Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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 Betreff des Beitrags: Folge 1847 - Für immer Bruno
BeitragVerfasst: Sa 27. Aug 2022, 23:00 
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Folge 1847: Für immer Bruno!

Spieltag: Donnerstag, 25.08.2022

Gabi hat gerade den Laden aufgemacht und hinterm Tresen Stellung bezogen, als Gung das Bayer betritt.
„Wie geht es deinem Vaaata?“ fragt er besorgt. „Ich hab gehööört, er haatte Heeerzinfaaaarkt?“
„Naa, es war nur eine relative leichte Herzattacke“, erklärt Gabi. „Es geht ihm gut soweit. Er soll halt a bisserl mehr auf sich acht; gesündere Ernährung, kein Stress, Bewegung an der frischen Luft, auf Alkohol und Nikotin verzichten. Und Betablocker muss er nun nehmen. Aber ansonsten ist alles in Ordnung. Er is a Skabowski. Unkraut vergeht nicht…“
„Oh, Gott sei Dank“, sagt Gung. „Als ich habe gehört, ich habe mir Sooorgen gemacht. Konfuse sagt, wer gutes tut für seine Seele, der tut auch gutes für den Körper. Jack und ich züchten jetzt Bienen. Ist seehr beruhigende Arbeit. Seeehr entspannend. Sollte dein Vaaata auch versuchen…“
„Ich werd’s ihm vorschlagen“, erwidert Gabi breit grinsend. „Aber ich bezweifle, dass er sich darauf einlässt…“
„Und gibt es Neuigkeiten von Antooonia?“ erkundigt Gung sich weiter.
Schlagartig verschwindet das Lächeln wieder aus Gabis Gesicht. „Kein Lebenszeichen“, sagt sie leise. „Wer weiß, was mit ihr geschehen ist…“
„Konfuse sagt, wer die Hoffnung verliert, ist schon so gut wie tot“, erklärt Gung. „Ihr düft niemaaals aufgeben und müsst fest dran glauben, dass es ihr geht gut und sie kommt gesund zuruck!“
Derweil hadert Bruno mit seinem Schicksal. Diese Herzattacke war doch ein Warnschuss, die ihm ganz deutlich zeigt, dass Marlene ihm nicht gut tut. Trotzdem wäre es doch sehr kontraproduktiv, die Beziehung nun zu beenden, denn die Ärzte im Krankenhaus haben schließlich gesagt, dass er Stress vermeiden soll – und wenn er Marlene jetzt den Laufpass gibt, dann wird die auf jeden Fall Stress machen. Und zwar deutlich mehr Stress, als für ihn und sein Herz zuträglich sind…
Als Marlene eine Weile später vor der Tür steht und Bruno zu einem kleinen Spaziergang an der frischen Luft überreden will, wimmelt er sie ab – er brauche seine Ruhe!
„Ist wirklich alles in Ordnung?“ fragt Marlene besorgt. „Macht dein Herz dir wieder Probleme?“
„Naaa, alles bestens“, versichert Bruno ihr. „Aber ich muss halt a bisserl alleine sein und… mich schonen.“
„Aber zwischen uns ist doch alles gut?“ fragt Marlene vorsichtig.
Für einen Augenblick überlegt Bruno, ob das jetzt der richtige Zeitpunkt ist, ihr reinen Wein einzuschenken. Stattdessen antwortet er: „Selbstverständlich! Alles bestens!“
Er lächelt sie an, wirkt dabei aber ein wenig verkrampft. Verunsichert macht Marlene kehrt. „Ich komme heute Abend nochmal vorbei und sehe nach dir“, sagt sie zum Abschied.
Und Bruno wird erneut bewusst, dass er handeln muss. Also trifft er eine Entscheidung. Er nutzt die Gelegenheit, dass er in der überfüllten Alten-WG gerade mal etwas ruhiger ist, setzt sich an den Küchentisch und beginnt damit, einen Brief zu schreiben…
Nachdem er fertig ist, greift er zu seinem alten Knochen von Handy, dessen Akku gerade ausnahmsweise mal aufgeladen ist und wählt eine Nummer auf Ischia.
„Isolde? ...Hier ist der Bruno… Isolde, hör zu… Mit unserer Trennung… I glaub, ich hab da einen schweren Fehler g’macht...“
Am späten Nachmittag kehren Gabi und Helga gemeinsam in die Wohngemeinschaft zurück – und stolpern als erstes über Brunos Koffer, der gepackt mitten im Flur steht.
„Verreist du?“ fragt Gabi ihren Vater perplex.
„Mit Marlene?“ will Helga sofort wissen.
„Naaa, ich äh… geh zurück nach Ischia“, erklärt er etwas zerknirscht. „Die Isolde und ich, wir haben heut telefoniert und wir… wir wollen’s nochmal oanen Neuanfang wagen…“
„Wirklich?“ fragt Gabi erstaunt.
„Und was sagt Marlene dazu?“ erkundigt sich Helga. „Die war doch sicher alles andere als begeistert!“
„Des is oa andere Sach“, sagt Bruno und zieht einen Briefumschlag aus der Innentasche seines Jackets. „Es wäre nett von euch, wenn ihr den hier der Marlene von mir geben würdet…“
Gabi und Helga blicken sich an und brauchen scheinbar einen Moment, ehe der Groschen fällt.
„Du willst Marlene mit einem Brief abservieren?“ fragt Helga ungläubig.
„Ja, so hätt ich’s jetzt zwar net ausgedrückt, aber, ja, ich denke, es ist der beste Weg!“ stammelt Bruno.
