Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
Aktuelle Zeit: Do 25. Apr 2024, 22:12

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 6 Beiträge ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Folge 1858 - Inferno
BeitragVerfasst: So 20. Nov 2022, 00:02 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Di 14. Sep 2010, 16:04
Beiträge: 10221
Wohnort: Popihausen
Aufgrund ihrer Länge und der Überschreitung der für einen Beitrag möglichen Satzzeichen, muss ich die heutige Folge auf zwei Beiträge splitten

1. Teil

Folge 1858: Inferno

Spieltag: Sonntag, 20.11.2022

Sandra steht fluchend vor dem Herd in der Restaurantküche, der es auch an diesem Sonntagmorgen wieder nicht tun will.
„Verdammter Dreck!“ flucht sie. „Wenn dat so weiterjeht, dann wird dat nix mit et Buffet heute, schon mal jar net mit dem warmen!“
„Ab morschen kommen ja de Teschniker und vörlögen de neuen Leitungen“, versucht Roland sie zu beruhigen.
„Wird aber auch Zeit. Isch wär ja immer noch dafür jewesen, datt dat hier zuerst in Ordnung jebracht wird und der Hohenlobes dann sinne Party steigen lässt.“
Sandra schweigt einen Moment, dann sagt sie zu Roland: „Tut mir übrijens wirklisch leid, dass isch eusch belogen hab und letzte Woche einen auf krank jemacht hab. Et is’ nur so, datt isch da die die Jelegenheit jewittert hab, den Vasily zurück zu bekommen… Da sind bei mir de Lischte ausjegangen…“
„Jö jö, schon güt“, brummelt Roland. „Wür ham’s ja och öhne düsch überlöbt…“
„Danke auch, datt de misch nisch’ an den Hohenlobese verpfiffen has’, dann ständ’ isch jetzt wahrscheinlisch nisch mehr hier…“
„Dör Höhenlöböse muss joa nüsch alles wüssen“, meint Roland zwinkernd. „Und wos üs jötzt müt dür und’m Vasily. Bleibste dron…?“
„Isch wees nisch… Isch glaub, dat hat alles keinen Zweck mehr…“
„Üm de Lüübe zu kämpfen hat ümmer Zweck“, findet Roland. „Güb ühn nüsch uff, wegen de blöde Simöne…“
„Gucken wa’ ma’! Ab jetzt müssen wa zuerst ma’ den heutigen Tach wuppen! Auf jeht et!!!“

Nachdem Casper sich ein Bild davon gemacht hat, dass die Vorbereitungen für sein Fest zu seiner Zufriedenheit laufen, trifft er sich mit seiner Schwester Modesta zum Frühstück im Café Bayer.
„Meinst du, Papa wird sich heute auch mal blicken lassen?“ fragt Casper, während er lustlos an seinem Croissant knabbert.
„Schwer zu sagen“, meint Modesta nachdenklich. „Er kann ja schon echt richtig stur sein. Andererseits ist er auch neugierig. Er will bestimmt sehen, was du da auf die Beine gestellt hast und wie es läuft. Ich könnte mir schon vorstellen, dass er sich zumindest kurz blicken lässt…“
„Ich verstehe nicht, warum er sich immer so stur stellt!“ mosert Casper. „Na klar ist das jetzt erstmal ein Verlustgeschäft, aber so gewinnen wir doch mehr Ansehen in der Nachbarschaft. Und auf längere Sicht womöglich sogar neue Gäste. Okay, es ist natürlich eher unwahrscheinlich, dass die Leute, die in der Nachbarschaft wohnen, bei uns absteigen, aber die machen doch auch Mund-Propaganda und erzählen Freunden, Bekannten, Verwandten, Kollegen und so weiter, dass man bei uns durchaus absteigen kann.“
„Papa wird sich schon wieder einkriegen“, versucht Modesta, ihren aufgebrachten Bruder zu beruhigen. „Er weiß schon, was du drauf hast und dass du deine Sache gut machst. Ansonsten hätte er dir doch nie die Leitung für das Hotel übertragen. Er ist halt manchmal ein bisschen stur und verbohrt…“
„Ein bisschen?“ lacht Casper auf und köpft sein Frühstücksei.

„Ich finde es echt zum kotzen, dass ihr mir so in den Rücken fallt“ wettert Klaus lautstark am Frühstückstisch. „Ihr wisst genau, wie ich dazu stehe und trotzdem wollt ihr nun allen ernstes zu dieser bescheuerten Veranstaltung gehen!?!“
„Reg dich ab, Papa!“ sagt Mila beschwichtigend.
„Ich hab noch gar nicht richtig angefangen, mich aufzuregen!!!“
„Du könntest doch ganz einfach mitkommen, statt hier so ein Palaver zu machen!“ schlägt Nina vor. „Guck dir das alles an und mach dir ein Bild davon, was der zu Hohenlobese so alles zu bieten hat, statt gleich schon im Vorfeld alles schlecht zu reden!“
„Ich will aber gar nicht wissen, was der zu bieten hat!“ schimpft Klaus weiter. „Wenn ihr da unbedingt hin wollt… Bitte schön! Reisende soll man ja nicht aufhalten. Aber ICH gehe definitiv nicht mit, da mache ich mir lieber einen schönen Tag mit Ida. Wir könnten ja auf den Spielplatz gehen, wenn sich das Wetter hält.“
„Jaaaaaaa!“ quietscht Ida vergnügt.
„Und auf dem Weg zum Spielplatz könntet ihr auch gleich mal im Hotel vorbeischauen“, meint Mila grinsend.
„Vergiss es!“ brummt Klaus und zieht ein langes Gesicht – was Nina und Mila jedoch in keinster Weise von ihrem Plan abbringt, am heutigen Sonntag die Feier im Hotel zu besuchen.
Klaus ist zutiefst erschüttert über die Inkonsequenz in seiner Familie, denn auch seine Mutter hat ihm bereits vor einigen Tagen mitgeteilt, dass sie vor hat, das Hotel-Fest zu besuchen…

„Du siehst aber gar nicht gut aus!“ stellt Helga mit besorgtem Blick auf Gabi fest. „Hast du wieder schlecht geschlafen?“
„I weiß gar net, ob i wirklich mitkommen soll ins Hotel“ murmelt Gabi und hält sich den Bauch. „I hab schon die ganze Nacht so a ungut’s G’fühl inner Magengegend!“
„Was denn für ein ungutes Gefühl?“ fragt Lola, die sich schon seit Tagen riesig auf den Besuch im Hotel freut.
„I weiß au’ net… So, als ob’s halt keine gute Idee wär’, dorthin zu gehen. I weiß net. All die vielen Leut’. Seit fast drei Jahr’n bin i jetzt um a Corona-Infektion rum’kommen und nun soll i mi womöglich auf so einer Massenveranstaltung doch noch anstecken…“
„Also kommst du jetzt nicht mit?“ erkundigt sich Andy missmutig.
„I weiß net…“, jammert Gabi weiter.
„Ach, sei doch kein Spielverderber“, versucht Lola ihre Schwiegertochter umzustimmen. „Wenn selbst ich alte Frau keine Angst davor habe, dass ich mich dort möglicherweise anstecken könnte, dann musst du junges Ding das doch erst recht nicht…“
Gabi bleibt unschlüssig, während sie sich zunächst ins Bad verzieht. Ein unbestimmtes Bauchgefühl sagt ihr weiterhin, dass es keine gute Idee ist, dieses Fest zu besuchen…

Als Casper nach dem Frühstück mit seiner Schwester ins Hotel zurück kommt, lümmelt sein Bruder Kolja gemeinsam mit Popo in einer der Sitzgarnituren im Hotel-Foyer herum.
„Was macht ihr denn immer noch hier?“ fragt Casper genervt. „Ich hab doch gesagt, dass ihr hier heute raus sein müsst. Nachher steigt das Fest und morgen beginnen die Ausbesserungsarbeiten.“
„Ey, chill mal!“ winkt Kolja ab. „Wir sind ja nachher weg!“ Er deutet auf sein und Popos Gepäck, das seitlich von der Rezeption steht.
„Und wohin, wenn ich fragen darf?“ erkundigt sich Casper.
„In eine Pension hier in der Nähe!“ erklärt Kolja. „Zimmer ist schon reserviert.“
„Auf Papas Kosten, nehme ich an“, erwidert Casper spitz und fragt dann mit Blick auf Popo: „Was machen Sie eigentlich beruflich?“
„Waitress“, antwortet Popo knapp.
„Ah ja…“, macht Casper.
„Sie haben nicht zufällig in Ihre Hotel eine Job for me?“ erkundigt Popo sich.
„Sorry, aber Kellner*innen, Zimmermädchen, Bar – und Rezeptionspersonal haben wir genug“, winkt Casper süffisant ab und geht.
„Ich glaube, er mag mich nicht“, sagt Popo grinsend zu Kolja.
„Er mag niemanden, außer sich selbst“, flüstert Kolja grinsend. „Was meinst du? Reicht doch, wenn wir heute Abend in der Pension aufschlagen. Dann können wir noch ein paar Stunden ins Bett. Das Pensionsbett ist bestimmt nicht so bequem, wie das Hotelbett…“
Und schon sind die beiden im Aufzug verschwunden…

„Ich hab Andrea gefragt, ob sie uns heute Mittag begleitet!“
„Du hast was?“ Murat hätte beinahe den Kaffee über den Frühstückstisch gespuckt.
Lisa sieht ihn irritiert an. „Hast du plötzlich was gegen Andrea?“ fragt sie.
Murats Herz beginnt schneller zu schlagen. „Natürlich habe ich nichts gegen Andrea“, erwidert er hastig. „Aber ich dachte, das soll heute ein Familientag werden!“
„Ach, komm, Familientag! Die halbe Lindenstraße wird da sein. Mindestens. Das kann man wohl kaum als Familientag bezeichnen“, winkt Lisa ab. „Und Andrea arbeitet schließlich auch hier in der Nachbarschaft, also gehört sie wohl irgendwie dazu, findest du nicht?“
„Ja, hast ja recht“, murmelt Murat. Und eigentlich freut er sich ja immer, wenn er Andrea sieht. Aber einen ganzen Nachmittag mit ihr in Lisas Gegenwart zu verbringen… Ob das gut geht?

„Mörkste eichentlich ooch, doss dör Gosgeruch hüür inne Küche ümmer schlömmer würd?“ fragt Roland Sandra. „Seit Taachen rücht öt hüür jo schon sö, aber dö lötzen poor Toge… Das soll man doch glatt `ne Gosvergiftung krüjen…“
„Isch riesch im Moment jar net so viel“, erwidert Sandra. „Bin ´n bissken erkältet und hab de Nöös zu. Aber keene Angst, isch hab misch immer brav jetestet, is’ kein Corona…“
„Nojo“, meint Roland. „Wönn jötzt düüse Woche de neuen Leitungen verlegt wörden sünd, dann würd das mit dem Gestonk hüür sücher ooch wieder besser.“
„Heute streikt der Ofen jedenfalls extrem schlimm!“ klagt Sandra. „Andauernd jeht dat Ding aus. Aber wir ham’et ja jetz’ fast jeschafft!“

„Ich muss nicht dahin gehen“, erklärt Iffi ihrer Tochter. „Ich kann auch gerne bei dir bleiben und wir machen uns hier einen schönen Tag!“
„Ist schon, okay“, entgegnet Antonia. „Ich kann auch ein paar Stunden alleine hier bleiben.“
„Aber was ist, wenn’s dir nicht gut geht?“ fragt Iffi. „Oder wenn dieser schreckliche Typ hier auftaucht und dir wieder das Blaue vom Himmel verspricht?“
„Mama, bitte!“ stöhnt Antonia. „Mit Karim bin ich wirklich durch jetzt. Ich bleib einfach in meinem Zimmer und höre Musik. Roland freut sich doch so drauf, dass du in ´sein` Hotel kommst und an dem Fest teilnimmst!“
„Und… wenn du doch… mitkommst?“ fragt Iffi zögernd.
„Nee, echt nicht. Das ist mir gerade echt noch too much. All die Leute. Und die dummen Fragen, die die dann alle stellen. Du weißt doch, wie das hier ist…“
Iffi atmet tief durch. „Okay“, sagt sie schließlich. „Aber ich bleib nicht so lange. Und ich hab mein Handy dabei. Wenn irgendwas ist, dann rufst du mich an und ich komme sofort nach Hause!“
„Ja, alles klar!“ erwidert Antonia leicht genervt.

Marcella liegt mal wieder auf dem Sofa und verflucht ihre Schwangerschaft. Und nun hat auch noch die Praxis, in der Sebastian arbeitet, Wochenendnotdienst, so, dass sie den heutigen Sonntag auch noch komplett alleine verbringen muss. Zu gerne würde sie ja nebenan in das Hotel gehen und mal sehen, was auf diesem Fest los ist. Aber dazu kann sie sich in ihrem aufgeblähten Zustand nun wirklich nicht aufraffen – mal ganz davon abgesehen, dass Sebastian ihr den Kopf abreißen würde, wenn er davon erfährt. Aber eines weiß Marcella mit absoluter Sicherheit: Eine weitere Schwangerschaft wird es in ihrem Leben nicht mehr geben…

Casper beäugt mit Argusaugen den Speisesaal des Hotels unter die angrenzende Terrasse. Was er sieht, gefällt ihm: Das Buffet wieder gerade aufgebaut, die arrangierte Band begibt sich ebenfalls bereits in Position und auf der Terrasse stehen vier Heizpilze, die dafür sorgen sollen, dass sich Gäste, die draußen rauchen oder frische Luft schnappen wollen, nicht unnötig der November-Kälte aussetzen müssen. Casper ist zufrieden; seines Ermessens nach kann das Fest beginnen…

„Was machst du denn schon wieder hier?“ möchte Tristan wissen, als seine Mutter Ortrun von Sassnitz unangekündigt aus dem Aufzug steigt, der in sein Penthouse führt.
„Na, entzückend! Das ist ja mal wieder eine überaus angemessene Art und Weise, seine Mutter zu begrüßen!“ zetert Ortrun sogleich los – und entdeckt im nächsten Augenblick Lea, die auf dem Sofa sitzt.
„Oh!“ entfährt es Frau von Sassnitz naserümpfend. „Guten Tag, Lena!“
„Hab ich irgendwas vergessen? Waren wir verabredet?“ möchte Tristan wissen.
„Nein, aber ich dachte, ich komme einfach mal vorbei und schaue, wie es dir geht“, erklärt Ortrun. „Ich habe heute nämlich ausnahmsweise mal nichts anderes vor.“
„Das passt eigentlich gerade gar nicht“, erwidert Tristan. „Ich muss sofort nochmal kurz in die Kanzlei, zu einer Unterredung mit einem Mandanten, der morgen eine Anhörung hat. Und danach wollten Lea und ich auf das Fest hier unten im Hotel!“
„Na, das ist doch ganz wuuuuunderbaaaar!“ trällert Ortrun. „Da begleite ich euch natürlich. Und während du bei deinem Termin bist, warte ich hier und unterhalte mich ein wenig mit Lena! Nicht wahr, meine Liebe!“
Lea lächelt verkrampft, während Tristan seiner Mutter zu erklären versucht, dass das Hotelfest eigentlich nur für Anwohner aus der Nachbarschaft des Hotels gedacht ist, aber das interessiert Ortrun von Sassnitz ausgesprochen wenig…
„Nun geh schon zu deinem Termin, bevor du noch zu spät kommst“, scheucht sie ihren Sohn und als der merkt, dass sich seine Mutter nicht abwimmeln lässt, wirft er Lea einen entschuldigenden Blick zu und verschwindet.
„Sogar am Sonntag arbeitet der Junge!“ sagt Ortrun, während sie sich zu Lea aufs Sofa setzt. „Immer für seine Mandanten da, genau wie sein Vater. Hoffentlich rafft ihn nicht eines Tages auch ein Herzinfarkt dahin.“
Lea lächelt weiter verkniffen vor sich hin, während Ortrun meint: „Ein vielarbeitender Mann wie Tristan, der einen verantwortungsvollen Posten bekleidet, der braucht eine Frau, die ihm den Rücken freihält und ihn unterstützt!“
„Hmmmhmmm!“ macht Lea.
„Was soll das denn bitte für eine Antwort sein?“ fragt Ortrun empört. „Tristan braucht eine Frau mit Rückgrat und kein Modepüppchen, das dekorativ auf der Couch sitzt und sich die Nägel lackiert!“
„Was soll das denn heißen?“ fragt Lea gereizt.
„Das soll heißen, meine liebe Lena, dass du einfach nicht die Richtige für meinen Sohn bist. Such dir doch… irgendeinen Bauarbeiter. Und Müllmann. Irgendetwas in deiner Klasse. Aber halte dich bitte von Tristan fern!“

Der Strom der Nachbarn fließt in das Hotel: Valerie und Iffi treffen sich am Eingang mit Lola, Andy, Gabi – die sich nun doch noch überreden lassen hat, aber immer noch ein äußerst ungutes Gefühl bei der Sache hat- , Helga, Nina und Mila und gehen gemeinsam rein, dich gefolgt von Ben, Jack, Ludde, Emma, Vasily, Simone und Gung. Anna kommt gemeinsam mit Sarah und Emil, ein paar Sekunden später erscheinen Paul, Mika und Romy. Urszula hat den unmotivierten Artjom zuhause gelassen, kommt aber stattdessen in Begleitung von ´Käthe`, obwohl der inzwischen gar nicht mehr in der Lindenstraße wohnt. Als sie gerade das Hotel betreten wollen, kommen auch Tanja und Simon herbei. Urszula winkt Tanja zaghaft zu, aber die ignoriert sie mit eiserner Miene und schreitet stur an ihr vorbei. Andrea steht wartend auf dem Bürgersteig und begrüßt Murat und Lisa, als diese gemeinsam mit Deniz erscheinen. Das Knistern zwischen Murat und Andrea und die verstohlenen Blicke, die die beiden sich zuwerfen, fallen Lisa mal wieder nicht auf…

„Geh du ma ruhisch mit deinen Lieben feiern“, sagt Sandra zu Roland, als sie Vasily und Simone erspäht, denen sie lieber aus dem Weg gehen möchte. „Isch mach inne Küsche klar Schiff!“

Kerstin und Nils betreten nun das Hotel und haben alle vier Töchter im Schlepptau. Obwohl sich Annalena, Lovis, Maite und Merle zunächst nicht ganz einig waren, ob eine solche Veranstaltung auch wirklich cool genug ist, um dafür einen Sonntag zu opfern, hat bei allen Vieren dann doch die Neugier darüber gesiegt, sich das Hotel mal von innen ansehen zu können.

„Trink bitte nicht so viel, Onkel Claudio!“ sagt Angelina mahnend, als sie und der Onkel, gefolgt von Nico und Enzo das Foyer betreten. „Nicht, dass du uns hier wieder vor der ganzen Nachbarschaft blamierst!“
„Aber Principessa! Habe ich euche jemals blamiert?“ fragt Onkel Claudio.
„Ja, denk mal an deine Kotzerei auf dem Weihnachtsmarkt letztes Jahr!“ zischt Angelina scharf und der italienische Onkel verstummt augenblicklich und sieht beschämt in eine andere Richtung…

Als Konstantin da Hotel betritt, sieht er sich suchend nach Lea um, kann sie aber nirgendwo entdecken. Vermutlich turtel die noch oben im Penthouse mit ihrem Tristan rum. Wer weiß, ob die beiden überhaupt kommen werden…

Im Penthouse fehlt jedoch von Tristan immer noch jede Spur, der Termin mit seinem Mandanten scheint länger zu dauern, als er selbst angenommen hat. Stattdessen ist die Luft im Wohnzimmer nahezu elektrostatisch aufgeladen und die Stimmung zwischen Lea und Ortrun scheint bald den Siedepunkt zu erreichen.
„Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, was Tristan an dir findet, Lena“, sagt Ortrun abfällig. „Als ob er nicht genug Chancen bei Frauen hätte, die diese Bezeichnung auch verdienen! Warum tut er mir das an? So ein billiges… Ding, wie dich, anzuschleppen. Manchmal frage ich mich, was in dem Jungen eigentlich vorgeht…“
„Ich glaube, ich warte unten auf Tristan!“ beschließt Lea und erhebt sich. „Sie können dann ja den Wänden und den Möbeln noch mehr von Ihrem Scheiß erzählen!“
„Na, sieh mal an!“ ruft Ortrun mit triumphierender Stimme. „Die kleine Lena ist doch nichts weiter als eine ordinäre Proletarierin. Jetzt zeigt sie ihr wahres Gesicht!!!“
„Ich heiße Lea, du verkallte, alte Schachtel!“ faucht Lea und verliert endgültig jegliches Gefühl von Anstand und Respekt vor dieser unmöglichen Frau.
„Gebärdest du dich vor meinem Sohn auch so?“ lacht Ortrun schrill auf. „So billig und ordinär? Vermutlich nicht! Da spielst du das brave Mädchen, was?! Tristan wird es sicherlich interessieren zu erfahren, wie du wirklich bist!“
„Ich möchte, dass Sie jetzt gehen!“ zischt Lea.
„Wie bitte?“ Wolltest du nicht gerade gehen?“
„Ich hab’s mir eben anders überlegt. Ich hab keinen Bock, unten in der Kälte zu stehen und mir den Arsch abzufrieren, während ich auf Tristan warte.“
Wie ordinäääär!“ Ortrun schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. „Und ICH werde mich ganz sicher nicht von DIR aus der Wohnung MEINES Sohnes werfen lassen!!!“
Ortrun und Lea stehen sich Auge in Auge gegenüber, funkeln sich bitterböse an, doch keine von ihnen ist bereit, vor der anderen zu weichen…

Casper stellt sich im großen Speisesaal in Position und überprüft das Mikrophon für seine Begrüßungsrede. Er lässt den Blick über die Anwesenden schweifen, um zu sehen, ob sein Vater eventuell doch noch gekommen ist – was offenbar nicht der Fall ist…
Casper wischt sein Bedauern von sich und beginnt mit seiner Rede. Diese ist bereits im vollen Gange, als noch – leicht verspätet – Alex und Iris gefolgt von David und Mandy mit Jeremy und Phoebe in den Saal huschen…

Sandra hat ihre Aufräumarbeiten in der Küche kurzzeitig unterbrochen, um einen Blick in den Saal zu erhaschen und einigen Bruchstücken der Rede zu lauschen. Interessiert nimmt sie die freundlichen Worte ihres Chefs wahr und muss zugeben, dass sie ihm bislang gar nicht so viel Sympathie und Lockerheit zugetraut hätte – reden kann er jedenfalls… Dann erblickt sie Vasily und Simone, die turtelnd in einer Ecke des Saales stehen und ihr kommt die Galle hoch… Roland hat recht: Sie muss weiterkämpfen! Sie darf nicht aufgeben!! Vasily war, ist und bleibt die Liebe ihres Lebens. Den darf sie nicht einfach an diese Möchtergern- Literatin verlieren…

Antonia sitzt zuhause und klickt sich durch die Sozialen Netzwerke. Was für ein oberflächlicher Scheiß! Dabei war das bis vor kurzem doch auch noch ihr Leben, ihre Welt… Irgendwie scheint das alles so weit weg. Ob das Leben je wieder auch noch annähernd so wird, wie es vor ihrer Begegnung mit Karim war? Karim… Dieses Schwein… Antonia legt ihr Handy weg und denkt nach. Ob sie doch noch zum Hotel rübergehen sollte? Ach, lieber nicht. Die Buschtrommeln in der Lindenstraße habe doch längst verbreitet, was ihr widerfahren ist… Die mitleidigen Blicke, das neugierige Getuschel, möglicherweise Fragen von so ungehemmten Personen wie Mutter Beimer… Das will sie sich heute nicht antun… Sie steckt die Airpods in die Ohren und schaltet die Musik ein…

Casper hat seine Rede beendet und das Buffet eröffnet. Und tosenden Applaus geerntet. Die Band hat zu spielen begonnen und die ersten Gäste machen sich über das Essen her, genießen die Drinks, stehen und sitzen in kleinen Grüppchen zusammen, plaudern, lachen und tanzen…

Andy entfernt sich unbemerkt von seiner Familie. Gabi unterhält sich angeregt mit Anna und Lola plündert mit Helga und Valerie das Buffet. Andy hat soeben beschlossen, sich mal diesen Spa-Bereich näher anzusehen. Schließlich steht der, laut Einladung, den Gästen des heutigen Festes ja auch zur Verfügung…

Maite und Merle wird ziemlich schnell bewusst, wie langweilig sie diese ganze Veranstaltung eigentlich finden. Die Musik der Band ist lahm und auch ansonsten ist hier wohl nicht mehr allzu viel reizvolles zu erwarten. Die Zwillinge beschließen daher, im Hotel auf Erkundungstour zu gehen. In der Einladung wurde schließlich explizit darauf hingewiesen, dass den Gästen das gesamte Gebäude zur Besichtigung offen steht. Aber ihre Eltern würden sie bestimmt nicht einfach so ziehen lassen, aus Angst, dass sie irgendetwas anstellen könnten, was dann hinterher Ärger gibt. Ihre Mutter Kerstin arbeitet schließlich für eine Versicherungsgesellschaft und ist daher für solche Dinge ein wenig hypersensibilisiert. Also passen die beiden Mädels den richtigen Augenblick ab und stehlen sich heimlich davon, um sich mal ein bisschen umzuschauen…

Andy hat den Spa-Bereich entdeckt und schaut sich interessiert um. Die Sauna wird er hier aber ganz bestimmt nicht nutzen, denn erstens hat er dazu nicht die nötigen Utensilien dabei und Gabi wird bestimmt nicht erfreut sein, wenn er später verschwitzt auf die Feierlichkeit zurückkehrt. Und zweitens gibt es zum saunieren ja schließlich immer noch die Sauna-Tonne im Hinterhof der Nr. 3.
Als Andy stattdessen an eine Tür mit der Aufschrift „Massage“ klopft, staunt er nicht schlecht, wer ihm dort nun gegenübersteht…
„Ach nee!“ ruft er aus. „Ich kenne Sie doch! Sie sind doch die… na… die Dings… die… die frühere Freundin von Herrn Kling. Von Olaf Kling, nicht wahr?!“
„Ja, ganz recht“, erwidert Pia und wirkt etwas verlegen darüber, mal wieder mit ihrer Vergangenheit konfrontiert zu werden.
„Sie arbeiten hier als Masseurin?“ fragt Andy nahezu ungläubig. „Sie waren doch früher, na, wie soll ich sagen, im… im horizontalen Dienstleistungsgewerbe tätig!“ Andy lacht kurz auf und Pia beißt sich auf die Unterlippe.
„Ich habe mich inzwischen beruflich verändert“, erklärt sie. „Es ist nie zu spät, um neue Wege zu gehen!“
„Wow, das klingt ja fast schon philosophisch!“ lacht Andy. „Und wäre es okay, wenn Sie mir mal eine Kostprobe geben würden, von Ihren… neuen Wegen?“
„Bitte schön, nur zu!“ fordert Pia ihn auf und deutet auf die Massageliege. Eine Aufforderung, die Andy nicht zweimal braucht; er macht den Oberkörper frei und legt sich hin..

