Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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BeitragVerfasst: So 17. Mär 2024, 00:13 
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Folge 1911: Der seltsame Herr Kampmann

Spieltag: Donnerstag, 14.03.2024


Sankt Aloyisbeuern: Anna öffnet das Fenster ihres Zimmers im Gasthaus und atmet tief die frische Frühlingsluft ein, die von den Bergen zu ihr hinüber weht. Wie schön es hier doch ist, gerade jetzt, wo zunehmend der Frühling zu erwachen beginnt. Gestern Abend ist Anna relativ spät im Dorf angekommen. Und da ja immer noch Winterzeit ist, war es bereits zu dunkel, um noch allzu viel von der Umgebung zu sehen. Sie hat ihr Zimmer im Gasthof Schlagwein bezogen und ist dann gleich ins Bett gegangen. Sie wollte am nächsten Tag ausgeschlafen sein, schließlich hat sie eine Art Mission: Sie will rausfinden, ob Olaf Kling tatsächlich in Sankt Aloyisbeuern untergekommen ist. Emil hat Anna bei Gabi und Andy untergebracht, da auch Mitbewohner Gung für ein paar Tage verreist ist und Sarah beruflich zu eingespannt ist, um sich um ihren kleinen Bruder zu kümmern. Doch nur Gabi weiß, warum Anna wirklich hier ist – für alle anderen ist Anna derzeit einfach mal alleine in Urlaub gefahren …
Als Anna zum Frühstück in den Gastraum runter kommt, sitzt dort, außer ihr, nur noch ein älteres Ehepaar.
„Sind wir Ihre einzigen drei Gäste?“, erkundigt sich Anna bei der Wirtin, als die ihr das Frühstück serviert.
„Is hoit no koane Saison, so fria im Joahr“, erklärt Zensi Schlagwein. „Aba unsan Dauagast hammer no!“
„Ein Dauergast?“, fragt Anna betont beiläufig.
„Freili, da Herr Kampmann“, berichtet Zensi. „lebt etzat scho a gonze Weil' do. Is irgndwann auf’taucht und mimma gonga.“
„Und wo ist der?“, fragt Anna und blickt sich suchend um. „Schläft der gerne länger? Oder ist er der absolute Frühaufsteher?“
„Weder noch“, erwidert Zensi. „Der is liaba fir si. Nimmt sei Moizeiden im Zimma a.“
„Schade“, meint Anna. „Ich dachte, ich könnte hier noch ein paar andere Gäste kennenlernen.“
„Da missens im Sommer wiaderkimma“, sagt Zensi. „Da is hier meist mehr los!“
Anna frühstückt zu Ende und geht zurück in ihr Zimmer. Gabi hat ihr erzählt, dass sich das Zimmer von dem vermeintlichen Herr Kampmann sich am Ende des Ganges vor den Toiletten und dem Waschraum befunden hat. Anna beäugt den Raum skeptisch. Vielleicht sollte sie einfach mal klopfen? Nein, besser nicht. An diese Sache muss man schon subtiler rangehen …
Anna beschließt, sich erstmal die Landluft um die Nase wehen zu lassen und bricht zu einem Spaziergang in die nähere Umgebung auf. Wo sie schon mal hier ist, kann sie sich ja auch die Gegend angucken – vielleicht kommt ihr dabei eine Idee bezüglich ihres weiteren Vorgehens… Es ist wirklich herrlich hier, denkt sie, während sie die Dorfstraße – auch eine Lindenstraße – entlang geht und dabei zu den Bergen rüber blickt. Und sie erinnert sich wieder sehr deutlich daran, wie sie und Hans früher mit den Kindern auch immer aufs Land ziehen wollten… Hier hätte es Hans bestimmt auch gefallen …
Anna schlendert gemütlich durch das Dorf, betritt kurz die Bäckerei Jenninger, um nachzusehen, was Bayers Konkurrenz auf dem Lande denn so im Angebot hat. Dann kauft sie sich bei Fanny Jenninger eine Brezel und ist begeistert von der Qualität. Sie setzt ihren Weg fort. Auf dem Platz vor der Kirche lümmeln rauchen zwei Jungs auf der Motorhaube eines Autos herum, von denen Anna von weitem denkt, es seien Jugendliche, und sich schon wundert, dass sie um diese Uhrzeit nicht in der Schule sind. Beim Näherkommen muss sie dann jedoch feststellen, dass die beiden die 20 doch schon überschritten haben dürften…
Fabrizio und sein Kumpel Jojo - lässig an Fabrizios Auto lehnend - betrachten die fremde Frau zunächst interessiert. Als sie dann bei Annas Näherkommen allerdings feststellen, dass sie weit über 50, wenn nicht sogar schon über 60 sein muss, erlischt ihr Interesse augenblicklich und sie wenden sich wieder ab. Während Anna weitergeht, ruft Pfarrer Quirin Aumüller den Jungs von der Kirche aus zu, dass sie gefälligst etwas Sinnvolles mit ihrer Zeit anfangen und dem lieben Herrgott nicht den Tag stehlen sollen.
„Geh’, schleich’ di!“ brüllt Bauernsohn Jojo. „I hob heut in der Früh um Sechse scho auf’m Traktor g’hockt!“
„Die kommt bestimmt aus der Großstadt“, meint Fabrizio, während er Anna nachblickt. „Ich will auch in die Großstadt.“
„Geh’, die kimmt’ do net ausser Großstadt“, meint Jojo abfällig. „Die Städterinnen san schicker, die sieht’s ja aus wie a Trutschen. Die kimmt maximal aus a Kleinstadt, sog i dir!“
Anna hat derweil den Bauernladen des Dorfes erreicht und betrachtet die Auslagen mit großem Interesse. Das sieht alles sehr ansprechend aus, findet sie. Viel schöner als im Naro-Supermarkt zuhause. Sie kauft ein paar Gläser mit eingelegtem Obst. Resi Reiter versichert ihr beim Bezahlen, dass alles aus eigenem Anbau stammt und eigenhändig von ihr eingelegt wurde. Anna ist begeistert. Als sie das Geschäft verlassen will, entdeckt sie an einer Pinnwand neben der Ladentür einen Aushang, der eine dem Reiter-Hof angehörige Einliegerwohnung zum Vermieten anpreist.
Resi bemerkt, dass Anna mehrere Augenblicke vor dem Zettel verweilt und fragt: „Ham’s Interesse? Oder kennen’s wen, der Interesse hat?“
„Äh, nein, eigentlich nicht“, winkt Anna schnell ab.
„Unsere Tochter, die Anke, hat da g’wohnt“, erklärt Resi. „Aber die es jetzt in Ihre oagne Wohnung zogen. Drüben bei der KfZ-Werkstatt. Sie sogt, da hätt’ sie’s kürzer zur Arbeit. Sie is’ Mechatronikerin beim Morelli drüben. Kürzer zur Arbeit! So a Schmarrn! In diesem Dorf san oie Weg' kurz! Wollen’s sich die Wohnung amoi anschaun? Hamma damoils extra für die Anke aus’baut.“
„Ach, nein danke“, lehnt Anna schnell ab und verlässt den Laden. Doch hinterher wird sie nachdenklich. Warum hat sie so abweisend reagiert? Sie hätte sich die Wohnung ja zumindest mal ansehen können, wenn die Frau so darauf bestanden hat. Aber andererseits … warum eine Wohnung ansehen, die sie dann sowieso nicht mieten will? Was sind das überhaupt plötzlich für verworrene Gedanken, die da in ihrem Kopf herumspuken und sie über ein Leben in einem Dorf nachdenken lassen? Bekommt ihr die Landluft nicht? Überhaupt ist sie nicht hier, um irgendwelchen Was-wäre-wenn-Phantasien nachzugehen, sondern aus einem ganz anderen Grund… Und plötzlich ist sie mit ihren Gedanken wieder beim Lederhosen-Seppl Olaf Kling, den sie in den letzten Stunden erfolgreich verdrängt hat …
Als sie zurück in den Gasthof kommt, überlegt sie fieberhaft, wie man diesen mysteriösen Alois Kampmann aus der Reserve, also sprich, aus seinem Zimmer locken könnte … Falls es wirklich Kling ist, ob er dann schon mitbekommen hat, dass sie hier ist? Anna sieht es buchstäblich vor sich, wie er sich, neugierig wie einst seine Mutter, hinter seiner Tür rumdrückt und alles durch einen kleinen Türspalt beobachtet, um bloß nichts zu verpassen. Vielleicht sollte sich Anna in dem Waschraum am Ende des Flures positionieren. Irgendwann wird ja auch ein Olaf Kling die Toilette aufsuchen müssen… Falls er sie allerdings wirklich beobachtet, dann wird er mitkriegen, wie sie den Raum betritt und nicht wieder verlässt. Und in diesem Falle würde er vermutlich eher aus dem Fenster pinkeln, statt sich ihr zu offenbaren… Auf dem Weg zu ihrem Zimmer fallen Anna die beiden Rauchmelder an der Flurdecke auf. Ob die in Betrieb sind? Wie genau nimmt man es hier auf dem Lande mit Wartung und Instandhaltung? Aber ganz steht die Zeit hier ja nun auch nicht still. An die Brandschutzbestimmungen werden sich Gastwirte auch in einem Kaff wie Sankt Aloyisbeuern halten müssen … Und plötzlich reift in Anna ein Plan…
Beim Abendessen in der Gaststube gelingt es ihr, unbemerkt von den Gastwirten Zensi und Leopold, eine Schachtel Streichhölzer von der Theke zu stibitzen…
Am späten Abend, als zwar aus der Gaststube unten noch Stimmen und Musik zu hören sind, aber im Gästeflur kein Laut zu vernehmen ist, nimmt Anna das Wagnis auf sich. Mit klopfendem Herzen schleicht sie über den Flur und entzündet direkt unter einem der Rauchmelder ein Blatt Papier. Hektisch wedelt und pustet sie den Qualm in Richtung Rauchmelder, doch nichts tut sich. Fluchend stürmt Anna mit dem brennenden Papier in den Waschraum und löscht es im Waschbecken, kurz bevor sie sich die Finger verbrennt. Sie blickt sich suchend um. Als sie gerade überlegt, einen weiteren Versuch zu starten, indem sie eine der Toilettenpapierrollen unter dem Rauchmelder in Brand steckt, geht der Alarm doch noch los. Anna klatscht in die Hände und huscht zurück auf den dunklen Flur. In Kampmanns Zimmer ist ein Poltern zu hören. Anna postiert sich in einer dunklen Ecke und wartet mit klopfendem Herzen, dass der Mann sein Zimmer verlässt. Aber nichts passiert. Dafür steht der Wirt Leopold Schlagwein plötzlich hinter ihr. „Sie! Was machen’s noch hier droben?“, brüllt er. „Mir ham an Brandalarm. Alle müssen’s des Haus verlassen bis des die Feiawehr Entwarnung gibt!“
„Ach? Das ist kein Probealarm?“, fragt Anna scheinheilig.
„Naaaa!!“, brüllt Leopold.
„Ein Fehlalarm vielleicht?“, spielt Anna die Unschuld vom Lande.
„Des wird sich zoang. Etzat müssen’s erscht amoi naus hier!“ Schlagwein zerrt an ihrem Arm, doch Anna sträubt sich.
„Was ist denn mit den anderen Gästen?“, fragt sie.
„Die Reisingers san scho naus!“, ruft Leopold. „Die hom unten in die Gaststub’n g’hockt!“
„Aber ich glaube der andere Herr ist noch hier oben“, erwidert Anna. „Der Herr Kampmann. Ich meine, dass ich eben was aus seinem Zimmer gehört hätte…“
„I kümmer mich! Gehen’s naus!!“ Schlagwein schubst Anna in Richtung Treppe und ihr wird klar, dass jeder weitere Widerstand zwecklos ist …
Draußen in der kühlen Abendluft steht das Ehepaar Reisinger, die beiden anderen Urlaubsgäste. Wirtin Zensi diskutiert aufgeregt mit dem Milchbauern Xaver Loibl, dem Bäcker Albert „Bertl“ Jenninger, dem Gemüsebauern Sepp Reiter und dem Werkstattbesitzer Giuseppe Morelli, die sich allesamt am Stammtisch aufgehalten haben. Friseurin Sissi Kraus und Giuseppes Frau Chiara eilen aufgeregt herbei und wollen wissen, was passiert ist. Und alle warten ungeduldig auf die Ankunft der Feuerwehr.
„Wo is’nn nur der Leopold?,“ ruft Zensi besorgt.
In diesem Moment verlässt ihr Mann den Gasthof in Begleitung eines bärtigen Mannes. Das muss dieser vermeintliche Alois Kampmann sein … Anna weicht ein paar Schritte zurück und drängt sich in den Schatten einer alten Linde auf dem Vorplatz des Gasthofes. Ist er es? Ist es Kling? Es ist schon zu dunkel, um viel erkennen zu können. Die gedrungene Körperhaltung würde passen, auch sein leicht gebeugter Gang. Aber das Gesicht? Alt ist es. Verlebt sieht es aus. Ganz anders als der Olaf Kling, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Wenn doch nur dieser struppige Vollbart nicht wäre… Anna schleicht vorsichtig von hinten näher heran, klappt den Kragen hoch und zieht ihre Kapuze über, obwohl es nicht regnet und gar nicht mal so kalt ist …
Als das Feuerwehrauto mit Sirenengeheul naht, weicht Anna wieder ein Stück zurück. Die Feuerwehrleute rücken aus – und nun erkennt Anna Kampmanns Gesicht deutlicher im zuckenden Blaulicht – und ihr stockt der Atem…
„Wann derfen mir denn wiader´nei?“, will er von der Wirtin wissen.
„Die Feiawehr muss erst amoi schaun, wos Sache is'“, erwidert diese. „Geduldens sich bitt’schön!“
Anna atmet tief durch. Dann tritt sie von hinten an Kampmann ran und sagt mit zitternder Stimme: „Guten Abend, Herr Kling! So sieht man sich wieder!“
Olaf Kling fährt ruckartig zu ihr herum. Anfängliche Irritation in seinem Gesicht weicht zunächst überraschtem Entsetzen – und dann blankem Hass.
„Sie!!!“, stößt Kling hervor. Der lodernde Zorn in seinem Augen, der nun größer ist als seine Überraschung und sein Schreck, lassen ihr einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Doch Anna gewinnt schnell die Kontrolle über ihre Angst zurück.
„Kommt hier nur die Feuerwehr oder auch die Polizei?“, ruft sie in die Menge. Dann deutet sie auf Kling und ruft: „Dieser Mann hier heißt nicht Alois Kampmann, sondern Olaf Kling. Er ist ein gesuchter Vergewaltiger, ein Betrüger und ein versuchter Mörder!“
Alle Augen sind auf sie und den angeblichen Kampmann gerichtet.
„Die Frau is’ narrisch worden“, lacht Kling mit bebender Stimme auf. „Entweder, sie verwechselt mi oder sie ist nich ganz dicht da oben!“ Kling tippt sich lachend an die Stirn.
„Dieser Mann wollte vor fast 20 Jahren meine Cousine, meine Freundin und mich erschießen!“ ruft Anna aus.
Nun kommt die versammelte Dorfgemeinschaft näher heran.
„Des is a Missverständnis!“, ruft Kling erneut, fühlt sich aber zunehmend in die Enge getrieben.
„Wie, sagen’s, heißt der?“, fragt Leopold Schlagwein.
„Olaf Kling!“ ruft Anna. „Aus München!“
„Unsinn!“ ruft Kling – doch dann gibt er Anna wie aus dem Nichts einen so heftigen Stoß, dass sie taumelnd zur Seite stolpert. Während ein schockiertes Raunen durch die Menge geht, nimmt Olaf Kling die Beine in die Hand – und verschwindet in der Dunkelheit ö…

Emil hält die Alten-WG bereits am fühen Morgen vor der Schule auf Trab, als ihm beim Frühstück siedend heiß einfällt, dass er vergessen hat, seine Mathe-Hausaufgaben zu machen und nun sowohl die Mithilfe von Helga wie auch die von Andy und Gabi gefragt ist, damit er diese noch rechtzeitig fertig bekommt, ehe er zur Schule aufbrechen muss.
Als Emil sich schließlich auf den Weg gemacht hat, sagt Helga kopfschüttelnd: „Also diese Anna…! Dass sie das fertig bringt, ihr eigenes Kind tagelang im Stich zu lassen, nur damit sie mal alleine und ungestört in Urlaub fahren kann. Ungestört! Unglaublich…! Als ob so ein Kind, noch dazu das eigene, eine Art Störfaktor wäre…“
„Geh, Helga, die Anna hat’n Emil doch net im Stich g’lassen!!“ verteidigt Gabi ihre Cousine. „Der Emil hat’s doch gut bei uns und die Anna hat auch immer viel um die Ohren, da hat sie sich’s nun wirklich verdient, auch mal ausspannen zu dürfen…“
„Also ich wäre nie ohne meine Familie in Urlaub gefahren, als die Kinder noch so klein waren wie Emilchen“, erwidert Helga ein wenig schnippisch.
Gabi hört gar nicht hin. Für Helgas Sticheleien gegen ihre Lieblingsfeindin Anna hat sie derzeit überhaupt keinen Kopf. Viel mehr interessiert es sie, ob Anna in Sankt Aloyisbeuern etwas in Sachen Olaf Kling herausfindet und wen ja, was. Und ein anderes großes Thema gibt es derzeit natürlich immer noch bei den Zenkers – und das heißt Valerie! Die Tatsache, dass diese ihre Familie und überhaupt ihr gesamtes Umfeld seit nahezu zweieinhalb Jahren belogen und hintergangen hat, hat vor allem Andy schwer getroffen.
Valerie macht sich derweil auf den Weg zu einem längst überfälligen Termin im Jobcenter, eher widerwillig, aber doch dadurch beflügelt, dass Nina ihr zuvor viel Erfolg und alles Gute gewünscht und dies auf sie wirklich aufrichtig gewirkt hat.
An der Bushaltestelle vor der Arztpraxis steht Valerie dann sich allerdings im Nieselregen die Beine in den Bauch. Der Bus kommt und kommt einfach nicht. Streiken die etwa schon wieder im ÖPNV? Frustriert eilt Valerie rüber ins Marcellas und kauft sich bei Gian-Luca einen Coffee to go, um sich wenigstens ein bisschen aufwärmen zu können. Als sie das Bistro verlässt, nimmt sie am Rande einen Aushang wahr, dass hier eine Bedienung zur Aushilfe gesucht wird. Aber Valerie hat das Ganze bereits in dem Moment wieder vergessen, in dem sie ins Freie tritt, denn der Bus kommt endlich und sie überquert eilig die Straße.
Eine knappe halbe Stunde später sitzt sie ihrem Sachbearbeiter Konrad Kofus im Jobcenter gegenüber, der ihr zunächst mal eine ganze Litanei an Vorwürfen macht, weil sie die letzten Termine bei ihm versäumt hat. Schließlich leiert er ihr diverse Job-Angebote runter, für die Valerie sich allesamt überqualifiziert fühlt. Und dann kommt wieder eines dieser obligatorischen Fließbandjob-Angebote – und zwar ausgerechnet in einer Keksfabrik. Bei Valerie löst dieses Wort eine Art De-ja vu aus…
„Ist etwas nicht in Ordnung?“ erkundigt sich Herr Kofus vorsichtig, als er Valeries belämmerten Gesichtsausdruck gewahr wird. Tatsächlich fühlt Valerie sich an eine Lügengeschichte erinnert, die sie ihrer Familie vor fast 30 Jahren aufgetischt hat, als sie einen Schauspiel-Studenten dafür engagiert hat, ihren Freund zu spielen, der vermeintlich der Sohn eines Keksfabrikanten sein sollte. Ging das wirklich damals schon los mit dieser Lügerei…?
„Was ist denn nun?“ fragt Kofus ungeduldig – und Valerie bricht vor ihm in Tränen aus…
„Was um alles in der Welt ist denn nun schon wieder los?“, fragt der Sachbearbeiter – offensichtlich überfordert mit der Situation.
„Ich...kann nicht in einer Keksfabrik arbeiten?“, schluchzt Valerie.
„Natürlich nicht!“ Herr Kofus schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. „Dafür sind Sie sich natürlich mal wieder viel zu fein, stimmt’s?!“
„Das ist es nicht“, jammert Valerie. „Aber… ich war...ich war mal mit dem Sohn eines Keksfabrikanten zusammen. Der … der war damals meine große Liebe … und dann hat er mich enttäuscht und betrogen… und… und… ich kann das einfach nicht...Nicht in einer Keksfabrik…“
Es sprudelt einfach so aus Valerie heraus, noch ehe sie sich selbst darüber bewusst wird, dass sie es gerade schon wieder tut. Dass sie gerade schon wieder dabei ist, ein neues Lügengespinst zu errichten …
„Du meine Güte!“, stöhnt Kofus. „Und wenn ich Ihnen einen Job in einer Konservenfabrik vorschlage, dann waren Sie mal mit dem Sohn eines Konservenfabriken verlobt, oder wie? Sie können doch von solch alten Liebesdramen nicht Ihre berufliche Zukunft bestimmen lassen. Wenn Sie nicht in den nächsten Tagen eine Stelle antreten, dann werden wir Ihre Bezüge streichen müssen, ist Ihnen das bewusst?“
„Ich… ich habe aber doch schon lange einen Job gefunden!“ sagt Valerie plötzlich, die sich just in dem Moment an den Aushang im Marcellas erinnert…
„I wo“, entfährt es Kofus überrascht.
„Ja, als Bedienung in einem italienischen Bistro in der Ulrike-Böss-Straße“, erklärt Valerie,
„Und warum sagen Sie das nicht gleich?“, fragt Konrad Kofus.
„Sie lassen mich ja überhaupt nicht zu Wort kommen“, zickt Valerie ihn an.
„Na, dann hätte ich gerne eine Bescheinigung von diesem Bistro und zwar zeitnah“, erklärt der Sachbearbeiter.
„Kein Problem“, erwidert Valerie ein wenig zerknirscht, ehe sie sich verabschiedet.