„Des is überhaupt’s net der beste Weg!“ zischt Gabi ihren Vater erregt an. „Du kannst doch net mit einem Brief… Schluss mit ihr machen , wie a Teenager…“
„I glaub, die Teenager machen heutzutag net mehr mit Briefen Schluss“, erwidert Bruno schmunzelnd. „Die schicken a Sprachnachricht!“
„Wie auch immer“, regt sich Gabi auf. „Du bist keine 15 mehr und wenn das mit der Marlene net mehr passt, dann sagst ihr des bitt’schön persönlich!“
„Ich weiß net, ob des a gute Idee es“, versucht Bruno seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. „Du weißt, mein Herz. Ich soll mich net aufregen!“
„Also, Bruno, bitte!“ mischt sich nun auch Helga wieder ein. „Marlene ist die Letzte, auf deren Seite ich mich stelle, aber das ist wirklich mehr als schäbig! Obwohl… wenn ich es mir recht überlege… verdient hätte sie’s!“
Während ein Grinsen über Helgas Gesicht huscht, faucht Gabi ihren Vater an: „Des kannst vergessen, mein Lieber, du gehst weder zurück nach Ischia, noch wohin, ehe du diese Sach net anständig bereinigt hast!“
Bruno blickt zwischen Gabi und Helga hin und her. „Na, wie ihr meints“, murmelt er schließlich resigniert und schleppt seinen Koffer in die hinterste Ecke des Flures…
Als später wieder Trubel in der Wohnung herrscht und sich alle Anwesenden zum Abendessen auf Küche und Wohnzimmer aufteilen, erkundigt Gabi sich, ob Bruno auch etwas essen möchte. Der hat sich in das Zimmer von Gabi und Andy zurückgezogen und lehnt ab – er müsse sich Gedanken machen, wie er Marlene die Wahrheit schonend beibringen kann.
„Geh, sag’s ihr halt einfach! Sie wird’s überleben!“ Gabi wirft ihrem Vater ein Lächeln zu und geht in die Küche.
Eine kleine Weile später tritt Bruno leise in den Flur. Zunächst wirft er einen Blick durch den Spalt der Küchentür, wo Gabi, Andy, Helga und Lola am Tisch sitzen. Dann späht er durch den Spalt der Wohnzimmertür, wo Pat, Popo und Jekaterina vor dem Fernseher ihr Essen zu sich nehmen. Schließlich legt er zwei Briefumschläge auf die Garderobe im Flur, schultert seinen Koffer, lauert einen letztes Mal durch den Türspalt in die Küche, wirft seiner Tochter einen liebevollen Blick zu – und stiehlt sich heimlich aus der Wohnung, wie ein Dieb in der Nacht…
Nachdem sich später der allgemeine abendliche Trubel gelegt hat und es ruhiger wird in der Wohnung, entdeckt Popo die Briefumschläge auf der Kommode.
„Guckt mal, hier liegt etwas“, sagt sie zu Gabi und Helga. Die beiden blicken irritiert auf die Umschläge, auf dem einen steht Marlene und auf dem anderen Gabriele.
„Des gibt’s doch net!“ ruft Gabi empört und durchsucht schnell die Wohnung – muss jedoch feststellen, dass dies zwecklos ist. „Er ist weg!“ sagt sie fassungslos. „Mit seinem Koffer! Einfach weg!“
Hektisch öffnet sie ihren Brief und beginnt, zu lesen:
´Meine liebe Gabriele!
Es tut mir leid, dass ich Dich wieder mal enttäuschen muss! Du bist der beste und anständigste Mensch, der mir in meinem Leben begegnet ist!
Womöglich bist Du sogar der beste und anständigste Mensch, den es gibt auf der Welt!
Und ich bin wahnsinnig stolz darauf, dass ich Dein Vater sein darf – umgekehrt ist das vermutlich nicht der Fall…
Ich weiß, dass Du mir meine Entscheidung nicht verzeihen kannst, aber vielleicht kannst Du sie eines Tages zumindest akzeptieren?!
Es wäre schön, wenn wir uns in diesem Leben nochmal begegnen würden. Ich weiß nicht, wie wahrscheinlich das ist, ich bin schließlich nicht mehr der Jüngste und neuerdings wohl auch nicht mehr der Gesündeste. Aber, wer weiß, vielleicht kommst du mich ja mal zusammen mit dem Andy auf Ischia besuchen – mich und die Isolde!
Dass ich nochmal in die Lindenstraße zurückkehren werde, halte ich doch für eher unwahrscheinlich, dieses Kapitel dürfte für mich nun definitiv beendet sein…
Aber wir werden sehen… das Leben geht manchmal seltsame Wege…
Behalte mich bitte, trotz allem, in nicht allzu schlechter Erinnerung.
In ewiger Liebe,
Dein Vater Bruno`

Kopfschüttelnd starrt Gabi auf das Schreiben in ihren Händen… Dieser Bruno… Was hat er sich nur dabei gedacht? Verstohlen wischt sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel und murmelt: „Er wird sich nie ändern…“
Dann verschwindet sie im Bad…
Eine halbe Stunde später steht Marlene vor der Tür.
„Ist er noch wach?“ erkundigt sie sich, als Gabi ihr öffnet. „Wie geht es ihm? Kann ich noch kurz zu ihm?“
„Er ist weg“, sagt Gabi mit erstickter Stimme.
„Wie, weg?“ fragt Marlene überrumpelt.
„Weg, zurück nach Ischia! Aber lesen’s am besten selbst!“ Gabi überreicht Marlene den Umschlag. Diese blickt einen Moment ratlos zwischen Brief und Gabi hin und her und öffnet ihn schließlich.
´Marlene,
ich traue mich gar nicht, Dich jetzt noch mit „liebe“ zu titulieren, denn das käme wohl einer Schmach gleich.
Es tut mir aufrichtig leid, dass ich nicht den Mut und die Kraft habe, Dir das, was ich Dir in diesem Brief mitteilen möchte, persönlich zu sagen.
Aber so bin ich nun einmal: Ein schwacher, unvollkommener Charakter. So war ich mein ganzes Leben lang; feige, sprunghaft und verantwortungslos…
Ich denke, dass mit uns wäre ohnehin ohne Zukunft geblieben – und damit meine ich nicht die Tatsache, dass uns in unserem Alter nicht mehr so viel Zeit bleibt wie zwei Menschen in ihren Zwanzigern oder Dreißigern…
Ich meine viel mehr die Tatsache, dass das mit uns auf Dauer einfach nicht gepasst hätte.
Im Moment siehst Du das vielleicht anders, aber ich habe erkannt, dass wir einfach nicht für einen gemeinsamen Lebensabend bestimmt sind. Aber ich möchte nicht, dass Du das auf Dich beziehst und Dir irgendeine Schuld daran gibst. DU HAST NICHTS FALSCH GEMACHT!
Ich wünsche Dir sehr, dass Du nochmal eine neue Liebe finden wirst, in Deinem Leben. Eine, die Dich mehr verdient hat, als ich!
Eine, die Du mehr verdienst, als mich!
Lebwohl, Marlene, ich wünsch Dir alles Glück der Welt!
Bruno`

„Tssss!“ macht Marlene giftig, als sie mit dem Lesen fertig ist. „So ein Scheißkerl! So ein gottverdammter Hallodri! Was bildet der sich denn eigentlich ein? Dieser dumme Sack! Natürlich habe ich nichts falsch gemacht! Ich mache nie etwas falsch…“
Dann bleibt ihr für einen Moment die Stimme weg und sie wendet sich ab und wischt sich hektisch die aufkommenden Tränen aus den Augen.
„Es tut mir sehr leid“, sagt Gabi. „Wenn ich irgendwas tun kann für Sie…“
„Ach sparen Sie sich Ihr Mitleid!“ kreischt Marlene giftig, zerknüllt den Brief und pfeffert ihn Gabi vor die Füße. „Und falls Sir mal mit ihm sprechen sollten, dann sagen Sie ihm, er soll zur Hölle fahren und dort bis in alle Ewigkeit schmoren!“
Damit schreitet sie hocherhobenen Hauptes die Treppen hinab…



Sarah und Jack sitzen am Morgen im Marcellas und frühstücken zusammen.
„Ist dein Stalker eigentlich mal wieder in Erscheinung getreten?“ erkundigt Jack sich.
Sarah sieht sich unwohl um, so, als befürchte sie, er könnte irgendwo auf sie lauern. Dann sagt sie: „Nee, nichts mehr vorgefallen. Vielleicht hat er endlich aufgegeben…“
„Das wünsche ich dir“, erwidert Jack. „Ich weiß noch genau, was für ein Horror das war, als Timo mich gestalkt hat…“
„Manchmal befürchte ich…“, flüstert Sarah und sieht sich erneut um, „… dass es vielleicht wieder losgeht, wenn jetzt erstmal die dunkle Jahreszeit anfängt…“
„Ach, quatsch, das darfst du nicht denken“, entgegnet Jack.
In dem Moment betritt Claudio das Lokal.
„Buon giorno“, sagt er kurz zu Sarah und Jack und geht dann zu Marcella an den Tresen. „Haben Sie vielleicht etwas Oregano für mich?“ fragt er. „Ich würde ja in den Supermarkt gehen, aber die machen erst später auf. Wegen Inventur.“
„Klar“, sagt Marcella und verschwindet nach hinten, um ihm was zu holen.
„Wollen Sie jetzt eigentlich meine Mutter ewig ignorieren?“ erkundigt Sarah sich. „Nur, weil sie was gegen Ihre Nichte gesagt hat?“
Claudio schluckt verlegen. „Ihre Mutter und ich, dasse passt einfach nichte. Wir sinde zu verschieden.“
Er bedankt sich bei Marcella für das Gewürz und verlässt hastig das Lokal.
„So ein Blödsinn“, motzt Jack. „Warum müssen manche Leute es eigentlich immer so Scheiß kompliziert machen?“
Als Jack und Sarah später in Richtung Villa schlendern, treffen sie vor der Tür Corinna, die gerade die Post wegbringen will.
„Wir hatten heute Morgen in der Praxis eine Biene!“ sagt sie tadelnd zu Jack.
„Nein!“ erwidert diese mit gespielter Empörung. „Und da leben Sie noch? Hat sie nicht versucht, Sie zu Tode zu stechen? Oder gar aufzufressen?“
„Sehr witzig“, grummelt Corinna.
„Was hat sie denn gemacht, die Biene?“ erkundigt sich Sarah.
„Sie kroch auf unsere Fensterbank rum“, erwidert Corinna gereizt.
„Mein Gott, wie furchtbar“, sagt Jack sarkastisch.
„Sie war schon ganz benommen, hat wohl nicht mehr raus gefunden“, erklärt Corinna. „Ich hätte ihr ja am liebsten eins mit der Fliegenklatsche übergebraten. Aber Frau Neumann hatte Mitleid und hat sie rausgesetzt…“
„Fein!“ sagt Jack und lässt Corinna einfach stehen. Diese blickt ihr und Sarah zornig nach…
Derweil ist Claudio gerade dabei, die auf dem Bürgersteig vor seiner Pizzeria stehende Tafel mit der Pizza des heutigen Tages zu beschriften, als Anna vorbei kommt.
„Hallo“, sagt sie.
