polin nicht geheuer, doch ihr Adoptivsohn stellt Bloch an diesem Abend immer wieder Fragen dazu. Urszula nimmt es hin, denn sie freut sich darüber, dass das Eis offenbar gebrochen ist und Artjom Udo scheinbar zu akzeptieren begonnen hat...


David und Mandy haben heute einen Termin auf dem Standesamt. David hat Mandys eher pragmatischen Heiratsantrag angenommen. Durch Davids Kumpel Wasti, der über seine Beziehungen zum Bauamt auch gute Kontakte zu diversen Mitarbeitern anderer Ämter hat, konnte somit kurzfristig ein Termin mit einer Standesbeamtin vereinbart werden, die heute um 12 Uhr – eigentlich schon zum Beginn ihrer Mittagspause – die beiden trauen möchte. Zuvor steht allerdings noch ein weiterer Termin bei Mandys Frauenärztin an, um erneut die Lebensfähigkeit des ungeborenen Kindes zu prüfen.
„Ist dir das auch nicht zu viel Stress?“ fragt David Mandy, nachdem Jeremy und Phoebe zur Schule aufgebrochen sind.
Als Mandy den Kopf schüttelt, holt David einen riesigen Blumenstrauß und eine kleine Schachtel mit einem Ring aus dem Schlafzimmer, fällt vor Mandy auf dem Küchenboden auf die Knie und macht ihr einen formvollendeten Heiratsantrag.
„Was wird das denn jetzt?“ lacht Mandy mit Tränen in den Augen. „Wir hatten doch eigentlich schon…“
Nach dem so unromantischen Heiratsbeschluss in der vergangenen Woche, nimmt Mandy nun Davids Antrag an und freut sich riesig über die Blumen, über den Ring und über Davids Liebeserklärung.
Knappe zwei Stunden später hat Mandys Frauenärztin Dr. Diane Unruh eine gute Neuigkeit für Mandy und David: Das Kind ist inzwischen lebensfähig, es stehe demnach nichts mehr im Wege, die Geburt einzuleiten. Die Ereignisse scheinen sich nun buchstäblich zu überschlagen. Frau Dr. Unruh nimmt sofort persönlich Kontakt zu einer befreundeten Anästhesistin aus dem nächsten Krankenhaus auf, mit der sie bereits zuvor Mandy Fall besprochen hat und informiert auch Mandys Onkologin Dr. Hiltrud Lopinski.
Als sich Mandy und David etwas später mit ihren Trauzeugen Iris und Wasti vor dem Standesamt treffen, sind beide sehr aufgeregt und erzählen ihnen von den Neuigkeiten.
„Und wie geht es jetzt weiter?“ möchte Wasti wissen.
„Die Unruh sagt, dass sich die Anästhesistin aus dem Krankenhaus bei mir melden wird und zwar so schnell wie möglich“, erklärt Mandy. „Und die Lopinski leitet dann alles in die Wege, damit ich mit meiner Therapie so schnell wie möglich beginnen kann.“
Eine halbe Stunde später vollzieht Standesbeamtin Ingrid Pfeiffer die Trauung von David und Mandy.
Als die beiden wenig später wieder in der Lindenstraße eintreffen, sagt Mandy zu David: „Jetzt wird alles gut, ich spüre das, es ist bestimmt noch nicht zu spät für die Therapie!“
„Der ist aber klar, dass wir jetzt Jeremy und Phoebe die Wahrheit sagen müssen“, erwidert David. „Wenn jetzt in den nächsten Tagen das Kind zur Welt geholt wirst und du dann mit deiner Therapie beginnst, wirst du ihnen ja erklären müssen, was Sache ist.“
„Ja, ich werde ihnen heute noch alles erzählen“, sagt Mandy – fühlt sich aber äußerst unwohl bei dem Gedanken, ihre Kinder mit dieser unschönen Wahrheit konfrontieren zu müssen.
Und so ist es für Mandy Zeit, Farbe zu bekennen, als Jeremy und Phoebe kurze Zeit später aus der Schule nach Hause kommen.
„Ich muss euch etwas erzählen“, beginnt Mandy, nachdem sie mit ihren Kindern am Küchentisch Platz genommen hat.
„Eine Überraschung?“ fragt Phoebe sofort begeistert.
„Ähm… naja… also...es ist so“, druckst Mandy herum. Irgendwie schafft sie es nicht, Jeremy und Phoebe gegenüber den Ernst der Lage über die Lippen zu bringen. Also sagt sie zunächst: „David und ich haben heute geheiratet!“
„Was?“ entfährt es Jeremy fassungslos.
„So richtig mit Kutsche und weißem Brautkleid und langem Schleier?“ fragt Phoebe, die nicht minder fassungslos wirkt.
„Nein, nicht so und auch nicht kirchlich, nur auf dem Standesamt“, erklärt Mandy schnell.
„Warum machst du denn sowas?“ fragt Jeremy. „Und dann auch noch, ohne uns vorher was zu sagen!“
„Es ist so, dass David und ich beschlossen haben, dass wir wollten bzw. dass wir nicht wollten, dass euer Geschwisterchen unehelich zur Welt kommt“, sagt Mandy. „Und damit wären wir auch schon beim nächsten Punkt. Es ist nämlich so, dass ich in den nächsten Tagen vom Krankenhaus Bescheid bekomme und dass euer Geschwisterchen dann zur Welt geholt wird. Per Kaiserschnitt. So nennt man das, wenn eine Geburt nicht auf natürlichem Weg stattfindet.“
„Das weiß ich, ich bin ja nicht blöde“, motzt Jeremy.
„Aber ich dachte, das ist erst Anfang Juli soweit!?!“ Phoebe wirkt nun völlig verwirrt.
„Und das ist die nächste Sache“, seufzt Mandy. „Das Baby muss vorher auf die Welt geholt werden, weil… also, damit… damit ich…!“