Als Valerie an der Ecke Lindenstraße – Ulrike-Böss-Straße wieder aus dem Bus steigt, eilt sie unverzüglich rüber zum Marcellas
„Oh, Gott sein Dank bist du selbst hier“, begrüßt sie beim Eintreten atemlos die hinter der Theke stehende Marcella.
„Was ist denn los?“, fragt die Italienerin irritiert. „Man könnte ja meinen, es brennt.“
„Nein, das nicht“, keucht Valerie. „Aber ich muss dich dringend sprechen. Ich nehm den Job!“
„Wie bitte?“ fragt Marcella verdattert.
Valerie deutet auf den Aushang.
„Ja, jetzt mal langsam“, lacht Marcella. „Hast du denn Erfahrung in der Gastro?“
„Ich hab Erfahrung in der Krankenpflege“, erwidert Valerie leicht eingeschnappt. „Und in der Hofarbeit. Mein Ex-Mann und ich haben einen großen Bauernhof bewirtschaftet. Ich sag dir, Gastro ist im Vergleich dazu nix…“
„Naja, aber es könnte für den Job hier trotzdem nicht schaden, wenn du vielleicht schon mal gekellnert hast oder so“, sagt Marcella.
„Haben all diese blutjungen Dinger, die hier ständig mit gerade mal 18 arbeiten schon Gastro-Erfahrung?“, will Valerie wissen.
„1:0 für dich“, lacht Marcella. „Und wahrscheinlich finde ich eh niemanden. Also wir können es gerne mal versuchen. Aber erstmal probeweise, um zu sehen, ob das hinhaut.“
„Oh, danke!“, stöhnt Valerie. „Und dann musst du mir unbedingt auch so einen Wisch ausstellen, für das Jobcenter, ja?!!“
Als Valerie kurze Zeit später nach Hause kommt, kommt Nina ihr an der Wohnungstür entgegen.
„Ich hab einen Job!“, erzählt Valerie ihr freudestrahlend.
„Wirklich? Hatten die was Passendes für dich?“
„Nein, das hat mit dem Jobcenter nichts zu tun, das hab ich schon selber geschafft“, berichtet Valerie stolz. „Ist auch nix Dolles. Als Bedienung drüben bei Marcella.“
„Na immerhin...“, meint Nina.
In diesem Moment sind hitzige Stimmen aus der Küche zu hören.
„Da wird gerade heiß diskutiert“, warnt Nina Valerie vor. „Antonia hat bei Work and Travel kurzfristig einen Nachrückplatz bekommen. Sie kann schon ab April für ein Jahr nach Neuseeland. Und Iffi ist natürlich nicht so angetan …“
„Wollen wir später vielleicht zusammen anstoßen?“, fragt Valerie Nina. „Also nicht auf Tonis Work and Travel, sondern auf meinen neuen Job! Oder musst du länger weg?“
„Nein, ich mache nur schnell ein paar Besorgungen, dann in ich wieder hier.“
„Wir könnten dann ja später ins Akropolis gehen, da ist es entspannter“, meint Valerie angesichts der Diskussion aus der Küche und Nina stimmt zu. Als die Polizistin gegangen ist, lauscht Valerie kurz an der Küchentür. Antonia versucht ihrer Mutter gerade die Vorteile eines Auslandsaufenthaltes schmackhaft zu machen, Iffi warnt vor allem vor den Gefahren, die das Ganze auch birgt, und Roland versucht, zwischen den beiden zu vermitteln…
Valerie stattet derweil Andy und Gabi einen Besuch ab, um ihnen von ihrem neuen Job zu erzählen, doch für Andy, dessen Enttäuschung über Valeries verlogenes Verhalten immer noch tief sitzt, ist auch diese Neuerung nicht gut genug und statt Zuspruch erntet Valerie von ihm lediglich den Vorwurf, dass sie sich mit einem Job als Kellnerin doch völlig unter ihrem Wert verkaufe …
„Du hast natürlich wieder was zu scheißen!“, fährt Valerie ihn tränenerstickt an. „Dabei hast du doch dein ganzes Leben lang nur als beschissener Taxifahrer gearbeitet!“
Heulend stürzt sie aus der Wohnung und Gabi sieht Andy vorwurfsvoll an.
„Was?“, fragt dieser genervt.
„Musst des jetzt sein?“, fragt Gabi kopfschüttelnd. „Es ist doch gut, dass sie überhaupts endlich was macht und ihr Leben wieder in die Hand nimmt, statt sich in dieser Blase zu verstecken…“
Gabi weiß genau, wovon sie spricht. Auch sie befindet sich seit geraumer Zeit in einer Blase und hat höchsten Respekt davor, dass Valerie den Schritt zurück ins Leben wagt. Und auch Andy sieht endlich ein, dass er seiner Tochter jetzt Unrecht getan hat, und verspricht Gabi, sich so schnell wie möglich bei ihr zu entschuldigen…
Valerie trifft sich am Abend, wie vereinbart, mit Nina im Akropolis. Die beiden stoßen mit Sekt an und lassen sich von Vasily auch noch ein Essen aufschwatzen. Valerie genießt die gemeinsame Zeit mit Nina in vollen Zügen. Für sie ist es das Highlight des Tages, noch besser als ihre Jobzusage von Marcella.
Als Andy das Lokal betritt, um zu sehen, ob am Stammtisch etwas los ist, und Valerie entdeckt, springt er über seinen Schatten. Er geht auf seine Tochter zu, entschuldigt sich bei ihr und erklärt ihr, dass er stolz auf sie ist, trotz allem, was geschehen ist, und dass er glaubt, dass sie nun auf dem richtigen Weg ist. Und tatsächlich hat Valerie nach der Versöhnung mit ihrem Vater nach langer Zeit selbst auch endlich wieder dieses Gefühl…

Angelina und Enzo sitzen an diesem Morgen gemeinsam zum Frühstück im Marcellas, etwas, das sie schon seit längerem mal wieder machen wollten und wofür sie sich heute endlich die Zeit genommen haben. Besonders gut ist Angelinas Laune allerdings wieder mal nicht.