„Hallo“, erwidert er knapp.
Anna bleibt stehen und überlegt, was sie sagen könnte. Claudio, der ihren Blick im Nacken spürt, starrt verbissen auf seine Tafel und verziert mit der Kreide noch ein wenig sein Werk, krampfhaft bemüht, sich nicht zu ihr umdrehen zu müssen…
Enzo beobachtet das traurige Spiel kopfschüttelnd vom Inneren der Pizzeria. Als Anna ihren Weg schließlich ohne ein weiteres Wort fortsetzt, geht Enzo raus zu seinem Onkel und fragt: „Sag mal, findest du das nicht total albern?“
„Scusa?“ stellt der Onkel sich dumm.
„So ein Kindergarten“, nörgelt Enzo. „Du magst sie doch! Es kann doch nicht sein, dass du sie wie Luft behandelst, nur weil sie und Angelina sich nicht grün sind!“
„Grün?“ spielt Claudio weiterhin den Ahnungslosen.
„Onkel Claudio!!!!“
„Es… äh… passte einfach nichte zwischen uns“, erklärt sich der Italiener. „Anna und ich… wir sinde nicht auf einer… wie sagt man… Dauerwelle!“
„Wellenlänge?“
„Si si… Ihre Welle hat eine andere Länge als meine…“
„Onkel Claudio, das ist Schwachsinn. Du kannst dir doch nicht wegen Angelina dein persönliches Glück verbauen. Wir wissen doch beide, was für ein Biest sie sein kann!“
„Vincenzo!“ entfährt es Claudio tadelnd.
„Meinst du, sie würde umgekehrt genauso handeln?“ fragt Enzo. „Glaubst du, wenn du mit Nico nicht zurecht kämst und er nicht mit dir, dann würde sie sich deinetwegen von ihm trennen?“
„Aber warum sollte iche denn nichte mit Nico zurecht kommen?“ fragt Claudio. „Der iste doch eine ganz wunderbare Junge!!!“
„Rein hypothetisch, Onkel Claudio, rein hypothetisch!“
„Ich verstehe nicht, was du meinst!“ Der Blick des Onkels schweift dem des Neffen ausweichend über die Lindenstraße, wo gerade einige Kunden den Supermarkt betreten. „Oh!“ ruft der italienische Onkel. „Inventario iste finito. Der Supermarkt iste wieder geöffnet. Ich gehe schnell rüber und kaufe neue Oregano für Signora Varese!“
„Morgen kommt doch der Lieferant, der bringt uns neues Oregano!“
„Ja, aber iche will meine Schulden noch begleichen heute!“ ruft Onkel Claudio und ist schon auf und davon… Zwei Aspekte treiben ihn in Richtung Supermarkt – und die haben vorrangig nichts mit Marcellas Oregano zu tun: Zum einen hat er keine Lust mehr, über Anna zu reden und will den bohrenden Fragen seines Neffen entkommen. Und zum anderen dürstet er nach diesem unerfreulichen Thema nach einem Getränk, das seinen Alkoholpegel ein wenig in die Höhe treibt… Im Supermarkt angelt er sich zunächst eine Flasche Wein aus dem Regal. Dann begibt er sich auf die Suche nach dem Oregano.
„Scusa!“ sagt er zu einer Supermarkt-Mitarbeiterin, die, ihm den Rücken zugewandt, gerade ein Regal auffüllt. „Könne Sie mir sagen, wo ich finde die Gewürze?“
„Dritter Gang rechts!“ sagt die Frau, dreht sich zu ihm um – und beide erstarren.
„Jenny!“ entfährt es Claudio fassungslos.
„Hallo, Claudio“, begrüßt Jenny ihn verlegen.
„Hab iche diche doch nichte verwechselt!“ ruft er aufgeregt. „Du wartste vor ein paar Wochen in meiner Pizzeria! Und ich habe schon überlegt, ob iche vielleicht sehe Gespenster!!!“
„Ein Gespenst bin ich noch nicht“, lacht Jenny und wirkt nun noch verlegener.
„Warum du biste vor mir davon gelaufen?“ fragt Claudio verständnislos.
„Weil… ich war so überrumpelt“, versucht Jenny sich zu erklären. „Und ich habe mich ein bisschen geschämt, weil ich mich damals nie mehr bei dir gemeldet habe…“
„Arbeitest du jetzt hier?“ fragt Claudio.
„Seit dem 1. Juli.“
„Aber du haste doch studierte damals Sozialpädagogik“, wundert sich Claudio. „Warum du arbeitest jetzte in eine Supermarkt? Und warum du hast dich damals eigentlich nichte mehr gemeldet?“
„Das ist eine sehr lange Geschichte“, meint Jenny nur.
„Verstehe!“ Dem Italiener ist klar, dass dies hier nun weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt ist. „Vielleicht, wir können uns mal treffen und plaudern?“
„Ja, das könnten wir irgendwann mal machen“, erwidert Jenny ausweichend.
„Vielleicht heute Abend?“ wird Claudio konkreter.
Jenny atmet durch. „Okay“, sagt sie. „Um 20 Uhr habe ich Feierabend. Soll ich dann in deinem Laden vorbei kommen?“
„No no“, wehrt Claudio ab. „Den Laden kann meine gute Junge Enzo heute Abend alleine übernehmen. Ich reserviere uns eine Tisch in die Biergarten von die Griechen, einverstanden?“
„Okay“, sagt Jenny lächelnd. „Du hast einen Sohn?“
„No no. Enzo ist meine Neffe.“
„Der Sohn von deiner Schwester?“ fragt Jenny. „Wie hieß sie noch? Sabrina?“
„Si“, lacht Claudio.
