Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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 Betreff des Beitrags: Folge 1862 - Konfrontiert!
BeitragVerfasst: So 18. Dez 2022, 00:00 
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Folge 1862: Konfrontiert!

Spieltag: Donnerstag, 15.12.2022

Auch in dieser Nacht hat Mandy wieder am Krankenhausbett ihrer Tochter gewacht. Seit einer Woche weicht sie Phoebe kaum von der Seite, doch bislang ist deren Zustand unverändert, Phoebe liegt nach wie vor im Koma und nichts deutet darauf hin, dass sie bald erwachen wird.
Die Ärztin Dr. Juliane Vogelsang betritt das Zimmer mit einem Becher Kaffee für Mandy in der Hand.
„Gehen Sie nach Hause und ruhen Sie sich ein bisschen aus“, fordert Frau Dr. Vogelsang sie auf. „Es bringt doch niemandem was, wenn Sie hier am Ende auch noch zusammenbrechen.“
„Ich geh gleich schnell duschen und mir was Frisches anziehen“, erwidert Mandy. „Dann komm ich sofort zurück.“
„Nein, tun Sie nicht!“ sagt die Ärztin. „Sie sollten mal ein paar Stunden schlafen. Wenn es irgendwas Neues gibt, rufe ich sofort an!“
Mandy horcht auf. „Wenn es was Neues gibt? Gibt es denn… besteht denn die Chance, dass sie bald aufwacht?“
„So habe ich das jetzt nicht gemeint“, entgegnet die Ärztin in entschuldigendem Tonfall. „Frau Peschke, ich will Ihnen nicht die Hoffnung nehmen und es ist auch wirklich noch alles möglich, aber… es ist nun leider so, dass, je länger ein Koma andauert, die Chance immer geringer wird, dass der Patient auch wieder aufwacht, noch dazu ohne Folgeschäden…“
„Der Patient“, wiederholt Mandy bitter. „Wir reden hier von meiner Tochter. Sie hat einen Namen und ist nicht DER PATIENT!“
„Natürlich nicht!“ sagt die Ärztin schnell. „Ich möchte ja auch nur, dass Sie sich der Tatsache bewusst sind, dass die Chancen sich mit jedem Tag verschlechtern, der verstreicht.“
„Meine Tochter wird wieder gesund!“ erwidert Mandy mit eiserner Entschlossenheit. „ICH bin wieder gesund geworden, obwohl die Ärzte mich schon aufgegeben hatten. Und wenn ich das geschafft habe, dann schafft Phoebe das auch!“
Als Mandy nach Hause kommt, trifft sie in der Wohnung auf David, der sich gerade auf den Weg zur Arbeit machen will. Und auf Jeremy.
„Was machst du noch hier?“ will sie von ihrem Sohn wissen. „Warum bist du nicht in der Schule?“
„Ich hab erst zur dritten“, erklärt Jeremy. „Mathe fällt aus, die Hallhuber ist krank…“
„Gibt es was Neues von Phoebe?“ erkundigt sich David.
„Alles unverändert“, antwortet Mandy. „Ich geh duschen und zieh mich um, dann bin ich wieder weg.“
Als Mandy aus der Dusche kommt, ist David zur Arbeit aufgebrochen, hat Jeremy, der noch in der Wohnung ist, zuvor aber versprochen, dass er in seiner Mittagspause nach Hause kommt und ihm Spaghetti kocht.
„Mama, ich…“, beginnt Jeremy, als Mandy sich wieder auf den Weg machen will.
„Was denn?“ faucht Mandy ihn an.
„Ich...ich, es… es tut mir leid…!“
„Du solltest auf sie aufpassen“, sagt Mandy eisern. Und nach einem kurzen, unheilschwangeren Schweigen fragt sie fast lautlos: „Warum hast du bloß nicht auf sie aufgepasst?“
Und ein weiteres Wort verlässt Mandy die Wohnung – und lässt Jeremy wie ein Häufchen Elend zurück…
Als David in seiner Mittagspause in die Wohnung zurück kommt, findet er Jeremy zusammengekauert auf dem Sofa im Wohnzimmer vor.
„Nanu, du bist ja schon da?“ wundert David sich. „Oder… warst du gar nicht in der Schule?“
Erst jetzt bemerkt er Jeremys völlig verheultes Gesicht.
„Was ist denn los?“ erkundigt sich David besorgt.
„Mama hasst mich“, antwortet Jeremy.
Stockend erzählt er, was sich zwischen ihm und seiner Mutter abgespielt hat, nachdem David am Morgen die Wohnung verlassen hat.
„Sie hasst dich nicht“, meint David anschließend. „Sie macht sich Sorgen um Phoebe. Sie ist verzweifelt. Aber sie hasst dich nicht.“
„Doch! Ich bin Schuld an allem. Und ich bin auch Schuld, wenn… Phoebe nicht mehr aufwacht!“
„Es war ein Unfall“, sagt David.
„Aber ich hätte aufpassen müssen“, jammert Jeremy weiter. „Ich bin Schuld, wenn sie stirbt.“
„Sie wird bestimmt wieder aufwachen“, versucht David, den Jungen zu beruhigen, doch er kann ihm seine Angst und seine Schuldgefühle nicht nehmen.
Die Stimmung bei David und den Peschkes bleibt gedrückt und auch in dieser Nacht bleibt Mandy im Krankenhaus, um ihrer Tochter nicht von der Seite zu weichen, während sich Jeremy zuhause in seinem Bett in den Schlaf weint...