„Damit was?“ fragt Jeremy genervt.
„Ich muss mit einer Therapie beginnen!“ presst Mandy schließlich mühsam hervor. „Ich… ich habe wieder Krebs. Und ich muss zunächst Bestrahlung bekommen und dann eine Chemotherapie machen und das geht nicht, solange ich schwanger bin, weil das dem Baby schaden würde…“
Jeremy und Phoebe starren ihre Mutter fassungslos an. „Was?“ fragt Jeremy schließlich.
„Aber du warst doch wieder gesund“, sagt Phoebe und beginnt zu weinen.
„Tja, das ist aber leider nicht so geblieben“, erwidert Mandy bedauernd.
„Wie lange weißt du das schon?“ will Jeremy wissen.
„Ein paar Wochen“, gesteht Mandy.
„Ein paar Wochen?“ wiederholt er fassungslos. „Und warum sagst du uns nichts davon?“
„Nun ja, es ist … ich… ich wollte euch nicht damit belasten“, murmelt Mandy. Und dann fallen die drei sich weinend in die Arme.
Eine Weile später klingelt das Telefon. Die Frau am anderen Ende der Leitung stellt sich Mandy als Anästhesistin Dr. Sabine Braunschweig vor und teilt ihr mit, dass sie sich bereits am heutigen Abend ins Krankenhaus einweisen solle, da der Kaiserschnitt dann bereits morgen Vormittag durchgeführt werden könne.
„Ich habe mit Ihrer behandelnden Ärztin gesprochen und sie hat mir erklärt, dass wir keine Zeit mehr verlieren dürfen“, sagt Frau Dr. Braunschweig. „Ich habe auch den Bericht und die Ultraschallbilder von ihrer Frauenärztin bekommen und wir sind uns einig, dass Ihre Tochter stark genug ist, um entbunden werden zu können…“
„Tochter?“ wiederholt Mandy. „Es wird ein Mädchen?“
„Oh, Entschuldigung!“ sagt die Anästhesistin erschrocken. „Sie wussten noch nicht…? Sie wollten sich überraschen lassen?! Oh nein, das tut mir jetzt leid…“
„Nein, alles in Ordnung, das ist gar nicht schlimm!“ sagt Mandy schnell.
Nach einem weiteren Telefonat mit Frau Dr. Lopinski ist Mandy auch genauestens darüber im Bilde, wie die Aufnahme der Krebstherapie nach der Entbindung von statten gehen soll. Und dann heißt es auch schon packen, verabschieden und sich auf den Weg zum Krankenhaus zu machen.
„Ich hab mir gerade was überlegt“, sagt Mandy plötzlich, als sie und David im Schlafzimmer ein paar Sachen in die Reisetasche für den Krankenhausaufenthalt verstauen. „Jetzt, wo wir wissen, dass es ein Mädchen wird… Was hältst du davon… Also, ich würde unsere Tochter gerne Hope nennen. Weil… nun ja, das ist ja nun mal das englische Wort für Hoffnung und ich finde das ganz passend, weil ich ja auch so hoffnungsvoll bin, dass alles gut werden wird. Wie findest du das?“
David hellt überrascht inne und muss kurz schlucken. Nie im Leben wäre er auch nur ansatzweise auf die Idee gekommen, seine Tochter ausgerechnet Hope zu nennen. Als sie über potentielle Namen gesprochen hatte, falls das Kind ein Mädchen wird, hatten sie Ideen wie Lotte oder Emily in Erwägung gezogen. Aber Hope…? Andererseits hätte David seine Kinder auch nie im Leben Jeremy und Phoebe genannt… Und letzten Endes geht es hier ja nur um einen Namen. Wie wichtig ist das schon? Hauptsache, das Kind ist gesund…
„Tolle Idee“ erwidert David daher. „Finde ich super!“
Mandy lächelt ihn dankbar an. Und dann ist der Zeitpunkt gekommen, sich von ihren Kindern zu verabschieden.
„Wirst du wieder gesund?“ möchte Phoebe zum Abschied wissen.
„JA!“ sagt Mandy entschlossen und küsst ihre Tochter.
„Kommt ihr alleine klar, bis ich wieder zurück bin?“ fragt David Jeremy, der nur verhalten nickt und mit der ganzen Situation noch überforderter zu sein scheint als seine kleine Schwester.
„Wenn irgendwas sein sollte, könnt ihr zu Iris und Alex raufgehen“, sagt Mandy und winkt ihnen nochmal zu…
Bei Iris und Alex ist die Stimmung derweil auch sehr verhalten.
Alex steht am Fenster und beobachtet, wie David Mandys Reisetasche in den Kofferraum packt, während Mandy bereits auf dem Beifahrersitz Platz nimmt und in Richtung der Fenster ihrer Wohnung winkt, wo vermutlich Jeremy und Phoebe stehen.
„Meinst du, dass sie eine Chance hat?“ fragt Alex.
„Ganz ehrlich?“ Iris ist ebenfalls ans Fenster getreten. „Ich hab ja inzwischen auch die Berichte gelesen und als Hausärztin auch mit ihrer Onkologin gesprochen… !“ Iris bricht ab und atmet tief ein. Dann setzt sie zögernd fort: „Selbst wenn sie direkt nach ihrer Diagnose mit der Therapie begonnen hätte, wäre ihre Chance schwinden gering gewesen… Aber dieser Krebst ist so hochaggressiv. Und mittlerweile sind wieder mehrere Wochen vergangen.“ Iris atmet erneut durch, ehe sie flüstert: „Wenn sie es schaffen sollte… Wenn sie es wirklich schaffen sollte, den Krebs jetzt noch zu besiegen… dann würde das an ein medizinisches Wunder grenzen…!“
„Scheiße“, murmelt Alex.
Und dann schauen die beiden zu, wie Davids Auto die Lindenstraße entlang fährt und an der Ecke Kastanienstraße abbiegt…