„Okay“, meint Jenny. „Lass uns heute Abend weiterreden. Ich bin noch in der Probezeit und mein Chef sieht das nicht gerne, wenn ich hier mit der Kundschaft Privatgespräche während der Arbeitszeit führe.“
Die beiden verabschieden sich und Claudio ist dann ganzen Tag über völlig euphorisch. Nachdem er Marcella das Oregano zurück gebracht hat, erzählt er Enzo von seiner Begegnung mit Jenny und seiner Verabredung für den Abend. Er verlässt am heutigen Tag sehr zeitig seine Pizzeria und überlässt seinem Neffen das Geschäft, um sich zuhause zu duschen, zu rasieren und schön anzuziehen.
Als er Jenny schließlich im Biergarten des Akropolis gegenübersitzt, wirken beide verlegen wie zwei Teenies bei ihrem ersten Date. Nachdem Vasily ihnen die ersten Getränke serviert und eine Essensbestellung aufgenommen hat, erzählt Claudio ihr von seinem Leben als kinderloser und ungebundener Gastronom, der während der Corona-Pandemie in Mannheim pleite ging und dann von seiner guten Nichte in München quasi aufgefangen wurde, von seinem Neustart mit seinem Neffen in einer neuen Pizzeria in der Kastanienstraße und vom viel zu frühen Tod seiner geliebten Schwester Sabrina vor über 10 Jahren…
„Und wie iste es dir inzwischen ergangen?“ fragt Claudio. „Biste du verheiratet? Hast du Kinder?“
„Nichts davon“, erwidert Jenny.
„Und wieso du arbeitest nicht als Sozialpädagogin? Das war doch immer deine Traum!“
Jenny atmet erneut tief durch und wirkt mit einem Mal, als würde sie zentnerschwere Lasten auf ihren schmalen Schultern tragen. „In meinem Leben ist… einiges ziemlich gründlich in die Hose gegangen“, sagt sie schließlich und man merkt ihr an, wie viel Überwindung sie das kostet.
„Magst du mir davon erzählen?“ fragt Claudio und lächelt sie aufmunternd an.
„Was heißt mögen“, murmelt Jenny. „Hab ich denn jetzt noch eine Wahl?“
„Ach, komm“, fordert Claudio sie auf. „So schlimme es kann doch gar nichte sein!“
„Schlimmer“, erwidert Jenny – und beginnt schließlich zu erzählen… Von ihrer Studienzeit, in der das Studium sehr schnell sehr weit in den Hintergrund gerückt ist, davon, wie sie stattdessen an zahlreichen Demonstrationen teilgenommen hat, um aktiv für eine bessere und gerechtere Welt zu kämpfen… Wie sie dabei in die Hausbesetzer-Szene geraten ist und auf diese Weise erste Konflikte mit dem Gesetz bekam… Und wie sie schließlich in ein noch radikaleres Metier geraten ist… Wie die Menschen, mit denen sie sich umgab immer extremer für ihre Ziele und Ansichten kämpften und sie in den 1980er Jahren schließlich in die Kreise der 3. Generation der RAF geriet… Claudio hört fassungslos zu, als Jenny ihm erzählt, wie sie sich auf unterschiedliche Art und Weise an der Planung und Durchführung verschiedenster Anschläge und Attentate beteiligte. Dabei war sie zwar nie in vorderster Front der gesuchten Terroristen, aber ihre Aktivitäten reichten dazu aus, dass sie 1993 festgenommen und zu einer zehnjährigen Haftstrafe verurteilt wurde. Kurz nachdem sie 2003 aus der JVA entlassen wurde, traf sie ihren Ex-Freund aus RAF-Zeiten wieder. Bei ihrem Versuch, gemeinsam in ein geordnetes Leben zu finden, geriet sie durch ihn erneut auf die schiefe Bahn. Nach einem missglückten Banküberfall und schließlich einem Raubüberfall auf ein Casino, bei dem ein Polizist starb, wurde Jenny erneut verurteilt, diesmal lebenslänglich.
„Dieses Frühjahr wurde die Freiheitsstrafe nach 15 Jahren ausgesetzt“, erklärt Jenny. „Nun bin ich wieder da. Und versuche hier in München ein neues Leben zu beginnen. Seit dem 01. Juli arbeite ich hier im Supermarkt. Mein Bewährungshelfer hat mir die Stelle vermittelt. Verrückt, dass ich hier ausgerechnet dir über den Weg laufe…“
Claudio bringt kein einziges Wort mehr über die Lippen. Das, was er gerade von Jenny erfahren hat, hat ihn zutiefst schockiert. Die wilde, aber stets ehrliche und gerechte Jenny, die in ihrer Jugend von einer besseren Welt geträumt hat, die Sozialpädagogik studieren wollte, um Gutes zu tun, ist zu einer Gewaltverbrecherin geworden, die insgesamt ein Vierteljahrhundert im Gefängnis verbracht hat. Wie konnte das geschehen? Wie konnte er sich so täuschen in diesem Mädchen, das er einst geliebt hat?
„Du… sagst ja gar nichts“, bemerkt Jenny zaghaft und versucht ein krampfhaftes Lächeln zu Tage zu bringen. „Hab ich dich jetzt so schockiert?“
In diesem Moment serviert Vasily den beiden das Essen. Claudio blickt mehrmals zwischen Vasily, Jenny und den Tellern hin und her. „Ich… ich kann das nichte!“ sagt er plötzlich und springt auf. „Es tute mir leid, aber iche… ich habe keine Hunger mehr!“
Fast fluchtartig verlässt er der Biergarten und stürmt über die Straße. Vasily blickt ihm irritiert, Jenny bestürzt hinterher…
„Bist du schon wieder zurück?“ fragt Enzo verblüfft, als sein Onkel ein paar Minuten später die Wohnung betritt. „Du bist doch noch gar nicht lange weg, ist was passiert?“
Konsterniert blickt Onkel Claudio seinen Neffen an. Dann holt er sich eine Flasche Wein aus dem Kühlschrank und verbarrikadiert sich damit in seinem Zimmer. Enzo wartet noch einen Augenblick, dann klopft er vorsichtig an die verschlossene Zimmertür.
„Onkel Claudio, was ist denn los?“ fragt er von außen. „Hat sie dich versetzt?“
„Ich wille nichte darüber reden!“ ruft der Onkel aus dem Inneren seines Zimmers. „Ich möchte jetzte alleine sein!“
Oh je, denkt Enzo, ohne zu ahnen, was der wirkliche Grund für den geplatzten Abend ist…



„Du hast heute Abend eine geschlossene Gesellschaft?“ fragt Angelina mit Blick auf das Schild im Eingang neugierig, als sie sich bei Marcella einen Latte zu mitnehmen bestellt. In Angelinas Weltbild passt die Vorstellung nicht so recht, dass jemand ausgerechnet das mickrige Marcellas reserviert, wo es doch so viele bessere Lokale in der Stadt gibt. Dass man sich hier mal einen Kaffee trinkt oder einen kleinen Imbiss zu sich nimmt, aber mehr…
„Nichts spektakuläres“, antwortet Marcella. „Die beiden Typen von Schmitt & Wessels haben hier für heute Abend eine Mieterversammlung einberufen. Sie wollen uns dann mitteilen, was für konkrete Pläne sie jetzt mit dem Gebäude hier haben.“
Angelina horcht auf. „Ist das öffentlich?“ will sie sogleich wissen.
„Eigentlich nur für die Mieter“, erklärt Marcella. „Also für den Salon, den Kinobetreiber, die Mieter der Büros in den Obergeschossen und für mich. Warum fragst du, bist du auch interessiert?“
„Naja, man will ja wissen, was in der Nachbarschaft so los ist, nicht wahr“, meint Angelina möglichst beiläufig.
„Also von mir aus kannst du auch kommen“, sagt Marcella. „Aber erzähl das bitte nicht überall rum, du weißt doch, wie neugierig die hier alle sind. Nachher kommt die ganze Straße und der Laden platzt aus allen Nähten.“
„Wofür hältst du mich?“ fragt Angelina grinsend, bezahlt ihren Kaffee und geht. Na, wollen wir doch mal sehen, denkt sie sich. Denn mit diesem ungehobelten Wessels, der sie so knallhart hat abblitzen lassen, ist sie eigentlich noch nicht fertig. Neue Geschäftskontakte sind schließlich immer in ihrem Interesse. Und vielleicht ist der andere, dieser Schmitt, ja zugänglicher als sein Partner…
Als Angelina am Abend das Marcellas betritt, haben sich dort außer Marcella und ihrer Mitarbeiterin Laura bereits Tanja, ´Lotti´ und Lea, der Kinobetreiber, Tristan und Sarah sowie zwei Mitarbeiter eines weiteren Büros aus dem Obergeschoss eingefunden. In einer freigeräumten Ecke des Lokal sitzt an einem Tisch der unverschämte Roman Wessels, mit dem Angelina bereits Bekanntschaft gemacht hat. Daneben ein anderer Mann im Anzug, bei dem es sich um Guido Schmitt handeln muss. Beide kramen und blättern geschäftig in ihren Unterlagen.
„Was machst du denn hier?“ fragt plötzlich eine männliche Stimme hinter ihr. Angelina dreht sich um und steht Klaus gegenüber.
„Und du?“ fragt sie barsch. „Mir ist nicht bewusst, dass du hier Mieter oder Pächter bist!“
„Ich interessiere mich eben für das, was in der Nachbarschaft passiert!“ erwidert er.
„Ich auch!“ entgegnet Angelina knapp.
Klaus schnaubt verächtlich durch die Nase. „Du interessierst dich doch nur für das, was in deinem eigenen Universum passiert.“
„Wer sagt denn, dass die Nachbarschaft hier nicht zu meinem Universum gehört?!“ kontert Angelina bissig.
In diesem Moment bitten Schmitt und Wessels um die Aufmerksamkeit der Anwesenden und Klaus und Angelina nehmen Platz. Während die Investoren sich vorstellen und ein paar Eckdaten ihrer jeweiligen Lebensläufe runterreissen, merkt Lea, dass der Anwalt Tristan zu ihr rübersieht. Als sie seinen Blick erwidert, nickt er ihr lächelnd zu und sie dreht sich hastig weg… Marcella, die die ganze Szene beobachtet hat, muss grinsen… Das Grinsen vergeht ihr jedoch, als sie von innen einen neuen heftigen Tritt in den Bauch bekommt – schwanger zu sein bedeutet wirklich und wahrhaftig die Hölle…
Nachdem die beiden Herren sich selbst zu Genüge vorgestellt hat und dabei mit jedem Satz deutlich raushängen lassen, wie überzeugt sie von sich selbst sind, kommen sie schließlich zum Hauptanliegen der Veranstaltung. Sie versichern allen Anwesenden, dass sie keinerlei Veränderungen an ihren laufenden Verträgen planen. Im vorderen Bereich des Gebäude soll alles beim alten bleiben. Ihr Hauptaugenmerk gilt dem Hinterhof, in dem sich leerstehende Nebengebäude und Anbauten sowie ungenutzte Garagen befinden.
