Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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 Betreff des Beitrags: Folge 1897 - Freitag der 13.
BeitragVerfasst: Sa 14. Okt 2023, 23:59 
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Folge 1897: Freitag, der 13.

Spieltag: Freitag, 13.10.2023


Andy ist mürrisch und missmutig. Zum einen liegt dies am Zustand von Gabi, die nach dem missglückten Trip nach Sankt Aloyisbeuern und ihrer vermeintlichen Begegnung mit Olaf Kling noch in sich gekehrter ist, als zuvor. Zum anderen aber auch, dass sein Stammtisch nicht mehr das hält, was er sich davon versprochen hat. Schon vor einigen Wochen hat Andy den Stammtischabend von Donnerstag auch auf Freitag erweitert und den Tisch für beide Abende reserviert, was zunächst dazu geführt hat, dass Roland wieder abgesprungen ist, dem das dann doch ein bisschen zu viel Stammtisch-Zeit wurde. Hierüber war Andy, dem Rolands Anwesenheit von Anfang an eher lästig war, sogar noch ganz froh. Aber auch Alex hat sich mittlerweile zurückgezogen, weil er aufgrund seiner bevorstehenden Auswanderung in die USA kaum noch Zeit hat. Auch David nimmt seit einigen Wochen, seit sich Mandys Gesundheitszustand so rapide verschlechtert hat, nicht mehr an der Runde teil. Und nun steht plötzlich auch noch Gung vor der Tür und sagt für den heutigen Abend ab, weil er etwas anderes vorhabe. Was sollte Gung denn schon vorhaben…?
Bleiben also nur noch Klaus und Nils. Und dies frustriert Andy, weshalb seine Devise nun lautet: Neue Stammtischbrüder braucht das Land! Doch wo soll man die finden?
„Willst du diese ganze Stammtisch-Idee nicht einfach aufgeben?“ fragt Helga ihn. „Bist doch eh viel zu alt für dieses Rumgehänge in der Kneipe!“
Doch davon will Andy nichts hören – sein Stammtisch ist ihm heilig!
Als Andy später im Eingangsbereich des Hauses Nr.3 eine Glühbirne wechselt, verlässt David gerade das Haus.
„Wie geht es Mandy?“ erkundigt Andy sich.
„Nicht gut“, erwidert David. „Ich glaube nicht, dass es noch lange…“
„Das tut mir leid“, sagt Andy. „Dann wirst du wohl in absehbarer Zeit nicht mehr zum Stammtisch kommen?“
„Nee, sorry, aber danach steht mir momentan echt nicht der Sinn.“
„Vielleicht tut dir ein bisschen Ablenkung ja mal ganz gut?“ bohrt Andy weiter.
„Sorry, aber wirklich nicht“, sagt David. „Ich bin raus!“
Leicht gereizt verlässt er das Haus. Muss der alte Zenker ihm jetzt mit seinem Scheiß Stammtisch kommen? Als ob er gerade keine anderen Sorgen hätte… Dennoch kommt David ein Gedanke, als er sich kurze Zeit später mit Wasti auf einen Kaffee im Marcellas trifft und er fragt seinen Kumpel, ob der sich nicht vorstellen könne, seinen Platz in der Stammtischrunde zu übernehmen.
„Ich weiß ja nicht“, zeigt Wasti sich eher unentschlossen. „Stammtisch ist jetzt eigentlich so gar nicht mein Ding…“
„Ach, komm schon“, erwidert David. „Früher warst du doch auch immer für jeden feucht-fröhlichen Abend zu haben.“
„Heute nicht mehr“, entgegnet Wasti. „Außerdem kenne ich die doch alle gar nicht.“
„Dann lernst du sie kennen“, versucht David ihn zu motivieren. „Oder ist das wegen deines Jobs? Hast du immer noch nichts Neues in Aussicht?“
Wasti erklärt ihm, dass immer noch alles beim alten ist und ihn das schon frustriert.
„Vielleicht ist es gerade deshalb ja nicht schlecht, wenn du mal was anderes siehst und unter neue Leute kommst“, versuch David ihn umzustimmen.
Wasti bleibt zunächst unentschlossen, beschließt dann aber doch, sich den Stammtisch zumindest mal anzugucken.
Zuvor ist er allerdings noch mit Giovanna verabredet, mit der sich gerade so etwas wie eine Beziehung aufbaut, auch wenn das Ganze durch Giovannas Krankheit nach ihrem Zeckenbiss zunächst ziemlich ausgebremst worden ist. Doch mittlerweile ist Giovanna von ihrer FSME tatsächlich wieder vollkommen genesen und ihrem neuen Liebesglück steht nichts mehr im Wege…
Am Abend schlägt Wasti dann tatsächlich im Akropolis auf und gesellt sich zum Stammtisch. David hat Andy bereits darüber in Kenntnis gesetzt, dass er einen neuen Stammtisch-Bruder für sie aufgetan hat und auch Klaus und Nils sind interessiert an dem neuen Mitglied in ihrer Runde.
„Was darfs sein?“ erkundigt Vasily sich bei Wasti und der ordert eine Cola.
„Cola?“ fragt Andy belustigt. „Wir sind hier aber nicht auf einem Kindergeburtstag. Vasily, bring dem jungen Mann mal ein Bier!“
„Nee, ich bin mit dem Auto da!“ wehrt Wasti ab.
„Wohnst du denn weit weg?“ möchte Nils wissen und Wasti nennt ihm seine Adresse.
„Okay, ist nicht gleich ums Eck, aber auch keine Weltreise“,befindet Andy. „Da kommst du das nächste Mal mit dem Rad!“
„Kannst sonst gerne auch bei mir übernachten“, schlägt Klaus vor. „Seit meine Tochter in London aufs Internat geht, habe ich Platz und Ruhe ohne Ende.“
„Danke, aber ich bleibe heute trotzdem bei Cola“, lehnt Wasti alle Angebote ab.
Es wird dennoch eine gesellige Runde. Klaus berichtet davon, wie es Mila auf dem Internat ergeht, Andy erzählt vom missglückten Wochenend-Trip mit Gabi und Wasti erläutert seinen Job-Verlust.
„Dieser Lohmaier war schon ein echter Arsch“, motzt Klaus und ist gleich wieder voll in seinem Element. „Baut Scheiße, um Geld zu sparen und andere können es hinterher auslöffeln!“
„Der zu Hohenlobese ist ja auch nicht besser“, meint Wasti. „Der wollte ja auch sparen und so schnell wie möglich eröffnen, nachdem er das Hotel-Projekt übernommen hat. Ich hatte ja gar keine Zeit, irgendwas groß zu überprüfen, aber ich hab jetzt die Arschkarte und kann nicht mehr in meinem Beruf arbeiten.“
Man redet über das Drama um David und Mandy, über die Angriffe der Hamas auf Israel, aber auch über fröhliche und unbeschwerte Themen. Und bei allem amüsiert Andy sich köstlich darüber, dass Wasti tatsächlich den ganzen Abend bei Cola und Wasser bleibt. Diese Belustigung überträgt sich auch zunehmend auf Klaus und Nils und alle drei können es mit zunehmendem Alkoholpegel nicht unterlassen, ihren Stammtisch-Bruder entsprechend aufzuziehen.
„Okay!“ lallt Andy irgendwann zu später Stunde. „Heute bist du mit dem Wagen hier und willst nicht bei unserem Hasen Klausi übernachten…“
„Ich bin kein Hase!“ protestiert Klaus, ebenfalls schon ganz schön lallend.
„Schnauze! Natürlich bist du ein Hase! Frag mal deine Mum!“ gröht Andy.
„Hasenbraten“, witzelt Nils und zwickt Klaus in die Speckpolster.
„Jedenfalls kommst du uns beim nächsten Mal nicht so ungeschoren davon“, wendet Andy sich wieder an Wasti. „An unserem Stammtisch gibt es nämlich eine Aufnahmeritual für neue Mitglieder!“
„Was’nn für ein Aufnahmeritual?“ fragt Klaus konfus.
„Na, unser neues Tequila-Aufnahmeritual“, lacht Andy.
„Häh?“ macht Klaus.
„Wer die meisten Tequila schafft, ohne unterm Tisch zu landen“, grölt Andy.
„So richtig klassisch mit Salz und Zitrone und so?“ fragt Nils.
„‘türlich“, brummt Andy.
„Okay, war schön, euch alle kennenzulernen, aber ich glaube, das ist hier doch nicht das Richtige für mich“, sagt Wasti und erhebt sich. „Nächste Woche bin ich dann wohl eher nicht mehr dabei.“
„Ey, ey, ey“, protestiert Andy. „So kommst du uns jetzt nicht davon! Setz dich mal wieder hin und hör zu, was Onkel Andy noch zu erzählen.“
„Ich bin Alkoholiker“, erklärt Wasti aus heiterem Himmel. „Also… trockener Alkoholiker. Seit fünf Jahren bin ich trocken. Und… darum war das hier vermutlich von Anfang an ein Fehler!“
Wasti trinkt sein Wasserglas leer, legt einen Geldschein auf den Tisch, steht auf und verlässt wortlos das Lokal.
Andy, Nils und Klaus blicken sich ratlos an. Trotz hohem Alkoholpegel fehlen allen dreien nun doch die Worte...

„Heute werde ich wohl den ganzen Tag unterwegs sein“, teilt Anna ihrem Mitbewohner Gung mit, während sie das Pausenbrot für Emil in dessen Brotdose packt. „Heute Vormittag habe ich einen Arzttermin und später dann Schicht im Bayer. Ich denke, ich werde erst gegen sieben heute Abend wieder hier sein.“
„Soll ich mich kümmern um Ämil?“ erkundigt Gung nicht.
„Nein, ich geh direkt nach der Schule mit zu Mikke“, erklärt Emil begeistert.
„Das ist sein Schulfreund und Emil übernachtet auch bei ihm“, berichtet Anna. „Du hast heute also quasi den ganzen Tag sturmfreie Bude.“
Für Sekundenbruchteile huscht der Anflug eines zufriedenen Lächelns über das Gesicht des Vietnamesen, dann kehrt er allerdings sofort wieder zu seiner üblichen Ausdruckslosigkeit zurück.
Kaum dass er alleine in der Wohnung ist, macht Gung sich auch schon daran, die Vorräte in den Küchenschränken zu checken, erstellt eine Einkaufsliste und macht sich schließlich auf den Weg, zunächst gegenüber in den Supermarkt, dann noch in die Stadt in einige ausgewählte Feinkostläden.
Zurück in der Wohnung startet der Vietnamese dann mit umfangreichen Vorbereitungen, schneidet Gemüse, bereitet Fleisch vor und ist in den nächsten Stunden sehr beschäftigt.
Irgendwann im Laufe des Nachmittags platzt Anna in die Wohnung, die sich bei der Arbeit im Café die Bluse mit Kaffee bekleckert hat und sich schnell was sauberes anziehen möchte. Der Essensgeruch in der Wohnung irritiert sie schon beim Eintreten und dann entdeckt sie im Wohnzimmer einen wunderschön gedeckten Tisch für zwei Personen, mit Kerzen und einem Blumenstrauß. Gung, der in der Küche singend vor sich hinbrutzelt, hat von ihrer Anwesenheit keine Notiz genommen. Anna zieht sich rasch um und verlässt irritiert die Wohnung wieder. Draußen schickt sie Sarah eine Sprachnachricht und bittet sie, sie im Bayer zu besuchen.
Als Sarah dort kurze Zeit später erscheint, berichtet Anna ihr von ihrer Entdeckung in der Wohnung.
„Du glaubst, er kocht für dich?“ fragt Sarah. „Also für euch?“
„Ja, für wen denn sonst?“ fragt Anna hektisch.
„Ist doch süß!“ lacht Sarah.
„Süß?“ Anna starrt sie skeptisch an. „Naja, ich weiß ja nicht. So hab ich mir unser Zusammenleben nicht vorgestellt. Also, dass er mir gleich den Hof macht und so…“
„Naja, von Hof machen kann ja jetzt nicht gleich die Rede sein“, beruhigt Sarah sie. „Einfach nur ein Essen zu zweit.“
„Und die Blumen? Und die Kerzen?“
„Vielleicht will er, dass ihr es einfach nur gemütlich habt“, überlegt Sarah. „Du solltest das jetzt nicht gleich überbewerten, sondern einfach nur genießen.“
Tatsächlich befindet Anna zu guter Letzt, dass ihre Tochter recht hat. Und im Laufe des Nachmittags findet sie immer größeren Gefallen an dem bevorstehenden Essen und freut sich auf den Abend mit Gung.
Umso irritierter ist sie, als sie eine Stunde früher als geplant nach Hause kommt (sie will sich schnell noch umziehen und etwas frisch machen) und Stimmen aus dem Wohnzimmer hört.
„Das Essen war wirklich von Anfang bis Ende Bombe“, schwärmt Pia gerade, als Anna das Wohnzimmer betritt. „Aber der Nachtisch war wirklich der Oberhammer!“
„Oh!“ rutscht es aus Anna heraus.
„Oh!“ macht nun auch Pia überrascht.
„Was machst dänn du schon hier?“ fragt Gung verwundert. „Wolltest du nicht ärst um 7 kommen?“
„Äh, ja… ich.. äh…“, stammelt Anna überfordert. „Entschuldigung, ich wollte nicht stören!“
Anna eilt ins Bad und schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. Wie peinlich ist das denn bitte? Wie konnte sie denn allerernstes so selbstverständlich davon ausgehen, dass Gung diese alles hier für sie macht?
Als Anna das Badezimmer verlässt steht Pia im Flur. „Entschuldigen Sie bitte, dass wir hier einfach so in Ihrem Wohnzimmer sitzen“, sagt sie. „Möchten Sie vielleicht was mitessen? Es ist noch genug da!“
„Nein, nein“, sagt Anna schnell. „Ich musste nur… ich… bin auch schon wieder weg!“
Eilig verlässt Anna die Wohnung und flüchtet sich zu Sarah in die Villa, um ihr von dem Dilemma zu erzählen, das ihr gerade widerfahren ist.
„Au Mann und ich bestärk dich auch noch“, entschuldigt Sarah sich. „Wer war denn die Frau? Kennst du die?“
„Irgendwie kam sie mir bekannt vor“, überlegt Anna. „Aber ich kann sie gerade nicht einordnen.“
Derweil verabschiedet Gung sich im Haus Nr. 3 von Pia.
„Vielen Dank für das leckere Essen“, sagt Pia.
„Tut mir leid, dass meine Mitbäwohnerin…“, beginnt Gung.
„Ist doch nicht schlimm“, lacht Pia. „Ist ja auch schließlich ihre Wohnung.“
„Sähän wir uns wieder?“ fragt Gung nervös.
Pia zögert einen Moment. Doch dann sagt sie: „Ich fand es wirklich sehr schön und ich würde mich freuen, wenn wir das mal wiederholen würden…“
Sie gibt ihm einen Kuss, lächelt ihn an und verschwindet…
Stunden später, als Gunf gerade in Küche und Wohnzimmer wieder klar Schiff gemacht hat, kommt Anna nach Hause.
„Es tut mir leid, dass ich da so reingeplatzt bin“, erklärt Anna beschämt, „ich dachte...äh… ich wusste das nicht…“
„Macht nix!“ sagt Gung. „Äs ist noch Ässen da! Ich hab viel su viel gekocht!“
„Oh, nein Danke, ich hab mit Sarah eine Pizza bestellt“, winkt Anna ab. „Ich...ähm… ja dann, gute Nacht!“
Anna verschwindet ins Bad und dann in ihr Zimmer. Obwohl es sie eigentlich unter den Nägeln brennt, mehr über Gungs Verabredung zu erfahren. Aber nach ihrem peinlichen Patzer heute Abend möchte sie nun nicht nochmal unangenehm auffallen...


Als Dagmar an diesem Vormittag nach ihrem Einkauf den Supermarkt verlässt, stößt sie am Ausgang meine mit Lisa zusammen. Noch immer ist Dagmar schockiert über die handgreifliche Auseinandersetzung, die ihre Tochter vor zwei Wochen mit Iffi Zenker hatte.
„Wie geht es dir?“ erkundigt Dagmar sich. „Ist alles in Ordnung?“
„Das geht dich nichts ans!“ faucht Lisa und schiebt sich an ihr vorbei ins Geschäft. Dagmar blickt ihr nachdenklich hinterher, dann begibt sie sich auf den Heimweg.
Im Treppenhaus kommt Valerie ihr entgegen.
„Ach, entschuldigen Sie bitte…“, spricht Dagmar sie an.
„Was denn?“ fragt Valerie genervt. „Ich hab nicht viel Zeit. Ich muss jetzt ein paar Besorgungen machen und heute Nachmittag habe ich Spätdienst. Ich hab einen sehr aufreibenden Job. Als Krankenschwester muss ich ständig…“
„Wie haben Sie das gemeint?“ schneidet Dagmar ihr das Wort ab. „Als Lisa neulich diese Auseinandersetzung mit Ihrer Schwester hatte, da haben Sie so etwas gesagt wie, zum Glück sei gerade keine Bratpfanne in der Nähe oder so. Wie meinten Sie das?“
Valerie starrt ihr Gegenüber ungläubig an. „Ja, wissen Sie das denn etwa nicht?“ platzt es aus ihr heraus.
„Was denn?“ fragt Dagmar.
„Erinnern Sie sich an den Herrn Steinbrück?“ erkundigt Valerie sich. „Matthias Steinbrück. Der hat damals hier in der Kastanienstraße gewohnt, als Sie und Lisa noch in der Lindenstraße gewohnt haben…“
„Steinbrück? Steinbrück?“ überlegt Dagmar. „Dieser ehemalige Pfarrer?“
„Genau!“ erwidert Valerie. „Der ist tot. Schon lange. Und wissen Sie auch warum? Lisa hat ihn nämlich erschlagen. Mit einer Bratpfanne!!“
Sowohl in Valeries Stimme wie auch in ihrem Blick liegen Triumph, als sie dies verkündet. Und der wächst noch, als Valerie Dagmars erschrockenes Gesicht realisiert.
„Wie bitte?“ fragt diese ungläubig.
„Da können Sie mal sehen, was für einen verkorksten Menschen Sie aus ihrer Tochter gemacht haben, Sie, mit Ihrer misslungenen Erziehung!“ sagt Valerie gehässig und geht weiter.
„Warten Sie!“ ruft Dagmar ihr nach, doch Valerie reagiert nicht. Und Dagmar ist in ihrem Schock unfähig, zu reagieren.
Zurück in der Wohnung rasen ihre Gedanken. Dagmar muss unbedingt erfahren, was genau damals geschehen ist. Aber sollte sie Lisa direkt darauf ansprechen? Von dieser seltsamen Valerie wird sie wohl keine Hilfe erwarten können.
„Was ist denn heute los mit dir, meine Liebe?“ erkundigt sich Hermann Benodakt. „Du wirkst so nervös.“
„Ich… mir geht gerade viel im Kopf herum“, erklärt Dagmar. „Aber damit möchte ich dich nun wirklich nicht belasten.“
Dagmars Gedanken fahren weiter Karussell. Und dann fällt ihr plötzlich Gabi ein. Wenn es einen Menschen auf der Welt gibt, der von Lisas Kindheit an bis heute einen guten Draht zu ihrer Tochter hatte, dann ist das Gabi Zenker…
Kurz entschlossen stiefelt Dagmar zu Lindenstraße 3 und klingelt an der Tür der Alten-WG.
„Guten Tag“, sagt sie etwas zurückhaltend, als Helga ihr die Tür öffnet. „Ist Frau Zenker vielleicht zu sprechen?“
„Ja“, entgegnet Helga irritiert über den unverhofften Besuch. „Sie… äh… ist im Wohnzimmer. Kommen Sie rein!“
Helga deutet auf die Wohnzimmertür und als Dagmar den Raum betritt, blickt sie in Gabis blasses Gesicht, das dunkle Ringe um die Augen hat. Sie sitzt auf dem Sofa, eingewickelt in eine Wolldecke.
„Störe ich?“ fragt Dagmar zaghaft.
Helga lacht hinter ihr kurz auf. „Das hat früher der Herr Steinbrück, Gott hab ihn selig, auch immer gesagt“
Dagmar läuft ein Schauder über den Rücken, als sie dessen Namen hört.
„Nein, kommen’S rein“, sagt Gabi und Dagmar nimmt zögernd Platz. Helga bleibt noch einen Moment neugierig in der Tür stehen, dann verlässt sie das Zimmer.
„Ich würde mit Ihnen gerne über Lisa sprechen“, erklärt Dagmar vorsichtig.
Gabi atmet schwer ein. „Des hab ich mir schon g’dacht“, erwidert sie. „Aber, Frau Hoffmeister, das Thema hatten wir doch schon. Sie sollten endlich akzeptieren, dass die Lisa nix zum tun haben will mit Ihnen. Des sollten’S wirklich akzeptieren.“
„Darum geht es gar nicht“, sagt Dagmar leise. „Ich habe… Also, Ihre Tochter… Ihre Stieftochter, die Valerie, die hat mir da von so einer Sache erzählt…“
In diesem Moment betritt Helga wieder das Wohnzimmer und Dagmar verstummt schlagartig. Helga bleibt einen Moment unentschlossen im Raum stehen, dann geht sie zu einem Schrank und tut so, als suche sie etwas darin. Nachdem sie das Zimmer wieder verlassen hat, fragt Dagmar: „Könnten wir uns vielleicht woanders unterhalten? Ich würde Sie gerne auf einen Kaffee einladen. Vielleicht ins Bayer?“
„Naa, i bleib lieber hier“, sagt Gabi schnell. „I möcht momentan net so gern raus gehen!“
„Aber nicht, weil heute Freitag der 13. ist?“ fragt Dagmar irritiert.
Gabi lacht kurz auf. „Des is’ nu wirklich mein geringstes Problem“, sagt die bitter.
Dagmar blickt sich zögerlich um. In dem Moment, in dem sie gerade erneut ansetzen will, ihr Anliegen vorzutragen, betritt Helga wieder das Zimmer und beginnt, die Pflanzen auf der Fensterbank zu gießen.
„Helga“, sagt Gabi etwas schärfer, als man es von ihr gewohnt ist. „Würdest uns bittschön alleine lassen?“
„Aber… aber ich muss die Blumen gießen“, sagt Helga und macht unbeirrt weiter.
„Kommen’S mit“, fordert Gabi ihre Besucherin auf. „Wir gehen in mein Schlafzimmer, da können wir ung’stört reden!“
Gabi und Dagmar verlassen das Wohnzimmer und Helga sieht ihnen empört hinterher. Dann huscht auch sie in den Flur und schleicht auf Zehenspitzen zu Andys und Gabis Schlafzimmer und legt ihr Ohr an die Tür.
„Um was geht’s denn nun?“ fragt Gabi, als die beiden Frauen auf dem Rand des Zenker-Bettes Platz genommen haben.
„Ihre Stieftochter hat erwähnt…“, beginnt Dagmar. „Ist es… ist es wahr, dass Lisa… einen Mann erschlagen hat?“
„Oh je“, erwidert Gabi heiser. „Des war a ganz a furchtbare G’schicht!“ Und dann holt sie tief Luft und erzählt ihr die ganze unglückselige Sache über den Tod von Matthias Steinbrück.
„Das ist alles meine Schuld!“ schluchzt Dagmar, als Gabi mit ihren Ausführungen geendet hat. „Wenn ich nicht so eine schlechte Mutter gewesen wäre, dann hätte Lisa sich nie mit diesem kriminellen Jungen abgegeben. Und dann wäre es sicher nie soweit gekommen…“
„Man kann nie wissen, was gewesen wäre oder was hätte anders laufen können, wenn man sich irgendwann im Leben anders verhalten hätt`“, philosophiert Gabi.
„Ich war damals so überfordert mit Lisa“, klagt Dagmar. „Ich habe sie nur als Belastung empfunden, die mir das Leben noch schwerer macht, als es ohnehin schon war. Dass sie ein Kind ist, ein Mensch, und nicht nur irgendeine… Sache… Irgendein Klotz, den man mir ans Bein gebunden hat,… dass… habe ich irgendwie vollständig ausgeblendet. Was das mit ihr macht, mit… mit ihrer Psyche… Ich schäme mich so, dass ich ihr keine Liebe gegeben habe… Aber ich konnte das einfach nicht, ich war nun einmal keine Mutter! Nie! Andere Mütter empfinden ihr Kind als Geschenk. Ich nicht! Ich hab sie als Strafe empfunden!“
Gabi schaut Dagmar feste und eindringlich in die Augen. Dann sagt sie: „Frau Hoffmeister, wissen’s was? Sie widern mich an! Ihr vor Selbstmitleid triefendes Gejammere! Ja, Sie sind eine schlechte Mutter gewesen! Und, ja, die Lisa hat’s net leich g’habt und des ist auch oder besser g’sagt vor allem ihre Schuld! Aber damit müssen’S jetzt leben! Sie ändern nichts daran, wenn Sie sich nun immer und immer wieder Ihr Versagen vorwerfen. Und Sie ändern auch nix dran, wenn Sie sich nun immer wieder in Lisas Leben einmischen und versuchen, irgendwas gut zu machen oder irgendwie einen Kontakt zu ihr aufzubauen. I bin der Meinung, dess die Lisa es g’schafft hat, trotz ihrer schweren Kindheit und Jugend, ein sehr anständiger Mensch zu werden, sich eine Familie aufg’baut hat, einen guten Beruf erlernt hat und mit beiden Beinen im Leben zu stehen. Trotz allem. Wahrscheinlich meistert die Lisa ihr Leben sogar besser, als so manch anderer von uns!“
Betreten blickt Dagmar zu Boden, denn sie glaubt, dass Gabis letzte Aussage auf sie bezogen ist und ahnt nicht, dass Gabi damit viel mehr sich selbst und ihre Angststörungen meint.
„Die Lisa, die braucht Sie heut net mehr, Frau Hoffmeister“, setzt Gabi erneut an. „Und dess sie keinen Kontakt will, dess kann I sehr gut verstehen. Also, bittschön, Frau Hoffmeister, lassen’S endlich gut sein und hören’S auf, sich in ihr Leben einzumischen. Damit kommen’S nämlich mindestens 30 Jahre zu spät… Und hören’S endlich auf mit einer Selbstmitleid. So wie sie sich der Lisa gegenüber früher verhalten haben, so wie Sie sie grün und blau g’schlagen haben und wie gleichgültig Sie sich ihr gegenüber dann verhalten haben, als sie psychisch völlig am End war, des arme Hascherl, nimmt Ihnen des heut’ nämlich keiner ab…“
In Dagmars Augen blitzt plötzlich trotziger Zorn auf. „Sie finden also, dass ich mich aufführe wie ein vor Selbstmitleid triefender Jammerlappen, ja?!“ entfährt es ihr. Und plötzlich ist da nichts selbstmitleidiges mehr in ihrer Stimme, sondern die alte Kälte und Ignoranz, mit der sie Lisa bereits in deren Kindheit behandelt hat.
„Genau des find ich“, entgegnet Gabi. „Und nun möcht ich Sie bitten zu gehen! Mir geht’s nämlich net gut und i möcht mich ausruhen.“
Dagmar steht auf und blickt verächtlich auf sie hinab. „Wissen Sie was, Frau Zenker“, sagt sie kalt. „Nicht ich bin erbärmlich, sondern Sie. Früher habe ich Sie mal bewundert, dafür, wie Sie das alles schaffen: Beruf, Haushalt, diese ganzen Kinder, von denen die meisten ja nicht mal Ihre leiblichen waren… Aber heute? Heute sind Sie nur noch ein Häufchen Elend. Schauen Sie sich doch nur mal an!!! Sie sind ja nur noch ein Schatten Ihrer selbst! Sie sind erbärmlich, Sie! Und nicht ich!!!“
Im Laufe ihrer Hasstirade ist Dagmars Stimme immer laut und aggressiver geworden. Nun dreht sie sich um, schreitet hocherhobenen Hauptes auf die Zimmertür zu – und blickt in Helgas weit aufgerissene Mund und Augen, als sie sie abrupt öffnet.
Nach einem kurzen Überraschungsmoment fährt Dagmar Mutter Beimer an: „Und Sie… Sie sind nicht minder erbärmlich!“
Helga blickt ihr fassungslos nach, als Dagmar mit strammen Schritten aus der Wohnung schreitet.
„Was für eine widerliche Frau!“ presst Helga nach Atem ringend hervor. „Gabi, geht es dir gut?“
„Na, hast alles mitbekommen?“ fragt Gabi erschöpft.
„Ich… ich hab nicht gelauscht“, verteidigt Helga sich schnell. „Ich hab hier nur… Staub gewischt… Der Flur war… sehr staubig!“
„Lass gut sein, Helga“, winkt Gabi erschöpft ab. „I möcht mi a bissl hinlegen…“