An diesem Morgen betritt kurz nach Ladenöffnung ein korpulenter Mann den Friseur-Salon in der Ulrike-Böss-Straße.
„Guten Morgen“, begrüßt Tanja ihn. „Haben Sie einen Termin?“
„Nein, ich habe keinen Termin. Ich bin aber auch nicht zum Haare schneiden hier, ich habe lediglich eine Frage. Mein Name ist Udo Bloch und ich bin auf der Suche nach der Dame, die in dem Salon des Hotels da drüben gearbeitet hat, nach Frau Winicki!“
„Ach!“ entfährt es Tanja, während Lea und ´Lotti´ hinter ihr Blicke tauschen. „Und wie können wir Ihnen da weiterhelfen?“
„Nun ja, ich dachte, da sie ja sozusagen eine Kollegin von Ihnen ist und in der gleichen Nachbarschaft gearbeitet hat, kennen Sie sich vielleicht und wissen eventuell, wo sie zu finden sein könnte.“
„Bedaure, aber da kann ich Ihnen definitiv nicht weiterhelfen!“ erwidert Tanja im barschen Tonfall.
„Dann nichts für ungut und entschuldigenden Sie bitte vielmals die Störung“, sagt Bloch und verlässt den Salon.
„Das war jetzt aber ganz schön geschwindelt“, sagt ´Lotti` zu Tanja. „Du hättest ihm doch sagen können, dass Zuzula hier in der Lindenstraße wohnt.“
„Diese Frau ist Luft für mich“, entgegnet Tanja stur.
„Aber ihm einfach sagen, wo sie wohnt, wäre ja auch ein bisschen daneben“, findet Lea. „Wer weiß, ob sie das überhaupt wieder möchte.“
„Zumindest hätte man ihm sagen können, dass er seine Kontaktdaten hier hinterlassen kann und wir Urszula dann fragen, ob sie Kontakt zu ihm aufnehmen möchte“, meint ´Lotti´ .
„Das stimmt allerdings“, findet auch Lea.
„Ach, jetzt geht mir nicht auf den Keks mit Urszula“, motzt Tanja und macht sich wieder an die Arbeit.
Später betritt ´Lotti` das Café Bayer, um ein paar Stücke Kuchen für die Mittagspause im Salon zu organisieren.
„Ist Frau Zenker denn immer noch krank?“ fragt er Anna, die hinter der Theke steht.
„Leider ja“, antwortet diese. „Es geht ihr richtig mies. Seit der Sache im Hotel sind ihre Angststörungen so schlimm wie nie. Sie kommt kaum noch aus dem Bett…“
´Lotti` lässt Gabi über Anna gute Besserung ausrichten. Als er das Café gerade verlassen möchte, entdeckt er Herrn Bloch, der an einem Tisch in der hinteren Ecke sitzt und ein belegtes Brötchen isst. ´Lotti` geht zu ihm rüber und stellt sich ihm vor – und tatsächlich erinnert Udo Bloch sich von seinem morgendlichen Besuch im Salon noch an ihn. Als ´Lotti` ihn wissen lässt, dass er weiß, wo Urszula wohnt, ist Bloch hellauf begeistert und sofort bereit, ´Lotti’ sowohl seine Handy- wie auch seine Festnetznummer und seine Adresse mitzuteilen. ´Lotti` verspricht ihm, die Informationen an Urszula weiterzugeben. Sie solle dann selbst entscheiden, ob sie ihn kontaktiert oder nicht…
Wenige Minuten später steht ´Lotti` samt Kuchentablett bei Urszula auf der Matte.
„Oh! Willst du mir Kuchen bringen?“ fragt die Polin entzückt.
„Nee, der ist für Tanja, Lea und mich“, erklärt ´Lotti` entschuldigend. „Aber ich bringe dir was anderes.“
Mit diesen Worten präsentiert er ihr den Zettel mit den Daten von Udo Bloch und erklärt ihr, dass dieser auf der Suche nach ihr heute bei ihnen im Salon aufgetaucht ist.
„Der scheint ja echt einen Narren an dir gefressen zu haben!“ kichert ´Lotti`.
„Wir haben uns ganz gut verstanden“, erklärt Urszula. „Und, ja, mir war natürlich klar, dass er nicht nur wegen seiner Haare mindestens zweimal wöchentlich im Hotel-Salon aufgeschlagen ist.“
„Hast du denn eigentlich schon was Neues in Aussicht?“ erkundigt sich ´Lotti`. „Ich meine, jobmäßig.“
„Nein“, erwidert Urszula bedauernd. „Aber ich bleibe dran.“
„Vielleicht sollten wir uns mal wieder treffen und ein bisschen quatschen“, schlägt ´Lotti`vor.
„Ich weiß nicht“, murmelt Urszula unentschlossen.
„Wegen Tanja?“
„Auch. Aber vor allem…“ Urszula zögert kurz. „Ach, ich finde es halt einfach nicht so toll, dass du mit diesem widerlichen Typen zusammen bist!“
´Lotti` schluckt. „Ich weiß, dass Bert dir schlimme Dinge angetan hat“, flüstert er schließlich. „Aber er hat sich verändert. Kannst du die alten Geschichten denn nicht mal vergraben?“
„Manchen Sachen lassen sich nicht vergraben! Danke für den Zettel!“ Damit schlägt Urszula ihm ohne weiteren Kommentar die Tür vor der Nase zu.