„Wir wollen den Hinterhof und die dazu gehörigen Gebäudeteile komplett sanieren, zum Teil auch abreißen und neu aufbauen“, erklärt Guido Schmitt.
„Es soll eine Art Innenhof entstehen, der durch einen Durchgang erreichbar gemacht wird, der zwischen dem Café hier und dem Salon gegenüber entstehen soll“, berichtet Roman Wessels.
„Der Eingang, der zu den oben liegenden Büroräumen führt, wird damit quasi nur ein wenig zur Seite verlegt“, ergänzt Schmitt.
„Natürlich werden die Baumaßen ein wenig Lärm und Dreck verursachen, aber wir versichern Ihnen, dass wir uns sehr darum bemühen, die Belastung für Sie alle so gering wie möglich zu halten“, sagt Wessels.
„Der Innenhof soll einen Brunnen und Sitzmöglichkeiten bekommen“, verkündet Schmitt. „Die neuen Lokalitäten sollen diesen Hof dann vollständig umschließen, so, dass dieser ein geschützter Bereich wird, der nur durch diesen Zugang und durch einen weiteren auf der gegenüberliegenden Hofseite, der dann in die Weidenstraße führt, zugänglich ist.“
„Es wird ein ruhiger und beschaulicher Ort werden“, schwärmt Wessels. „Sozusagen eine Oase des Friedens.“
Angelina verdreht heimlich die Augen beim Geschwafel dieses Lackaffen, während Klaus mit barschem Journalisten-Ton fragt: „Und was für Geschäfte sollen dann im Hof entstehen?“
„Dazu gibt es noch keine konkreten Pläne“, sagt Schmitt, „aber wir hoffen auf eine bunte Mischung von allen möglichen Läden und Gastronomiebetrieben.“
„Das Volumen umfasst dann insgesamt neun Ladenlokale unterschiedlicher Größe“, berichtet Wessels. „Und darüber sollen dann noch weitere Büroräumen entstehen.“
„Jedenfalls teilweise“, ergänzt Schmitt. „Einige Ladenlokale sollen auch ein Erd- und ein Obergeschoss bekommen.“
Untermalt wird der Bericht der beiden Männer durch verschiedene Schaubilder, Skizzen und Computergraphiken, die mit Hilfe eines Beamers an die Wand projiziert werden.
„Das sieht schön aus“, flüstert Lea Tanja beim Betrachten einer Graphik zu, die lebensecht zeigt, wie das Ganze einmal werden soll. Und Tanja nickt zustimmend.
„Mein Lokal hier hat auch noch einen Ausgang zum Hof“, bemerkt Marcella. „Der wird aber nicht mehr genutzt, seitdem die Mülltonnen seitlich vom Haus stehen.“
„Wir können gerne darüber reden, ob wir diese Vorrichtung nutzen können, für Ihr Lokal einen weitere Ein- und Ausgang an der Hofseite zu schaffen“, sagt Schmitt.
„Was… würde mich das denn kosten?“ fragt Marcella vorsichtig,
„Das können wir jetzt so spontan nicht sagen“, mischt sich Wessels ein. „Aber wir können das natürlich durchkalkulieren, machen Sie gerne einen Termin mit unserer Sekretärin.“
Angelina schnaubt. Ein Termin bei dem ist so schwer zu kriegen, wie ein Termin beim Bundeskanzler. Und dann wird man in zwei Minuten abgeschustert…
Es werden noch verschiedene Fragen der Anwesenden besprochen und besonders Klaus redet sich mal wieder in Rage und hat zu jedem Punkt seine ganz eigenen Zweifel und Bedenken, die er ungehemmt äußert. Für ihn scheint dieses Hof-Projekt der Anfang vom Ende zu sein, alle anderen hingegen finden zunehmend Gefallen an dem, was ihm brachliegenden Hinterhof passieren soll… Angelina hält sich die ganze Zeit über bedeckt im Hintergrund. Erst als die Versammlung sich auflöst, wird sie wieder munter und hofft, mit Schmitt reden zu können, ohne das Wessels anwesend ist. Als Marcella Herrn Wessels nochmal auf die eventuelle Möglichkeit eines zweiten Eingangs zur Hofseite anspricht, nutzt Angelina ihre Chance.
„Angelina Dressler mein Name“, flötet sie und schiebt Guido Schmitt ihre Visitenkarte zu. „Ich finde Ihr Projekt hochinteressant. Und ich denke, dass sich eine Zusammenarbeit lohnen würde; ich kenne viele Geschäftsleute, bei denen ein potentielles Interesse bestehen könnte, später Ihre Lokalitäten anzuwerben. Ich stehe Ihnen gerne für Vermittlungen zur Verfügung!“
„Sind Sie immer so stürmisch?“ lacht Guido Schmitt.
„Natürlich, Zeit ist schließlich Geld“, sagt Angelina und wirft einen Blick in Wessels Richtung, der noch mit Marcella beschäftigt ist – sie will ihm auf keinen Fall in die Quere kommen…
Schmitt betrachtet Angelinas Visitenkarte und sagt: „Ihnen ist aber schon klar, dass es noch ein Weilchen dauern wird, bis wir soweit sind, dass wir wirklich soweit sind, Ihre Dienste auch in Anspruch nehmen zu können?!“
„Natürlich, aber wichtige Kontakte kann man nie früh genug knüpfen“, trällert Angelina. Aus dem Augenwinkel sieht sie, dass die Unterhaltung zwischen Wessels und Marcella beendet ist und er damit beginnt, Unterlagen in eine Aktentasche zu packen. Schnell sagt sie zu Schmitt: „Melden Sie sich einfach, sobald Sie Bedarf haben. Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung…“ Damit rauscht sie aus dem Marcellas und Schmitt sieht ihr tatsächlich interessiert hinterher…
Nachdem die Veranstaltung offiziell beendet ist und die Investoren das Feld geräumt haben, stehen einige der Anwesenden noch zusammen und diskutieren eifrig.