Dagmar ist derweil völlig durch den Wind. Sie läuft mehrere Runden durchs Viertel, schafft es aber nicht, sowohl ihre Gedanken wie auch ihre Emotionen zu sortieren.
Am Abend in der Wohnung ist auch Benodakt sehr irritiert und ernsthaft besorgt über den verstörten Zustand seiner Partnerin. Dass Dagmar seine besorgten Nachfragen immer wieder abblockt, wühlt auch ihn innerlich zunehmend auf. Als Dagmar am späteren Abend beschließt, nochmal einen Spaziergang zu machen, weil sie frische Luft brauche, bietet er an, sie zu begleiten – und erhält eine Abfuhr…
„Ich brauche jetzt Zeit für mich“, erklärt sie brüsk.
„Aber es ist doch schon stockfinster draußen“, sagt Benodakt. „Das ist doch viel zu gefährlich alleine!“
„Du machst doch auch häufig noch später Abendspaziergänge!“ fährt Dagmar ihn rüde an. „Aber mir mit Verboten kommen!!!“
Völlig überfordert mit der ihm unbekannten Aggressivität in der ihrer Stimme, stammelt er: „Aber… aber ich bin ein Mann. Du bist nur… eine Frau…“
„Nur?“ kreischt Dagmar schrill.
„Ich… ich meinte damit… Für eine schwache Frau ist es nachts draußen viel gefährlicher als für einen Mann…“
„Was soll denn dieser Unsinn jetzt bedeutet?“ keift Dagmar aufgebracht. „Schwache Frau, starker Mann! Also wirklich! Ich glaub, es geht los!“ Sie reißt ihren Herbstmantel von der Garderobe und verlässt buchstäblich fluchtartig die Wohnung. Hermann Benodakt blickt ihre mehrere Sekunden fassungslos hinterher. Dann schnappt er sich eine Tasse von der Anrichte und pfeffert sie mit Wucht gegen die Wand. Nach einem weiteren Moment des Innehaltens, beginnt er, die Scherben aufzufegen…
Dagmar geht derweil, von innerer Unruhe getrieben, mehrere Runden um den Block. Als sie glaubt, sich endlich genug abreagiert zu haben, um nach Hause zurückzukehren, entdeckt sie, dass durch das Schaufenster des Döner-Imbiss noch ein schwacher Lichtschimmer zu sehen ist, der scheinbar aus dem Hinterzimmer kommt. Arbeitet Murat so spät etwas noch? Der Laden ist doch längst geschlossen. Durchs Schaufenster kann Dagmar nichts erkennen. Vielleicht hat Murat nur vergessen, das Licht auszuschalten? Was für eine Stromverschwendung! Als Dagmar gerade durch den dunklen Hausflur in Richtung Treppe tapert, öffnet sich plötzlich die Tür des Imbisses… Irritiert und überrumpelt verharrt Dagmar unbemerkt in ihrer dunklen Ecke des Hausflures und sieht, wie Murat in Begleitung einer Frau den Imbiss verlässt. Und diese Frau ist nicht Lisa… Das ist doch… diese Frau Neumann aus der Arztpraxis…
Dagmar drückt sich weiter in den Schatten.
„Wir dürfen das nicht mehr“, zischt Andrea leise und blickt sich nervös um. Dagmar drückt sich in dem schummrigen Flur weiter in ihre dunkle Ecke.
„Die Kameras senden nur noch die gleichen Bilder in Endlosschleife“, beruhigt Murat sie. „Die filmen uns nicht!“
„Und wenn Lisa dahinter kommt, dass du da was manipuliert hast und das wieder in Ordnung bringen lässt? Heimlich?! Murat, das geht so nicht. Wir haben gesagt, nicht mehr im Laden und nicht mehr in eurer Wohnung! Das ist viel zu gefährlich. Ich bin so froh, dass Lisa endlich mit ihren Verdächtigungen aufgehört hat. Wir dürfen auf keinen Fall riskieren, dass sie doch wieder Verdacht schöpft…“
„Aber sie vertraut mir doch jetzt!“ flüstert Murat.
„Und das dürfen wir nicht wieder aufs Spiel setzen!!“ Andrea gibt ihm einen hastigen Kuss, dann geht sie. Murat wartet noch einen Moment, dann verriegelt er seinen Imbiss und verlässt das Haus ebenfalls in Richtung Lindenstraße. Zurück bleibt eine fassungslose Dagmar in ihrer dunklen Flurecke…