Allein in der Wohnung denkt sie nach. Sollte sie diesen Udo Bloch tatsächlich anrufen? Er war ihr ja nicht unsympathisch, aber kann man sich aus ein paar Friseur-Terminen wirklich schon dazu bekennen, ob man einen Menschen mag oder nicht? Andererseits muss man ein unverbindliches Treffen ja nicht gleich als Date sehen. Aber ob dieser Herr Bloch das genauso sieht? Wäre sie nach Christian überhaupt schon bereit für etwas Neues? Wäre das nicht ohnehin alles noch viel zu früh?
Während Urszula noch hin und her überlegt, kommt Artjom von der Schule nach Hause – und verhält sich gewohnt einsilbig und verschlossen. Urszula würde sich wünschen, dass er endlich mal Freunde findet und mehr mit Gleichaltrigen unternimmt, statt immer noch so seinem Laptop oder seinem Handy zu kleben und im Internet wer weiß was zu machen… Aber heute, so beschließt sie, will sie sich darüber keinen Kopf machen. Als Artjom später in seinem Zimmer verschwunden ist, ruft sie Udo Bloch doch noch an. Die beiden unterhalten sich eine ganze Weile sehr nett miteinander und Urszula merkt wieder das, was ihr bei ihren Friseur-Terminen mit Bloch bereits aufgefallen ist: Dass er ihr einfach sehr sympathisch ist… Und daher sagt sie auch zu, als er sie für den Abend zum Essen ins Akropolis einlädt…
Als Urszula sich auf den Weg macht, erzählt sie Artjom etwas von einer Verabredung mit einer Freundin, aber Artjom, der mal wieder in den Tiefen des Internets unterwegs ist, hört gar nicht richtig zu und brummelt nur etwas Unverständliches und so macht sich Urszula auf den Weg…
Es wird ein schöner Abend, sowohl für Urszula wie auch für Udo, in dessen Verlauf es dazu kommt, dass sie sich darauf einigen, sich zukünftig zu duzen. Udo erzählt von seiner beruflichen Tätigkeit als Knopffabrikant in der fünften Generation – sein Ururgroßvater hat die Fabrik vor den Toren Münchens, die bis heute erfolgreich läuft, 1888 ins Leben gerufen und sie hat seither sowohl die Weltkriege wie auch Wirtschaftskrisen unbeschadet überstanden - und von seinem größten Hobby, der Jagd, der er seit seiner Jugend mit Leidenschaft nachgeht. Und Urszula hört interessiert zu. Sie berichtet schließlich auch aus ihrem Leben, davon, dass sie früher mal den Salon in der Ulrike-Böss-Straße geführt hat, von ihrer Ehe mit Christian, während der sie sich aus dem Berufsleben zurückgezogen hat und die an dessen Spielsucht gescheitert ist. Auch von ihren Kindern berichtet sie; von Irina, zu der sie heute kaum noch Kontakt hat; von Paula, die als kleines Mädchen beim Wohnungsbrand starb, während deren Vater sie mit einer Jüngeren betrog. Und von ihrem russlandstämmigen Adoptivsohn Artjom, um den sie sich große Sorgen macht, weil er ein so verschlossener und eigenbrötlerischer Junge ist. Zwischen Urszula und Udo herrscht von Anfang an eine große Vertrautheit und sie fühlt sich sehr wohl in seiner Gegenwart…
Als Udo sich kurzzeitig auf die Toilette verabschiedet, geht Urszula zu Vasily an den Tresen rüber.
„Wie geht es dir?“ erkundigt sie sich. „Ich hab gehört, du warst in Köln auf der Beerdigung von deiner Ex-Frau.“
„Ja, zusammen mit Jack und Emma“, berichtet der Grieche. „Es war eine sehr trostlose Veranstaltung. Außer uns waren nur noch Sandras Mutter und meine Mutter aus Griechenland da. Besonders viele Freunde hatte Sandra offenbar nicht. Nicht mal ihre Töchter waren da. Jacqueline, die Jüngere, will nichts mit Sandra und deren Umfeld zu tun haben. Und bei Chantal, der Älteren, weiß niemand, wo sie steckt oder wie sie erreichbar ist. Die ist wie vom Erdboden verschluckt. Jedenfalls hätte Sandra definitiv eine größere Trauerfeier verdient. Immerhin habe ich dafür gesorgt, dass dort ´Tango für Evora` gespielt wurde. Zu diesem Lied haben wir beide eine… ganz besondere Verbindung...“
„Mein Beileid“, sagt Urszula. Dann blickt sie sich suchend um und fragt: „Wo ist denn eigentlich deine Freundin, diese… die Autorin? Ich hab sie schon länger nicht mehr gesehen…“
„Wir sehen uns zur Zeit nicht so oft“, erwidert Vasily mürrisch. „Sie ist wohl eifersüchtig auf eine Tote.“
„Oh je“, sagt Urszula. In diesem Moment kommt Udo von der Toilette zurück und sie verabschiedet sich von Vasily und geht zu ihrem Tisch zurück.
Während die beiden ihr Dessert löffeln, betreten auch ´Lotti` und Robert das Lokal und setzen sich an einen freien Tisch. Als Vasily den beiden die Karte bringt, bedenkt er Robert mit sehr missbilligenden Blicken, was Robert mit souveräner Fassung trägt…
´Lotti` ist derweil eher an Urszula und ihrem Begleiter interessiert.
„Hat sie sich also tatsächlich mit ihm getroffen“, freut sich der Frisör. „Finde ich sehr schön!!“
„Die kleine Urszula“, schnurrt Engel mit süffisantem Tonfall. „Die wird mir unsere gemeinsame Vergangenheit wahrscheinlich auch niemals verzeihen.“
„Ich finde, nach 30 Jahren könnte sie ruhig mal sagen, Schwamm drüber“, sagt ´Lotti`. „Du hast dich doch verändert, du bist nicht mehr der Robert von damals.“
„Ach, das ist mir so dermaßen egal“, winkt Robert ab. „Mein Buchladen läuft, ich habe mir mittlerweile einen netten kleinen Kreis von Stammkunden aus der näheren Umgebung aufgebaut. Dass mich da die Leute aus der direkten Nachbarschaft hassen, ist mir reichlich egal. Ich arbeite ja nur hier, ich muss ja nicht in dieser Straße wohnen…“
Als Urszula und Udo später das Restaurant verlassen, bleibt Urszula kurz am Tisch der beiden stehen. Während sie Robert nicht mal einen kurzen Blick schenkt, sagt sie zu ´Lotti`: „Du hast wirklich was Besseres verdient.“
Die beiden gehen zur Tür hinaus und ´Lotti` springt auf. „Bin sofort wieder da!“ raunt er Robert zu und eilt ihnen nach. Er trifft sie unmittelbar vor dem Eingang und sagt scharf zu Urszula: „Warum könnt ihr nicht einfach mal akzeptieren, dass Robert nicht mehr der Mensch von früher ist? Bert und ich sind nun seit anderthalb Jahren ein Paar. Ich hatte noch nie in meinem Leben eine so lange Beziehung. Und ich bin auch noch nie im Leben in einer Beziehung so glücklich gewesen. Ich liebe Bert noch wie am ersten Tag. Und er liebt mich! Und daran werden auch eure Sticheleien nichts ändern können!“
Damit verschwindet er wieder im Lokal und Udo sieht seine Begleiterin fragend an. „Was war denn das jetzt?“ erkundigt er sich irritiert.
„Eine sehr alte, sehr unschöne und vor allem sehr lange Geschichte“, erwidert diese. „Das erzähle ich dir ein anderes Mal.“
„Wir sehen uns also wieder?“ fragt Bloch.
„Sehr gerne!“ antwortet Urszula.
Udo Bloch begleitet sie noch bis zum Eingang des Hauses Nr. 3, wo sie sich verabschieden und sich verschämt zwei flüchtige Küsschen auf die Wangen hauchen.
Als Urszula die Wohnung betritt, steht Artjom mitten im Flur und sieht sie finster an.
„Oh“, macht Urszula überrascht. „Du bist ja gar nicht im Internet!?!“
„Wie war’s?“ fragt Artjom knapp.
„Schön“, antwortet Urszula.
„Was war das denn für eine Freundin?“ erkundigt sich Artjom – und Urszula ist erstaunt über sein plötzliches Interesse.
„Das… äh… das war eine alte Freundin von… von früher“, versucht sich die Polin zu erklären. „Sie… sie heißt… U… Uta…“
„Aha“, macht Artjom – und Urszula läuft es fast kalt den Rücken runter, als sie den Blick sieht, mit dem er sie taxiert.
„Du… solltest langsam ins Bett gehen“, sagt Urszula. „Morgen ist Schule.“
„Ich hab euch gesehen!“ entgegnet Artjom kühl.
„Was? Wen?“
„Dich und diesen Fettsack“, sagt Artjom. „Ihr seid aus dem Akropolis gekommen. Das war bestimmt keine Uta!“
Urszula atmet tief durch, dann sagt sie: „Okay. Es tut mir leid. Das war Herr Bloch. Udo. Udo Bloch. Ich hab ihn im Salon im Hotel kennengelernt. Und jetzt haben wir uns zufällig wiedergetroffen und er hat mich zum Essen eingeladen…“
„Du hast mich belogen, Mutter!“ Artjoms Ton ist scharf und der Vorwurf in seiner Stimme nahezu schneidend.
„Es tut mir leid… Ich… ich wollte nur nicht, dass du was Falsches denkst…“
„Was sollte ich denn denken? Oder NICHT denken?“
Urszula jagen Artjoms Tonlage und die unterschwellige Aggressivität in seiner Stimme zunehmend Schauer über den Rücken. „Dass… dass...dass ich nach deinem Vater… wieder… dass ich… ich…“
„Fickt er dich?“
Urszula erstarrt. „Artjom, bitte! Wie redest du denn mit mir?“
„Habt ihr Geschlechtsverkehr?“ fragt er nun und seiner Stimme klingt sanfter.
„Nein!“ erwidert Urszula empört.
„Dann ist ja gut“, sagt Artjom nahezu sanftmütig. „Gute Nacht, Mutter!“ Und mit einem nahezu lieblichen Lächeln verschwindet er in sein Zimmer. Urszula blickt ihm fassungslos und mit zugeschnürter Kehle nach. Was, um alles in der Welt, war das nun für ein Auftritt…?

