Was war noch? Ach ja! Iris' Tochter und ihr Problem mit den illegal heruntergeladenen Videos. Gibt es diesen Abmahnwahnsinn wirklich immer noch? Ich war der Meinung, dem wäre längst ein Riegel vorgeschoben worden! Eine Besonderheit der digitalen Welt ist ja, dass sich Werte kopieren lassen. Deine Geldbörse z.B. gibt es IRL nur einmal. Wenn die dir geklaut wird, hast du sie nicht mehr. Dann hat sie jemand anders. Im Internet hättest du sie noch, aber zugleich hätte der andere sie ebenfalls. Oder mehrere.
Ich meine, Iris hat natürlich nicht unrecht mit ihrer Argumentation. Ein Musikstück zu produzieren, bedeutet Arbeit, und diese will natürlich bezahlt sein. Ansonsten können die Künstler ihr Geld nur mit Live-Auftritten o.ä. verdienen. Aber versuch das mal, wenn du noch relativ unbekannt bist. Es sei denn, du hast zuvor deine Musik im Internet frei verfügbar gemacht und sie ist bei den Leuten angekommen. Dann kommen die Fans haufenweise zu deinen Konzerten und sind auch bereit, dafür zu zahlen. Wenn deine Musik nicht ankommt, hast du halt Pech gehabt.
Viele Künstler der neueren Generation haben dieses neue Prinzip kapiert und handeln danach. Wer sich damit schwer tut, ist vor allem die Musikindustrie. Und die erfolgsverwöhnten Künstler von anno dazumal, die am liebsten wieder Zustände hätten wie vor 30 Jahren. Das geht bloß nicht mehr.
Aber mal ehrlich ... nehmen wir mal eine einstige Welterfolgs-Band wie ABBA. Oder AC/DC. Oder KISS. Oder Led Zeppelin. Je nach Geschmack. Die Mitglieder dieser Bands müssten heute mehrfache Millionäre sein, wenn sie gut gewitschaftet haben. Die haben pervers viel Geld zur Verfügung, mehr als sie jemals im Leben ausgeben könnten, selbst wenn sie sich anstrengen. Und die Musikproduzenten, bei denen die Künstler unter Vertrag waren, haben sicherlich im Kielwasser von deren Erfolg über die Jahre auch kräftig mitgefrühstückt und abgesahnt.
Was kann es solche Leute eigentlich noch jucken, ob ein armer Student oder Arbeitsloser oder Schüler 10 Euro für ihre Musik ausgibt oder ob der sich das kostenlos zu Gemüte führt, wenn das Internet blöderweise die Gelegenheit dazu bietet.
Im übrigen gab es die Möglichkeit des kostenlosen Konums auch schon lange vor dem Internet. Da traten die Künstler nämlich im TV auf, damit das Publikum sie und ihre Musik überhaupt kennen lernt und ihre Platten kauft. Hier in Deutschland gab es in den 70ern z.B. die "Starparade", oder den "Musikladen" mit internationalen Künstlern. Und auch "Raubkopien" gab es schon damals en masse, ohne dass sich jemand darüber aufgeregt hätte. Da hockten nämlich die Zuhörer mit aufgepflanzten Mikro vor dem TV-Gerät, um den Auftritt auf Cassette aufzunehmen. Oder mehrere Leute haben zusammengelegt, um sich eine Schallplatte zu kaufen. Die Musik wurde dann auf Tonband vervielfältigt. Solange die Schallplatte oder deren Kopien nicht zu kommerziellen Zwecken genutzt wurden, war alles im grünen Bereich. Nichts anderes hat Lara aber im Prinzip mit ihrem "illegalen" Download gemacht. Oder auch der Anbieter, der diesen Download zur Verfügung gestellt hat Nur dass sich inzwischen die Möglichkeiten der Vervielfältigung zu Ungunsten der Produzenten geändert und die diese Entwickluing verschlafen haben, bzw. nicht wahrhaben wollten und jetzt mit hektischem Aktionismus reagieren. Dafür kann aber Lara nix!
