Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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 Betreff des Beitrags: Folge 1895 - Furien
BeitragVerfasst: So 1. Okt 2023, 14:18 
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Folge 1895: Furien

Spieltag: Donnerstag, 28.09.2023


Andrea fühlt sich unwohl in ihrer Haut. Seitdem sie weiß, dass Lisa wieder in der Praxis anfangen wird, hat sie keine Nacht mehr ruhig geschlafen. Wie soll sie täglich acht Stunden Seite an Seite mit ihr zusammenarbeiten und so tun, als wäre nichts, während sie in ihrer Freizeit mit Lisas Mann…?
Andrea ist fix und fertig. Und es wird nicht besser, als Lisa ihr bereits am frühen Morgen, als Andrea auf dem Weg in die Praxis ist, in der Lindenstraße entgegen kommt.
„Ich habe gestern meinen Aufhebungsvertrag unterschrieben“, erzählt sie strahlend. „Zum 31.10. höre ich im Krankenhaus auf und dann arbeiten wir endlich wieder zusammen! Ist das nicht toll?“
„Toll“, entfährt es Andrea monoton und sie ringt sich ein krampfhaftes Lächeln ab.
„Darauf sollten wir unbedingt anstoßen!“, beschließt Lisa. „Später in deiner Mittagspause im Marcellas?
„Anstoßen?“, fragt Andrea entsetzt. „Um die Uhrzeit? Und wenn ich danach noch arbeiten muss?“
„Nur ein winziges Gläschen Prosecco!“ Lisa blinzelt ihr zu. Dann ruft sie, ohne eine klare Antwort abzuwarten: „Bis später!“ Und ehe Andrea etwas erwidern kann, ist sie auch schon verschwunden…
Mist, Mist, Mist! Wo soll das alles nur enden?
Lisa ist derweil gut gelaunt. Heute baut sie Überstunden ab, von denen hat sie noch massig. Und Urlaubstage auch noch. In ihrem letzten Monat im Krankenhaus wird sie sich daher kaum noch dort blicken lassen müssen…
Als sie zum Einkauf in den Supermarkt rübergehen will, entdeckt sie vor den Südländischen Spezialitäten Murat in eine angeregte Unterhaltung mit Iffi vertieft. Was sie aus den Augenwinkeln im ersten Augenblick als etwas vollkommen Belangloses wahrnimmt, weckt in ihr plötzlich einen furchtbaren Verdacht …
Als Lisa später zu ihrer Verabredung im Marcellas erscheint, hat Andrea bereits ein Glas heißes Wasser vor sich stehen.
„Wir wollten doch Prosecco trinken!“, zischt Lisa forsch beim Anblick von Andreas Lieblingsgetränk.
„Ja, können wir doch auch noch“, erwidert Andrea kleinlaut.
„Vielleicht ist Prosecco doch keine so gute Idee!“, sagt Lisa plötzlich bestimmt.
„Wieso?“ fragt Andrea misstrauisch.
„Wir müssen reden!“, sagt Lisa und klingt überhaupt nicht mehr so fröhlich, wie noch heute in der Frühe.
Andreas Skepsis wächst. „Worüber denn?“, fragt sie vorsichtig.
„Über Murat!“
„Über… Murat?“
„Ich weiß jetzt, mit wem er mich betrügt!“
„Was?“ Panik steigt in Andreas Blick auf.
„Wie konnte ich nur die ganze Zeit so blind sein?“ Lisa knetet energisch ihre Hände.
„Lisa, ich…“, beginnt Andrea zaghaft.
„Ich bin so eine blöde Kuh!“, zetert Lisa. „Hab mir eingebildet, dass er sich da mit wer weiß wem trifft und war doch so blind!“
„Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll…“, flüstert Andrea mit bebender Stimme.
„Ich bin so wütend!“
„Das… verstehe ich!“
„Und enttäuscht bin ich auch!“, giftet Lisa ungebremst weiter.
„Ich weiß auch nicht wie…“, stammelt Andrea. „Ich kann versuchen, dir das zu erklären…“
„IFFI ZENKER!“ spuckt Lisa hervor, als rede sie über ein ekelhaftes Ungziefer.
„Was?“, ruft Andrea, halb schockiert, halb überrascht, aus.
„Er betrügt mich mit Iffi Zenker!“ zischt Lisa.
„Mit… mit Iffi… Zenker?“
„Die beiden haben sich ja schon immer super verstanden“, plappert Lisa. „Und sie ist die letzte Schlampe! Die hat doch schon für jeden die Beine breit gemacht! Wie konnte ich das nur so lange übersehen?“
„Aber… aber wie kommst du denn nur darauf?“, fragt Andrea verwirrt.
„Ich hab sie gesehen!“
„Was?“ Andrea ist völlig konfus.
„Heute Morgen!“
„Wo?“ Andreas Gedanken rasen.
„Auf der Straße. Vor Murats Imbiss!“
„Auf der Straße???“, fragt Andrea fassungslos.
„JA! Sie haben sie unterhalten!!!“
„Unterhalten?“, wiederholt Andrea und ihr Puls normalisiert sich. Plötzlich fühlt sie sich fast erleichtert. „Aber was ist denn daran so schlimm, wenn sie sich unterhalten?“
„Ja, nichts, normalerweise“, zetert Lisa. „Aber glaubst du, die hat sich damals mit Herrn Sperling nur unterhalten? Oder mit Momo, als sie schon lange mit dem Günzel verheiratet war? Oder mit all den anderen Kerlen, von denen sie sich hat nageln lassen ?!“
Andrea starrt Lisa konsterniert an. „Meinst du nicht, dass du gerade ein wenig drüber bist? Kann es nicht sein, dass du Gespenster siehst?“
„Genau DAS werde ich jetzt herausfinden!“, sagt Lisa entschlossen – und schon ist sie aufgestanden und hat das Bistro wieder verlassen. Andrea starrt ihr verstört hinterher. Du liebe Güte, das darf doch alles nicht wahr sein! Jetzt fängt Lisa schon an, vollkommen unschuldige Frauen zu verdächtigen...
„Was willst du denn hier?“, fragt Valerie derweil genervt, nachdem sie Lisa die Tür geöffnet hat. „Willst du etwas zu mir?“
„Nimm dich nicht immer so wichtig! Du bist nicht der Mittelpunkt des Universums!“, giftet Lisa sie an. „Ich muss mit deiner Schwester sprechen!“
„Iffi!?!“, brüllt Valerie in die Wohnung. „Besuch für dich!“
„Was gibt’s?“, fragt Iffi, nachdem sie ebenfalls im Flur erschienen ist.
Lisa funkelt sie bitterböse an. „Dass du dich nicht schämst!“, zischt sie ihr Gegenüber an. „Du bist echt so armselig.“
„Wie bitte?“, fragt Iffi perplex.
„Ich weiß, was ihr hinter meinem Rücken treibt!“, zickt Lisa weiter. „Ihr könnt mich nicht verarschen!“
Während Iffi immer noch vollkommen verständnislos da steht, hat Valerie, die eigentlich wieder in ihr Zimmer verschwinden wollte, beschlossen, dem sich ihr bietenden Schauspiel doch weiter beizuwohnen. Das hier verspricht interessant zu werden…
„Könntest du mir jetzt bitte mal erklären, um was es hier eigentlich geht?“, fordert Iffi gereizt.
„Es geht darum, dass du es seit Monaten hinter meinem Rücken mit Murat treibst!“, platzt es aus Lisa heraus.
Während Valerie nur noch ein „Pooooahhh!“ entweicht, fragt Iffi fassungslos: „Was mache ich?!? Hast du den Verstand verloren?“
„Nur weil ich blond bin, bin ich nicht blöd“, zetert Lisa. „Ich habe Augen im Kopf. Und ich kann eins und eins zusammenzählen!“
„Bist du sicher?“, fragt Iffi. „Bei dir ergibt eins und eins nämlich offenbar drei. Was du da redest, ist vollkommener Bullshit!“
„Versuch du gar nicht erst, dich rauszureden!“, zischt Lisa. „Du warst doch schon immer ein notgeiles Flittchen!“
„Wös üst dönn hüür los?“, Roland kommt gerade die Treppen hinauf und wundert sich über den Aufstand in seiner Wohnungstür.
„Diese durchgeknallte Kuh hier behauptet, ich würde es, Zitat: »mit ihrem Mann treiben«“, ätzt Iffi. „Sie sollte sich vielleicht mal irgendwo einweisen lassen. Ganz dicht war sie ja noch nie, aber jetzt hat sie völlig den Verstand verloren!“
„Du Miststück!“, kreischt Lisa und packt ohne Vorwarnung mit beiden Händen in Iffis rote Mähne. Während Iffi vor Schmerz und Überraschung schrill aufschreit, zieht und reißt Lisa mit beiden Händen kräftig an ihren Haaren. Iffi versucht sich loszureißen, verpasst Lisa schließlich in ihrer Not eine Ohrfeige, woraufhin diese nur noch fester zupackt.
„Lass dir das nicht gefallen!“, feuert Valerie ihre Schwester an – und ist absolut begeistert von der Szene, die sich ihr gerade bietet.
Roland versucht vergebens, die beiden Furien zu trennen, was jedoch nur dazu führt, dass Lisa sich noch intensiver in Iffi »verbeißt«. Beide Frauen schreien und kreischen, während sie sich gegenseitig kratzen und büschelweise die Haare ausreißen.
„Lisa, was machst du denn da?“ Fassungslos steht Dagmar plötzlich mit Einkaufstaschen bepackt im Treppenhaus und glaubt, ihren Augen nicht zu trauen, erst recht nicht, als weder ihre Tochter noch Iffi Zenker Notiz von ihr nehmen und ihren Kampf unbeirrt fortführen – zumindest noch für einen Moment. Denn irgendwann lassen die beiden dann doch voneinander ab und stehen sich keuchend und japsend gegenüber.
„Wie gut, dass hier jetzt keine Bratpfanne in griffbereiter Nähe lag“, gluckst Valerie, verstummt dann aber, als sie die bösen Blicke von Iffi und Lisa bemerkt.
„Vülleischt könnden wür euer Problöm oder wos ooch immer des is, ja drünnen ausdiskutüüren?!“, schlägt Roland fort – und tatsächlich sind sowohl Lisa wie auch Iffi dazu bereit. Als die Wohnungstür ins Schloss fällt, bleibt Dagmar alleine und kopfschüttelnd im Treppenhaus zurück.
Nachdem wenige Minuten später in der Wohnung endlich alle Karten offen auf den Tisch gelegt worden sind, sagt Iffi: „Ich hab doch nichts mit Murat!!! Um Gottes Willen! Ich meine… also… ich hab ja nichts gegen Murat. Im Gegenteil: Ich mag Murat! Aber erstens ist er überhaupt nicht mein Typ und zweitens… habe ich doch schon den besten Mann der Welt an meiner Seite!“ Sie wirft Roland einen verliebten Blick zu und er läuft rot an.
„Aber du hast dich heute Vormittag mit ihm unterhalten“, stellt Lisa fest.
„Ja, ist das ein Verbrechen?“, fragt Iffi.
Lisa weiß selbst nicht mehr, was sie glauben soll und was nicht, und erzählt, dass sie sich sicher ist, dass Murat sie betrügt.
„Ich kann mir das nicht vorstellen“, meint Iffi nachdenklich. „Murat liebt dich heiß und innig, der würde niemals etwas mit einer anderen anfangen.“
„Aber es spricht so vieles dafür!“ sagt Lisa.
„Du musst dich irren, ganz sicher!“, befindet Iffi. „Murat und Fremdgehen, das passt überhaupt nicht…“
Zerstreut macht Lisa sich schließlich auf den Heimweg. Sollte sie wirklich die ganze Zeit auf dem Holzweg gewesen sein und Murat mit ihren Verdächtigungen Unrecht getan haben? Als sie zuhause ankommt, ist die Wohnung leer; Murat ist noch im Imbiss und Deniz bei einer Freundin. Lisa ruft daraufhin bei Andrea an und erzählt ihr, was bei Iffi vorgefallen ist und dass sie möglicherweise doch Gespenster gesehen hat.
„Oh, Gott sei Dank!“, stößt Andrea hervor und Lisa hat den komischen Eindruck, dass ihre Freundin dabei fast erleichterter wirkt als sie selbst. Auch Andrea bestärkt Lisa darin, Murat einfach zu vertrauen und sich nicht in irgendwelche Dinge hineinzusteigern. Als das Telefonat beendet ist, ist da immer noch ein Funken Zweifel in Lisa, aber sie beschließt, dass sie versuchen wird, diesen auch noch zu ersticken…

Mit einem Aufschrei fährt Gabi schweißgebadet aus ihrem Albtraum hoch. Andy tastet hektisch nach dem Schalter seiner Nachttischlampe und knipst das Licht an.
„Was ist los?“, stöhnt er verschlafen.
„I hab geträumt“, keucht Gabi atemlos. „Es… es war so schrecklich!“
„Es war nur ein Traum“, knurrt Andy und schaltet das Licht wieder aus. „Schlaf weiter, es ist erst kurz nach vier!“
„Willst denn gar net wissen, was i geträumt hab?“, fragt Gabi.
Andy verdreht die Augen. „Ich nehme an, vom Hotelbrand?“ vermutet er.
„Naa, vom Putin“, erklärt Gabi.
„Von Putin?“ Andy klingt fassungslos.
„I hab g’träumt, er hat uns mit seine Atomraketen angegriffen“, klagt Gabi. „Alles hat g’brannt. Und alles war verseucht. Es war furchtbar!“
„Es war ja nur ein Traum“, sagt Andy nochmal.
„Aber wenn er uns wirklich eines Tages angreift?“, beharrt Gabi. „Dieser Mann ist so… so unberechenbar. Des is a Psychopath. Der ist doch zu allem fähig…“
„Müssen wir das jetzt ausdiskutieren?“, stöhnt Andy gequält. „Ich bin hundemüde, Gabi, es ist mitten in der Nacht!“
Und im nächsten Moment ist Andy bereits wieder weggedämmert, während Gabi in ihrer Angst für den Rest der Nacht keinen Schlaf mehr findet…
Als Gabi sich ein paar Stunden später im Badezimmer aufhält, wendet Andy sich sorgenvoll an Helga.
„Jede Nacht diese Albträume“, stöhnt er. „Und dass sie überhaupt nicht mehr die Wohnung verlässt … Das kann doch nicht gesund sein. Das ist ja jetzt schon längst kein … vorübergehender Zustand mehr. Dieser Hotel-Brand ist jetzt fast ein Jahr her. Aber Gabi erholt sich überhaupt nicht mehr davon…“
„Vergiss nicht, dass sie vorher schon mit ihren Angststörungen zu kämpfen hatte!“, erinnert Helga ihn.
„Eben drum!“, sagt Andy. „Deshalb können wir das nicht mehr einfach so laufen lassen und hoffen, dass sich das irgendwann von selbst wieder… reguliert. Helga, Gabi braucht wirklich professionelle Hilfe!“
„Aber sie will das nicht“, entgegnet Helga. „Das Thema hatten wir doch nun schon wirklich mehr als einmal. Und schließlich ist sie ein erwachsener, mündiger Mensch. Wir können sie zu nichts zwingen. Auch wenn ich dir natürlich recht gebe, dieser Zustand ist wirklich mehr als besorgniserregend.“
In diesem Moment betritt Gabi die Küche und Helga und Andy unterbrechen ihre Unterhaltung schlagartig.
„Is’ was?“, fragt Gabi skeptisch und blickt zwischen den beiden hin und her, während sie Teewasser aufsetzt.
„Nein, nein! Alles in Ordnung!“, sagt Helga schnell. „Soll ich dir auch ein Ei in die Pfanne schlagen?“
„Habt’s über mich g`redet?“, fragt Gabi.
„Geredet? Über dich?“, fragt Helga gespielt unschuldig. „Nein… wir… über Popo. Weil die sich immer nur rumtreibt oder im Bett liegt. Aber doch nicht über dich!“
Auch Andy schüttelt bestätigend den Kopf, aber Gabi bleibt misstrauisch…
Ein paar Stunden später sitzt Andy mit Iffi und Nico im Marcellas und berichtet auch ihnen von seiner Sorge und Gabi.
„Sie müsste vielleicht mal raus“, meint Iffi.
„JA, allerdings!“ pflichtet Andy seiner Tochter bei. „Aber sie setzt ja keinen Schritt vor die Tür.“
„Ich meine generell raus!,“ erklärt Iffi. „Nicht bloß die Wohnung verlassen! Auch raus aus der Stadt. Verreisen! Ein Tapetenwechsel! Etwas vollkommen anderes sehen!“
„Ja, du machst Witze! Wie soll ich sie denn aus der Stadt kriegen, wenn ich sie nicht mal aus der Wohnung kriege?“, poltert Andy.
„So ein cooles Beach Resort irgendwo im Süden!“, meint Nico verträumt. „Da kommt jeder auf andere Gedanken.“
Andy lacht auf. „Also wenn ich Gabi überhaupt irgendwo hinbekäme, dann bestimmt nicht in so einen überfüllten Touri-Moloch. Das müsste schon was sein, wo sie völlige Ruhe und Abgeschiedenheit hat.“
„Dann kann ich euch nur Sankt Aloyisbeuern empfehlen“, mischt sich Marcella ein, die ihnen gerade ihre Getränke serviert.
„Sankt… was?“ knurrt Andy.
„So ein 300-Seelen-Kaff in Oberbayern“, erklärt Marcella. „Da sind Giovanna und ich im Sommer für ein paar Tage gestrandet, als wir im Urlaub eine Autopanne hatten. Die haben da echt einen urigen Gasthof!“
Andy wird nachdenklich – Iffi und Nico ebenfalls. Alle drei lassen sich von Marcella alles Wissenwerte über Sankt Aloyisbeuern erzählen.
„Aber wie sollen wir dahin kommen?“, schnottert Andy, als sie das Marcellas verlassen haben. „Ich hab meinen Führerschein abgegeben wegen meinen Augen und Gabi hat viel zu viel Angst, um zu fahren. Und einen Bahnhof hat Sankt Egidiusbreuern bestimmt nicht – mal davon abgesehen, dass Gabi vermutlich eh in keinen Zug steigen würde. Könnte ja entgleisen oder von Terroristen gekidnappt werden…“
„Sankt Aloyisbeuern“, korrigiert Nico seinen Großvater. „Also ich würde euch da schon hinfahren. So’n paar Tage Urlaub, ehe die Uni für mich wieder los geht, fänd ich schon nicht übel…“
Derweil macht sich Popo daheim im Bad für einen Besuch auf der Wies’n zurecht, als Gabi ins Bad platzt.
„Oh, entschuldige bitte“, sagt sie.
„No problem“, beschwichtigt Popo sie. „Ich bin fertig. Nur noch a bit Lipstick!“
„Fühlst dich auch unwohl, wenn du hinter dir absperrst?“ erkundigt sich Gabi. „I krieg in abgeschlossenen Räumen immer Platzangst. Und i hab Angst, dass ich die Tür vielleicht net mehr aufkriege…“
„No, ich habe nur vergessen“, erklärt Popo.
„Was hast denn vor?“ fragt Gabi.
„Ich geh zu die Oktoberfest“, sagt Popo.
„Mei, auf die Wies’n?“, fragt Gabi beunruhigt. „Willst net lieber hier bleiben? Des ist doch so gefährlich. Denk doch nur dran, dass da dieses Jahr gleich zu Beginn die Wagen von diesem Fahrg’schäft ineinander gefahren sind. Des hätt noch viel schlimmer ausgehen können…“
„Ich will nicht fahren Rollercoaster“, erklärt Popo. „Ich will trinken, feiern und have fun!“
„Aber da kann so viel passieren, bei solch einer Massenveranstaltung“, gibt Gabi zu bedenken. „Es könnt’ ein Brand ausbrechen. Oder ein Terroranschlag verübt werden. Oder du holst dir Corona! Die Zahlen steigen wieder.“
„Passieren kann überall was“, befindet Popo. „Aber deshalb ich kann mich nicht verkriechen den ganzen Tag in die Wohnung und verpassen my life! Vielleicht du solltest kommen mit. Du musst unbedingt mal wieder raus und unter Menschen!“
„Unter Menschen?“ entfährt es Gabi fast panisch. „Naaaaa! Auf gar keinen Fall! I will net unter Menschen!“
„Schade!“, meint Popo, wirft ihr einen knallroten Kussmund zu und verlässt die Wohnung.
Am Abend sitzen Andy und Nico mit Gabi und Helga im Wohnzimmer der Alten-WG und unterbreiten ihren Plan von einem verlängerten Wochenende in Sankt Aloyisbeuern.
„Was für eine schöne Idee!“, freut sich Helga
„I weiß ja net so recht“, jammert Gabi unruhig. „Mit dem Auto da ´naus bis kurz vor die Berg’… Auf der Autobahn passieren doch immer so viele Unfälle, grad vorm Wochenend!“
„Wir können ja auch Landstraße fahren“, winkt Nico ab.
„Auf Landstraßen gibt`s doch immer so viele Traktor-Unfälle!“ Gabi rutscht nervös auf dem Sofa hin und her. „Naaa, i weiß ganz und gar net…“
Andy atmet tief durch. Er steht wieder mal kurz vorm Platzen und würde Gabi am liebsten rütteln und schütteln, um sie endlich aus ihrem Zustand herauszuholen. Stattdessen sagt er jedoch ungewohnt freundlich und sanftmütig: „Du hast noch eine Woche Zeit, um dich an die Idee zu gewöhnen. Das solltest du hinkriegen, nicht wahr?!“

„Mutter, Udo hat zu mir gesagt, dass er mich bald mal mit auf die Jagd nehmen wird“, erzählt Artjom beim Frühstück begeistert.
Urszula verschluckt sich vor lauter Schreck an ihrem Brötchen. „Das erlaube ich dir nicht“, keucht sie. „Das ist viel zu gefährlich!“
„Aber als wir im Sommer in seinem Wochendhaus waren, durfte ich doch auch schießen!“, beschwert Artjom sich.
„Ja! Auf Flaschen und Dosen! In seinem Garten! Das ist etwas ganz anderes, als wenn du da im Wald rumrennst und auf Hirsche und Wildschweine schießt!“, erklärt Urszula. „Ich finde das gefährlich. Das sind echte Waffen mit echter Munition. Und du bist viel zu jung für sowas!“
„Aber Udo hat es mir erlaubt!“, erwidert Artjom scharf und blitzt seine Mutter vernichtend an.
„Und ich habe es dir verboten!“, gibt Urszula zurück. „Udo ist nicht dein Vater, er kann solche Dinge nicht über meinen Kopf hinweg entscheiden! Ich bin deine Mutter! Und ich sage NEIN und dabei bleibt es!“
Wütend springt Artjom auf, so energisch, dass sein Stuhl hinter ihm umkippt. Kurz darauf verlässt er ohne Abschiedsgruß die Wohnung und macht sich mürrisch auf den Schulweg…
Urszula muss dringend mit Udo sprechen. Er kann Artjom so etwas nicht eigenmächtig zusagen! Zunächst muss sie allerdings ihren Dienst bei ihrem verhassten Arbeitgeber in dem verhassten Billig-Friseur-Salon antreten.
Urszula ist heilfroh, als sie sich endlich in ihre viel zu kurze Mittagspause begeben kann, und flüchtet sich in ein Starbucks gleich um die Ecke vom Salon… Als sie dort ihren Kaffee trinkt und dabei gedankenverloren aus dem Fenster sieht, entdeckt sie plötzlich Irina, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite Hand in Hand mit einem Mann entlang schlendert, der sich gut und gerne 20, wenn nicht sogar 25 Jahre älter ist als ihre Tochter… Hastig verlässt Urszula das Starbucks. War die Begegnung mit Irina vor einiger Zeit hier in der Gegend doch kein Zufall? Wohnt oder arbeitet sie hier in der Gegend? Und wer ist der Freund ihrer Tochter? Den dürfte sie ihr aber schon gerne mal vorstellen, auch wenn ihr Kontakt im Laufe der letzten Jahre so extrem abgekühlt ist…
„Hallo Irina“, begrüßt Urszula ihre Tochter, als sie sie eingeholt hat.
Irina blickt sich kurz um, gibt ein knappes „Hi“ von sich und geht dann ungerührt weiter. Der Mann betrachtet die Polin lediglich mit einem kurzen, abschätzigen Blick und sagt kein Wort.
„Bleib doch mal stehen“, fordert Urszula ihre Tochter auf.
„Keine Zeit“, erwidert Irina knapp und beschleunigt ihren Schritt.
„Wer ist denn die Frau, Camille?,“ meldet sich der Mann jetzt doch zu Wort.
„Ca… was?“, entfährt es Urszula.
„Niemand“, antwortet Irina knapp.
„Niemand?“ Urszula schnappt empört nach Luft. „Ich bin ihre Mutter! Und darf ich fragen, wer Sie sind?“
„Mama, können wir das bitte ein anderes Mal ausdiskutieren?! Wir haben es eilig!“, fährt Irina ihre Mutter barsch an.
„Aber… aber…“, beginnt Urszula, doch ehe sie die passenden Worte findet, sind Irina und ihr Begleiter in einen nagelneuen SUV eingestiegen und davongebraust. Urszula blickt ihnen fassungslos hinterher…
Am Abend schwirrt Urszula der Kopf. Zum einen macht sie sich Sorgen darüber, was ihre Tochter so treibt, und zum anderen muss sie dringend Udo ins Gewissen reden, weil er ihren Sohn einfach so mit auf die Jagd nehmen will.
„Aber ich bin doch dabei!“, versucht Udo sein Vorhaben zu verteidigen, als er am Abend bei Urszula und Artjom zum Essen zu Besuch ist.
„Das ist mir egal!“, wehrt die Polin weiter ab. „Ich möchte nicht, dass mein Sohn mit dir jagen geht, ich verbiete es!!“
„Ich finde das gemein, Mutter!“, mischt sich Artjom nun ein. „Und sehr paradox. Du willst doch immer, dass ich nicht so viel im Zimmer hocke und im Internet surfe. Und jetzt will ich mal was draußen machen und dann ist es auch wieder nicht gut!“
Die Diskussion dreht sich im Kreis: Udo versucht Urszula ihre Bedenken zu nehmen, doch die beharrt auf ihrem Standpunkt, während Artjom schmollt.
„Ich möchte jetzt nicht mehr darüber reden“, beschließt Urszula irgendwann. „Ich habe Kopfschmerzen.“
Sie massiert sich die Schläfen und erzählt von ihrer Begegnung mit Irina, von dem Mann mit dem teuren Auto und davon, dass er ihre Tochter „Camille“ genannt hat.
„Ich finde das alles sehr merkwürdig“, meint Urszula, während Artjom vom Tisch aufsteht, in seinem Zimmer verschwindet und beginnt, im Internet zu recherchieren. Und tatsächlich wird er relativ schnell fündig und präsentiert Urszula schon kurze Zeit später eine Website, auf der, neben den Fotos anderer, junger Frauen auch ein Foto von Irina zu sehen ist – darunter prangt der Name »Camille Moreau«…
„Was soll das bedeuten?“, fragt Urszula konfus. „Was ist das?“
„Das ist die Internetseite einer Begleitagentur“, erklärt Artjom altklug.
„Begleitagentur?“ wiederholt Urszula.
„Man nennt es auch Escort-Service“, erklärt Artjom weiter. „Irina arbeitet doch offenbar als Hostess, aber wenn ich die Angaben auf der Seite richtig verstehe, bieten die hier auch Dienstleistungen an, die über die bloße Begleitung hinaus gehen!“
„Hostess?“ Urszula versteht nur Bahnhof.
„Man könnte auch sagen, dass meine Schwester als Edel-Prostituierte arbeitet“, sagt Artjom offen heraus, ohne dabei eine Miene zu verziehen – und Urszula fällt endgültig vom Glauben ab …

CLIFFHANGER auf: Urszula Winicki-Brenner

Mitwirkende Personen
Gabi Zenker
Andy Zenker
Valerie Zenker
Iffi Zenker
Nico Zenker
Helga Beimer
Popo Wolfson
Andrea Neumann
Murat Dagdelen
Lisa Dagdelen
Dagmar Hoffmeister
Roland Landmann
Marcella Varese
Urszula Winicki-Brenner
Irina Winicki
Artjom Brenner
Udo Bloch

© popo wolfson 2023

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


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Verfasst: So 1. Okt 2023, 14:18 


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1895 - Furien
BeitragVerfasst: Mi 4. Okt 2023, 19:24 
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Registriert: Mi 15. Sep 2010, 12:37
Beiträge: 10004
Ein herrliche Folge, Popo, ich habe mich ganz großartig amüsiert!


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1895 - Furien
BeitragVerfasst: Do 5. Okt 2023, 16:02 
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Registriert: Mi 29. Sep 2010, 00:11
Beiträge: 11587
Langsam spitzt sich der Handlungsstrang um Lisa - Murat - Andrea zu... bin schon gespannt.
Und in Sankt Aloyisbeuern wird die Post auch bald abgehen :lol: .

Deine Folgen, Popo, machen wirklich Spaß.


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