Ortrun von Sassnitz ist bereits frühzeitig in der Lindenstraße, um ihren Sohn in seiner Kanzlei zu besuchen. Als sie ihren Wagen vor der Villa parkt, läuft Lea gerade vorüber, bemerkt sie allerdings nicht. Ortrun verriegelt ihr Auto – und bemerkt missmutig, dass ausgerechnet in dem Moment, in dem Lea den Salon betreten will, Tristan mit einem Becher Coffee to go das Marcellas verlässt – und Lea natürlich augenblicklich anspricht… Nur hat Ortrun es sehr eilig, zu den beiden rüber zu kommen. Als sie die Ulrike-Böss-Straße überquert, hört sie gerade, wie Tristan fragt: „Was machst du denn an Silvester?“
„Was interessiert’s dich?“ gibt Lea pampig zurück.
Ortrun beschließt, dieses Gespräch schnellstens zu unterbinden, bevor Tristan es am Ende womöglich doch noch schafft, Lea milder zu stimmen.
„Juuuuuhuuuuuu!“ trällert sie fröhlich, gibt ihrem Sohn links und rechts einen dicken Schmatzer auf die Wange und sagt dann knapp: „Guten Morgen, Lena!“
„Tag“, gibt Lea noch knapper zurück.
„Was machst du denn schon wieder hier?“ fragt Tristan genervt.
„Ich möchte mit dir den Jahreswechsel planen!“ erklärt Ortrun. „Ach, lass uns doch schnell rauf in dein Büro gehen. Es ist ja wirklich bitterkalt heute!“
Ortrun schiebt Tristan in das Gebäude und auch Lea betritt, ohne weiteren Kommentar, den Salon.
Von allen drei unbemerkt bleibt Mechthild, die Obdachlose, die einige Meter entfernt vor dem Astor auf dem Gehweg hockt und die ganze Szene aufmerksam beobachtet hat. Nun erhebt sie sich und geht langsam zum Parkplatz vor der Villa hinüber, wo sie mehrmals Ortruns Auto umrundet und es neugierig in Augenschein nimmt…
In der Kanzlei versucht Ortrun derweil ihren Sohn dazu zu bewegen, den Jahreswechsel mit ihr zu verbringen, doch Tristan lässt sie wissen, dass er mit Freunden feiern wird.
„Ich könnte auch mit Freunden feiern“, zetert Ortrun. „Du weißt ja, früher habe ich immer rauschende Neujahrs-Empfänge in unserem Salon gegeben. Die waren legendär! Aber ich fände es halt viel gemütlicher, wenn nur du und ich vor dem Kamin mit einer schönen Flasche Wein ins neue Jahr hineinfeiern würden.“
Als Sarah das Büro betritt, um Tristan eine kurze Frage zu stellen, ordert Ortrun bei ihr sogleich eine Tasse Kaffee mit Milch und Zucker – aber Rohrzucker!
„Mutter, Frau Ziegler ist hier nicht die Sekretärin, sie ist Anwältin“, mahnt Tristan.
„Ach, papperlapapp, das macht ihr nichts aus! Nicht wahr, Sandra?“
„Sarah“, verbessert die Angesprochene. „Nein, ich mach schon.“
Die Diskussion von Mutter und Sohn dreht sich noch eine Weile im Kreis, ohne dass sie auf einen gemeinsamen Nenner kommen, daran ändert auch der Kaffee mit Rohrzucker nichts. Enttäuscht verlässt Ortrun später die Kanzlei ihres Sohnes. Als sie zurück zu ihrem Auto geht, erblickt sie Mechthild, die sich im Eingangsbereich des Supermarktes rumdrückt. Für einen Moment starrt Ortrun die Obdachlose an. Diese spürt den bohrenden Blick und schaut zurück. Für Sekundenbruchteile treffen sich ihrer beide Blicke, ehe Ortrun schnell in eine andere Richtung sieht, naserümpfend in ihr Auto springt und mit quietschenden Reifen davon braust. Mechthild schaut ihr nach, bis sie um die Ecke verschwunden ist…
„Was machen Sie denn schon wieder hier?“ kommt plötzlich die drohende Stimme von Marktleiter Christopher Fröhlich von hinten. „Hatte ich Ihnen nicht Hausverbot erteilt.“
„Ich wusste nicht, dass das Hausverbot auch für den Bürgersteig davor gilt“, murrt Mechthild und schleicht von dannen…
Als sich am Abend die Dunkelheit über die Lindenstraße gelegt hat, fährt Frau von Sassnitz ein weiteres Mal an diesem Tag vor, parkt erneut vor der Villa und stellt erfreut fest, dass trotz der späten Stunde noch Licht in der Kanzlei ihres Sohnes brennt. Nachdem sie ihn in seiner Ersatz-Wohnung nicht angetroffen hat und ihn auch auf dem Handy nicht erreichen konnte, hat sie beschlossen, ihr Glück nochmal an seinem Arbeitsplatz zu besuchen.
„Du könntest deine Freunde, mit denen du feiern willst, einfach mitbringen!“ schlägt sie ihm zur Begrüßung vor. „Dann lade ich auch ein paar Freunde ein und wir machen doch wieder so eine Art Neujahrs-Empfang daraus. Diese Freunde, das sind doch bestimmt besser positionierte Leute, als diese kleine Friseuse, oder?“
„Friseurin“, verbessert Tristan sie genervt.
„Ach, nun lass doch mal diese Spitzfindigkeiten! Friseuse, Friseurin! Wo ist denn da der Unterschied? Es klingt doch beides gleichermaßen ordinär, nicht wahr?! Und es ist definitiv unter deinem Niveau!“
Auch dieses Mal erreicht Ortrun bei Tristan nicht das Ziel, das sie gerne erreicht hätte. Dennoch ist sie nicht gewillt aufzugeben. Bis Silvester ist ja noch ein bisschen Zeit… Als sie sich etwas später zu ihrem Auto begibt und gerade in der Handtasche nach dem Schlüssel sucht, ertönt hinter ihr plötzlich ein heiseres: „Guten Abend!“
Erschrocken fährt Ortrun herum und erblickt, wie sich die Obdachlose aus der Dunkelheit schält und auf sie zu kommt.
„Guten Abend“, erwidert sie knapp und beginnt hektischer nach dem Schlüssel zu kramen.
„Es ist bitterkalt hier auf der Straße um diese Jahreszeit“, erklärt Mechthild heiser.
„Statt ihrer Schlüssel bekommt Mechthild ihre Portemonnaie in die Finger. Hektisch zerrt sie ein Zwei-Euro-Stück hervor und wirft es der Frau zu, wie einem Hund einen Knochen. „Kaufen Sie sich einen heißen Tee“, flüstert sie panisch. Endlich hat sie den Schlüssel gefunden und entriegelt ihren Wagen.
„Sie?“ Mechthild lacht heiser auf. „Was sollen denn diese unnützen Förmlichkeiten.“
„Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen!“ Ortrun springt auf den Fahrersitz, doch als sie die Türe zuziehen will, hält Mechthild sie von außen fest.
„Lassen Sie das!“ zischt Ortrun panisch und weigert sich krampfhaft, der Frau in die Auge zu schauen.
„Hör endlich auf mit diesem Schmierentheater!“ kläfft Mechthild. „Du willst mir doch nicht allen Ernstes weismachen, dass du nicht weißt, wer ich bin. Natürlich hast du mich erkannt, Schwesterherz…!“

CLIFFHANGER auf: Ortrun von Sassnitz


Mitwirkende Personen
Urszula Winicki-Brenner
Artjom Brenner
Udo Bloch
Tanja Schildknecht
Robert Engel
Peter ´Lotti` Lottmann
Lea Starck
Tristan von Sassnitz
Ortrun von Sassnitz
Mechthild Walther
David Krämer
Mandy Peschke
Jeremy Peschke
Phoebe Peschke
Anna Ziegler
Sarah Ziegler
Vasily Sarikakis
Christopher Fröhlich
Dr. Juliane Vogelsang

© ´popo wolfson` 2022

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


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Verfasst: So 18. Dez 2022, 00:00 


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1862 - Konfrontiert!
BeitragVerfasst: So 18. Dez 2022, 16:57 
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Beiträge: 10009
Ha, die Schwester, das wird lustig :mrgreen:


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1862 - Konfrontiert!
BeitragVerfasst: So 18. Dez 2022, 22:01 
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Beiträge: 11590
Wenn Ursula dann irgendwann mal einen neuen Partner hat. Das wird lustig, mit dem Zombie in der Whg.


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1862 - Konfrontiert!
BeitragVerfasst: Mo 19. Dez 2022, 20:00 
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Beiträge: 10009
Der Zombie scheint mir auf dem Weg zum Amokläufer...


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1862 - Konfrontiert!
BeitragVerfasst: Mo 19. Dez 2022, 23:00 
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Registriert: Mi 29. Sep 2010, 00:11
Beiträge: 11590
vorher wird Uschula genussvoll abgemurkst


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