Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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 Betreff des Beitrags: Folge 1834 - Lügengebäude
BeitragVerfasst: So 22. Mai 2022, 07:03 
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Folge 1834: Lügengebäude

Spieltag: Donnerstag, 19.05.2022


„Oh, guten Morgen, Sarahlein“, flötet Helga, als ihr am Morgen vor dem Supermarkt Sarah über den Weg läuft. „Wie geht es denn deinem Bekannten? Ist er immer noch im Krankenhaus?“
„Nein, er ist schon nach zwei Tagen wieder entlassen worden“, antwortet Sarah. „Außer einer schweren Gehirnerschütterung ist ihm ja zum Glück nichts passiert…“
„Wase iste denn los?“ erkundigt sich Claudio, der gerade den Supermarkt verlassen und die Unterhaltung mit angehört hat.
„Stellen Sie sich vor“, berichtet Helga aufgewühlt. „Ein guter Freund von Sarah ist vor zwei Wochen hier auf der Straße niedergeschlagen worden!“
„Waase?“ fragt Claudio schockiert. „Dase iste ja entsetzlich, davon habe iche gar nixe mitbekommen!“
„Was sagt denn die Polizei?“ will Helga wissen. „Gibt es eine Spur von dem Täter?“
„Leider nicht“, bedauert Sarah.
„Haben die ihn etwas ausgeraubt?“ fragt Claudio.
„Nein, das ist es ja!“ erklärt Helga fassungslos. „Einfach nur niedergeschlagen und sonst nichts! Und das hier in der Straße! Wir sind hier ja alle unseres Lebens nicht mehr sicher! Oder hatte das einen… schwulenfeindlichen Hintergrund?“
„Schwul?“ ruft Onkel Claudio aus.
„Die Polizei ermittelt noch“, sagt Sarah hastig und verabschiedet sich – sie hat keine Lust, ausgerechnet mit Helga über dieses Thema zu diskutieren.
„Wenn die Polizei wenigstens ermitteln würde“, motzt Anna kurze Zeit später, als Sarah ihr von dem Zusammentreffen mit Helga erzählt hat. „Aber die tun ja gar nix!“
„Die meinen halt, dass ich da irgendwie Gespenster sehe“, murmelt Sarah bedauernd. „Die können sich halt nicht vorstellen, dass dieser Typ mich von Hamburg bis hierher verfolgt haben könnte.“
„Nachdem sie einem Freund von dir erst die Reifen aufschlitzen und ihn ein paar Wochen später zusammenschlagen?“ fragt Anna fassungslos.
„Die meinen, dass das eher auf Ole gemünzt ist“, erklärt Sarah. „Dass das einen schwulenfeindlichen Hintergrund hat oder dass Ole vielleicht sonst wie mal unbewusst bei jemandem angeeckt ist.“
„Aber er hat doch ausgesagt, dass er nicht wüsste, wer ihm so etwas antun sollte“, schimpft Anna.
„Trotzdem kann die Polizei sich nicht vorstellen, dass das was mit meinem Stalker zu tun hat. Ich bin ja schließlich kein Promi oder so…“
„Stalker“, wiederholt Anna. „Nur gut, dass du Helga nichts davon erzählt hast. Stell dir nur mal vor, wenn die das wüsste… Dann würde sie ja gar nicht mehr aufhören, zu nerven…“
„Oh je, nee, ist schon besser so!“ pflichtet Sarah ihrer Mutter bei…
Als Anna sich später auf dem Weg zur Arbeit im Café Bayer befindet, kommt Claudio ihr auf der Straße entgegen.
„Anna!“ begrüßt er sie. „Wase höre ich da für schreckliche Dinge? Eine Freund von deine Tochter iste hier zusammengeschlagen worden? Madonna! Wer tut denn so etwas?“
„Tja, wenn wir das wüssten“, erwidert Anna zerknirscht.
„Wenne ich irgendwie helfen kann, dann müsst ihr mir das nur sagen, ricevuto?“
„Das ist nett, aber ich befürchte, da kannst du uns auch nicht weiterhelfen. Die Polizei weiß ja Bescheid.“
„Aber wer machte so etwas? Madonna!!!“
Anna überlegt für einen kurzen Moment, ob sie Claudio vielleicht die ganze Wahrheit anvertrauen sollte, entschließt sich dann aber doch dazu, es nicht zu tun – wer weiß schon, ob er wirklich seinen Mund hält oder ob am Ende die ganze Nachbarschaft, und somit auch Helga, Bescheid weiß…
Onkel Claudio hingegen hat den Rest des Tages kein anderes Thema mehr als Anna; die arme Anna deren arme Tochter einen armen Freund hat, der auf offener Straße einfach so zusammengeschlagen wurde – wie soll die arme Anna das nur verkraften?
Enzo ist wieder mal amüsiert über seinen so verliebten Onkel und fragt: „Sag mal, wann wirst du der Ziegler eigentlich endlich erzählen, dass du auf sie stehst?“
„Der Ziegeler?“ wiederholt Onkel Claudio empört. „Der ZIEGELER? Madonna, wie kannste du so respektlos reden über diese wunderschönen Frau mit diese wunderschöne Vornamen? Du solltest dich schämen…“
Nun ist Enzo erst recht amüsiert. Die Tatsache, dass er sich so für die Ziegler einsetzt beweist doch nur, wie gern er sie mag.
Am Abend springt Onkel Claudio dann wirklich über seinen Schatten und klingelt mit einer Flasche Rotwein im Gepäck bei Anna. Nicht, dass er vorhätte, ihr tatsächlich eine Liebeserklärung zu machen, aber zumindest ist er bereit, einen netten Abend im privaten Rahmen mit ihr zu verbringen. Anna ist auch sehr überrascht, als sie ihm die Tür öffnet und ihn, ein wenig überrumpelt, rein bittet. Und Anna ist nicht allein: Denn im Wohnzimmer der Zieglers sitzt Carsten. Und auch er hat eine Flasche Wein mitgebracht.
„Oh!“ entfährt es dem Italiener beim Anblick des anderen Gastes.
„Kennst du Dr. Flöter?“ fragt Anna ihn.
„Nur vom Sehen“, erklärt Claudio ein wenig zerknirscht und beäugt den anderen Mann misstrauisch.
„Ich wollte schon immer mal in Ihre Pizzeria kommen“, sagt Carsten freundlich. „Aber bisher hat sich das irgendwie nie ergeben.“
„Mmmmh“, macht Claudio ein wenig mürrisch.
„Na, dann haben wir ja zumindest ausreichend Wein für heute Abend“, lacht Carsten und macht dem Neuankömmling ein wenig Platz auf dem Sofa.
„Ich wollte nicht stören“, sagt Claudio mit einem Anflug von Eifersucht in der Stimme.
„Ach, du störst doch nicht“, lacht Anna, „ist doch gesellig so.“
Onkel Claudio findet das Ganze anfangs jedoch überhaupt nicht gesellig und fühlt sich ein wenig wie das berühmte fünfte Rad am Wagen. Erst nach und nach geht ihm, anhand der Gespräche, die an diesem Abend geführt werden auf, dass Carsten schwul ist – und somit gar keine Konkurrenz in der Gunst um Anna darstellt. Carsten berichtet von seinen Auswanderungsplänen, von seiner neuen Liebe Steve in San Francisco und davon, dass er immer noch auf sein Visum wartet.
„Iste es nicht sehr gefährlich, homosexuell zu sein?“ fragt Claudio plötzlich. „Man siehte ja an die Freund von die Sarah, wie viele homophobe Menschen immer noch rumlaufen in die Gegend.“
„Ich denke, es ist generell nicht ungefährlich, Mensch zu sein“, erwidert Carsten etwas pikiert, während Anna sich verlegen räuspert und dann doch beschließt, vor ihren Freunden reinen Tisch zu machen.
„Ich denke, dass Ole angegriffen wurde, hat eher nichts damit zu tun, dass er schwul ist“, erklärt Anna. Und als ihre Gäste sie fragend ansehen, erzählt sie ihnen endlich die ganze Geschichte von Sarahs Stalker.
„Und die Polizei macht nichts?“ fragt Carsten fassungslos.
„Die vermuten tatsächlich einen homophoben Hintergrund“, erklärt Anna. „Weil man ja vor ein paar Wochen auch schon Oles Reifen zerstochen hat.“
„Aber dass dieser Fabian auch schon von dem Typen verfolgt wurde, ist doch wohl Beweis genug dafür, dass es hier eigentlich um Sarah geht“, gibt Carsten zu bedenken.
„Das sieht die Polizei wohl anders“, meint Anna schulterzuckend. „Fabian wurde ja auch nie direkt bedroht, er hatte ja nur das Gefühl, dass er verfolgt wurde, aber das ist ja kein Beweis. Und die Polizei nehmen Sarahs Sorge wohl nicht unbedingt sehr ernst, die können sich anscheinend nicht wirklich vorstellen, dass jemand so weit geht, Sarah von Hamburg aus über Föhr bis nach München zu verfolgen.“
„Unglaublich“, schimpft Carsten. „Und solche Ignoranten werden durch unsere Steuergelder finanziert.“
„Wenne die Polizei nixe macht, dann werden wir eben was machen!!“ sagt Onkel Claudio plötzlich entschlossen.
„Was sollen wir denn da machen?“ fragt Anna irritiert.
„Enzo und ich werden die Nachbarschaft im Auge behalten“, beschließt Claudio. „Wir werden pattuglia, come si dice,…. äh… patrouillieren. Vor allem wenn die Nacht sich senkt über die Stadt. Wir werden werden wie guardiano notturno… äh… Nachtewächter… Und aufpassen, was hier so passiert.“
„Aber das könnt ihr doch gar nicht leisten“, sagt Anna und ist von Claudios Einsatz offensichtlich gerührt. „Ihr müsst doch tagsüber eure Pizzeria schmeißen, da könnt ihr hier doch nicht noch die ganze Nacht Nachtwache halten.“
„Wir können teilen uns aufe“, überlegt Claudio. „Und vielleicht, wir finden noch andere starke und mutige Männer in die Nachbarschaft, die sich uns anschließen. Wir wollen dafür sorgen, dass die Lindenstraße eine sichere Straße bleibt, in die eine Stalker hat keine Chance!!“
„Na, darauf dann mal cheers!“ ruft Carsten und hebt amüsiert sein Weinglas.
Während Claudio von seiner Idee tatsächlich ernsthaft überzeugt zu sein scheint, bezweifelt Anna – sein Vorhaben in allen Ehren – jedoch ernsthaft, dass sich die Sache auch wirklich in die Tat umsetzen lässt …


„Ey, da kommt der Pädo-Päda!“ zischt Cedric seinem Kumpel Lenny zu, als Konstantin am Morgen den Schulhof überquert und auf den Haupteingang zusteuert.
„Der… what?“ fragt Lenny.
„Der pädophile Pädagoge“, erklärt Cedric grinsend. „Eben ein Pädo-Päda!“
Während Lenny sich noch über das Wortspiel seines Freundes amüsiert, ist Cedric schon losgespurtet und schneidet Konstantin den Weg ab.
„Was willst du?“ fragt Konstantin genervt.
„Auftrag für dich“, erklärt Cedric. „Übernächste Woche schreiben wir Geschichte. Und wir brauchen die Unterlagen!“
„Oh, Mensch, Jungs, ehrlich jetzt, Geschichte?!“ stöhnt Konstantin. „Das ist doch nur ein bloßes Auswendiglernen von Zahlen und Fakten, das kriegt ihr doch nun wirklich selbst hin.“
„Wollen wir aber nicht“, lacht Cedric gehässig. „Wozu haben wir denn dich?“
„Ich hab euch bei Englisch geholfen, das muss reichen!“ sagt Konstantin entschlossen.
„Na gut“, erwidert Cedric und fischt sein Handy aus der Hosentasche. „Dann wollen wir doch mal sehen, was die Klöckner zu dem kleinen Porno mit dir in der Hauptrolle sagt!“
„Dann fliegt eure kleine Erpressung aber auch auf!“ kontert Konstantin.
„Die Konsequenzen für dich wären aber wohl weitreichender“, entgegnet Cedric. „Überleg’s dir einfach. Hast ja noch ´n paar Tage Zeit…“
Und damit ziehen die beiden Jungs Leine und lassen Konstantin zurück …
Konstantin hingegen muss sich wieder einmal bewusst machen, dass die beiden niemals aufhören werden, ihn zu erpressen, und dass er allmählich die Initiative ergreifen muss, wenn er dem Spuk ein Ende machen möchte.
Er überlegt hin und her, was der beste Weg dafür wäre ...
Und schließlich macht er sich bereit für einen verzweifelten Versuch, seine Haut zu retten …
Mit einer quadratischen Kiste, die er in einem Schrank in seinem Büro gefunden hat, begibt er sich in der Pause zu Nele, von der er weiß, dass sie in der nächsten Stunde Unterricht in der 7c hat.
„Bereit für ein Experiment?“ fragt er und hält der jungen Lehrerin die Kiste unter die Nase.
„Was… hast du vor?“ fragt sie irritiert.
„Alle Schüler müssen zu Beginn der Stunde ihre Handys in die Kiste legen“, erklärt Konstantin. „Du bewahrst sie während der Stunde hinterm Pult auf und am Ende der Stunde bekommen die Kids ihre Handys zurück.“
„Bist du verrückt?“ lacht Nele. „Die killen mich. Die würden sich eher irgendwelche Extremitäten abhacken, als freiwillig ihre Handys rauszurücken.“
„An anderen Schulen ist sowas gang und gäbe“, erklärt Konstantin. „Hab ich in den Praktiken während meines Studiums überall so erlebt. Ich hab nie verstanden, warum das hier nicht auch alltäglich ist.“
„An anderen Schulen“, sagt Nele kopfschüttelnd. „Du willst unser Irrenhaus hier doch nicht ernsthaft mit anderen Schulen vergleichen. Du weißt doch, wie die meisten hier drauf sind.“
„Eben drum fänd ich solche Regelungen hier total wichtig und sinnvoll“, erklärt Konstantin um pädagogische Sachlichkeit in der Stimme bemüht.
„Hast du das schon mit der Klöckner besprochen?“ will Nele wissen.
„Das ist sozusagen eine Feuerprobe“, meint Konstantin verschwörerisch. „Wenn es hinhaut, verkaufe ich der das Ganze schon.“
„Okay“, gibt Nele nach und nimmt die Kiste an sich. „Wenn einer von denen meint, Amok laufen zu müssen deswegen, dann schicke ich ihn zu dir.“
„Alles klar“, lacht Konstantin und schafft es mühevoll, sich seine Anspannung nicht anmerken zu lassen.
Als die Englisch-Stunde in der 7c beginnt, drückt sich Konstantin auf dem Schulflur herum und lauscht. Wie zu erwarten, hagelt es heftige Proteste, als Nele der Klasse das Vorhaben unterbreitet. Sina ist eine der wenigen, die sich bereitwillig auf die Sache einlassen, Cedric und Lenny pöbeln lautstark und Artjom tut tatsächlich so, als würde man von ihm verlangen, sich eines seiner Gliedmaße abzutrennen. Zu guter Letzt landen aber sämtliche Handys der Klasse in der Kiste…
Konstantin lässt noch ein paar Minuten verstreichen.
Als der Unterricht dann im vollen Gang ist, schreitet er zum nächsten Akt, atmet tief durch – und löst den Feueralarm aus!
Im Handumdrehen bricht Hektik aus: Sämtlichen Lehrern ist bewusst, dass für den heutigen Tag kein Probealarm angesetzt ist und dass es ich um etwas Ernsthaftes handeln muss. Und auch Direktorin Dr. Brigitte Klöckner ist in Windeseile mitten im Geschehen, um alle Schülerinnen und Schüler aus dem Gebäude zu lotsen.
„Unsere Handys!“ schreit Artjom schrill, als Nele ihn aus dem Klassenraum schiebt, doch die findet die Kiste hinter dem Pult augenblicklich eher unwichtig und sieht zu, dass sie alle ohne Umschweife auf den Schulhof treibt… Im allgemeinen Trubel schleicht sich Konstantin in das Klassenzimmer und nimmt sich der Kiste an. Doch seine Hoffnung, dass er in der Fülle der Handys die Geräte von Cedric und Lenny wiedererkennt, muss er ziemlich schnell begraben. Hektisch versucht er, die einzelnen Geräte zu aktivieren, doch die meisten sind natürlich passwortgeschützt… Konstantin muss sich zerknirscht eingestehen, wie dämlich sein Plan war… In seinem Kopf überschlagen sich die Gedanken: Wenn er nun einfach die gesamte Kiste verschwinden lässt, käme später, wenn sich herausgestellt hat, dass es nirgendwo brennt, der Verdacht auf, dass irgendwer den Alarm nur als Mittel zum Zweck ausgelöst hat, um die Handys zu stehlen. Das wiederum könnte ihn selbst verdächtig machen, da das Handy-Entzugs-Experiment seine Idee war, von der sonst niemand wusste. Und Konstantin ist sich bewusst, dass er ein miserabler Lügner ist… Während er noch fieberhaft nachdenkt, steht plötzlich Artjom in der Tür.
„Was machst du hier?“ fragt Konstantin erschrocken.
„Mein Handy retten“, erwidert Artjom atemlos – die pure Verzweiflung in der Stimme. „Und Sie?“
„Ich wollte nur nachsehen, ob alle raus sind“, behauptet Konstantin, schnappt sich die Kiste und läuft mit Artjom raus.
Nachdem sich eine Weile später herausgestellt hat, dass es kein Feuer gibt und sich offenbar jemand einen schlechten Scherz erlaubt hat, legt sich die Aufregung. Schüler und Lehrer kehren in ihre Klassen zurück und Konstantin bringt schließlich auch die “gerettete“ Kiste mit den Handys wieder an ihren Platz und begräbt seinen Plan. Er muss sich eingestehen, dass das Ganze wirklich eine sehr dumme und unausgegorene Idee war. Wie konnte er ernsthaft glauben, in all den Handys ausgerechnet die von Cedric und Lenny ausfindig machen zu können? Und selbst wenn, wie hätte er sie entsperren wollen? Und dass damit die Sache bereinigt gewesen wäre, ist ebenfalls völlig utopisch. Wer weiß, ob die beiden keine Backups von dem Video auf irgendwelchen Notebooks oder Tablets gemacht oder es in einer Cloud gespeichert haben… Konstantin weiß nach wie vor nicht, wie er jemals wieder unbeschadet aus dieser Geschichte rauskommen soll ...

„Schön, dass du auf einen Kaffee bei mir vorbei schaust, bevor du dich hinlegst“, freut sich Gabi über den morgendlichen Besuch von Valerie im Bayer. „Bist doch bestimmt hundemüde jetzt, oder? So an Nachtdienst is’ sicher net ohne!“
„Schon“, sagt Valerie. „Aber es gibt mir auch so unendlich viel, kranken Menschen helfen zu können. Ich hab wirklich den schönsten Beruf der Welt!“
Während Valerie wie ein Honigkuchenpferd vor sich hin strahlt, fragt Gabi: „Aber mit der Lisa hast dort beruflich bislang net zun tun g’habt, oder?“
„Mit der… Lisa?“ fragt Valerie perplex.
„Ja, die arbeitet seit’m letzten Monat doch auch bei dir im Krankenhaus. Hast’s des noch net g’wusst?“
„Lisa arbeitet … in MEINEM Krankenhaus?“ schreit Valerie fassungslos aus – und das in einer Lautstärke, dass alle Gäste des Cafés zu ihr hinübersehen.
„Geh, Valerie, es ist doch net DEIN Krankenhaus“, lacht Gabi amüsiert.
„Wieso arbeitet die überhaupt wieder als Krankenschwester?“ fragt Valerie empört. „Die war doch jahrelang nur noch Arzthelferin, die ist doch völlig raus aus dem Beruf.“
„Was regst denn dich jetzt so auf?“ wundert sich Gabi.
„Weil sie mir wieder mal alles kaputt machen will“, ruft Valerie mit tränenerstickter Stimme. „Genau wie damals mit Alex!!!“
„Geh, