Aufgrund ihrer Länge und der Überschreitung der für einen Beitrag möglichen Satzzeichen, muss ich die heutige Folge auf zwei Beiträge splitten
1. Teil
Folge 1858: Inferno
Spieltag: Sonntag, 20.11.2022
Sandra steht fluchend vor dem Herd in der Restaurantküche, der es auch an diesem Sonntagmorgen wieder nicht tun will. „Verdammter Dreck!“ flucht sie. „Wenn dat so weiterjeht, dann wird dat nix mit et Buffet heute, schon mal jar net mit dem warmen!“ „Ab morschen kommen ja de Teschniker und vörlögen de neuen Leitungen“, versucht Roland sie zu beruhigen. „Wird aber auch Zeit. Isch wär ja immer noch dafür jewesen, datt dat hier zuerst in Ordnung jebracht wird und der Hohenlobes dann sinne Party steigen lässt.“ Sandra schweigt einen Moment, dann sagt sie zu Roland: „Tut mir übrijens wirklisch leid, dass isch eusch belogen hab und letzte Woche einen auf krank jemacht hab. Et is’ nur so, datt isch da die die Jelegenheit jewittert hab, den Vasily zurück zu bekommen… Da sind bei mir de Lischte ausjegangen…“ „Jö jö, schon güt“, brummelt Roland. „Wür ham’s ja och öhne düsch überlöbt…“ „Danke auch, datt de misch nisch’ an den Hohenlobese verpfiffen has’, dann ständ’ isch jetzt wahrscheinlisch nisch mehr hier…“ „Dör Höhenlöböse muss joa nüsch alles wüssen“, meint Roland zwinkernd. „Und wos üs jötzt müt dür und’m Vasily. Bleibste dron…?“ „Isch wees nisch… Isch glaub, dat hat alles keinen Zweck mehr…“ „Üm de Lüübe zu kämpfen hat ümmer Zweck“, findet Roland. „Güb ühn nüsch uff, wegen de blöde Simöne…“ „Gucken wa’ ma’! Ab jetzt müssen wa zuerst ma’ den heutigen Tach wuppen! Auf jeht et!!!“
Nachdem Casper sich ein Bild davon gemacht hat, dass die Vorbereitungen für sein Fest zu seiner Zufriedenheit laufen, trifft er sich mit seiner Schwester Modesta zum Frühstück im Café Bayer. „Meinst du, Papa wird sich heute auch mal blicken lassen?“ fragt Casper, während er lustlos an seinem Croissant knabbert. „Schwer zu sagen“, meint Modesta nachdenklich. „Er kann ja schon echt richtig stur sein. Andererseits ist er auch neugierig. Er will bestimmt sehen, was du da auf die Beine gestellt hast und wie es läuft. Ich könnte mir schon vorstellen, dass er sich zumindest kurz blicken lässt…“ „Ich verstehe nicht, warum er sich immer so stur stellt!“ mosert Casper. „Na klar ist das jetzt erstmal ein Verlustgeschäft, aber so gewinnen wir doch mehr Ansehen in der Nachbarschaft. Und auf längere Sicht womöglich sogar neue Gäste. Okay, es ist natürlich eher unwahrscheinlich, dass die Leute, die in der Nachbarschaft wohnen, bei uns absteigen, aber die machen doch auch Mund-Propaganda und erzählen Freunden, Bekannten, Verwandten, Kollegen und so weiter, dass man bei uns durchaus absteigen kann.“ „Papa wird sich schon wieder einkriegen“, versucht Modesta, ihren aufgebrachten Bruder zu beruhigen. „Er weiß schon, was du drauf hast und dass du deine Sache gut machst. Ansonsten hätte er dir doch nie die Leitung für das Hotel übertragen. Er ist halt manchmal ein bisschen stur und verbohrt…“ „Ein bisschen?“ lacht Casper auf und köpft sein Frühstücksei.
„Ich finde es echt zum kotzen, dass ihr mir so in den Rücken fallt“ wettert Klaus lautstark am Frühstückstisch. „Ihr wisst genau, wie ich dazu stehe und trotzdem wollt ihr nun allen ernstes zu dieser bescheuerten Veranstaltung gehen!?!“ „Reg dich ab, Papa!“ sagt Mila beschwichtigend. „Ich hab noch gar nicht richtig angefangen, mich aufzuregen!!!“ „Du könntest doch ganz einfach mitkommen, statt hier so ein Palaver zu machen!“ schlägt Nina vor. „Guck dir das alles an und mach dir ein Bild davon, was der zu Hohenlobese so alles zu bieten hat, statt gleich schon im Vorfeld alles schlecht zu reden!“ „Ich will aber gar nicht wissen, was der zu bieten hat!“ schimpft Klaus weiter. „Wenn ihr da unbedingt hin wollt… Bitte schön! Reisende soll man ja nicht aufhalten. Aber ICH gehe definitiv nicht mit, da mache ich mir lieber einen schönen Tag mit Ida. Wir könnten ja auf den Spielplatz gehen, wenn sich das Wetter hält.“ „Jaaaaaaa!“ quietscht Ida vergnügt. „Und auf dem Weg zum Spielplatz könntet ihr auch gleich mal im Hotel vorbeischauen“, meint Mila grinsend. „Vergiss es!“ brummt Klaus und zieht ein langes Gesicht – was Nina und Mila jedoch in keinster Weise von ihrem Plan abbringt, am heutigen Sonntag die Feier im Hotel zu besuchen. Klaus ist zutiefst erschüttert über die Inkonsequenz in seiner Familie, denn auch seine Mutter hat ihm bereits vor einigen Tagen mitgeteilt, dass sie vor hat, das Hotel-Fest zu besuchen…