CLIFFHANGER auf das abbiegende Auto


Mitwirkende Personen
Artjom Brenner
Urszula Winicki- Brenner
Udo Bloch
Wasti Huber
David Krämer
Mandy Peschke-Krämer
Jeremy Peschke
Phoebe Peschke
Dr. Iris Brooks
Alex Behrend
Mila Beimer
Nils Wendland
Kerstin Wendland
Annalena Wendland
Lovis Wendland
Maite Wendland
Merle Wendland
Hermann Benodakt
Dr. Brigitte Klöckner
Cedric Heltau
Lenny Kroon
Sina Kleist
Uwe Bauer
Dr. Hiltrud Lopinski
Dr. Diane Unruh
Irmgard Pinkowski
Dr. Sabine Braunschweig
Ingrid Pfeiffer

© ´popo wolfson` 2023


Dies war die letzte Folge vor der Sommerpause. Weiter geht es am Sonntag, dem 02.Juli 2023 mit der Folge 1883: „Welcome Home“.

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Charles R. Swindoll


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Verfasst: So 28. Mai 2023, 08:19 


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1882 - Hoffnung
BeitragVerfasst: So 28. Mai 2023, 08:43 
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Da scheint Artjom ja doch nicht zum psychopathischen Lover-Mörder zu werden. Oder er wartet bis er die Knarre hat :gun:


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1882 - Hoffnung
BeitragVerfasst: So 28. Mai 2023, 14:49 
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...und still ruht der See!... Ich sehe schon vor mir, wie der schmale blasse und zarte Artjom den großen schweren schlaffen Körper durchs Dickicht wuchtet. Und wochen- sogar monatelang ist Udo Bloch wie vom Erdboden verschluckt.... während Uschula die Welt nicht mehr versteht und auch der arme Artjom verstört zurückbleibt, denn wieder wurde ihm eine Vaterfigur genommen...Sie hatten sich so gut verstanden. Irgendwann taucht eine Postkarte auf. Hat Udo Block sich einfach abgesetzt?

mein Kopfkino läuft schon ;)


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1882 - Hoffnung
BeitragVerfasst: So 28. Mai 2023, 14:53 
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Tolle Folge Popo, voller Abgründe und düsterer Prognosen. Und jetzt müssen wir soooooo lange warten.