Oder das Radio. Noch Ende der 80er Jahre habe ich auf "Record & Play" gedrückt, wenn im Radio oder im TV eine Musik gespielt wurde, die mir gut gefiel. Wie ich kürzlich erfahren habe, hat da auch jedesmal die Gema mitgefrühstückt, an die ein Teil jedes Cassetten-Kaufpreises abgeführt werden musste.
Oder erinnert ihr euch noch an "Disco" oder die "Hitparade"? Diese Sendungen werden ja immer mal wiederholt, auf 3sat oder ZDF kultur oder so. Ich bin ganz erstaunt, wenn ich mir das heute anschaue. Neben den Weltstars oder den deutschen Schlagerkönigen wie Bernhard Brink, Michael Holm, Juliane Werding, Christian Anders, Peter Rubin, Jürgen Marcus u.s.w. traten da auch jede Menge Sänger auf, die heute sogar bei DSDS in der ersten Runde herausfliegen würden und das zu Recht. Auch damals hat man dann bald nichts mehr von denen gehört. Also gab es auch schon damals das Prinzip des Wettbewerbs, so wie heute im Internet. Nur dass damals eben nicht nur das Publikum entschieden hat, sondern auch die Musikproduzenten. Die jetzt um ihre Pfründe fürchten. Weil sie merken, dass ihr Gewerbe vom Aussterben bedroht ist, wenn sie nicht clever genug sind, sich den neuen Gegebenheiten anzupassen und vielversprechende Künstler auch ohne Umweg über den Tonträger zu fördern. Die haben ja wohl schon immer behauptet, dass sie in erster Linie an der Kunst interessiert seien, nicht am Profit. Jetzt können sie das mal unter Beweis stellen. Aber gut ... für diese Abmahn-Anwälte gilt offenbar knallhart das Prinzip "Fehlverhalten führt zu Bestrafung". Darum bekommt das Mädel (bzw. ihre Mutter) jetzt eine gerichtlich einklagbare Forderung über mehr als 1.000 Euro, und das ist wohl unanfechtbar.
Als damals dieser Abmahnwahnsinn Schlagzeilen machte, hieß es, JEDER (bzw. jeder examinierte Jurist?) dürfe solche Abmahnungen verschicken - unabhängig davon, ob der irgendwas mit dem Geschädigten zu tun hat oder nicht. Darum haben sich viele Winkeladvokaten auf diese Abmahnungen spezialisiert, um sich damit eine goldene Nase zu verdienen.
Aber gehen wir mal von der eigentlichen Situation aus. Grundlage dieser "Anklage" ist ja, dass die Künstler Arbeit in die Produktion ihrer Musik investieren, um die sie dann durch diese Raubkopien geprellt werden.
Aber was hat denn eigentlich solch ein Winkeladvokat für seinen "Verdienst" gearbeitet. Ein bissl Recherche im Internet (womöglich hart an der Grenze zur Legalität ... so ohne weiteres gibt kein Provider die Klardaten seiner Kunden aufgrund einer mitgeloggten IP-Adresse heraus - es sei denn, es handelt sich um eine Straftat. Dann hätte Iris aber ein Schreiben von der Staatsanwaltschaft erhalten und nicht vom Winkeladvokaten), ein bissl Tinte, um ein vorgefertigtes Schreiben auszudrucken und dann das Porto. Und prompt kann er irgendwelchen Leuten 1.000 Euro abpressen. Was dann von einem ordentlichen Gericht auch noch abgenickt wird, bzw. werden muss (oder musste?), auch wenn jeder vernünftige Richter anders entschieden hätte und wissen müsste, WEM er da eher einen saftigen Denkzettel verpassen sollte. Bis hin zur Androhung, aus der Anwaltskammer rausgeschmissen zu werden.
Falls die Folgendiskussion nix hergibt, kann ja darüber mal diskutiert werden.
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