„Du siehst aber gar nicht gut aus!“ stellt Helga mit besorgtem Blick auf Gabi fest. „Hast du wieder schlecht geschlafen?“ „I weiß gar net, ob i wirklich mitkommen soll ins Hotel“ murmelt Gabi und hält sich den Bauch. „I hab schon die ganze Nacht so a ungut’s G’fühl inner Magengegend!“ „Was denn für ein ungutes Gefühl?“ fragt Lola, die sich schon seit Tagen riesig auf den Besuch im Hotel freut. „I weiß au’ net… So, als ob’s halt keine gute Idee wär’, dorthin zu gehen. I weiß net. All die vielen Leut’. Seit fast drei Jahr’n bin i jetzt um a Corona-Infektion rum’kommen und nun soll i mi womöglich auf so einer Massenveranstaltung doch noch anstecken…“ „Also kommst du jetzt nicht mit?“ erkundigt sich Andy missmutig. „I weiß net…“, jammert Gabi weiter. „Ach, sei doch kein Spielverderber“, versucht Lola ihre Schwiegertochter umzustimmen. „Wenn selbst ich alte Frau keine Angst davor habe, dass ich mich dort möglicherweise anstecken könnte, dann musst du junges Ding das doch erst recht nicht…“ Gabi bleibt unschlüssig, während sie sich zunächst ins Bad verzieht. Ein unbestimmtes Bauchgefühl sagt ihr weiterhin, dass es keine gute Idee ist, dieses Fest zu besuchen…
Als Casper nach dem Frühstück mit seiner Schwester ins Hotel zurück kommt, lümmelt sein Bruder Kolja gemeinsam mit Popo in einer der Sitzgarnituren im Hotel-Foyer herum. „Was macht ihr denn immer noch hier?“ fragt Casper genervt. „Ich hab doch gesagt, dass ihr hier heute raus sein müsst. Nachher steigt das Fest und morgen beginnen die Ausbesserungsarbeiten.“ „Ey, chill mal!“ winkt Kolja ab. „Wir sind ja nachher weg!“ Er deutet auf sein und Popos Gepäck, das seitlich von der Rezeption steht. „Und wohin, wenn ich fragen darf?“ erkundigt sich Casper. „In eine Pension hier in der Nähe!“ erklärt Kolja. „Zimmer ist schon reserviert.“ „Auf Papas Kosten, nehme ich an“, erwidert Casper spitz und fragt dann mit Blick auf Popo: „Was machen Sie eigentlich beruflich?“ „Waitress“, antwortet Popo knapp. „Ah ja…“, macht Casper. „Sie haben nicht zufällig in Ihre Hotel eine Job for me?“ erkundigt Popo sich. „Sorry, aber Kellner*innen, Zimmermädchen, Bar – und Rezeptionspersonal haben wir genug“, winkt Casper süffisant ab und geht. „Ich glaube, er mag mich nicht“, sagt Popo grinsend zu Kolja. „Er mag niemanden, außer sich selbst“, flüstert Kolja grinsend. „Was meinst du? Reicht doch, wenn wir heute Abend in der Pension aufschlagen. Dann können wir noch ein paar Stunden ins Bett. Das Pensionsbett ist bestimmt nicht so bequem, wie das Hotelbett…“ Und schon sind die beiden im Aufzug verschwunden…
„Ich hab Andrea gefragt, ob sie uns heute Mittag begleitet!“ „Du hast was?“ Murat hätte beinahe den Kaffee über den Frühstückstisch gespuckt. Lisa sieht ihn irritiert an. „Hast du plötzlich was gegen Andrea?“ fragt sie. Murats Herz beginnt schneller zu schlagen. „Natürlich habe ich nichts gegen Andrea“, erwidert er hastig. „Aber ich dachte, das soll heute ein Familientag werden!“ „Ach, komm, Familientag! Die halbe Lindenstraße wird da sein. Mindestens. Das kann man wohl kaum als Familientag bezeichnen“, winkt Lisa ab. „Und Andrea arbeitet schließlich auch hier in der Nachbarschaft, also gehört sie wohl irgendwie dazu, findest du nicht?“ „Ja, hast ja recht“, murmelt Murat. Und eigentlich freut er sich ja immer, wenn er Andrea sieht. Aber einen ganzen Nachmittag mit ihr in Lisas Gegenwart zu verbringen… Ob das gut geht?
„Mörkste eichentlich ooch, doss dör Gosgeruch hüür inne Küche ümmer schlömmer würd?“ fragt Roland Sandra. „Seit Taachen rücht öt hüür jo schon sö, aber dö lötzen poor Toge… Das soll man doch glatt `ne Gosvergiftung krüjen…“ „Isch riesch im Moment jar net so viel“, erwidert Sandra. „Bin ´n bissken erkältet und hab de Nöös zu. Aber keene Angst, isch hab misch immer brav jetestet, is’ kein Corona…“ „Nojo“, meint Roland. „Wönn jötzt düüse Woche de neuen Leitungen verlegt wörden sünd, dann würd das mit dem Gestonk hüür sücher ooch wieder besser.“ „Heute streikt der Ofen jedenfalls extrem schlimm!“ klagt Sandra. „Andauernd jeht dat Ding aus. Aber wir ham’et ja jetz’ fast jeschafft!“
„Ich muss nicht dahin gehen“, erklärt Iffi ihrer Tochter. „Ich kann auch gerne bei dir bleiben und wir machen uns hier einen schönen Tag!“ „Ist schon, okay“, entgegnet Antonia. „Ich kann auch ein paar Stunden alleine hier bleiben.“ „Aber was ist, wenn’s dir nicht gut geht?“ fragt Iffi. „Oder wenn dieser schreckliche Typ hier auftaucht und dir wieder das Blaue vom Himmel verspricht?“ „Mama, bitte!“ stöhnt Antonia. „Mit Karim bin ich wirklich durch jetzt. Ich bleib einfach in meinem Zimmer und höre Musik. Roland freut sich doch so drauf, dass du in ´sein` Hotel kommst und an dem Fest teilnimmst!“ „Und… wenn du doch… mitkommst?“ fragt Iffi zögernd. „Nee, echt nicht. Das ist mir gerade echt noch too much. All die Leute. Und die dummen Fragen, die die dann alle stellen. Du weißt doch, wie das hier ist…“ Iffi atmet tief durch. „Okay“, sagt sie schließlich. „Aber ich bleib nicht so lange. Und ich hab mein Handy dabei. Wenn irgendwas ist, dann rufst du mich an und ich komme sofort nach Hause!“ „Ja, alles klar!“ erwidert Antonia leicht genervt.
Marcella liegt mal wieder auf dem Sofa und verflucht ihre Schwangerschaft. Und nun hat auch noch die Praxis, in der Sebastian arbeitet, Wochenendnotdienst, so, dass sie den heutigen Sonntag auch noch komplett alleine verbringen muss. Zu gerne würde sie ja nebenan in das Hotel gehen und mal sehen, was auf diesem Fest los ist. Aber dazu kann sie sich in ihrem aufgeblähten Zustand nun wirklich nicht aufraffen – mal ganz davon abgesehen, dass Sebastian ihr den Kopf abreißen würde, wenn er davon erfährt. Aber eines weiß Marcella mit absoluter Sicherheit: Eine weitere Schwangerschaft wird es in ihrem Leben nicht mehr geben…
Casper beäugt mit Argusaugen den Speisesaal des Hotels unter die angrenzende Terrasse. Was er sieht, gefällt ihm: Das Buffet wieder gerade aufgebaut, die arrangierte Band begibt sich ebenfalls bereits in Position und auf der Terrasse stehen vier Heizpilze, die dafür sorgen sollen, dass sich Gäste, die draußen rauchen oder frische Luft schnappen wollen, nicht unnötig der November-Kälte aussetzen müssen. Casper ist zufrieden; seines Ermessens nach kann das Fest beginnen…
„Was machst du denn schon wieder hier?“ möchte Tristan wissen, als seine Mutter Ortrun von Sassnitz unangekündigt aus dem Aufzug steigt, der in sein Penthouse führt. „Na, entzückend! Das ist ja mal wieder eine überaus angemessene Art und Weise, seine Mutter zu begrüßen!“ zetert Ortrun sogleich los – und entdeckt im nächsten Augenblick Lea, die auf dem Sofa sitzt. „Oh!“ entfährt es Frau von Sassnitz naserümpfend. „Guten Tag, Lena!“ „Hab ich irgendwas vergessen? Waren wir verabredet?“ möchte Tristan wissen. „Nein, aber ich dachte, ich komme einfach mal vorbei und schaue, wie es dir geht“, erklärt Ortrun. „Ich habe heute nämlich ausnahmsweise mal nichts anderes vor.“ „Das passt eigentlich gerade gar nicht“, erwidert Tristan. „Ich muss sofort nochmal kurz in die Kanzlei, zu einer Unterredung mit einem Mandanten, der morgen eine Anhörung hat. Und danach wollten Lea und ich auf das Fest hier unten im Hotel!“ „Na, das ist doch ganz wuuuuunderbaaaar!“ trällert Ortrun. „Da begleite ich euch natürlich. Und während du bei deinem Termin bist, warte ich hier und unterhalte mich ein wenig mit Lena! Nicht wahr, meine Liebe!“ Lea lächelt verkrampft, während Tristan seiner Mutter zu erklären versucht, dass das Hotelfest eigentlich nur für Anwohner aus der Nachbarschaft des Hotels gedacht ist, aber das interessiert Ortrun von Sassnitz ausgesprochen wenig… „Nun geh schon zu deinem Termin, bevor du noch zu spät kommst“, scheucht sie ihren Sohn und als der merkt, dass sich seine Mutter nicht abwimmeln lässt, wirft er Lea einen entschuldigenden Blick zu und verschwindet. „Sogar am Sonntag arbeitet der Junge!“ sagt Ortrun, während sie sich zu Lea aufs Sofa setzt. „Immer für seine Mandanten da, genau wie sein Vater. Hoffentlich rafft ihn nicht eines Tages auch ein Herzinfarkt dahin.“ Lea lächelt weiter verkniffen vor sich hin, während Ortrun meint: „Ein vielarbeitender Mann wie Tristan, der einen verantwortungsvollen Posten bekleidet, der braucht eine Frau, die ihm den Rücken freihält und ihn unterstützt!“ „Hmmmhmmm!“ macht Lea. „Was soll das denn bitte für eine Antwort sein?“ fragt Ortrun empört. „Tristan braucht eine Frau mit Rückgrat und kein Modepüppchen, das dekorativ auf der Couch sitzt und sich die Nägel lackiert!“ „Was soll das denn heißen?“ fragt Lea gereizt. „Das soll heißen, meine liebe Lena, dass du einfach nicht die Richtige für meinen Sohn bist. Such dir doch… irgendeinen Bauarbeiter. Und Müllmann. Irgendetwas in deiner Klasse. Aber halte dich bitte von Tristan fern!“
Der Strom der Nachbarn fließt in das Hotel: Valerie und Iffi treffen sich am Eingang mit Lola, Andy, Gabi – die sich nun doch noch überreden lassen hat, aber immer noch ein äußerst ungutes Gefühl bei der Sache hat- , Helga, Nina und Mila und gehen gemeinsam rein, dich gefolgt von Ben, Jack, Ludde, Emma, Vasily, Simone und Gung. Anna kommt gemeinsam mit Sarah und Emil, ein paar Sekunden später erscheinen Paul, Mika und Romy. Urszula hat den unmotivierten Artjom zuhause gelassen, kommt aber stattdessen in Begleitung von ´Käthe`, obwohl der inzwischen gar nicht mehr in der Lindenstraße wohnt. Als sie gerade das Hotel betreten wollen, kommen auch Tanja und Simon herbei. Urszula winkt Tanja zaghaft zu, aber die ignoriert sie mit eiserner Miene und schreitet stur an ihr vorbei. Andrea steht wartend auf dem Bürgersteig und begrüßt Murat und Lisa, als diese gemeinsam mit Deniz erscheinen. Das Knistern zwischen Murat und Andrea und die verstohlenen Blicke, die die beiden sich zuwerfen, fallen Lisa mal wieder nicht auf…
„Geh du ma ruhisch mit deinen Lieben feiern“, sagt Sandra zu Roland, als sie Vasily und Simone erspäht, denen sie lieber aus dem Weg gehen möchte. „Isch mach inne Küsche klar Schiff!“
Kerstin und Nils betreten nun das Hotel und haben alle vier Töchter im Schlepptau. Obwohl sich Annalena, Lovis, Maite und Merle zunächst nicht ganz einig waren, ob eine solche Veranstaltung auch wirklich cool genug ist, um dafür einen Sonntag zu opfern, hat bei allen Vieren dann doch die Neugier darüber gesiegt, sich das Hotel mal von innen ansehen zu können.