„Hast du die selber gemacht oder sind die aufgebacken?“, möchte Angelina von Marcella wissen, nachdem sie naserümpfend von ihrem Brioche abgebissen hat.
„Ist irgendwas nicht in Ordnung damit?“, erkundigt sich Marcella.
„Nun ja, meine Mutter konnte bessere backen“, erwidert Angelina arrogant. „Die hier schmecken eher wie aus dem Backautomaten vom Discounter.“
„Das tut mir leid, aber wenn es dir bei mir nicht schmeckt, steht es dir natürlich frei, nach Hause zu gehen und selber zu backen“, entgegnet Marcella sarkastisch.
„Ich und backen?“ Angelina lacht affektiert auf. „Um Gottes Willen…“
Marcella verschwindet hinter der Theke, wo sie mit Gian-Luca zu tuscheln beginnt.
„Du bist ja heute wieder ein richtiger, kleiner Sonnenschein, Sorella!“ lacht Enzo kopfschüttelnd.
„Ich habe nie was anderes behauptet“, grinst Angelina.
In diesem Moment kommt Niklas draußen vorbei. Als er Angelina entdeckt, klopft er an die Scheibe und winkt freundlich. Nach Angelinas eher knapp erwiderten Gruß, setzt er seinen Weg fort.
„Dein Feuerwehrmann“, bemerkt Enzo glucksend. „Wie läuft’s bei euch?“
„Gar nichts läuft bei uns“, zischt Angelina. „Seitdem ich von seinen unmündigen Bälgern weiß, habe ich kein Interesse mehr…“
„Sowas aber auch“, meint Enzo mit gespielter Fassungslosigkeit. „Dabei wolltest du doch selbst vor gar nicht allzu langer Zeit noch ein Kind!“
„Kurzzeitige geistige Umnachtung“, winkt Angelina ab. „Was ist denn eigentlich mit dir und dieser Helikoptermutter? Von diesem Friedrich Egon?“
„Leon Anton“, korrigiert Enzo seine Schwester. „Und Verena hat sich irgendwie nicht mehr bei mir gemeldet. Und wenn ich sie anrufe, geht sie nicht ran und ruft auch nicht zurück…“
„Tja, als Helikoptermama hat man eben nur Platz im Leben für das eigene Kind“, befindet Angelina. „Aber nicht für andere Männer.“
„Wir läuft’s denn eigentlich geschäftlich?“, wechselt Enzo schnell das Thema. „Kaufen Schmitt & Wessels dir das Hotelgrundstück jetzt auch noch ab?“
„Leider nicht!“ Angelina verzieht das Gesicht. „Dabei war der Schmitt jetzt gar nicht mal so abgeneigt. Aber der Wessels ist der Meinung, dass die Lage nicht gut genug ist…“
„Wie bitte?“ Enzo ist sichtlich überrascht. „Es liegt quer gegenüber von dem Baugrundstück an der Ecke. Das haben sie dir doch auch abgekauft. Und nur ein paar Meter entfernt von ihrem eigen Grundstück in der Ulrike-Böss-Straße. Was ist an dieser Lage anders?“
„Das Grundstück in der Ulrike-Böss-Straße hat ja schon diese Läden hier im Vorderhaus und ist darum geeigneter für weitere Geschäftsräume, meint Wessels. Und das andere Baugrundstück liegt ja direkt gegenüber und gliedert sich darum ganz gut daran an. Aber das Hotelgrundstück ist eingekesselt zwischen der Nr. 3 und der Villa und darum wohl für ein Geschäftsgebäude eher weniger gut geeignet. Der Wessels meint, durch die Wohngebäude drum herum würde der Fluss gestört.“
„Was ist das denn für ein Bullshit?“, fragt Enzo verständnislos. „Der Fluss würde gestört? Richten die ihre Geschäfte nach Feng Shui aus, oder was?“
„Sehe ich ja genauso wie du. Aber was weiß denn ich, was dieser Spinner für einen Spleen hat. Jedenfalls habe ich alles versucht, das Hotelgrundstück wollen die nicht!“
„So ein Mist“, murmelt Enzo. „Hättest du das dem zu Hohenlobese dann doch mal lieber nicht angekauft. Was machst du denn jetzt damit?“
„Ach, so schlimm finde ich das gar nicht“, erwidert Angelina. „Ich hab schon andere Pläne damit.“
„Und welche?“
„Ein Wohnhaus“, erklärt Angelina zufrieden. „Ich stehe schon mit einem Bauunternehmen im Kontakt. Letzten Ende ist das die beste Alternative. Wohnraum ist knapp. Wohnungen werde ich immer los. Und das ist dann von Anfang an mein Haus. Da kann ich tun und lassen, was ich will. Ich kann die Mieten erhöhen oder unliebsamen Mietern kündigen … Nicht so, wie in dieser gottverdammten Nummer 3, wo ich mich an Ludwigs Vermächtnis halten muss und diese ganzen Idioten, die da wohnen, mir nur auf der Nase rumtanzen … Dieses Haus ist einfach nur ein verfluchter Klotz am Bein…“
Zu Enzos Erleichterung scheint seine Schwester mit dieser Lösung ganz zufrieden zu sein…
„Und was ist mit dieser Betrügerin?“ möchte Enzo nun wissen. „Hat die Polizei die nun endlich gefunden?“
„Die Polizei, diese unfähigen Schwachmaten!“ schimpft Angelina abfällig. „Diese Trottel kriegen doch gar nichts auf die Kette. Die Olle ist längst wieder wie vom Erdboden verschluckt…!“
Als die Geschwister wenig später ihr Frühstück bezahlen, sagt Angelina - in Anbetracht der Tatsache, dass Marcella gerade nirgendwo zu sehen ist - zu Gian-Luca: „Sagen Sie Ihrer Chefin bitte, das war wirklich das beschissenste italienische Frühstück, das ich mir jemals runterwürgen musste.“
„Sorella…!“, zischt Enzo ihr entsetzt zu.