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1882 - Hoffnung
BeitragVerfasst: So 28. Mai 2023, 20:00 
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Bei Dr. Brigitte Klöckner habe ich immer Mechthild Großmann vor Augen, die Darstellerin der Staatsanwältin im Münsteraner Tatort.

Für die Rolle des coolen Dicken hätte Dieter Pfaff gut gepasst, der leider vor einigen Jahren verstorben ist.
Aber das ist der Vorteil an einer reinen Textversion:
Du kannst dir deinen Cast im Kopfkino selbst zusammen stellen. :D


Zuletzt geändert von Toschi am So 28. Mai 2023, 20:52, insgesamt 1-mal geändert.

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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1882 - Hoffnung
BeitragVerfasst: So 28. Mai 2023, 20:26 
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Mechthild Großmann finde ich eigentlich schon zu alt für die Klöckner. Wenn sie jetzt 15 bis 20 Jahre jünger wäre, vielleicht...
Aber ich find das schon spannend zu lesen, wie andere Leute die Figuren sehen, die es in der echten Lindenstraße noch nicht gab bzw. mit welchen Schauspielern sie sie besetzen würden.

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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1882 - Hoffnung
BeitragVerfasst: So 28. Mai 2023, 21:22 
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Laut IMDb ist die Darstellerin Jahrgang 1948 und wird im Dezember ihr 75. Lebensjahr vollenden.
Ich finde, dafür hat sie sich gut gehalten.

https://www.imdb.com/name/nm0343743/

Aber vom Alter abgesehen passt doch alles: Die tiefe Stimme, das forsche Auftreten ... :D

Bei den neuen Figuren weiß ich in etwa, wie ich mir z.B. einen Benodakt oder die Wendlands vorstellen kann, aber reale Schauspieler hatte ich da bisher nicht vor Augen. Wobei ... für Benodakt käme möglicherweise Michael Gwisdek infrage. Leider auch schon verstorben.


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1882 - Hoffnung
BeitragVerfasst: Mo 29. Mai 2023, 07:34 
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Für Udo würde ich Ottfried Fischer besetzen, das passt imho gut. Bei Artjom habe ich irgendwie Gollum vor Augen :lol:


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1882 - Hoffnung
BeitragVerfasst: Mo 29. Mai 2023, 17:36 
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Ich stelle mir Frau Dr. Brigitte Klöckner sehr groß vor, vom Alter her zw. Ende 40 und Mitte 50 vor, schwarz gefärbt. Hager und dürr. Optisch so bisschen wie Lisa Eckhart, aber eben dunkelhaarig und viel älter.
Ich habe die Schauspielerin noch nicht gefunden. Aber Lisa Eckhart hat irgendwas von Brigitte Klöckner.


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1882 - Hoffnung
BeitragVerfasst: Mo 29. Mai 2023, 17:38 
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Und Udo Bloch sehe ich auch vor mir, ohne einen konkreten Schauspieler hier zu sehen. Ich würde evtl. Charly Hübner damit besetzen. Aber Udo Blochs gibt es viele. Und das ist irgendwie auch schön an der Rolle :lol:


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1882 - Hoffnung
BeitragVerfasst: Mo 29. Mai 2023, 18:37 
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Lisa Eckart??? :shock:
Ist das nicht so ne Spindeldürre?
Ich sehe da auf jeden Fall eine stämmige Person vor mir.
Aber da kann man mal sehen, wie sehr die individuellen Vorstellungen von den Figuren auseinander gehen.

Otfried Fischer könnte ich mir als Bloch auch gut vorstellen.
Ebenso Charlie Hübner, der ja der Sympathieträger schlechthin ist.
Für diese Rolle müsste er sich vielleicht ein paar Kilos anfuttern.

Gollum als Artjom ... stimmt, das hätte was. :lol:


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1882 - Hoffnung
BeitragVerfasst: Mo 29. Mai 2023, 20:52 
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Tatsächlich sehe ich selbst die Klöckner auch so ähnlich, wie Hülschi sie beschrieben haben... :lol:

Ich fürchte ja, wenn diese Lindenstraßen-Folgen verfilmt würden, müsste man in anderen Dimensionen denken, was die Besetzung angeht. Leute wie Mechthild Großmann oder auch Dieter Pfaff und Michael Gwisdek, würden sie noch leben, würden sich vermutlich kaum für die Lindenstraße hergeben. Da müsste man die Besetzung wohl bei eher weniger bekannten Gesichtern aus dem Soap- oder Theater-Milieu suchen.

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Charles R. Swindoll


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