„Trink bitte nicht so viel, Onkel Claudio!“ sagt Angelina mahnend, als sie und der Onkel, gefolgt von Nico und Enzo das Foyer betreten. „Nicht, dass du uns hier wieder vor der ganzen Nachbarschaft blamierst!“ „Aber Principessa! Habe ich euche jemals blamiert?“ fragt Onkel Claudio. „Ja, denk mal an deine Kotzerei auf dem Weihnachtsmarkt letztes Jahr!“ zischt Angelina scharf und der italienische Onkel verstummt augenblicklich und sieht beschämt in eine andere Richtung…
Als Konstantin da Hotel betritt, sieht er sich suchend nach Lea um, kann sie aber nirgendwo entdecken. Vermutlich turtel die noch oben im Penthouse mit ihrem Tristan rum. Wer weiß, ob die beiden überhaupt kommen werden…
Im Penthouse fehlt jedoch von Tristan immer noch jede Spur, der Termin mit seinem Mandanten scheint länger zu dauern, als er selbst angenommen hat. Stattdessen ist die Luft im Wohnzimmer nahezu elektrostatisch aufgeladen und die Stimmung zwischen Lea und Ortrun scheint bald den Siedepunkt zu erreichen. „Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, was Tristan an dir findet, Lena“, sagt Ortrun abfällig. „Als ob er nicht genug Chancen bei Frauen hätte, die diese Bezeichnung auch verdienen! Warum tut er mir das an? So ein billiges… Ding, wie dich, anzuschleppen. Manchmal frage ich mich, was in dem Jungen eigentlich vorgeht…“ „Ich glaube, ich warte unten auf Tristan!“ beschließt Lea und erhebt sich. „Sie können dann ja den Wänden und den Möbeln noch mehr von Ihrem Scheiß erzählen!“ „Na, sieh mal an!“ ruft Ortrun mit triumphierender Stimme. „Die kleine Lena ist doch nichts weiter als eine ordinäre Proletarierin. Jetzt zeigt sie ihr wahres Gesicht!!!“ „Ich heiße Lea, du verkallte, alte Schachtel!“ faucht Lea und verliert endgültig jegliches Gefühl von Anstand und Respekt vor dieser unmöglichen Frau. „Gebärdest du dich vor meinem Sohn auch so?“ lacht Ortrun schrill auf. „So billig und ordinär? Vermutlich nicht! Da spielst du das brave Mädchen, was?! Tristan wird es sicherlich interessieren zu erfahren, wie du wirklich bist!“ „Ich möchte, dass Sie jetzt gehen!“ zischt Lea. „Wie bitte?“ Wolltest du nicht gerade gehen?“ „Ich hab’s mir eben anders überlegt. Ich hab keinen Bock, unten in der Kälte zu stehen und mir den Arsch abzufrieren, während ich auf Tristan warte.“ Wie ordinäääär!“ Ortrun schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. „Und ICH werde mich ganz sicher nicht von DIR aus der Wohnung MEINES Sohnes werfen lassen!!!“ Ortrun und Lea stehen sich Auge in Auge gegenüber, funkeln sich bitterböse an, doch keine von ihnen ist bereit, vor der anderen zu weichen…
Casper stellt sich im großen Speisesaal in Position und überprüft das Mikrophon für seine Begrüßungsrede. Er lässt den Blick über die Anwesenden schweifen, um zu sehen, ob sein Vater eventuell doch noch gekommen ist – was offenbar nicht der Fall ist… Casper wischt sein Bedauern von sich und beginnt mit seiner Rede. Diese ist bereits im vollen Gange, als noch – leicht verspätet – Alex und Iris gefolgt von David und Mandy mit Jeremy und Phoebe in den Saal huschen…
Sandra hat ihre Aufräumarbeiten in der Küche kurzzeitig unterbrochen, um einen Blick in den Saal zu erhaschen und einigen Bruchstücken der Rede zu lauschen. Interessiert nimmt sie die freundlichen Worte ihres Chefs wahr und muss zugeben, dass sie ihm bislang gar nicht so viel Sympathie und Lockerheit zugetraut hätte – reden kann er jedenfalls… Dann erblickt sie Vasily und Simone, die turtelnd in einer Ecke des Saales stehen und ihr kommt die Galle hoch… Roland hat recht: Sie muss weiterkämpfen! Sie darf nicht aufgeben!! Vasily war, ist und bleibt die Liebe ihres Lebens. Den darf sie nicht einfach an diese Möchtergern- Literatin verlieren…
Antonia sitzt zuhause und klickt sich durch die Sozialen Netzwerke. Was für ein oberflächlicher Scheiß! Dabei war das bis vor kurzem doch auch noch ihr Leben, ihre Welt… Irgendwie scheint das alles so weit weg. Ob das Leben je wieder auch noch annähernd so wird, wie es vor ihrer Begegnung mit Karim war? Karim… Dieses Schwein… Antonia legt ihr Handy weg und denkt nach. Ob sie doch noch zum Hotel rübergehen sollte? Ach, lieber nicht. Die Buschtrommeln in der Lindenstraße habe doch längst verbreitet, was ihr widerfahren ist… Die mitleidigen Blicke, das neugierige Getuschel, möglicherweise Fragen von so ungehemmten Personen wie Mutter Beimer… Das will sie sich heute nicht antun… Sie steckt die Airpods in die Ohren und schaltet die Musik ein…
Casper hat seine Rede beendet und das Buffet eröffnet. Und tosenden Applaus geerntet. Die Band hat zu spielen begonnen und die ersten Gäste machen sich über das Essen her, genießen die Drinks, stehen und sitzen in kleinen Grüppchen zusammen, plaudern, lachen und tanzen…
Andy entfernt sich unbemerkt von seiner Familie. Gabi unterhält sich angeregt mit Anna und Lola plündert mit Helga und Valerie das Buffet. Andy hat soeben beschlossen, sich mal diesen Spa-Bereich näher anzusehen. Schließlich steht der, laut Einladung, den Gästen des heutigen Festes ja auch zur Verfügung…
Maite und Merle wird ziemlich schnell bewusst, wie langweilig sie diese ganze Veranstaltung eigentlich finden. Die Musik der Band ist lahm und auch ansonsten ist hier wohl nicht mehr allzu viel reizvolles zu erwarten. Die Zwillinge beschließen daher, im Hotel auf Erkundungstour zu gehen. In der Einladung wurde schließlich explizit darauf hingewiesen, dass den Gästen das gesamte Gebäude zur Besichtigung offen steht. Aber ihre Eltern würden sie bestimmt nicht einfach so ziehen lassen, aus Angst, dass sie irgendetwas anstellen könnten, was dann hinterher Ärger gibt. Ihre Mutter Kerstin arbeitet schließlich für eine Versicherungsgesellschaft und ist daher für solche Dinge ein wenig hypersensibilisiert. Also passen die beiden Mädels den richtigen Augenblick ab und stehlen sich heimlich davon, um sich mal ein bisschen umzuschauen…
Andy hat den Spa-Bereich entdeckt und schaut sich interessiert um. Die Sauna wird er hier aber ganz bestimmt nicht nutzen, denn erstens hat er dazu nicht die nötigen Utensilien dabei und Gabi wird bestimmt nicht erfreut sein, wenn er später verschwitzt auf die Feierlichkeit zurückkehrt. Und zweitens gibt es zum saunieren ja schließlich immer noch die Sauna-Tonne im Hinterhof der Nr. 3. Als Andy stattdessen an eine Tür mit der Aufschrift „Massage“ klopft, staunt er nicht schlecht, wer ihm dort nun gegenübersteht… „Ach nee!“ ruft er aus. „Ich kenne Sie doch! Sie sind doch die… na… die Dings… die… die frühere Freundin von Herrn Kling. Von Olaf Kling, nicht wahr?!“ „Ja, ganz recht“, erwidert Pia und wirkt etwas verlegen darüber, mal wieder mit ihrer Vergangenheit konfrontiert zu werden. „Sie arbeiten hier als Masseurin?“ fragt Andy nahezu ungläubig. „Sie waren doch früher, na, wie soll ich sagen, im… im horizontalen Dienstleistungsgewerbe tätig!“ Andy lacht kurz auf und Pia beißt sich auf die Unterlippe. „Ich habe mich inzwischen beruflich verändert“, erklärt sie. „Es ist nie zu spät, um neue Wege zu gehen!“ „Wow, das klingt ja fast schon philosophisch!“ lacht Andy. „Und wäre es okay, wenn Sie mir mal eine Kostprobe geben würden, von Ihren… neuen Wegen?“ „Bitte schön, nur zu!“ fordert Pia ihn auf und deutet auf die Massageliege. Eine Aufforderung, die Andy nicht zweimal braucht; er macht den Oberkörper frei und legt sich hin..
„Huhu“, macht Romy, als sie neben Ludde ans Buffet tritt. „Ach, hi!“ erwidert dieser. „Lange nicht gesehen. Wie geht’s dir?“ „Gut“, sagt Romy und studiert intensiv die Speisen, die vor ihr auf den Tische stehen. Ludde tut es ihr gleich. „Ich hab gehört, dass du ein richtiger Held bist!“ platzt es plötzlich aus ihr heraus. „Ein… was?“ „Also es wird erzählt, dass du dieses Mädchen aus der Kastanienstraße, das so lange verschwunden war, vor einem Zuhälter gerettet hast!?“ Nun wird Ludde tatsächlich rot. „Naja“, räuspert er sich verlegen. „Da waren schon auch noch ein paar andere dran beteiligt.“ „Aber es stimmt!?“ hakt Romy nach. „Du hast ihr geholfen!?“ Als Ludde zögerlich nickt und dabei zunehmend verlegen wirkt, bohrt Romy: „Erzähl doch mal!“
„Ich hab übrigens das Grundstück gegenüber von euch gekauft!“ erzählt Angelina Gung, während sie mit ihm an einem Stehtisch lehnt und Champagner schlürft. „Du weißt schon, das an der Ecke zur Ulrike-Böss-Straße, da, wo damals die Moschee entstehen sollte. Hab ich diese Woche eingetütet, alles unter Dach und Fach. Ich denke, das ist einen lohnenswerte Investition!“ „Was wollen Sie mit Grundstück?“ fragt Gung irritiert. „Das stäht seit Jaaahren leeer. Nach Moschee-Projekt hat sich niiiemand mehr interessiert!“ „Ja, aber das kann sich ja jetzt bald ändern“, erklärt Angelina grinsend. „Das Hotel, die Umstrukturierung des Geschäftsgebäudes in der Ulrike-Böss-Straße… Hier ist gerade einiges im Wandel! Ich bin sicher, dass das Grundstück bald Gold wert ist!“ Angelina leert vergnügt ihr Glas. Dann wirft sie einen skeptischen Blick zu Onkel Claudio rüber, der sich für ihren Geschmack ein bisschen zu intensiv für die hochprozentigeren Sachen aus dem Getränke-Sortiment interessiert… „Entschuldige mich bitte!“ sagt Angelina und rauscht ab. Gung sieht ihr finster hinterher und flüstert: „Schlange du…!“
„Onkel Claudio, meinst du nicht, dass es allmählich reicht?“ will Angelina gereizt von ihrem Onkel wissen. „Wir hatten vorhin etwas besprochen! Du wolltest dich heute zusammenreißen.“ „Aber das tu ich doch, Principessa!“ lallt Claudio mit schwerer Zunge und blickt sie aus glasigen Augen an. „Nein, das tust du nicht!“ zischt die Nichte wütend. „Ich möchte, dass du jetzt mal für eine Weile auf Wasser umsteigst.“ „Wasser? Bäh! In Wasser pissen die Fische rein!“ erwidert Claudio und bricht in schallendes Gelächter aus – so intensiv, dass Angelina am liebsten im Erdboden versinken würde. „Dann iss zwischendurch wenigstens was, damit der Alkohol nicht so ins Gewicht schlägt“, zischt sie. „Okay!“ lacht Claudio – und schiebt sich zwei Rumkugeln in den Mund…
„Na, Helga, schmeckt’s?“ fragt Anna mit prüfendem Blick auf Helgas mittlerweile zum dritten Mal am Buffet vollgeladenen Teller. „Hast du was dagegen?“ fragt Helga forsch zurück. „Du bist unmöglich“, meint Anna kopfschüttelnd. „Wenn irgendwas umsonst ist, dann musst du gleich schamlos zuschlagen, nicht wahr?!“ „Das ist ja wohl meine Sache!“ „Ich dachte, du wolltest ein bisschen auf die Figur achten“, sagt Anna anmaßend und mustert Helga von Kopf bis Fuß. „Das hast du ja zum Glück nicht nötig, dürr wie du bist“, gibt Helga spitz zurück. „Nahezu ungesund siehst du aus!“
Romy ist sichtlich beeindruckt, nachdem Ludde seine Ausführungen über Antonias Rettung beendet hat. „Das finde ich total mutig von dir“, sagt sie anerkennend. „Nun ja, wie gesagt, ich war das nicht alleine“, erklärt Ludde nochmal und wird wieder rot. „Störe ich?“ Mika ist zu den beiden getreten und sieht Ludde scharf an. „Du immer“, entfährt es Ludde sofort gereizt – Mika ist nach wie vor ein rotes Tuch für ihn, aber das beruht auf Gegenseitigkeit. „Jetzt fang hier bloß nicht wieder an zu streiten“, mahnt Romy – und tatsächlich halten beide augenblicklich den Mund...
„Vasily!“ Als Vasily von der Toilette kommt, hört er die zischelnde Frauenstimme mit dem so wohlbekannten Kölschen Dialekt und blickt sich um. Sandra winkt von der Küchentür aus zu ihm rüber. „Was willst du?“ fragt er genervt. „Können wa ma mit’nander reden?“ „Es gibt nichts mehr zu bereden!“ „Vasily, bitte! Isch wollt misch letzte Woche nisch so aufführen. Isch würde gern ma’ so’n paar Dinge klarstellen.“ Vasily stellt sich zunächst stur, aber als Sandra ihn flehentlich ansieht und sogar leise „Bitte!“ sagt, folgt er ihr doch in die Küche…
„Wie ist das eigentlich für dich, hier zu sein und das alles zu sehen?“ fragt Helga spitz. „Wie bitte?“ fragt Anna. „Naja“, meint Helga. „Wenn der Lohmaier damals nicht in den Aufzugschacht gestürzt wäre, dann könnte das alles hier ja jetzt quasi fast deins sein, nicht wahr?!“ Anna schnappt empört nach Luft. „Du bist und bleibst das Letzte, Helga Beimer!“ flüstert sie aggressiv und zieht sich in die entgegengelegene Ecke des Saales zurück, während Helga sich diebisch über ihren Schachzug freut – auch wenn sie sich insgeheim eingestehen muss, dass diese Spitze wirklich mehr als unter der Gürtellinie war…
Maite und Merle sind auf ihrer Entdeckungstour durch das Hotel in dem von labyrinthartigen Gängen durchzogenen Keller gelandet. „Das ist ja echt gruselig hier unten“, meint Maite. „Ja, hier könnte man glatt einen Horrorfilm drehen“, findet auch Merle. Ein Geräusch aus einer der Ecken lässt die beiden aufschrecken. „Was war das?“ fragt Maite. „Ich weiß nicht“, flüstert Merle. „Lass uns lieber wieder rauf gehen…“ „Haste Schiss?“ fragt Maite und geht weiter, hat dabei aber auch gehörig das Herz in der Hose sitzen – vor allem, nachdem die beiden sich gerade noch darüber unterhalten habe, dass dieser Keller eine hervorragende Horrorfilm-Kulisse abgeben würde… Merle folgt ihrer Schwester zaghaft, als plötzlich aus einem Seitengang wie aus dem Nichts zwei kleine Gestalten auftauchen. Die Zwillinge weichen kreischend zurück – die beiden Gestalten ebenfalls. Als Merle schon panisch die Beine in die Hand nehmen will, erkennt Maite in ihnen die beiden Kinder aus dem Haus Nr. 3 : Jeremy und Phoebe! „Was macht ihr denn hier?“ keuchte Maite atemlos. „Meine kleine Schwester spielt gerne verstecken“, japst Jeremy nicht minder erschrocken. „Und ihr?“ „Uns umgucken“, meint Merle. In diesem Moment ertönt ein Klappern aus einem Verschlag am Ende des Seitenganges. „Sind hier noch mehr von euch Zwergen?“ fragt Maite. „Neeee“, flüstert Jeremy genervt – und alle vier Kinder blicken ängstlich in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen ist…
Auch Emma und Deniz haben sich auf eigene Faust auf Erkundungstour begeben, allerdings nicht im Keller, sondern ein paar Stockwerke höher. Als sie ein nicht verschlossenes Hotelzimmer betreten, sind sie begeistert. „Wir spielen was!“ beschließt Emma. „Ich bin eine reiche und berühmte Popsängerin, die hier übernachtet und du bist das Zimmermädchen, das mich bedienen muss!“ „Aber ich will auch der reiche Gast sein!“ protestiert Deniz. „Später!“ sagt Emma. „Zuerst ich! Schließlich war das meine Idee!“ „Na gut!“ gibt Deniz sich geschlagen.
Murat stellt sich neben Andrea an das Buffet und flüstert: „Hi nochmal!“ „Hast dich ja ganz schön rar gemacht in letzter Zeit“, erwidert Andrea und versucht dem Buffet mehr Aufmerksamkeit zu schenken als Murat. „Ja… ich…. Hatte… viel… Stress…. Mit dem neuen… Laden und...und so. Und… ich wollte halt auch… für meine Familie da sein….“ „Klar“ entgegnet Andrea. „Aber ich haben dich vermisst“, flüstert Murat und streicht ihr kurz fast unmerklich über den Arm. „Lass das bitte“, flüstert Andrea, „Lisa ist hier…“ Murat weicht einen Schritt zurück. Andrea lässt ihren halbgefüllten Teller einfach zwischen dem Buffet stehen und geht zum Ausgang des Speisesaals. Murat befürchtet, dass sie schon nach Hause will, doch dann bleibt sie in der Türe stehen, wirft ihm einen auffordernden Blick zu und geht ins Foyer hinaus. Murat wartet einen Augenblick, sieht, dass Lisa gerade mit Paul beschäftigt ist, und folgt ihr in einigem Abstand…
Als Ludde vom Rauchen auf der Terrasse wieder in den Speisesaal zurückkehrt, steht Mika plötzlich neben ihm. „Glaub bloß nicht, dass du dich wichtig machen kannst, indem du Romy irgendwelche völlig übertriebenen Helden-Märchen auftischt“, zischt er. „Ich hab da plötzlich so ein Pfeifen im Ohr“, erwidert Ludde und geht weiter. „Du findest dich echt supercool, oder?“ fragt Mika gehässig. „Nur weil du mal einmal in deinem abgefuckten Leben das Richtige getan hast, heißt das noch lange nicht, dass du kein krimineller Abschaum mehr bist!“ „Und du legst dich ganz schön für Romy ins Zeug!“ befindet Ludde. „Man könnte glatt meinen, du willst was von ihr. Bist du nicht eigentlich mit dem Schlacks da zusammen?“ Ludde deutet mit dem Kopf knapp in die Richtung von Paul, der mit Lisa am Buffet steht. „Geht dich einen Scheiß an!“ faucht Mika. „Romy ist meine Mitbewohnerin. Und eine gute Freundin. Und ich lasse nicht zu, dass du… dass du sie mit deinen dreckigen Pfoten… Also, ich lass das jedenfalls nicht zu!“ „Und wieder dieses komische Pfeifen“, meint Ludde, blickt sich gespielt suchend nach der möglichen Ursache um und geht grinsend weiter. Mika sieht ihm finster nach und ballt in den Hosentaschen seine Hände zu Fäusten…
„Mein Gott, all die vielen Menschen hier“, stöhnt Gabi. „Wenn wir uns hier bloß net doch alle was einfangen…“ „Mich stört hier ehrlich gesagt nur ein Mensch“, erwidert Anna gereizt. „Wen meinst?“ fragt Gabi irritiert. „Deine reizende Mitbewohnerin zeigt sich heute mal wieder von ihrer liebenswürdigsten Seite!“ „Die Helga?“ „Na, wer denn sonst?“ Anna schnaubt. „Die wird sie nie ändern! Weißt du, als sie mich damals aus der Haft geholt hat, nach der Sache mit Wolf, da habe ich wirklich gedacht, dass das Eis jetzt gebrochen wäre. Aber nix da… Die wird mir in 500 Jahren noch nicht verziehen haben, dass Hans sie meinetwegen verlassen hat!“ „Geh, die Helga is’ halt manchmal a bisserl speziell. Aber im Grunde meint sie’s nicht so!“ „Im Bezug auf mich schon“, murrt Anna und geht zu Sarah und Jack rüber, während Gabi überlegt, ob sie nicht doch besser die FFP2-Maske aufsetzen soll, die sie in ihrer Handtasche bei sich trägt…