„Vielleicht werden von den Kunden der neuen Läden dann ja auch welche auf unseren Salon aufmerksam und kommen dann zu uns“, überlegt Tanja. „Also schaden wird uns das bestimmt nicht.“
„Also für mein Kino ist das alles auf jeden Fall Gold wert“, findet der Astor-Betreiber. „Je mehr Geschäfte drum herum sind, umso besser. Erst gehen die Leute shoppen und anschließend noch ins Kino.“
„Ein Eingang zur Hof-Seite wäre auch echt klasse“, sagt Marcella. „Ach, Mensch, hoffentlich sprengen die Kosten dafür nicht mein Budget.“
Lediglich Klaus hat immer noch eine vollständige Anti-Einstellung. „Sagt mal, merkt ihr eigentlich noch was?“ fährt er die anderen an. „Diese zwei affektierten Anzugträger erzählen euch hier das Blaue vom Himmel und ihr brecht direkt alle in Begeisterungsstürme aus?“
„Was genau ist denn deiner Meinung nach so schlecht an der ganzen Sache?“ erkundigt sich ´Lotti`.
„Frag ich mich auch“, wundert sich Marcella. „Das Ganze kurbelt doch die Wirtschaft hier im Viertel an. Das kommt uns doch allen zu Gute.“
„Seid ihr so blind oder tut ihr nur so?“ mault Klaus aufgebracht. „Die Wirtschaft ankurbeln… Vor allem zerstört das die ganze Infrastruktur hier im Viertel. Und demnächst haben wir hier nur noch Hotels, Nobel-Boutiquen, Luxus-Lofts… Keiner von uns kann sich mehr seine Miete leisten, die ganze Gegend wird überschwemmt von Touristen und was weiß ich…“
„Meinst du nicht, dass du ein bisschen übertreibst?“ erkundigt sich Lea vorsichtig.
„Nein, meine ich nicht! Und ihr werdet schon alle noch sehen, wo das eines Tages endet!“schnauzt Klaus und macht sich ohne Verabschiedung aus dem Staub. Alle anderen sehen ihm kopfschüttelnd nach…
Klaus marschiert im Eilschritt aufgebracht die Lindenstraße entlang. In seiner Rage über all die leichtgläubigen Ignoranten, die ihn umgeben, achtet er kaum noch auf seine Umgebung – und prallt vor dem Hotel mit Casper zu Hohenlobese zusammen.
„Pass doch auf, Mann!“ schnauzt Klaus den jungen Hotel-Manager an.
„Also erlauben Sie mal“, erwidert dieser. „Sie rennen wie eine aufgescheuchte Wildsau in mich rein und sagen mir dann, dass ich aufpassen soll?!“
Dies ist zu viel für Klaus. Er packt den Hotelier am Kragen und brüllt: „Hast du mich gerade als Wildsau bezeichnet, du Arschloch?!“
„Nehmen Sie Ihre Finger weg“, sagt Casper erschrocken und windet sich aus Klaus’ Griff. „Ich habe Sie nicht als Wildsau bezeichnet, ich habe lediglich gesagt, dass Sie hier wie eine durch die Straße rennen.“
Klaus funkelt ihn böse an. „Ich will Ihnen jetzt mal was sagen“, zischt er drohend. „Sie und Ihr Scheiß Hotel hier, sind doch Schuld an allem. Seitdem dieser Kasten hier steht, geht es mit dem Viertel hier den Bach runter und bald wird hier alles auf dem Kopf stehen und man erkennt hier nichts mehr wieder!“
„Wie bitte?“ fragt Casper verständnislos.
„Das hier ist meine Heimat. Hier bin ich aufgewachsen. Ich liebe diese Straße. Und ich will nicht, dass sich hier alles zum Nachteil verändert!“
Casper schüttelt den Kopf. „Sind Sie als Kind zu heiß gebadet worden, oder was?“ fragt er halb amüsiert, halb mitleidig.
„Jetzt spielen Sie sich bloß nicht so auf“, zischt Klaus. „Wenn ich die Leute hier erstmal überzeugt habe, was dieses Hotel hier mit der Gegend macht, dann kriegen Sie hier kein Bein mehr auf den Boden. Hier halten die Leute nämlich noch zusammen. Und dann können Sie Ihren Laden dicht machen!“

CLIFFHANGER auf: Klaus Beimer

Mitwirkende Personen
Bruno Skabowski
Gabi Zenker
Andy Zenker
Lola Zenker
Marlene Schmitt
Helga Beimer
Klaus Beimer
Pat Wolfson
Popo Wolfson
Anna Ziegler
Sarah Ziegler
Jack Aichinger
Marcella Varese
Claudio Russo
Angelina Dressler
Enzo Buchstab
Jenny Lüders
Vasily Sarikakis
Casper zu Hohenlobese
Tanja Schildknecht
Peter ´Lotti` Lottmann
Lea Starck
Tristan von Sassnitz
Corinna Marx
Gung Phan Kien
Laura Steinke
Jekaterina Litwinski
Guido Schmitt
Roman Wessels

© `popo wolfson´ 2022

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Sa 27. Aug 2022, 23:00 


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1847 - Für immer Bruno
BeitragVerfasst: So 28. Aug 2022, 08:11 
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Registriert: Mi 15. Sep 2010, 12:37
Beiträge: 10009
Der arme Claudio, die eine ist eine Mörderin, die andere eine Terroristin :shock:


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