„Huhu“, macht Romy, als sie neben Ludde ans Buffet tritt.
„Ach, hi!“ erwidert dieser. „Lange nicht gesehen. Wie geht’s dir?“
„Gut“, sagt Romy und studiert intensiv die Speisen, die vor ihr auf den Tische stehen. Ludde tut es ihr gleich.
„Ich hab gehört, dass du ein richtiger Held bist!“ platzt es plötzlich aus ihr heraus.
„Ein… was?“
„Also es wird erzählt, dass du dieses Mädchen aus der Kastanienstraße, das so lange verschwunden war, vor einem Zuhälter gerettet hast!?“
Nun wird Ludde tatsächlich rot. „Naja“, räuspert er sich verlegen. „Da waren schon auch noch ein paar andere dran beteiligt.“
„Aber es stimmt!?“ hakt Romy nach. „Du hast ihr geholfen!?“
Als Ludde zögerlich nickt und dabei zunehmend verlegen wirkt, bohrt Romy: „Erzähl doch mal!“

„Ich hab übrigens das Grundstück gegenüber von euch gekauft!“ erzählt Angelina Gung, während sie mit ihm an einem Stehtisch lehnt und Champagner schlürft. „Du weißt schon, das an der Ecke zur Ulrike-Böss-Straße, da, wo damals die Moschee entstehen sollte. Hab ich diese Woche eingetütet, alles unter Dach und Fach. Ich denke, das ist einen lohnenswerte Investition!“
„Was wollen Sie mit Grundstück?“ fragt Gung irritiert. „Das stäht seit Jaaahren leeer. Nach Moschee-Projekt hat sich niiiemand mehr interessiert!“
„Ja, aber das kann sich ja jetzt bald ändern“, erklärt Angelina grinsend. „Das Hotel, die Umstrukturierung des Geschäftsgebäudes in der Ulrike-Böss-Straße… Hier ist gerade einiges im Wandel! Ich bin sicher, dass das Grundstück bald Gold wert ist!“
Angelina leert vergnügt ihr Glas. Dann wirft sie einen skeptischen Blick zu Onkel Claudio rüber, der sich für ihren Geschmack ein bisschen zu intensiv für die hochprozentigeren Sachen aus dem Getränke-Sortiment interessiert…
„Entschuldige mich bitte!“ sagt Angelina und rauscht ab.
Gung sieht ihr finster hinterher und flüstert: „Schlange du…!“

„Onkel Claudio, meinst du nicht, dass es allmählich reicht?“ will Angelina gereizt von ihrem Onkel wissen. „Wir hatten vorhin etwas besprochen! Du wolltest dich heute zusammenreißen.“
„Aber das tu ich doch, Principessa!“ lallt Claudio mit schwerer Zunge und blickt sie aus glasigen Augen an.
„Nein, das tust du nicht!“ zischt die Nichte wütend. „Ich möchte, dass du jetzt mal für eine Weile auf Wasser umsteigst.“
„Wasser? Bäh! In Wasser pissen die Fische rein!“ erwidert Claudio und bricht in schallendes Gelächter aus – so intensiv, dass Angelina am liebsten im Erdboden versinken würde.
„Dann iss zwischendurch wenigstens was, damit der Alkohol nicht so ins Gewicht schlägt“, zischt sie.
„Okay!“ lacht Claudio – und schiebt sich zwei Rumkugeln in den Mund…

„Na, Helga, schmeckt’s?“ fragt Anna mit prüfendem Blick auf Helgas mittlerweile zum dritten Mal am Buffet vollgeladenen Teller.
„Hast du was dagegen?“ fragt Helga forsch zurück.
„Du bist unmöglich“, meint Anna kopfschüttelnd. „Wenn irgendwas umsonst ist, dann musst du gleich schamlos zuschlagen, nicht wahr?!“
„Das ist ja wohl meine Sache!“
„Ich dachte, du wolltest ein bisschen auf die Figur achten“, sagt Anna anmaßend und mustert Helga von Kopf bis Fuß.
„Das hast du ja zum Glück nicht nötig, dürr wie du bist“, gibt Helga spitz zurück. „Nahezu ungesund siehst du aus!“

Romy ist sichtlich beeindruckt, nachdem Ludde seine Ausführungen über Antonias Rettung beendet hat.
„Das finde ich total mutig von dir“, sagt sie anerkennend.
„Nun ja, wie gesagt, ich war das nicht alleine“, erklärt Ludde nochmal und wird wieder rot.
„Störe ich?“ Mika ist zu den beiden getreten und sieht Ludde scharf an.
„Du immer“, entfährt es Ludde sofort gereizt – Mika ist nach wie vor ein rotes Tuch für ihn, aber das beruht auf Gegenseitigkeit.
„Jetzt fang hier bloß nicht wieder an zu streiten“, mahnt Romy – und tatsächlich halten beide augenblicklich den Mund...

„Vasily!“
Als Vasily von der Toilette kommt, hört er die zischelnde Frauenstimme mit dem so wohlbekannten Kölschen Dialekt und blickt sich um. Sandra winkt von der Küchentür aus zu ihm rüber.
„Was willst du?“ fragt er genervt.
„Können wa ma mit’nander reden?“
„Es gibt nichts mehr zu bereden!“
„Vasily, bitte! Isch wollt misch letzte Woche nisch so aufführen. Isch würde gern ma’ so’n paar Dinge klarstellen.“
Vasily stellt sich zunächst stur, aber als Sandra ihn flehentlich ansieht und sogar leise „Bitte!“ sagt, folgt er ihr doch in die Küche…

„Wie ist das eigentlich für dich, hier zu sein und das alles zu sehen?“ fragt Helga spitz.
„Wie bitte?“ fragt Anna.
„Naja“, meint Helga. „Wenn der Lohmaier damals nicht in den Aufzugschacht gestürzt wäre, dann könnte das alles hier ja jetzt quasi fast deins sein, nicht wahr?!“
Anna schnappt empört nach Luft. „Du bist und bleibst das Letzte, Helga Beimer!“ flüstert sie aggressiv und zieht sich in die entgegengelegene Ecke des Saales zurück, während Helga sich diebisch über ihren Schachzug freut – auch wenn sie sich insgeheim eingestehen muss, dass diese Spitze wirklich mehr als unter der Gürtellinie war…

Maite und Merle sind auf ihrer Entdeckungstour durch das Hotel in dem von labyrinthartigen Gängen durchzogenen Keller gelandet.
„Das ist ja echt gruselig hier unten“, meint Maite.
„Ja, hier könnte man glatt einen Horrorfilm drehen“, findet auch Merle.
Ein Geräusch aus einer der Ecken lässt die beiden aufschrecken.
„Was war das?“ fragt Maite.
„Ich weiß nicht“, flüstert Merle. „Lass uns lieber wieder rauf gehen…“
„Haste Schiss?“ fragt Maite und geht weiter, hat dabei aber auch gehörig das Herz in der Hose sitzen – vor allem, nachdem die beiden sich gerade noch darüber unterhalten habe, dass dieser Keller eine hervorragende Horrorfilm-Kulisse abgeben würde…
Merle folgt ihrer Schwester zaghaft, als plötzlich aus einem Seitengang wie aus dem Nichts zwei kleine Gestalten auftauchen. Die Zwillinge weichen kreischend zurück – die beiden Gestalten ebenfalls. Als Merle schon panisch die Beine in die Hand nehmen will, erkennt Maite in ihnen die beiden Kinder aus dem Haus Nr. 3 : Jeremy und Phoebe!
„Was macht ihr denn hier?“ keuchte Maite atemlos.
„Meine kleine Schwester spielt gerne verstecken“, japst Jeremy nicht minder erschrocken. „Und ihr?“
„Uns umgucken“, meint Merle.
In diesem Moment ertönt ein Klappern aus einem Verschlag am Ende des Seitenganges.
„Sind hier noch mehr von euch Zwergen?“ fragt Maite.
„Neeee“, flüstert Jeremy genervt – und alle vier Kinder blicken ängstlich in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen ist…

Auch Emma und Deniz haben sich auf eigene Faust auf Erkundungstour begeben, allerdings nicht im Keller, sondern ein paar Stockwerke höher. Als sie ein nicht verschlossenes Hotelzimmer betreten, sind sie begeistert.
„Wir spielen was!“ beschließt Emma. „Ich bin eine reiche und berühmte Popsängerin, die hier übernachtet und du bist das Zimmermädchen, das mich bedienen muss!“
„Aber ich will auch der reiche Gast sein!“ protestiert Deniz.
„Später!“ sagt Emma. „Zuerst ich! Schließlich war das meine Idee!“
„Na gut!“ gibt Deniz sich geschlagen.

Murat stellt sich neben Andrea an das Buffet und flüstert: „Hi nochmal!“
„Hast dich ja ganz schön rar gemacht in letzter Zeit“, erwidert Andrea und versucht dem Buffet mehr Aufmerksamkeit zu schenken als Murat.
„Ja… ich…. Hatte… viel… Stress…. Mit dem neuen… Laden und...und so. Und… ich wollte halt auch… für meine Familie da sein….“
„Klar“ entgegnet Andrea.
„Aber ich haben dich vermisst“, flüstert Murat und streicht ihr kurz fast unmerklich über den Arm.
„Lass das bitte“, flüstert Andrea, „Lisa ist hier…“
Murat weicht einen Schritt zurück. Andrea lässt ihren halbgefüllten Teller einfach zwischen dem Buffet stehen und geht zum Ausgang des Speisesaals. Murat befürchtet, dass sie schon nach Hause will, doch dann bleibt sie in der Türe stehen, wirft ihm einen auffordernden Blick zu und geht ins Foyer hinaus. Murat wartet einen Augenblick, sieht, dass Lisa gerade mit Paul beschäftigt ist, und folgt ihr in einigem Abstand…

Als Ludde vom Rauchen auf der Terrasse wieder in den Speisesaal zurückkehrt, steht Mika plötzlich neben ihm.
„Glaub bloß nicht, dass du dich wichtig machen kannst, indem du Romy irgendwelche völlig übertriebenen Helden-Märchen auftischt“, zischt er.
„Ich hab da plötzlich so ein Pfeifen im Ohr“, erwidert Ludde und geht weiter.
„Du findest dich echt supercool, oder?“ fragt Mika gehässig. „Nur weil du mal einmal in deinem abgefuckten Leben das Richtige getan hast, heißt das noch lange nicht, dass du kein krimineller Abschaum mehr bist!“
„Und du legst dich ganz schön für Romy ins Zeug!“ befindet Ludde. „Man könnte glatt meinen, du willst was von ihr. Bist du nicht eigentlich mit dem Schlacks da zusammen?“ Ludde deutet mit dem Kopf knapp in die Richtung von Paul, der mit Lisa am Buffet steht.
„Geht dich einen Scheiß an!“ faucht Mika. „Romy ist meine Mitbewohnerin. Und eine gute Freundin. Und ich lasse nicht zu, dass du… dass du sie mit deinen dreckigen Pfoten… Also, ich lass das jedenfalls nicht zu!“
„Und wieder dieses komische Pfeifen“, meint Ludde, blickt sich gespielt suchend nach der möglichen Ursache um und geht grinsend weiter. Mika sieht ihm finster nach und ballt in den Hosentaschen seine Hände zu Fäusten…

„Mein Gott, all die vielen Menschen hier“, stöhnt Gabi. „Wenn wir uns hier bloß net doch alle was einfangen…“
„Mich stört hier ehrlich gesagt nur ein Mensch“, erwidert Anna gereizt.
„Wen meinst?“ fragt Gabi irritiert.
„Deine reizende Mitbewohnerin zeigt sich heute mal wieder von ihrer liebenswürdigsten Seite!“
„Die Helga?“
„Na, wer denn sonst?“ Anna schnaubt. „Die wird sie nie ändern! Weißt du, als sie mich damals aus der Haft geholt hat, nach der Sache mit Wolf, da habe ich wirklich gedacht, dass das Eis jetzt gebrochen wäre. Aber nix da… Die wird mir in 500 Jahren noch nicht verziehen haben, dass Hans sie meinetwegen verlassen hat!“
„Geh, die Helga is’ halt manchmal a bisserl speziell. Aber im Grunde meint sie’s nicht so!“
„Im Bezug auf mich schon“, murrt Anna und geht zu Sarah und Jack rüber, während Gabi überlegt, ob sie nicht doch besser die FFP2-Maske aufsetzen soll, die sie in ihrer Handtasche bei sich trägt…

„Ist da jemand?“ ruft Maite mit zittriger Stimme ins Dunkel hinein – doch es rührt sich nichts.
„Jeremy, ich hab Angst!“ flüstert Phoebe.
„Lass uns lieber wieder rauf gehen“, findet auch Merle.
Maite will ihr gerade beipflichten, als wieder ein Klappern aus dem Dunkeln ertönt…
„Da ist doch jemand“, sagt Maite. „Ich will jetzt wissen, wer da ist…“
Und langsam schleicht sich Maite in die Dunkelheit… Die anderen drei Kindern sehen sich einen Augenblick lang unentschlossen an, dann folgen sie ihr vorsichtig…

Murat und Andrea haben ´Zuflucht` im Putzmittelraum gesucht. Leidenschaftlich umarmen und küssen sie sich, doch als Murat damit beginnt, Andrea auszuziehen, muss die plötzlich herzhaft kichern.
„Was ist?“ fragt Murat überrumpelt. „Hab ich was falsch gemacht?“
„Putzmittelraum!“ gluckst Andrea. „Was für ein Klischee! Das ist ja fast wie Besenkammer oder Wäschekammer!“
Nun muss auch Murat lachen. Doch dann besinnen die beiden sich wieder auf sich selbst und lieben sich leidenschaftlich im Putzmittelraum – Klischee hin oder her…

„So ein Scheiß, dass Mama findet, dass wir mit 14 noch zu jung für Handys sind!“ mosert Maite. „Wenn wir ein Handy hätten, hätten wir direkt auch eine Taschenlampe…“
„Ich hab eine kleine Taschenlampe an meinem Schlüssel“, sagt Jeremy. „Aber die Batterie ist fast leer. Die leuchtet nur noch schwach und geht zwischendurch dauernd aus.“
„Egal, besser als gar nix!“ befindet Maite. „Gib mal her!“
Tatsächlich funktioniert das winzige Teil mehr schlecht als recht, als die Vier sich weiter voran tasten. Als sie den Verschlag am Ende des Ganges fast erreicht haben, erlischt das Licht wieder vollständig. Maite schüttelt die kleine Lampe ein paar Mal hin und her. Als sie für Sekundenbruchteile wieder schwach aufleuchtet, blicken alle vier für einen kurzen Moment, ehe es wieder dunkel wird, in das schmutzige, verlebte Gesicht einer älteren Frau! Alle vier rennen lauthals schreiend den Gang entlang in Richtung Kelleraufstieg…

„Guten Tag, Frau Hoffmeister!“ sagt Hermann Benodakt freundlich lächelnd, nachdem seine Nachbarin Dagmar ihm die Tür ihrer kleinen Wohnung geöffnet hat.
„Guten Tag, Herr Benodakt!“ erwidert sie lächelnd.
„Wie schön, Sie hier anzutreffen!“ freut sich der pensionierte Lehrer. „Ich hatte schon die Befürchtung, dass sie möglicherweise auch auf diesem Fest im Hotel sein könnten…“
„Nein, das ist nichts für mich“, winkt Dagmar ab. „Es ist ja nicht so, dass ich übermäßig viel Kontakt zu der Nachbarschaft hier hätte. Nicht mal zu… zu meiner eigenen Tochter…“
„Dann darf ich mir erlauben, Sie zu fragen, ob sie vielleicht Lust hätten, mich zu einem kleinen Spaziergang zu begleiten? Dafür, dass bereits Mitte November ist, ist draußen wirklich ein zauberhaftes Wetter. Goldener Herbst!“
„Da komme ich doch gerne mit!“ freut sich Dagmar. „Ich hole nur kurz meinen Mantel…“

„Was war das?“ keucht Merle atemlos, als sie an der Kellertreppe ankommen.
„Frag lieber, wer war das?“ japst Maite.
„War das eine Hexe?“ fragt Phoebe.
„Sie sah zumindest wie eine aus“, findet Maite.
„Hast du meine Taschenlampe?“ erkundigt sich Jeremy.
„Oh Shit!“ entfährt es Maite. „Die hab ich verloren, als wir losgerannt sind!“
„Was?“ fragt Jeremy empört.
„Sorry!“
„Dann müssen wir sie holen!“ beschließt Jeremy.
„Bist du verrückt?“ fragt Maite. „Lass das Ding, ich kauf dir eine neue von meinem Taschengeld!“
„Die hab ich von meinem Vater gekriegt!“ erklärt Jeremy mit Nachdruck.
„Kannst du dir von deinem Vater nicht eine neue zu Weihnachten wünschen?!?“ schlägt Merle vor.
„Unser Papa ist tot!“ erklärt Phoebe.
Die Zwillinge schauen sich betreten an. Dann sagt Maite: „Okay! Wir holen sie!“
„Nein! Ich geh da nicht nochmal rein!“ protestiert Merle.
„Okay!“ sagt Maite zu Jeremy. „Wir holen sie und ihr wartet hier!“
Und so verschwinden Maite und Jeremy wieder in der Dunkelheit, während sich Merle und Phoebe auf die Kellertreppe setzen, um zu warten…

Nachdem Sandra sich in aller Form bei Vasily für ihr unmögliches Verhalten in der letzten Woche entschuldigt hat, beginnt sie gleich wieder, über ihre schöne, gemeinsame Zeit zu sinnieren und ihn zu beknien, es sich doch nochmal anders zu überlegen und zu ihr zurückzukehren…
„Hör endlich auf damit, Sandra!“ sagt Vasily scharf. „Es ist aus und das bleibt es auch! Ich bin jetzt mit Simone zusammen! Aber du hast gar nichts kapiert! Und das wirst du auch nicht, sonst würdest du solche Aktionen nämlich unterlassen!“
Wütend stapft Vasily aus der Küche, wo er Sandra wie ein Häufchen Elend zurücklässt. Dabei wird er von Simone beobachtet, die bereits auf der Suche nach ihm war...

Casper ist sichtlich erfreut, als er, nach einem kurzen Abstecher in sein Büro, seinen Vater Hubertus zu Hohenlobese im Foyer antrifft.
„Du bist doch gekommen“, stellt er lächelnd fest.
Hubertus lächelt zurück. „Ich wollte mir halt mal ansehen, was du hier so auf die Beine gestellt hast!“
„Hat Modesta mit dir geredet?“
„Modesta? Nein, wieso?“
„Hat sie dich hergeschickt?“
„Nein, ich bin schon aus freien Stücken hier!“

„Was wollte die denn schon wieder von dir?“ fragt Simone gereizt Vasily.
„Mit mir reden!“ brummelt er.
„Hat sie wieder versucht, dich rumzukriegen?“
Vasily sagt nichts – doch sein Schweigen ins Antwort genug für Simone. „Dieses blöde Biest!“ faucht sie. „Na warte, der werde ich was erzählen!“
„Lass doch!“ ruft Vasily – doch Simone ist schon unterwegs zur Küche…

Hubertus beäugt das Fest, das sein Sohn auf die Beine gestellt hat und ist tatsächlich nicht ohne Stolz über Caspers Einsatz. Als er Nina unter den Gästen entdeckt, macht sein Herz einen kurzen Hüpfer und Huberts grüßt sie lächelnd. Anschließend verlassen er und Casper die Feierlichkeit vorübergehend wieder, um in Caspers Büro noch ein paar Dinge über die bevorstehenden Renovierungsarbeiten zu besprechen.

„Boah, stinkt das hier!“ stellt Simone beim Betreten der Küche fest. „Ist das Gas?“
„Wat willste?“ knurrt Sandra sie an.
„Die Frage ist wohl eher, was du willst?“ fragt Simone wütend. „Kannst du bitte mal aufhören, dich an meinem Mann ranzumachen?“
„Ach? Jetzt isser schon dein Mann? Dat ist ja interessant, wäre mir ja janz neu!“
„Jetzt werd mal bloß nicht kleinlich“, zeter Simone. „Fakt ist: Vasily und ich sind ein Paar. Und DU hast ausgedient! Kapier das doch endlich oder bist du dafür zu blöd?“
„Fakt ist, datt der Vasily janz schnell merken wird, wat du für eine dumme Trutsche bist!“ schießt Sandra zurück. „Und dann wird er sisch erinnern, wat er an mir jehabt hat…“

„Sooch ma, wör üs eigentlüsch der füllige Kerl, der neuerdings mindestens zwee mal de Woche zu dür zum Haare schneiden kommt?“ möchte Roland von Urszula wissen.
„Du bekommst aber auch alles mit!“ sagt die Polin irritiert. „Du meinst Herrn Bloch. Udo Bloch. Er ist scheinbar mit meiner Arbeit zufrieden. Und zufriedene Kunden kommen immer wieder.“
Tanja schnappt diesen Satz im Vorübergehen auf und wirft Urszula einen bösen Blick zu, ehe sie auf die Terrasse geht, um frische Luft zu schnappen.
„Öber dör hat doch kaum noch Haare!“ lacht Roland. „Üsch glaub ja eher, döss des an dür lüscht, das dör so oft kömmt. Der steht auf düsch, saach üsch dür, und zwar nüsch zu knapp.“
„Du musst es ja wissen“, erwidert Urszula und lässt Roland einfach stehen.


Nico steht zum Rauchen draußen auf der Terrasse, als auch Tanja hinaus kommt.
„Bisschen frische Luft schnappen“, sagt sie. „Oh! Hier draußen isses ja auch echt warm.“
„Liegt an denen da!“ sagt Nico und deutet auf die Heizpilze.
„Aha!“ macht Tanja.
In diesem Moment tritt auch Urszula vom Speisesaal ins Freie und fragt: „Tanja, könnten wir vielleicht mal miteinander reden?“
„Ich glaube nicht, dass es zwischen uns noch was zu bereden gibt“, erwidert die Angesprochene schnippisch und geht stehenden Fußes ins Hotel zurück.
„Dicke Luft?“ fragt Nico.
„Nicht so dick wie die Luft deiner Zigarette!“ faucht Urzsula und setzt an, um ebenfalls wieder rein zu gehen. Dann hält sie jedoch inne und fragt: „Hast du auch eine für mich?“
„Doch nicht zu dick, die Luft?“ fragt Nico und hält ihr seine Schachtel hin.

Vasily schleicht vor der Küchentür herum und hört, wie das Gekeife zwischen Sandra und Simone immer extremere Dimensionen erreicht. Sollte er reingehen und sich einmischen? Oder sollte er die beiden ihre Fehde lieber selber austragen lassen? Vasily entscheidet sich für Letzteres und geht zurück in den Speisesaal – er selbst würde die Ganze Sache vermutlich noch schlimmer machen…

„Ich glaub, ich geh jetzt mal langsam zurück zu Toni!“ sagt Iffi zu Roland. „Ich war schon viel zu lange hier.“
„Dönn höl üsch dür aber noch ein poar Früschhalteboxen auss Küsche, dann kannste der Töni noch was leckeres mütbrüngen?“
„Ist das denn okay?“ fragt Iffi. „Nicht, dass das noch Ärger gibt…“
„Iwööö“, macht Roland. „Dös kürgen dü doch söwiesö nüsch alles uff!“
Und schon ist er verschwunden…

Als Roland die Küche betritt, platz er mitten hinein in das Gezänk von Sandra und Simone.
„Ölles in Ordnüng, Sandra?“ erkundigt er sich vorsichtig.
„Jetzt nisch, Roland, isch komm hier alleine klar!“ keift Sandra und schimpft weiter auf Simone ein. Roland holt sich schnell die Frischehaltebehätnisse für Iffi und räumt das Feld…

Ortrun sitzt starr auf dem Sofa im Penthouse ihres Sohnes und starrt verbissen vor sich hin, während Lea im Wohnzimmer auf und ab geht. Keine der beiden redet mehr ein Wort. Aber ebenso ist keine der beiden bereit, freiwillig zu verschwinden, obwohl beide allmählich ungeduldig werden. Wie lange kann so ein Mandanten-Gespräch denn dauern?

Maite und Jeremy tasten sich durch das Dunkel des Kellerganges.
„Wo ist denn hier nur der Lichtschalter?“ fragt Jeremy.
„Keine Ahnung“, erwidert Maite. „Hier irgendwo hab ich die Lampe verloren.“
Sie stochert mit ihrem Fuß auf dem Kellerboden rum, findet aber nichts.
„Meinst du, wir haben uns die Frau nur eingebildet?“ fragt Jeremy.
„Alle vier? Bestimmt nicht!“
„Wer ist das denn und was macht dir hier?“ Jeremy ist mulmig zumute.
„Vielleicht eine Obdachlose, die hier Unterschlupf gesucht hat“, überlegt Maite. „So dreckig, wie die war.“
In dem Moment ertastet sie mit dem Fuß die Lampe.
„Hier ist sie!“ ruft sie aus.
„Die Obdachlose?“ fragt Jeremy erschrocken.
„Die Lampe! Los komm, wir hauen wieder ab…“

„Weißt du was?“ herrscht Simone Sandra an. „Es ist mir echt zu dämlich, hier weiterhin mit einer unterbelichteten Proll-Barbie wie dir zu diskutieren! Ich geh jetzt zurück zu MEINEM Lebensgefährten und du kannst hier in deiner Stinkeküche ersticken!“
Hocherhobenen Hauptes schreitet Simone aus dem Raum. Sandra kocht innerlich vor Wut. Zornig ruft sie ihr ein paar kölsche Flüche und Schimpfwörter hinterher.
„Janz ruhisch bleiben, Sandra, janz ruhisch!“ sagt sie zu sich selber. „Kommt Zeit, kommt Rat, alles wird jut!!!“
Trotzdem ist Sandra nach dem heftigen Wortgefecht mit Simone so aufgewühlt, dass sie erstmal eine rauchen muss. Sie fingert eine Zigarette aus ihrer Schachtel, entfacht ihr Feuerzeug – und löst ein Inferno aus…

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags:
Verfasst: So 20. Nov 2022, 00:02 


Nach oben
  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1858 - Inferno
BeitragVerfasst: So 20. Nov 2022, 00:09 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Di 14. Sep 2010, 16:04
Beiträge: 10221
Wohnort: Popihausen
2.Teil


„Weißt du was?“ herrscht Simone Sandra an. „Es ist mir echt zu dämlich, hier weiterhin mit einer unterbelichteten Proll-Barbie wie dir zu diskutieren! Ich geh jetzt zurück zu MEINEM Lebensgefährten und du kannst hier in deiner Stinkeküche ersticken!“
Hocherhobenen Hauptes schreitet Simone aus dem Raum. Sandra kocht innerlich vor Wut. Zornig ruft sie ihr ein paar kölsche Flüche und Schimpfwörter hinterher.
„Janz ruhisch bleiben, Sandra, janz ruhisch!“ sagt sie zu sich selber. „Kommt Zeit, kommt Rat, alles wird jut!!!“
Trotzdem ist Sandra nach dem heftigen Wortgefecht mit Simone so aufgewühlt, dass sie erstmal eine rauchen muss. Sie fingert eine Zigarette aus ihrer Schachtel, entfacht ihr Feuerzeug – und löst ein Inferno aus…

Iffi steht gerade vor dem Buffet und packt einige vegane Köstlichkeiten in die Frischhaltedosen, die Roland ihr aus der Küche besorgt hat und an denen Antonia sicher auch ihre Freude haben wird, als es einen ohrenbetäubenden Knall gibt.
Ehe Iffi überhaupt nur ansatzweise realisieren kann, was das gewesen sein könnte, sieht sie die ihr gegenüberiegende Wand hinter den Buffet-Tischen auf sich zukommen und wird von einer starken Druckwelle von den Beinen gerissen und rittlings zu Boden geworfen. Während Teile des Buffets und Bröckchen der geborstenen Wand auf und um sie herum niederregnen, sieht sie, auf dem Rücken liegend, einen riesigen Feuerball über sich hinweg in die Mitte des Speisesaals schießen…

Benodakt und Dagmar zucken mächtig zusammen, als sie bei ihrem Sonntagnachmittagsspaziergang durch den herbstlichen Park einen ohrenbetäubenden Knall in ihrer unmittelbaren Nähe hören. Nun stehen sie mit weit aufgerissenen Augen und Mündern da und betrachten fassungslos, wie Flammen aus dem Erdgeschoss und der 1. Etage des Hotels züngeln und dicke Rauchwolken in den Himmel emporsteigen...

„Was war das?“ kreischt Ortrun von Sassnitz und krallt sich in der Armlehne des Sofas fest. Nach einem lauten Knall wurde das gesamte Penthouse durch eine Detonation erschüttert.
„Das hörte sich an, wie ein Bombenangriff!“ sagt Lea erschrocken.
„Ein Bombenangriff?“ fragt Ortrun schrill. „Ach, so ein Unsinn, wir sind hier doch nicht in der Ukraine!“
Im selben Moment sieht Lea durch das Panoramafenster zur Dachterrasse dichten Rauch aufsteigen.
„Es brennt!“ ruft sie.
Ortrun springt vom Sofa auf und stürmt auf den Aufzug zu.
„Im Brandfall soll man keinen Aufzug benutzen!“ belehrt Lea sie.
„Und wie sollen wir sonst hier rauskommen?“ keift Ortrun und drückt auf den Liftknopf. „Etwa fliegen?“

Marcella wird von dem Knall aus einem Dämmerschlaf geholt. Fassungslos betrachtet sie die feinen Risse, die sich an der Wand gebildet haben, die an das benachbarte Hotel angrenzt und sieht die auf dem Boden liegenden Bücher, die aus dem Regal katapultiert wurden. Was war das? Marcella wirft sich eine Jacke über und stolpert aus der Wohnung…

Kolja und Popo wurden von der Detonation, die von unten kam, beinahe aus dem Hotelbett geschleudert.
„What was that?“ fragt Popo erschrocken.
„Das hörte sich an, wie eine Explosion“, meint Kolja. „Aber was sollte denn hier…. Oh, Shit!!!“
„What?“ fragt Popo panisch.
„Irgendwas stimmt hier nicht mit den Gasleitungen oder den Gasanschlüssen“, erinnert sich Kolja. „Deshalb soll doch ab morgen auch das Hotel für ein paar Tage dichtmachen! Wir müssen hier sofort raus!!!“

Man hört den Aufzug im Schacht, wie er sich surrend dem Penthouse nähert, doch alles scheint viel länger zu dauern als üblich und Lea und Ortrun starren gebannt auf die Fahrstuhltür. Plötzlich ertönt im Schacht ein lauter Knall, gefolgt von einem scheppernden Rumpeln und Poltern. Wenige Augenblicke später öffnet sich die Fahrstuhltüre, doch darin befindet sich kein Aufzug mehr, sondern lediglich der bloße Schacht, aus dem nun lodernde Flammen in das Appartement schlagen. Während Ortrun in hysterisches Geschrei ausbricht, ruft Lea: „Die Feuertreppe!“
Die beiden stürmen hinaus auf die Dachterrasse, doch während Lea bereits die Feuerleiter erklimmt, bleibt Ortrun wie angewurzelt stehen und weicht dann sogar einen Schritt zurück.
„Was ist?“ fragt Lea.
„Ich kann nicht!“ kreischt Frau von Sassnitz schrill.
„Warum nicht?“ fragt Lea fassungslos.
„Höhenangst!“ presst Ortrun mühsam hervor.
„Jetzt reißen Sie sich mal zusammen! Wollen Sie hier oben verbrennen?“
Zögernd nähert sich Ortrun der Leiter, bleibt dann aber stehen und greift zitternd nach dem Geländer, das den Balkon umgibt.
„Nun machen Sie schon!“ schreit Lea. „Ich helfe Ihnen!“
„Neiiiin!“ kreischt Ortrun. „Ich kann das nicht!Die Feuerwehr muss mich hier runterholen.“
Lea lauscht, aber bislang ist noch kein Martinshorn zu hören.
„Wer weiß, wann die kommen!!“ ruft Lea. „Und wer weiß, wie lange das dauert, bis die merken, dass wir noch hier oben sind!“
Ortrun späht vorsichtig über die Brüstung und beginnt erneut, zu schreien und zu zetern.
„Nun los!“ fordert Lea sie erneut auf.
„Du musst alleine gehen!!“ schreit Ortrun.
„… und Sie hier alleine lassen?“
„Geh schon und sag denen, dass ich noch hier oben bin!“ kreischt Ortrun.
„Okay. Ich beeil mich!“ Lea wirft noch einen letzten Blick zurück und rennt los…

Marcella steht zitternd auf dem Bürgersteig vor dem brennenden Hotel.
„Hat schon jemand die Feuerwehr gerufen?“ schreit sie atemlos. Als sie sieht, wie ein Mann auf der gegenüberliegenden Straßenseite mit Handy am Ohr den Daumen hochreckt, atmet sie durch. Sie hat das Gefühl, dass ihr gleich die Beine versagen und lehnt sich an eine der Linden an, mit dem Gefühl, jeden Moment zusammenzubrechen…

Iffi kriecht auf allen Vieren durch das Trümmerfeld, das soeben noch ein Speisesaal war. Um sie herum sieht es aus, wie an einem Kriegsschauplatz: Überall Rauch und Flammen, Betonbrocken von den teils eingestürzten Wänden und der halb heruntergekommenen Decke, Menschen, die weinen und schreien oder teilweise verletzt oder bewusstlos am Boden liegen… Bereits auf den ersten Blick realisiert sie, dass der Durchgang, der zum Catering-und Küchenbereich führte, durch die detonierte Wand verschüttet wurde. Dann entdeckt sie, dass das Gleiche auch für die große Flügeltür zum Foyer gilt, als sie ihre hysterisch kreischende Schwester vor dem Trümmerfeld auf und ab stolpern sieht… Die Terrassentüre, denkt sie. Sie ruft nach Valerie, rappelt sich auf - und spurtet los…

Nico steht entsetzt auf der Hotel-Terrasse und kann kaum fassen, was da gerade vor seinen Augen geschieht. Nach einem Schreckmoment läuft er auf den Terrassen-Eingang zu, um zu sehen, ob er drinnen irgendwie helfen kann. Kurz bevor er die Türe erreicht, sieht er auf der von Rauchschwaden erfüllten Innenseite seine Mutter auf sich zulaufen, schmutzig und blutend, wenige Schritte hinter ihr, Valerie, die sich aus dem Rauch zu materialisieren scheint wie, der Phoenix aus der Asche. In diesem Augenblick explodieren zwei der Heizpilze, die, direkt an der Hotelwand stehend, mit den Flammen in Berührung gekommen sind. Eine Druckwelle wirft Nico zurück, dann sieht er, wie durch die neuerliche Explosion ein großes Stück aus der Hotel-Fassade herab bricht und die Terrassen-Türen verschüttet, während in Höhe der ersten und zweiten Etage ein klaffendes Loch zurückbleibt…

Lea hechtet die Feuertreppe hinunter. Als sie irgendwo zwischen der 1.und 2. Etage ist, ertönt ein weiterer Knall. Alles bebt und Lea merkt, eingehüllt von Staub und Rauch, dass um sie herum alles zu Schwanken beginnt. Entsetzt realisiert sie, dass die Leiter sich aus dem Mauerwerk gelöst hat und langsam in Richtung des angrenzenden Parks zu kippen beginnt. Lea krallt sich schreiend am Geländer fest und sieht noch Bäume und Sträucher auf sich zukommen, deren Äste und Zweige ihr ins Gesicht schlagen, die Wangen aufkratzen und an ihren Haaren reißen, ehe sie im Moment des Aufpralls das Bewusstsein verliert…

Im Saal ist endgültig Panik ausgebrochen. Allen sich dort befindlichen Gästen und Hotel-Mitarbeitern ist inzwischen bewusst geworden, dass sämtliche Ausgänge verschüttet sind und sie in der Falle sitzen.

Murat und Andrea haben mehrere Minuten gebraucht, um die verkeilte Tür des Putzmittelraums von innen zu öffnen. Als sie endlich aus der Kammer raus sind, riechen sie Feuer und sehen Rauchschwaden. Eilig laufen sind den Gang entlang ins Foyer und sehen von dort aus, dass der Eingang zum Speisesaal buchstäblich verschwunden ist…

Marcella lehnt an der Linde und schafft es kaum noch, sich aufrecht zu halten: Ihre Beine zittern und ihr Kreislauf spielt verrückt. In dem Moment stürzt Artjom aus dem Haus Nr. 3 und richtet die Handykamera seines Smartphones auf das brennende Hotel.
„So krass!“ ruft er aus.
„Sag mal, spinnst du?“ faucht Marcella ihn an. „Hör gefälligst auf damit!“
Artjom sieht sie verständnislos an, dann richtet er sein Handy auf sie, wie sie da fett, schwitzend und zitternd am Baum lehnt.
„Ey, lass das gefälligst!“ zischt sie.
Im nächsten Moment kommen Benodakt und Dagmar aus dem Park geeilt. Dagmar ist kreidebleich und presst die Hand auf den Mund.
„Kommen Sie, ich bringe Sie nach Hause!“ sagt Benodakt zu ihr. „Sie sollten sich das wirklich nicht ansehen!“
„Nein, ich… ich kann nicht!“ wehrt Dagmar seine angebotene Hand ab. „Ich… Ich weiß nicht… Vielleicht… es könnte sein… dass Lisa und meine Enkelkinder da noch drin sind!“
Im selben Moment hört man endlich herannahende Sirenen und Sekunden später schießen sowohl aus der Ulrike-Böss-Straße wie auch aus der Kastanienstraße mehrere Feuerwehrwagen, Rettungsfahrzeuge und kurz darauf auch die Polizei in die Lindenstraße. Fasziniert hält Artjom seine Handykamera auf den eintreffenden Fuhrpark.
„Ey, lass das mal!“ ruft Niklas Sandmann, der Einsatzleiter seines Feuerwehrtrupps, als er nach dem Aussteigen aus dem Fahrzeug Artjoms Filmerei bemerkt.
Marcella bekommt als nächstes mit, wie ein weiterer Feuerwehrtrupp die Evakuierung des angrenzenden Hauses Nr. 3 anordnet, da die Gefahr zu groß ist, dass das Feuer übergreift. Damit wird ihr endgültig klar, dass an eine Rückkehr in ihre Wohnung momentan nicht zu denken ist. Viel zu evakuieren gibt es dort allerdings nicht, denn Marcella und der immer noch wie besessen filmende Artjom sind bereits draußen und Klaus ist mit Ida, statt auf den Spielplatz zu gehen, dann doch lieber ins Freibad gefahren.
Marcella überlegt, zu ihrem Bistro rüber zu gehen, fühlt sich augenblicklich aber so dermaßen ausgelaugt, dass selbst das kurze Stück Weg bis zur Ulrike-Böss-Straße ihr wie ein Gewaltmarsch erscheint. Um dem hektischen Chaos vor dem Hotel zu entkommen, schlägt sie schließlich den Weg Richtung Kastanienstraße ein, um sich auf eine der Bänke vor dem Haus Lindenstraße Nr. 1 zu setzen…
Währenddessen kommen Murat und Andrea aus dem Hotel und werden sogleich von Dagmar entdeckt.
„Murat!“ ruft sie. „Oh, Gott sei Dank! Wo ist Lisa? Und wo sind Paul und Deniz?“
„Ich… ich weiß es nicht!“ presst Murat kurzatmig hervor. „Ich… ich war auf der Toilette und dann gab es diesen Knall. Ich weiß nicht, wo sie sind…!“
Dann beginnt er zu weinen und er und Dagmar fallen sich in die Arme, während Andrea und Herr Benodakt hilflos daneben stehen…

Der Kellergang ist nach der Explosion eingestürzt. Während die beiden Wartenden Merle und Phoebe immer noch auf der Seite sind, an der sich auch die Kellertreppe befindet, wurde Maite und Jeremy durch das herabstürzende Geröll der Weg abgeschnitten und sie sind in dem Gang eingesperrt. Nur ihre gedämpften Rufe dringen von der anderen Seite her durch all den Schutt.
„Wir müssen Hilfe holen!“ ruft Merle und nimmr Phoebe an die Hand. Doch als die beiden die Kellertreppe hinauf wollen, schlagen ihnen Flammen entgegen und sie weichen entsetzt zurück. Auch sie können den Keller nicht mehr verlassen…

Hubertus und Casper zu Hohenlobese, die die Explosion in Caspers Büro unbeschadet überstanden haben, stehen schockiert im Foyer des Hotels. Nachdem sie mit den Feuerwehrleuten und Rettungskräften einige Informationen ausgetauscht haben, blickt Hubertus in Richtung Treppenhaus, das unmittelbar an die Küche angrenzt. Nach der Explosion, die die Wand zur Küche durchbrochen hat, hat sich eine Art Kamineffekt in dem schachtartig nach oben führenden Treppenbereich gebildet und die Flammen konnten hinauf schießen und sich in die Etagen weiter oben ausbreiten.
„Zum Glück sind wenigstens keine Gäste mehr in den Zimmern oben“, sagt Hubertus und blickt nun besorgt zu dem verschütteten Speisesaal. Im gleichen Moment fällt Caspers Blick auf das Gepäck, das, halb verborgen durch eine Zimmerpalme, seitlich neben der Rezeption steht.
„Scheiße!“ sagt er.
„Was ist?“ fragt Hubertus.
„Es könnte sein… Ich glaube, Kolja und seine… seine Freundin sind noch oben!“

Kolja und Popo hasten, nur mit dem Nötigsten bekleidet, den Hotel-Flur entlang. Doch kurz bevor sie die Treppen erreicht haben, züngeln ihnen bereits die lodernden Flammen entgegen.
Die beiden rennen in die entgegengesetzte Richtung, stoßen die Fluchttür am Ende des Ganges auf – und blicken ins Leere. Dort, wo sich die Feuertreppe befinden sollte, ist nur ein ins Leere führender Abgrund, Reste der zerstörten Treppe liegen weit unten im Gebüsch des angrenzenden Parks.
„I don’t wanna die!“ kreischt Popo hysterisch.
Kolja schlägt sich vor die Stirn. „Es gibt noch eine Personaltreppe“, erinnert er sich und zerrt Popo durch eine unscheinbare Tür in einen Nebengang…

„Da… da steckt irgendwas in meinem Bein!“ kreischt Romy hysterisch.
Sie liegt auf dem Rücken in einer Ecke des Speisesaals und starrt auf ein spitzes Metallstück, das aus ihrem Oberschenkel ragt.
„Was ist das?“ fragt Mika entsetzt.
„Wahrscheinlich irgendwas aus der Decke oder der Wand“, vermutet Paul.
„Tut das weg!“ kreischt Romy hysterisch. „Macht es weg!!“
Mika zögert kurz, will dann aber danach greifen. Paul hält ihn davon ab. „Bist du verrückt? Damit machst du alles nur noch schlimmer. Lass es stecken, bis ein Arzt oder so da ist!“
„Ich will, dass das da raus ist!“ kreischt Romy wie eine Besessene.
„Aber dann verblutest du vielleicht!“ ruft Paul.
„Wie soll den hier ein Arzt reinkommen?“ fragt Mika und deutet auf die verschütten Durchgänge.
„Die holen uns hier schon irgendwie raus“, murmelt Paul und versucht, zuversichtlich zu klingen.

Ortrun von Sassnitz rennt auf der Dachterrasse umher, wie ein Tiger im Käfig. Die Flammen haben sich mittlerweile im kompletten Appartement ausgebreitet und drohen, auf den Balkon überzugehen. An der Straße hat sie unlängst Sirenen gehört, da die Terrasse nach hinten hinausgeht, kann sie allerdings nicht sind, was da vor sich geht. Wo bleiben die denn nur? Dieses Mädchen muss die Rettungskräfte doch längst informiert haben, dass sie noch hier oben ist.
In dem Moment hört sie das Bersten der Terrassentür und Funken fliegen ihr um die Ohren. Ortrun hält sich die Hände vors Gesicht und weicht schreiend zurück. Es hilft nichts, sie muss ihre Angst überwinden. Vorsichtig nähert sie sich dem Rand der Dachterrasse – und verharrt schockiert: Die Feuertreppe ist weg, Überreste davon liegen hinter dem Haus in den Büschen der Parkanlage… Ortrun dreht sich erneut zu den Flammen um und beginnt, am ganzen Leib zu zittern…

„JEREMY! PHOEBE!“ kreischt Mandy hysterisch und dreht sich suchend um die eigene Achse. „Wo sind sie denn?“
„Beruhig dich doch!“ versucht David, auf sie einzuwirken. „Die waren bestimmt gar nicht mehr hier drin, sondern sind rausgegangen zum spielen!“
„Und wenn nicht?“ fragt Mandy panisch. „Wenn sie hier irgendwo unter den Trümmern liegen?!“
Auch Lisa ist am Rande einer Hysterie. „Hat irgendjemand meine Tochter und meinen Mann gesehen?“ ruft sie. „DENIZ? MURAT? DENIZ!!!“
„Vielleicht haben sie es ja rechtzeitig raus geschafft“, versucht Helga, sie zu beruhigen.
„Das war deine durchgeknallte Ex!“ flüstert Simone Vasily zu. „Die ist durchgedreht, weil sie dich nicht zurück bekommt und hat die Küche in die Luft gejagt, diese Irre!“
„So etwas würde Sandra niemals machen“, erwidert Vasily.
„Und wie erklärst du dir dann, dass der Knall aus der Küche kam?“ fragt Simone gereizt.
„Du meinst… Sandra war da noch drin?“ Vasilys Augen weiten sich panisch…

Kolja und Popo eilen über die Personaltreppe nach unten. Da diese sich in einem anderen Bereich des Hotels befindet, als das Treppenhaus für die Gäste, ist sie bislang vom Feuer unversehrt. Plötzlich hält Popo inne.
„Was ist?“ fragt Kolja.
„Da war was!“ flüstert Popo.
„Was denn?“
„Voices! Screams!“
Kolja sieht sie fragend an, während Popo weiter lauscht. Dann stößt sie die Tür auf, die auf das erste Obergeschoss des Hotels führt. Flammen schlagen ihnen entgegen – und hinter den Flammen, an eine verschlossene Zimmertür gedrückt, zwei dunkelhaarige Mädchen, die sich weinend aneinander klammern…

„Die Tür geht nicht auf!“ schreit Pia hysterisch. „Irgendwas blockiert sie von außen!“
„Lassen Sie mich mal!“ brüllt Andy. Dann wirft er sich schwungvoll dagegen – und stöhnt schmerzerfüllt auf.
„Alles okay?“ fragt Pia.
„Scheiße!“ stöhnt Andy. „Ich glaub, ich hab mir die Schulter geprellt…“

Marcella sitzt fix und fertig auf der Bank und muss feststellen, dass der Weg vom Hotel bis dorthin auch nicht bedeutend kürzer war, als der zum Marcellas. Und noch etwas merkt sie: Der massive Druck auf ihre Blase. Seit sie schwanger ist, muss sie wirklich ständig pinkeln. Aber auf welche Toilette sollte sie gehen, das Akropolis ,das Bayer und die Pizzeria haben heute geschlossen, weil alle im Hotel sind.
„Hilft ja nichts, wenn ich hier nicht auf die Straße pissen will!“ sagt sie zu sich selbst und schleppt sich, trotz Verbots, zum Eingang des Haus Nr. 3…

Die Rettungskräfte haben das Marcellas zu einer Art Einsatzzentrale auserkoren. Giovanna und Gian-Luca sind komplett überfordert mit dem, was hier gerade um sie herum passiert, geben aber, nachdem sie die Gäste rausgeschmissen haben, ihr bestes, um die Einsatzkräfte mit Getränken zu versorgen und auch bereits Kaffee und Tee für die Geretteten aus dem Hotel zu kochen. Allerdings scheinen die Feuerwehr und das THW augenblicklich selbst überfordert mit der Lage, denn bislang wurde dort noch niemand rausgeholt…

Iris und Alex haben gerade gemeinsam Gung stabilisiert. Der wurde bei der Explosion von einem Stück Mauer am Kopf verletzt und war minutenlang bewusstlos. Nun ist er gerade zu sich gekommen, fühlt sich aber immer noch benommen.
„Kannst du mal kurz mitkommen?“ möchte Paul von Iris wissen. „Wir bräuchten da vorne deine Hilfe!“

Kolja und Popo schaffen es, mit einem Feuerlöscher, der an der Wand hängt, eine kurzzeitige Schneise in die Flammen zu schlagen, so dass Emma und Deniz zu ihnen hinüberlaufen können. Gemeinsam setzen sie den Weg nach unten fort.

Tristan läuft, aus Richtung seiner Kanzlei in der Ulrike-Böss-Straße kommend, schnurstracks auf den Aufzug zu, der zu seinem Penthouse führt.
„Mooooment mal, nicht so eilig!“ hält ihn Feuerwehrfrau Maren Löffler zurück. „Sie können hier nicht durch!“
„Ich… ich wohne da oben… in… in dem Penthouse“ stammelt Tristan hastig.
„Ja, da können Sie aber nicht rauf!“
„Aber… meine… meine Mutter und meine Freundin sind wahrscheinlich noch da oben!!“

Iris konnte das Metallstück aus Romys Oberschenkel rausziehen und mit hochprozentigem Alkohol desinfizieren. Sie bindet die Wunde mit einem provisorischen Verband aus Alex’ Hemd so stramm ab, dass die Blutung fürs erste gestoppt werden kann.
„Wir müssen hier alle so schnell wie möglich raus“, sagt Iris. „Sonst werden wir hier drin entweder ersticken oder verbrennen.“
„Oder wir werden lebendig begraben“, äußert Konstantin mit besorgtem Blick auf die zerstörte Decke über ihnen, deren Überreste sich immer mehr hinabzuneigen scheinen.
„Kann man da nicht irgendwie rauf kommen?“ fragt Nils. „Wo kommt man denn da hin? Vielleicht kommt man von da oben raus!“
„Nils“, unterbricht Kerstin seine Überlegungen. „Ich kann Maite und Merle nirgendwo finden. Sie sind nicht hier drin!“

Hubertus und Casper, die inzwischen auch draußen vor dem Hotel stehen, fällt ein Stein vom Herzen, als sie sehen wie Kolja in Begleitung von Popo, Emma und Deniz keuchend aus dem Hotel ins Freie stürmt.

Ortrun von Sassnitz wird mit der Feuerwehrleiter vom Dach des Hotels gerettet. Am ganzen Leib zitternd fällt sie ihrem Sohn in die Arme, als sie wieder festen Boden unter den Füßen hat.
„Wir können da oben sonst niemanden finden“, sagt ein Feuerwehrmann.
„Wo ist Lea, Mutter?“ will Tristan wissen.
„Die?“ ruft Ortrun empört aus. „Die hat sich schon lange abgesetzt! Hat die Flucht ergriffen, als die Feuertreppe noch da war und mich da oben einfach ganz alleine im Stich gelassen!“
„Wie bitte?“ fragt Tristan entrüstet.
„Kommen Sie“, sagt der Feuerwehrmann zu Ortrun. „Da vorne werden Sie erstmal notfallmedizinisch versorgt.“
Tristan kann es derweil nicht fassen. Lea hat seine Mutter in dieser Situation einfach sich selbst überlassen?!


THW-Leiter Heiner Brekwolt ist besorgt.
„Das ganze Gebäude ist komplett instabil“, erklärt er einem Polizisten. „Wenn wir uns jetzt einfach durch die Wand zum Speisesaal sprengen, bricht das Hotel womöglich binnen Sekunden komplett in sich zusammen und die Leute da drin werden erst recht verschüttet. Wir müssen erst warten, bis der Experte eintrifft, vorher können wir das nicht riskieren.“
„Der sitzt im Helikopter“, erwidert der Polizist.
„Im Helikopter aus wo?“ fragt ein anderer THW-Mitarbeiter.
„Aus Landshut!“

Marcella hat ihr Geschäft erledigt und fühlt sich mit entleerter Blase gleich unendlich befreiter. Dennoch ist ihr klar, dass sie das Haus schnellstmöglich wieder verlassen sollte, bevor die Flammen tatsächlich übergreifen. Schwerfällig erhebt sie sich. Auf dem Weg zur Wohnungstür verspürt sie plötzlich einen krampfartigen Schmerz im Bauch – und merkt, wie ihr das Fruchtwasser die Beine hinabläuft…

Die Feuerwehrleute werden dem Brand des Hotels nicht Herr. Niklas Sandmann kommt es vor wie Don Quichottes Kampf gegen die Windmühlen. Oder wie bei dem sagenhaften mehrköpfigen Drachen, dem für jeden angeschlagenen Kopf zwei neue Köpfe nachwachsen. Egal wo und wie intensiv sie löschen – irgendwo scheint immer wieder ein neuer Brandherd auszubrechen.

„Wir werd’n alle sterben! Wir werden des hier alle net überleben!“ Gabi steht am Rande des zerstörten Speisesaals. Ihr Körper zuckt und bebt und sie scheint gar nicht mehr klar bei Verstand zu sein.
„Gabi, bitte, reiß’ dich jetzt zusammen“, fordert Anna sie auf.
Iffi kommt auf die beiden zu. „Habt ihr Nico irgendwo gesehen? Und Daddy? Oder Oma Lola?“
Gabi antwortet nicht, sondern schluchzt mit apatischem Blick vor sich hin.
„Was ist mir ihr?“ fragt Iffi besorgt.
„Ich glaub, sie hat einen Schock“, vermutet Anna. „Ich kann überhaupt nicht mehr zu ihr durchdringen.“
„Des wars“, murmelt Gabi. „Des überleben wir net.“
„Gabi, bitte beruhige dich“, sagt Iffi. „Weißt du, wo Daddy ist?“
„Wir werden sterben“, wiederholt Gabi immer wieder wie ein dunkles Mantra, wobei sie mit jedem Mal lauter wird, bis sie schließlich den Satz nicht mehr flüstert, sondern vollkommen hysterisch durch den Raum schreit – bis Anna ihr eine schallende Ohrfeige verpasst.
„Also, Anna, bitte. Musste das jetzt sein?“ fragt Helga vorwurfsvoll – doch Annas Aktion hat zumindest insofern Erfolg gezeigt, dass Gabi endlich ruhiger wird und aus ihrem Schockzustand zu erwachen scheint. Ihr Pessimismus ist allerdings nicht gewichen.
„Es ist aussichtslos“, flüstert sie mit belegter Stimme. „Wir kommen hier net mehr leben raus!“
„Das wollen wir doch erstmal sehen“, sagt Mandy und beginnt, an den Gesteinsbrocken zu schieben und zu rütteln, die den Ausgang verperren.
„Was machen Sie denn da?“ fragt Urszula entsetzt. „Wollen Sie hier noch mehr zum Einsturz bringen?“
„Hast du eine bessere Idee?“ faucht Tanja sie gereizt an und beginnt, Mandy zu helfen.
„Ich habe nicht jahrelang gegen den Krebs gekämpft, um JETZT HIER zu sterben!“ sagt Mandy entschlossen und versucht, sich mit bloßen Händen durch das Geröll zu graben.
„Hör auf damit!“ hält David sie zurück und flüstert: „Ich mach das! Du bist schließlich schwanger…“

Marcella liegt im Flur ihrer Wohnung, inmitten einer Lache aus Fruchtwasser, und hat unerträgliche Schmerzen. Panisch tastet sie nach ihrem Handy oder Festnetztelefon, hat aber nichts von beidem in greifbarer Nähe. Schließlich versucht sie, sich auf das zu besinnen, was sie in ihrem Geburtsvorbereitungskurs gelernt hat: Atmen und pressen…

Die Feuerwehr konnte den Brand auf der Kellertreppe unter Kontrolle bringen, nachdem sie auf die Hilfeschreie von Merle und Phoebe aufmerksam geworden sind, und die beiden Mädchen aus dem Keller retten.
„Meine Schwester und ihr Bruder sind noch da unten“, erklärt Merle atemlos. „Der Gang ist eingestürzt, man kommt nicht zu ihnen durch!“

Pia und Andy haben inzwischen jegliche Versuche aufgegeben, die Tür des Massageraumes zu öffnen, sondern stattdessen entschieden, zu versuchen, durch das kleine Fenster ins Freie zu gelangen. Doch auch dieser Versuch schlägt fehl…
„Ich strecke fest“, stöhnt Pia, der Oberkörper bereits draußen ist, während sie sich von der Hüfte abwärts noch drinnen befindet.
„Dein Arsch ist zu fett!“ brummt Andy.
„Mein Arsch ist nicht fett, ich hab nur ein breites Becken!“ schimpft Pia. „Schieb gefälligst!“
Andy tut, wie ihm geheißen, wobei seine geprellte Schulter ihm höllische Schmerzen bereitet. Irgendwann wird die Bemühung belohnt und Pia rutscht vollständig durch das Fenster ins Freie. Andy folgt ihr, presst seine lädierte Schulter stöhnend durch die Fensteröffnung – und bleibt kurz darauf ebenfalls stecken.
„Dein Bauch ist zu dick“, meint Pia schmunzelnd und zieht kräftig. Und nach einigen Anstrengungen ist auch Andy endlich draußen.

Der Brand ist inzwischen auf Caspers Büro übergegangen. Als diese Information zu Casper und Hubertus vordringt, fällt es Casper plötzlich wie Schuppen von den Augen.
„Oh mein Gott“, entfährt es ihm. „In dem Raum hinter dem Büro…“
„Was ist da?“ fragt sein Vater.
„Da stehen noch Ersatz-Gasflaschen für die Heizpilze!“
Und kaum, dass Casper es ausgesprochen hat, durchschneidet der nächste Knall die Luft…

Die erneute Explosion lässt den ganzen Speisesaal vibrieren. Die Wände beben und ein weiterer Teil der Decke stürzt herab. Die Gäste halten sich schützend die Hände über die Köpfe, während um sie herum die Gesteine niederprasseln.

Nachdem Antonia eine Weile mit Kopfhörern auf ihrem Bett gelegen und Musik gehört hat, kommt sie in die Küche, um sich etwas zu trinken zu holen – und erstarrt für Sekunden, als sie durch das Fenster die Rauchwolken sieht, die vom Hotel aus in den Himmel steigen.
„Scheiße!“ ruft sie – und rennt aus der Wohnung.

Durch die erneute Detonation ist in der Wand zwischen dem Erdgeschoss und der ersten Etage ein Loch entstanden, nicht sonderlich groß, aber über einen Haufen herabgestürzten Gerölls zu erreichen.
„Möglicherweise ist das unsere Chance“, sagt Enzo. „Wir können das Loch erreichen, wenn wir den Schutthaufen hochklettern.“
„Und wie sollen wir an der anderen Seite runterkommen?“ fragt Urszula. „Das ist ja fast schon der erste Stock.“
„Ich seh mir das mal an“, beschließt Konstantin und krackselt das Geröll hoch.
„Ich geh hier nicht weg!“ sagt Kerstin. „Nicht, solange ich nicht weiß, wo Maite und Merle sind!“
„Aber vielleicht sind sie ja schon längst draußen“, erwidert Annalena.
„Ja, aber vielleicht liegen sie auch irgendwie hier unter all dem Schutt begraben“, jammert Kerstin.
„Wir müssen als allererstes hier raus!“ sagt Annalena. „Wenn sie wirklich noch hier drin irgendwo sind, dann wird die Feuerwehr sie rausholen.“

Maite und Jeremy irren immer noch durch die Kellergänge und suchen nach einem anderen Ausweg aus ihrer misslichen Lage. Jeremys altersschwache Taschenlampe geht immer wieder aus und spendet auch, während sie leuchtet, nur schwaches Licht. Und in diesem schwachen Lichtschimmer steht ihnen plötzlich die alte Frau wieder gegenüber. Erschrocken weichen Maite und Jeremy zurück.
„Habt keine Angst“, sagt die Alte mit verwaschener Stimme. „Ich tu euch nichts. Ich bin Mechthild. Da hinten gibt es einen Kellerschacht, da können wir raus.“
Jeremy und Maite sehen sich misstrauisch an, dann folgen sich Mechthild durch den Gang bis zum Kellerschacht.
„Da ist es“, sagt sie. „Dadurch bin ich auch hier reingekommen. Man kann das Gitter wegschieben. Dann muss man sich ein bisschen schmal machen, aber es geht. Ich helfe euch…“

„Nico ist da draußen“, sagt Enzo atemlos, als er wieder zu den anderen in den Speisesaal geklettert ist.
„Nico?“ fragt Angelina hoffnungsvoll und auch Iffi strahlt, als sie den Namen ihres Sohnes hört.
„Er schiebt einen Müllcontainer aus dem Hotelhof und das Loch“, erklärt Enzo. „Da können wir dann reinspringen.“
„Ich soll in einen Müllcontainer springen?“ fragt Angelina empört.
„Du kannst natürlich auch hier drin bleiben und sterben“, erwidert Sarah schnippisch.
„Ich hoffe, dass Emma draußen ist“, sagt Jack.
„Bestimmt“, ermutigt Ben sie und dann, an Mandy, Lisa und Kerstin gewandt: „Und eure Kinder bestimmt auch.“
Alex betrachtet skeptisch den wackeligen Trümmerhaufen, der zu dem Loch hochführt und meint: „Leute, ich will hier ja niemandem die Illusion rauben, aber ich glaube nicht, dass das hier lange hält. Das wird sicher bald alles in sich zuammenrutschen, erst recht, wenn wir da jetzt alle hoch wollen. Also wenn wir das machen wollen, dann jetzt sofort. Und die Leichtesten zuerst. Erst die Kinder, dann die Frauen, wir Männer zum Schluss.“
„Na gut!“ sagt Angelina und setzt zum Aufstieg an, doch Alex hält sie am Arm fest und siehst sie scharf an: „Erst die Kinder, Angelina!“
Anna spricht Emil Mut zu und er klettert den Geröllberg hinauf. Als er oben durch das Loch späht, verlässt ihn jedoch der Mut.
„Keine Angst!“ ruft Nico von draußen und klettert in die Tonne. „Ich fang dich auf! Spring einfach in meine Arme!“
Und Emil springt. Während Anna sich unten im Raum die Hand auf den Mund presst und erleichtert Luft ausstößt, krackselt Mila den Berg hinauf. Nachdem sie es Emil gleich getan hat, folgt ihr Lovis, dann Annalena, schließlich Simon. Als im Anschluss Jack den Hang erklimmt, beginnen bereits erste Geröllsteine abzusacken.
„Ich glaub nicht, dass ich mit meinem Bein da hoch komme“, befürchtet Romy und blickt zu Paul und Mika. Die beiden sehen sich ratlos an.
„Kein Problem“, mischt sich Ludde ein. „Du hälst dich an mir fest, wenn ich an der Reihe bin und ich trage dich Huckepack da rauf.“
„Schaffst du das denn?“ fragt Romy besorgt.
„Klar“, antwortet Ludde selbstbewusst – und Mika beißt grimmig die Zähne zusammen. Am liebsten würde er Romy selbst anbieten, sie dort raufzutragen, aber das er, schmächtig wie er ist, es diesbezüglich nicht mit Ludde aufnehmen kann, ist selbst Mika klar...
„Komm Gabi, du als Nächste“, ermuntert Anna ihre zitternde Cousine, doch die zögert.
„Ich gehe vor und streck dir die Hand entgegen, ja?“ sagt Helga.
„Moooment mal!“ fährt Angelina dazwischen. „Sie bleiben mal ganz schön unten, bis alle anderen Frauen draußen sind, Frau Beimer. Sie haben Ihr Leben doch nun wirklich gelebt!“
„Principessa!“ sagt Onkel Claudio streng zu seiner Nichte und dann zu Anna: „Geh du zuerst, du biste so schlanke, du bringste da nichte viele ins Wanken. Und ich kümmere mich um deine Cousine!“
„Danke!“ sagt Anna lächelnd und steigt hoch. Sarah und Iffi folgen ihr.
„Ich glaube jetzt nicht, dass man diese fetten Planschkühe tatsächlich vor mir gehen lässt“, zischt Angelina ihrem Bruder gereizt ins Ohr. „Die bringen den Haufen doch direkt zum Einsturz!“
„Sorela!“ knurrt Enzo seine Schwester an.
„So, jetzt wir“, fordert Helga Gabi erneut auf. Sie nimmt ihre Mitbewohnerin bei der Hand und zieht sie vorsichtig den Berg hinauf. Doch auf halber Strecke verkrampft Gabi sich plötzlich und hält wie versteinert inne.
„Was macht sie denn jetzt?“ zischt Angelina.
„Gabi, du musst weitergehen!“ ruft Lisa von unten.
„I kann net!“ wispert Gabi.
„Los, komm schon!“ Helga zieht an ihrem Arm, aber Gabi verkrampft sich noch mehr. „Es geht net mehr!“
„Gabi, mach schon!“ ruft Valerie flehentlich.
„Okay“, sagt Lisa. „Ich komme dir nach und sicher dich von hinten. Und Frau Beimer ist vor dir, dann kann dir nichts passieren.“
„Genau“, pflichtet Helga Lisa bei. Auch Lisa krackselt nun hoch.
„Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist, wenn da jetzt drei Leute gleichzeitig hochklettern“, gibt Nils besorgt zu bedenken.
Doch Lisa ist bereits bei Gabi ankommen, Helga hängt ein Stück weiter oben wie in den Seilen, nur Gabi rührt sich keinen Millimeter mehr vom Fleck.
„Geh doch, um Himmels Willen, bitte weiter, Gabi!“ ruft Valerie von unten. „Du hast es doch fast geschafft!“
„Also mir reicht dieses Affentheater jetzt!“ keift Angelina. „Ich will doch nicht hier drin verrecken, nur weil diese blöde Pute es nicht gebacken kriegt!“
Und ehe sie irgendjemand daran hindern kann, streift sich Angelina ihre High Heels von den Füßen und kriecht ebenfalls den Hügel hinauf, ihrer Rettung entgegen. Auf Höhe der drei ´steckengebliebenen` Damen versucht sie sich unsanft an Lisa vorbei zu drängen.
„Hey, was soll das!“ giftet Lisa sie an. „Warte gefälligst, bist du an der Reihe bist!“
„Ich will hier raus!“ zetert Angelina. „Ich werde nicht hier drin krepieren, nur weil die zu blöd ist, hier rauszuklettern!“
Doch Lisa weigert sich, Angelina einfach vorbei zu lassen. Es kommt zu einem Handgemenge zwischen den beiden und plötzlich passiert, was passieren musste: Der ganze Geröllhaufen gerät mitsamt Helga, Gabi, Lisa und Angelina ins rutschen und begräbt die vier unten angekommen unter Schutt und Asche…


Lea kommt allmählich wieder zu sich. Als sie die Augen aufschlägt und mit dröhnendem Schädel Dreck in ihrem Mund und Laub vor ihrer Nase realisiert, braucht sie einen Moment, um sich zu orientieren. Doch als ihr der Brandgeruch in die Nase steigt, fällt ihr alles wieder ein. Sie versucht, aufzustehen, spürt aber einen unerträglichen Schmerz im rechten Bein, der sie daran hindert. Lea betastet ihr Bein und vermutet, dass es gebrochen ist. Gehen, nicht einmal stehen, ist jetzt eine mögliche Option. Lea sieht nach oben in Richtung Dachterrasse, die sich hinter der dicken Rauchwand nur erahnen lässt. Schließlich angelt sie sich einen umherliegenden, halbwegs stabil wirkenden Ast, stützt sich darauf auf und hüpft auf dem linken Bein in Richtung Straße…

Klaus kommt mit Ida von seinem Nachmittag im Schwimmbad zurück nach Hause. Als er in die Lindenstraße einbiegt, glaubt er, seinen Augen nicht zu trauen. Das Hotel brennt lichterloh und ist löchrig wie ein Schweizer Käse und überall die Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr, THW und Polizei sowie mehrere Rettungswagen…

„Du verdammte blöde Kuh!“ schnauzt Lisa Angelina an, nachdem sie sich aus dem Schutthaufen befreit haben.
„Ich?“ giftet Angelina zurück. „Wohl eher die blöde Zenker! Die hat uns doch hier alles versaut!“
„Fraue Beimer iste bewusstlos!“ stellt Onkel Claudio fest; Helga liegt am Fuße des Geröllberges mit einer stark blutenden Wunde am Kopf.
„Des is’ alles meine Schuld!“ jammert Gabi.
„Ja, ist es!“ pflichtet Angelina ihr aggressiv bei,
„Halt jetzt die Klappe!“ zischt Lisa sie an.
„Frau Beimer, können Sie mich hören?“ Iris fühlt Helgas Puls, dann tätschelt sie ihr die Wangen, bis Helga schließlich die Augen aufschlägt. Sie schaut Iris mit einem glasigen Blick an und fragt: „Bin… bin ich… bin ich schon… schon wieder tot?“
In diesem Moment erscheint der Kopf von THW-Leiter Brekwolt in dem Loch, durch das zuvor bereits einige der Eingesperrten fliehen konnten und erklärt, dass endlich ein Experte für kontrollierte Sprengungen vor Ort ist und unter dessen Aufsicht nun ein Loch in die Wand des Speisesaals gesprengt wird.
„Das ist alles nicht ganz risikofrei“, erklärt Brekwolt. „Das gesamte Gebäude ist mittlerweile instabil wie ein Kartenhaus. Ich möchte, dass Sie jetzt alle an die gegenüberliegende Seite des Raumes gehen. Sobald die Wand gesprengt ist, verlassen Sie bitte zügig, aber nicht in blinder Panik das Gebäude. Draußen werden Sie in Empfang genommen und entsprechend versorgt…!“
Die gesamte Gesellschaft tut, wie ihnen befohlen. Es scheinen noch schier endlose Minuten zu vergehen, bis es plötzlich einen Knall gibt und in der besagten Wand ein riesiges Loch entsteht. Die restlichen Eingesperrten verlassen, ebenfalls wie ihnen befohlen, durch die neue Öffnung das Hotel: Zuerst Helga, links und rechts gestützt von Nina und Alex, dann Gabi, flankiert von Valerie und Lisa. Iris, Mandy und David, Kerstin und Nils, Ludde mit Romy auf dem Rücken, gefolgt von Paul und Mika, Gung, der sich an Ben stützt, Tanja, `Käthe`, Urszula, Onkel Claudio, Angelina, Enzo, Roland und Konstantin, Simone und als Schlusslicht Vasily, der sich noch einmal zu dem schwarzen Schlund umdreht, in dem sich die völlig zerstörte Küche befindet. Er schluckt bitter – und tritt ins Freie…

Alle Geretteten werden von Sicherheitskräften vom maroden Hotel weggeführt. Auch die Einsatzfahrzeuge parken nun alle vor der notdürftig im Marcellas errichteten Einsatzzentrale, das Hotel selbst ist mit Straßensperren und rot-weißen Bändern abgesperrt. Unmittelbar nachdem die letzten Leute die Gefahrenzone verlassen haben, scheint ein Ruck durch die löchrige, ausgebrannte Hotelruine zu gehen – und das ganze Gebäude stürzt vor den entsetzten Augen aller unter lautem Getöse in sich zusammen, tatsächlich einem Kartenhaus gleich, wie der THW-Leiter bereits prophezeit hat…

Eine Glocke aus Staub und Rauch liegt über der Lindenstraße. Der Brandgeruch muss kilometerweit zu riechen sein. Klaus entdeckt Nina und Mila und presst sie an sich.
„Ich hab’s doch immer gesagt!“ stöhnt er. „Diese Hotel bringt uns allen nur Unglück!“
Nina starrt ihren Partner fassungslos an. „Ist das alles, was dir dazu jetzt einfällt?“ faucht sie und geht an ihm vorbei. Er blickt ihr nach wie ein Schaf, wenn’s donnert…
„Lisa!“ ruft Dagmar, doch die geht wortlos an ihr vorbei und drückt Murat und Deniz an sich, während Andrea mit einem Kloß im Hals wenige Schritte entfernt steht.
Romys verwundetes Bein wird in einem Rettungswagen erstversorgt und Ludde weicht nicht von ihrer Seite und hält ihre Hand…
Andy und Gabi fallen sich ebenfalls in die Arme. Iffi presst Antonia an sich, Valerie und Nico stehen daneben.
„Wo ist Lola?“ fragt Andy plötzlich – erntet von seiner Familie jedoch nur unwissendes Schulterzucken. Andy befürchtet sofort das Schlimmste, meint dann aber mit zitternder Stimme: „Würde mich nicht wundern, wenn sie schon lange draußen ist und zuhause auf uns wartet. Unkraut vergeht nicht!“
Lea entdeckt Tristan und humpelt auf ihn zu. Gerade, als sie ihm sagen will, dass seine Mutter noch auf der Dachterrasse war, entdeckt sie Ortrun von Sassnitz auf eine Krankentrage, wie sie zeternd an einem Sanitäter herumkritisiert.
„Wie geht’s deiner Mutter?“ erkundigt sie sich.
Tristan starrt sie bitterböse an. „Das fragst du ernsthaft??? Nachdem DU sie da oben im Stich gelassen hast, um deinen eigenen Arsch zu retten?“
Lea blickt ihm vollkommen konsterniert nach, als Tristan sich einfach von ihr entfernt und auf seine Mutter zugeht. Und Lea glaubt, für einen kurzen Augenblick ein gehässiges Lächeln in ihre Richtung über Ortrun von Sassnitz’ Gesicht huschen zu sehen…
Sowohl Mandy wie auch Kerstin und Nils pressen ihre kurzzeitig verschollenen Kinder an sich.
„Da war eine Frau“, erklärt Maite ihren Eltern.
„Was für eine Frau?“ fragt Kerstin irritiert.
„Eine Pennerin“, mischt sich Jeremy ein.
„Die hat sich wohl da unten im Keller einquartiert“, berichtet Maite. „Sie hat uns rausgeholfen. Aber als wir alle draußen waren, ist sie verschwunden.“
„Wenn sie unbefugt in dem Keller gehaust hat, dann hat sie sich vielleicht aus dem Staub gemacht“, überlegt Nils.
„Aber wir konnten uns gar nicht bei ihr bedanken“, sagt Maite…

Hubertus und Casper blicken verstört auf den Trümmerhaufen, der mal ihr Hotel war…
„Kolja hat überlebt!“ sagt Hubertus. „Das ist das Wichtigste!“
„Klar“, murmelt Casper. „Kolja ist ja immer das Wichtigste!“
Insgeheim ist aber auch er darüber erleichtert, dass sein Bruder unbeschadet aus dem Hotel gekommen ist…

Angelina sitzt auf der Bordsteinkante und betrachtet ihre blutenden Füße. Nachdem sie bei der Kletteraktion auf dem Schutthaufen ihre Schuhe ausgezogen hat und barfuß umhergestolpert ist, hat sie sich mehrere üble Schnitte und Verletzungen zugezogen.
„Das sollten Sie sich aber mal ansehen lassen!“ Vor ihr steht plötzlich Niklas, der Einsatzleiter der Feuerwehr. „Sind Sie gegen Tetanus geimpft?“
Angelina nickt nur und Niklas sagt: „Kommen Sie, ich helfe Ihnen und bringe Sie zu einem der Sanitäter oder Notärzte.“
Angelina lässt sich bereitwillig aufhelfen, die Füße Schmerzen allerdings so stark, dass sie kaum mehr einen Schritt machen kann. Kurzerhand hebt Niklas sie hoch und trägt sie zu einem der Krankenwagen…

Sebastian taucht ihr der Lindenstraße auf. Auch er ist schockiert über das Bild, das sich ihm bietet. Als er dann auch noch mitbekommt, dass das Haus Nr. 3 heute nicht mehr betreten werden darf, weil zunächst überprüft werden muss, ob die Statik durch die vielen Erschütterungen gefährdet worden ist und dass für alle, die aktuell nicht medizinisch in einem Krankenhaus versorgt werden müssen ein Notlager für die Nacht in einer nahegelegenen Turnhalle errichtet wurde, verliert Sebastian fast die Nerven. Als ihm niemand, nicht mal Giovanna und Gian-Luca etwas über Marcellas Verbleib sagen können, stürmt er, allen Absperrungen und polizeilichen Anordnungen zum Trotze, in das Haus Nr. 3…
Sebastian betritt die Wohnung, in der alles totenstill ist. Auf dem Fußboden im Flur entdeckt er eine Pfütze und überall ist Blut… Sebastians Herz setzt für einen Schlag aus, als er ein Geräusch aus dem Wohnzimmer hört. Dort sitzt Marcella, kreidebleich und völlig ausgelaugt, auf dem Sofa. Und neben ihr in den Kissen liegt ihr Baby. Sein Baby!

CLIFFHANGER auf: Dr. Sebastian Ritter

Mitwirkende Personen
Hubertus zu Hohenlobese
Casper zu Hohenlobese
Modesta zu Hohenlobese
Kolja zu Hohenlobese
Sandra Sarikakis
Vasily Sarikakis
Emma Sarikakis
Jack Aichinger
Ben Hofer
Ludde Mayer
Gung Phan Kien
Simone Stadler
Konstantin Landmann
Roland Landmann
Lola Zenker
Andy Zenker
Gabi Zenker
Valerie Zenker
Iffi Zenker
Nico Zenker
Antonia Zenker
Helga Beimer
Klaus Beimer
Mila Beimer
Nina Zöllig
Ida Zöllig
Anna Ziegler
Sarah Ziegler
Emil Ziegler
Pia Lorenz
Dr. Sebastian Ritter
Marcella Varese
Giovanna Varese
Matteo Varese
Gian-Luca Conti
David Krämer
Mandy Peschke
Jeremy Peschke
Phoebe Peschke
Nils Wendland
Kerstin Wendland
Annalena Wendland
Lovis Wendland
Maite Wendland
Merle Wendland
Andrea Neumann
Murat Dagdelen
Lisa Dagdelen
Paul Dagdelen
Deniz Dagdelen
Dagmar Hoffmeister
Hermann Benodakt
Mika Arlen
Romy Brinkmann
Popo Wolfson
Lea Starck
Tristan von Sassnitz
Ortrun von Sassnitz
Tanja Schildknecht
Simon Schildknecht
Urszula Winicki-Brenner
Artjom Brenner
Georg ´Käthe` Eschweiler
Dr. Iris Brooks
Alex Behrend
Mechthild Walther
Niklas Sandmann
Maren Löffler
Heiner Brekwolt

© ´popo wolfson` 2022

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1858 - Inferno
BeitragVerfasst: So 20. Nov 2022, 10:09 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Mi 15. Sep 2010, 12:37
Beiträge: 10004
Grandios, Popo! eusa_clap


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1858 - Inferno
BeitragVerfasst: So 20. Nov 2022, 15:46 
Offline

Registriert: Mi 29. Sep 2010, 00:11
Beiträge: 11586
Ich bin fix und fertig!

Das war sehr sehr spannend.
Ich hoffe ja immer noch, dass Sandra überlebt hat. Aber das ist wahrscheinlich unrealistisch, oder?

Wer fehlt noch Roland? Und Lola? Aber die sind vermutlich rausgekommen, oder?
Das mit der mysteriösen alten Frau war besonders spannend. Wow.


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1858 - Inferno
BeitragVerfasst: So 20. Nov 2022, 15:51 
Offline

Registriert: Mi 29. Sep 2010, 00:11
Beiträge: 11586
ok, Roland ist raus. Der muss sehr unter Schock gestanden sein, denn sonst hätte er bestimmt was gesagt. (Übrigends die Dialoge zwischen Sandra und Roland, Popo, wunderbar! Überlege dir bitte nochmal, ob Sandra sterben soll. Kommen dann Chantal und die andere Schwester zur Beerdigung?)

Lola ... wer weiß, da könnte ich mir auch vorstellen, dass die es sich irgendwo inzwischen gemütlich gemacht hat. Andererseits ist die ja gerne bei allem dabei.


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1858 - Inferno
BeitragVerfasst: So 20. Nov 2022, 22:08 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Di 14. Sep 2010, 16:04
Beiträge: 10221
Wohnort: Popihausen
fräulein hülschigung hat geschrieben:
Übrigends die Dialoge zwischen Sandra und Roland, Popo, wunderbar!


Ich muss, ehrlich gesagt, zugeben, dass ich es von Anfang an ziemlich anstrengend fand, diese Dialoge zwischen Sandra und Roland zu schreiben, weil es mir dabei echt wahnsinnig schwer fällt, immer zwischen den beiden Dialekten hin und her zu switchen und ich echt höllisch aufpassen musste, um nicht im falschen Dialekt zu landen... :angst:
Ich habe echt mehr als einmal verflucht, dass die beiden als Kollegen in der gleichen Küche landen mussten... :lol:

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 6 Beiträge ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde


Wer ist online?

0 Mitglieder


Ähnliche Beiträge

Folge 1858 - Inferno
Forum: Lindenstraße morgen
Autor: popo wolfson
Antworten: 4

Tags

Bild, Erde, Haar, Liebe, Mode, NES, Rock

Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron
Powered by phpBB® Forum Software © phpBB Group


Bei iphpbb3.com bekommen Sie ein kostenloses Forum mit vielen tollen Extras
Forum kostenlos einrichten - Hot Topics - Tags
Beliebteste Themen: Quelle, NES, Haus, Erde, Liebe

Impressum | Datenschutz