„Ist da jemand?“ ruft Maite mit zittriger Stimme ins Dunkel hinein – doch es rührt sich nichts. „Jeremy, ich hab Angst!“ flüstert Phoebe. „Lass uns lieber wieder rauf gehen“, findet auch Merle. Maite will ihr gerade beipflichten, als wieder ein Klappern aus dem Dunkeln ertönt… „Da ist doch jemand“, sagt Maite. „Ich will jetzt wissen, wer da ist…“ Und langsam schleicht sich Maite in die Dunkelheit… Die anderen drei Kindern sehen sich einen Augenblick lang unentschlossen an, dann folgen sie ihr vorsichtig…
Murat und Andrea haben ´Zuflucht` im Putzmittelraum gesucht. Leidenschaftlich umarmen und küssen sie sich, doch als Murat damit beginnt, Andrea auszuziehen, muss die plötzlich herzhaft kichern. „Was ist?“ fragt Murat überrumpelt. „Hab ich was falsch gemacht?“ „Putzmittelraum!“ gluckst Andrea. „Was für ein Klischee! Das ist ja fast wie Besenkammer oder Wäschekammer!“ Nun muss auch Murat lachen. Doch dann besinnen die beiden sich wieder auf sich selbst und lieben sich leidenschaftlich im Putzmittelraum – Klischee hin oder her…
„So ein Scheiß, dass Mama findet, dass wir mit 14 noch zu jung für Handys sind!“ mosert Maite. „Wenn wir ein Handy hätten, hätten wir direkt auch eine Taschenlampe…“ „Ich hab eine kleine Taschenlampe an meinem Schlüssel“, sagt Jeremy. „Aber die Batterie ist fast leer. Die leuchtet nur noch schwach und geht zwischendurch dauernd aus.“ „Egal, besser als gar nix!“ befindet Maite. „Gib mal her!“ Tatsächlich funktioniert das winzige Teil mehr schlecht als recht, als die Vier sich weiter voran tasten. Als sie den Verschlag am Ende des Ganges fast erreicht haben, erlischt das Licht wieder vollständig. Maite schüttelt die kleine Lampe ein paar Mal hin und her. Als sie für Sekundenbruchteile wieder schwach aufleuchtet, blicken alle vier für einen kurzen Moment, ehe es wieder dunkel wird, in das schmutzige, verlebte Gesicht einer älteren Frau! Alle vier rennen lauthals schreiend den Gang entlang in Richtung Kelleraufstieg…
„Guten Tag, Frau Hoffmeister!“ sagt Hermann Benodakt freundlich lächelnd, nachdem seine Nachbarin Dagmar ihm die Tür ihrer kleinen Wohnung geöffnet hat. „Guten Tag, Herr Benodakt!“ erwidert sie lächelnd. „Wie schön, Sie hier anzutreffen!“ freut sich der pensionierte Lehrer. „Ich hatte schon die Befürchtung, dass sie möglicherweise auch auf diesem Fest im Hotel sein könnten…“ „Nein, das ist nichts für mich“, winkt Dagmar ab. „Es ist ja nicht so, dass ich übermäßig viel Kontakt zu der Nachbarschaft hier hätte. Nicht mal zu… zu meiner eigenen Tochter…“ „Dann darf ich mir erlauben, Sie zu fragen, ob sie vielleicht Lust hätten, mich zu einem kleinen Spaziergang zu begleiten? Dafür, dass bereits Mitte November ist, ist draußen wirklich ein zauberhaftes Wetter. Goldener Herbst!“ „Da komme ich doch gerne mit!“ freut sich Dagmar. „Ich hole nur kurz meinen Mantel…“
„Was war das?“ keucht Merle atemlos, als sie an der Kellertreppe ankommen. „Frag lieber, wer war das?“ japst Maite. „War das eine Hexe?“ fragt Phoebe. „Sie sah zumindest wie eine aus“, findet Maite. „Hast du meine Taschenlampe?“ erkundigt sich Jeremy. „Oh Shit!“ entfährt es Maite. „Die hab ich verloren, als wir losgerannt sind!“ „Was?“ fragt Jeremy empört. „Sorry!“ „Dann müssen wir sie holen!“ beschließt Jeremy. „Bist du verrückt?“ fragt Maite. „Lass das Ding, ich kauf dir eine neue von meinem Taschengeld!“ „Die hab ich von meinem Vater gekriegt!“ erklärt Jeremy mit Nachdruck. „Kannst du dir von deinem Vater nicht eine neue zu Weihnachten wünschen?!?“ schlägt Merle vor. „Unser Papa ist tot!“ erklärt Phoebe. Die Zwillinge schauen sich betreten an. Dann sagt Maite: „Okay! Wir holen sie!“ „Nein! Ich geh da nicht nochmal rein!“ protestiert Merle. „Okay!“ sagt Maite zu Jeremy. „Wir holen sie und ihr wartet hier!“ Und so verschwinden Maite und Jeremy wieder in der Dunkelheit, während sich Merle und Phoebe auf die Kellertreppe setzen, um zu warten…
Nachdem Sandra sich in aller Form bei Vasily für ihr unmögliches Verhalten in der letzten Woche entschuldigt hat, beginnt sie gleich wieder, über ihre schöne, gemeinsame Zeit zu sinnieren und ihn zu beknien, es sich doch nochmal anders zu überlegen und zu ihr zurückzukehren… „Hör endlich auf damit, Sandra!“ sagt Vasily scharf. „Es ist aus und das bleibt es auch! Ich bin jetzt mit Simone zusammen! Aber du hast gar nichts kapiert! Und das wirst du auch nicht, sonst würdest du solche Aktionen nämlich unterlassen!“ Wütend stapft Vasily aus der Küche, wo er Sandra wie ein Häufchen Elend zurücklässt. Dabei wird er von Simone beobachtet, die bereits auf der Suche nach ihm war...
Casper ist sichtlich erfreut, als er, nach einem kurzen Abstecher in sein Büro, seinen Vater Hubertus zu Hohenlobese im Foyer antrifft. „Du bist doch gekommen“, stellt er lächelnd fest. Hubertus lächelt zurück. „Ich wollte mir halt mal ansehen, was du hier so auf die Beine gestellt hast!“ „Hat Modesta mit dir geredet?“ „Modesta? Nein, wieso?“ „Hat sie dich hergeschickt?“ „Nein, ich bin schon aus freien Stücken hier!“
„Was wollte die denn schon wieder von dir?“ fragt Simone gereizt Vasily. „Mit mir reden!“ brummelt er. „Hat sie wieder versucht, dich rumzukriegen?“ Vasily sagt nichts – doch sein Schweigen ins Antwort genug für Simone. „Dieses blöde Biest!“ faucht sie. „Na warte, der werde ich was erzählen!“ „Lass doch!“ ruft Vasily – doch Simone ist schon unterwegs zur Küche…
Hubertus beäugt das Fest, das sein Sohn auf die Beine gestellt hat und ist tatsächlich nicht ohne Stolz über Caspers Einsatz. Als er Nina unter den Gästen entdeckt, macht sein Herz einen kurzen Hüpfer und Huberts grüßt sie lächelnd. Anschließend verlassen er und Casper die Feierlichkeit vorübergehend wieder, um in Caspers Büro noch ein paar Dinge über die bevorstehenden Renovierungsarbeiten zu besprechen.