„Meiner Geschäftspartnerin“, korrigiert Gian-Luca. „Marcella und ich leiten das Lokal gemeinsam.“
„Na sowas. Na, dann sollten Sie sich vielleicht mal ein Verbesserungskonzept überlegen“, erklärt Angelina süffisant – kann es sich aber dennoch nicht verkneifen, Gian-Luca mit ihren Blicken punktgenau von oben bis unten abzuscannen.
„Du bist ja heute wieder die Liebenswürdigkeit in Person“, meint Enzo, als die beiden draußen sind.
„Das bin ich doch immer“, entgegnet Angelina grinsend. „Wo hat Marcella eigentlich diesen schnuckeligen Geschäftspartner her?“
„Sorella, du bist mit Nico zusammen!“ mahnt Enzo.
„Deshalb wird man ja wohl noch gucken dürfen…“ Und tatsächlich findet Angelina Gian-Luca nicht unattraktiv. Noch mehr gefällt ihr allerdings immer noch der gut gebaute Feuerwehrmann Niklas und bei ihrer Arbeit wandern ihre Gedanken immer wieder zu ihm… Klar hat Nico auch seine Vorzüge – alleine schon seine Potenz. Trotzdem geht er ihr doch immer häufiger auf die Nerven. Okay, Nico wird dieses Jahr 30, ganz so blutjung ist er also auch nicht mehr. Trotzdem ist sie ihm doch haushoch überlegen. Er studiert wieder und überhaupt sein unsteter Lebenswandel. Manchmal benimmt er sich wie ein spätpubertärer Teenager. Im Grunde wird er ihr nie das Wasser reichen können und eigentlich ist es längst an der Zeit, sich mal wieder mit einem richtigen Mann einzulassen. Und was spräche eigentlich dagegen, doch mal ein bisschen Spaß mit dem Feuerwehrmann zu haben. Es muss ja nicht gleich auf etwas Festes hinaus laufen… Nur Spaß, sonst nix! Und danach bleibt die bei Nico und der Feuerwehrmann bei seinen Blagen und alle sind zufrieden …
Als Angelina später ein paar Besorgungen im Supermarkt machen will, läuft ihr dort vor der Tür Niklas auch prompt wieder über den Weg.
„Wenn wir uns heute nochmal in die Quere kommen, musst du mir aber einen ausgeben“, begrüßt sie ihn fröhlich.
„Muss ich das?“, erwidert Niklas. „Heute Morgen hatte ich den Eindruck, dass du nicht sehr erfreut bist, mich zu sehen, so knapp, wie du meinen Gruß erwidert hast…“
„Ach, da hatte ich ein bisschen Stress“, tut Angelina ihr abweisendes Verhalten ab. „Aber jetzt bin ich wesentlich entspannter. Wollen wir nicht mal wieder was zusammen trinken gehen?“
Ehe Niklas eine Antwort geben kann, klingelt sein Handy.
„Moment“, vertröstet er Angelina und meldet sich. „Hey, Frieda (…) Was??? (…) Wie konnte das denn passieren…?“
Angelina verdreht hinter seinem Rücken genervt die Augen – schon wieder diese Brut …
„Wo seid ihr denn jetzt?“, brüllt Niklas nahezu aufgebracht in sein Handy. „Ist euch was passiert? Seid ihr verletzt?“ (…) „Gibt mir mal Mama!! (…) „Wieso geht das jetzt nicht?“ (…) Ich komme!“
Niklas steckt sein Handy ein und sagt zu Angelina: „Sorry, aber ich muss los!“
„Ist was passiert?“, erkundigt sie sich und versucht dabei, ihren Unmut zu unterdrücken – zumindest so weit, dass er nicht allzu offensichtlich rüberkommt…
„Meine Ex-Frau und meine Kinder hatten einen Unfall!“, ruft er – und schon ist er auf und davon …
„Na schade, dass sie’s scheinbar überlebt haben…“, zischt Angelina zynisch vor sich hin…
Als sie nach Hause kommt, ist ihre Laune wieder knapp über dem Gefrierpunkt. Dieser Kinder sind wirklich die Pest! Wenn sie wenigstens in einer anderen Stadt wohnen würden, so wie Nicos Lukas… Aber nein… Die Brut lebt auch in München und muss ständig dazwischenfunken… Ärgerlich…
Zuhause wird Angelina dann gleich von Nico belagert, der offensichtlich heute noch seine sexuellen Bedürfnisse befriedigen möchte – aber darauf ist Angelina inzwischen die Lust gehörig vergangen.
„Was ist eigentlich in letzter Zeit los mit dir?“, mosert Nico. „Wir schlafen kaum noch miteinander, ständig hast du andere Ausreden, wenn es um Sex geht. Bist du in der Menopause, oder was?“
„Wie bitte?“, fragt Angelina entrüstet. „Wie unverschämt bist du denn heute. Was meinst du eigentlich, wie alt ich bin?“
„Offenbar zu alt, um Sex zu haben!“, provoziert Nico sie grinsend – und verfehlt dabei nicht die erhoffte Wirkung. Er schafft es tatsächlich, Angelina aus der Reserve zu locken und mit ihr zu schlafen. Und die beiden haben den besten Sex seit langem. Was Nico nicht ahnt, ist jedoch, dass Angelina sich dabei vorgestellt hat, sie würde mit Niklas schlafen …
Der hat derweil mehrere Stunden in der Notaufnahme des Krankenhauses verbracht. Als er mit Ex-Frau Nadine und den Kindern Frieda und Carl das Gebäude verlässt, ist bereits später Abend. Nadine hatte - mit ihren Kindern im Auto - einen ziemlich heftigen Unfall. Im Gegensatz zum Auto ist den Insassen glücklicherweise nichts weiter passiert, dennoch haben die Ärzte im Krankenhaus darauf bestanden, bei allen dreien ausgiebige Untersuchungen zu machen, um auszuschließen, dass nicht doch etwas übersehen wurde. Zudem ist dann auch noch mal die Polizei in der Norfallambulanz aufgetaucht, weil Nadines Promillespiegel beim Test an der Unfallstelle über dem zulässigen Höchstwert gelegen hat.
„Ich fasse das einfach nicht!“ sagt Niklas vorwurfsvoll. „1,8 Promille!?! Was hast du denn heute schon alles gebechert? Und so setzt du dich noch ans Steuer? Mit den Kindern im Auto?“
Nadine blickt verlegen zwischen ihrem Ex-Mann und den Kindern, die betreten ein paar Meter hinter ihnen gehen, hin und her.
„Müssen wir das jetzt vor den Kindern ausdiskutieren?“, fragt Nadine zerknirscht.
„Ja, wann und wo denn sonst?“ fährt Niklas. „Meinst du, die beiden bekommen nicht mit, wie viel du säufst?!? Das geht so echt nicht mehr weiter, Nadine!“
„Ich… hatte heute ein bisschen Stress“, erklärt Nadine zähneknirschend. „Da musste ich halt ein bisschen runterkommen…“
„Du musst ständig runterkommen“, erwidert Niklas. „Weißt du eigentlich, dass Frieda sich schon vor ihren Freundinnen für dich schämt?“
„Papa, hör auf!“ mischt Frieda sich ein.
„Ich hab es ein bisschen übertrieben heute“, gibt Nadine kleinlaut zu. „Ich trink jetzt nichts mehr. Nur noch am Wochenende abends ein Glas Wein. Durch die Woche nicht mehr und tagsüber schon gar nicht. Versprochen.“
Niklas zieht Nadine ein Stück von den Kindern weg und zischt: „Das schaffst du doch gar nicht mehr!“
„Natürlich schaffe ich das!“, entgegnet Nadine empört. „Warum sollte ich das nicht schaffen? Willst du mir etwa unterstellen, dass ich eine Alkoholikerin bin?“
„Ja, das bist du!“
„Was?“, Nadine starrt ihren Ex mit weit aufgerissenen Augen an. „Ey, du spinnst ja wohl. Jetzt übertreibst du es aber total!“
„Jeden Abend gibst du dir die Kante“, zischt Niklas. „Frieda hat mir von den Flaschen erzählt, die du jeden Morgen verschwinden lässt.“
„Ich… hab… ich...bin“, stammelt Nadine. „Ich hab das im Griff!“
„Hast du nicht!“, sagt Niklas.
„Was willst du eigentlich?“, zischt Nadine. „Was erwartest du denn jetzt von mir?“
„Dass du eine Therapie machst!“
„Du bist ja wohl bescheuert! Therapie! Soweit kommt’s noch!“ Nadine kocht vor Wut.
„Machst du!“ fordert Niklas kurz und knapp. „Und bis du das durchgezogen hast, bleiben Frieda und Carl bei mir!“
„Ach“, macht Nadine. „Wie soll das denn gehen? Du bist doch zu den unmöglichsten Uhrzeiten im Einsatz. Du kannst dich ja gar nicht um die beiden kümmern. Ich bin nur morgens im Büro, mittags kann ich dann im Home Office arbeiten…“
„… Und dir dabei ordentlich was hinter die Binden kippen“, fügt Niklas hinzu. „Vielleicht ist das gar nicht so gut für dich, dass du so viel von zuhause aus arbeitest!“
„Du Scheißkerl!“, zischt Nadine.
„Du machst eine Therapie und lässt Frieda und Carl bleiben solange bei mir“, erklärt Niklas mit bedrohlichem Unterton. „Andernfalls stecke ich dem Jugendamt mal, wie es um deinen Alkoholkonsum bestellt ist. Und dann beantrage ich das alleinige Sorgerecht!“

CLIFFHANGER auf: Nadine Sandmann

Mitwirkende Personen
Olaf Kling
Anna Ziegler
Emil Ziegler
Helga Beimer
Gabi Zenker
Andy Zenker
Valerie Zenker
Iffi Zenker
Nico Zenker
Antonia Zenker
Roland Landmann
Nina Zöllig
Leopold Schlagwein
Zensi Schlagwein
Marcella Varese
Gian-Luca Conti
Angelina Dressler
Enzo Buchstab
Niklas Sandmann
Nadine Sandmann
Frieda Sandmann
Carla Sandmann
Guiseppe Morelli
Chiara Morelli
Fabrizio Morelli
Xaver Loibl
Johann „Jojo“ Loibl
Quirin Aumüller
Albert „Bertl“ Jenninger
Fanny Jenninger
Sepp Reiter
Resi Reiter
Sissi Kraus
Vasily Sarikakis
Konrad Kofus

© ´popo wolfon`2024

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


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Verfasst: So 17. Mär 2024, 00:13 


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