CLIFFHANGER auf: Dagmar Hoffmeister

Mitwirkende Personen
Dagmar Hoffmeister
Hermann Benodakt
Lisa Dagdelen
Murat Dagdelen
Andrea Neumann
Gung Phan Kien
Pia Lorenz
Helga Beimer
Klaus Beimer
Anna Ziegler
Sarah Ziegler
Emil Ziegler
Andy Zenker
Gabi Zenker
Valerie Zenker
David Krämer
Wasti Huber
Giovanna Varese
Nils Wendland
Vasily Sarikakis

© ´popo wolfson´ 2023

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


Zuletzt geändert von popo wolfson am So 15. Okt 2023, 17:21, insgesamt 1-mal geändert.

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Verfasst: Sa 14. Okt 2023, 23:59 


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1897 - Freitag der 13.
BeitragVerfasst: So 15. Okt 2023, 09:51 
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Beiträge: 10004
Jetzt isses raus. Ich bin gespannt, wie da die Fetzen fliegen werden :D Wird Lisa um Murat kämpfen oder jagt sie ihn zum Teufel? Das Arbeitsverhältnis zwischen Lisa und Andrea wird sicher auch sehr spannend.


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1897 - Freitag der 13.
BeitragVerfasst: So 15. Okt 2023, 10:32 
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Beiträge: 11587
gossenfilosof hat geschrieben:
... wie da die Fetzen fliegen werden :D


Wer weiß, ob nur Fetzen fliegen... :?
Dagmar ist ja auch nicht ohne. Nicht, dass die irgendwas wieder "gut" machen will.... :shock:


Bittschrift für Murat und Andrea icon_kidra


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