„Boah, stinkt das hier!“ stellt Simone beim Betreten der Küche fest. „Ist das Gas?“ „Wat willste?“ knurrt Sandra sie an. „Die Frage ist wohl eher, was du willst?“ fragt Simone wütend. „Kannst du bitte mal aufhören, dich an meinem Mann ranzumachen?“ „Ach? Jetzt isser schon dein Mann? Dat ist ja interessant, wäre mir ja janz neu!“ „Jetzt werd mal bloß nicht kleinlich“, zeter Simone. „Fakt ist: Vasily und ich sind ein Paar. Und DU hast ausgedient! Kapier das doch endlich oder bist du dafür zu blöd?“ „Fakt ist, datt der Vasily janz schnell merken wird, wat du für eine dumme Trutsche bist!“ schießt Sandra zurück. „Und dann wird er sisch erinnern, wat er an mir jehabt hat…“
„Sooch ma, wör üs eigentlüsch der füllige Kerl, der neuerdings mindestens zwee mal de Woche zu dür zum Haare schneiden kommt?“ möchte Roland von Urszula wissen. „Du bekommst aber auch alles mit!“ sagt die Polin irritiert. „Du meinst Herrn Bloch. Udo Bloch. Er ist scheinbar mit meiner Arbeit zufrieden. Und zufriedene Kunden kommen immer wieder.“ Tanja schnappt diesen Satz im Vorübergehen auf und wirft Urszula einen bösen Blick zu, ehe sie auf die Terrasse geht, um frische Luft zu schnappen. „Öber dör hat doch kaum noch Haare!“ lacht Roland. „Üsch glaub ja eher, döss des an dür lüscht, das dör so oft kömmt. Der steht auf düsch, saach üsch dür, und zwar nüsch zu knapp.“ „Du musst es ja wissen“, erwidert Urszula und lässt Roland einfach stehen.
Nico steht zum Rauchen draußen auf der Terrasse, als auch Tanja hinaus kommt. „Bisschen frische Luft schnappen“, sagt sie. „Oh! Hier draußen isses ja auch echt warm.“ „Liegt an denen da!“ sagt Nico und deutet auf die Heizpilze. „Aha!“ macht Tanja. In diesem Moment tritt auch Urszula vom Speisesaal ins Freie und fragt: „Tanja, könnten wir vielleicht mal miteinander reden?“ „Ich glaube nicht, dass es zwischen uns noch was zu bereden gibt“, erwidert die Angesprochene schnippisch und geht stehenden Fußes ins Hotel zurück. „Dicke Luft?“ fragt Nico. „Nicht so dick wie die Luft deiner Zigarette!“ faucht Urzsula und setzt an, um ebenfalls wieder rein zu gehen. Dann hält sie jedoch inne und fragt: „Hast du auch eine für mich?“ „Doch nicht zu dick, die Luft?“ fragt Nico und hält ihr seine Schachtel hin.
Vasily schleicht vor der Küchentür herum und hört, wie das Gekeife zwischen Sandra und Simone immer extremere Dimensionen erreicht. Sollte er reingehen und sich einmischen? Oder sollte er die beiden ihre Fehde lieber selber austragen lassen? Vasily entscheidet sich für Letzteres und geht zurück in den Speisesaal – er selbst würde die Ganze Sache vermutlich noch schlimmer machen…
„Ich glaub, ich geh jetzt mal langsam zurück zu Toni!“ sagt Iffi zu Roland. „Ich war schon viel zu lange hier.“ „Dönn höl üsch dür aber noch ein poar Früschhalteboxen auss Küsche, dann kannste der Töni noch was leckeres mütbrüngen?“ „Ist das denn okay?“ fragt Iffi. „Nicht, dass das noch Ärger gibt…“ „Iwööö“, macht Roland. „Dös kürgen dü doch söwiesö nüsch alles uff!“ Und schon ist er verschwunden…
Als Roland die Küche betritt, platz er mitten hinein in das Gezänk von Sandra und Simone. „Ölles in Ordnüng, Sandra?“ erkundigt er sich vorsichtig. „Jetzt nisch, Roland, isch komm hier alleine klar!“ keift Sandra und schimpft weiter auf Simone ein. Roland holt sich schnell die Frischehaltebehätnisse für Iffi und räumt das Feld…
Ortrun sitzt starr auf dem Sofa im Penthouse ihres Sohnes und starrt verbissen vor sich hin, während Lea im Wohnzimmer auf und ab geht. Keine der beiden redet mehr ein Wort. Aber ebenso ist keine der beiden bereit, freiwillig zu verschwinden, obwohl beide allmählich ungeduldig werden. Wie lange kann so ein Mandanten-Gespräch denn dauern?
Maite und Jeremy tasten sich durch das Dunkel des Kellerganges. „Wo ist denn hier nur der Lichtschalter?“ fragt Jeremy. „Keine Ahnung“, erwidert Maite. „Hier irgendwo hab ich die Lampe verloren.“ Sie stochert mit ihrem Fuß auf dem Kellerboden rum, findet aber nichts. „Meinst du, wir haben uns die Frau nur eingebildet?“ fragt Jeremy. „Alle vier? Bestimmt nicht!“ „Wer ist das denn und was macht dir hier?“ Jeremy ist mulmig zumute. „Vielleicht eine Obdachlose, die hier Unterschlupf gesucht hat“, überlegt Maite. „So dreckig, wie die war.“ In dem Moment ertastet sie mit dem Fuß die Lampe. „Hier ist sie!“ ruft sie aus. „Die Obdachlose?“ fragt Jeremy erschrocken. „Die Lampe! Los komm, wir hauen wieder ab…“
„Weißt du was?“ herrscht Simone Sandra an. „Es ist mir echt zu dämlich, hier weiterhin mit einer unterbelichteten Proll-Barbie wie dir zu diskutieren! Ich geh jetzt zurück zu MEINEM Lebensgefährten und du kannst hier in deiner Stinkeküche ersticken!“ Hocherhobenen Hauptes schreitet Simone aus dem Raum. Sandra kocht innerlich vor Wut. Zornig ruft sie ihr ein paar kölsche Flüche und Schimpfwörter hinterher. „Janz ruhisch bleiben, Sandra, janz ruhisch!“ sagt sie zu sich selber. „Kommt Zeit, kommt Rat, alles wird jut!!!“ Trotzdem ist Sandra nach dem heftigen Wortgefecht mit Simone so aufgewühlt, dass sie erstmal eine rauchen muss. Sie fingert eine Zigarette aus ihrer Schachtel, entfacht ihr Feuerzeug – und löst ein Inferno aus…
_________________ Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst Charles R. Swindoll
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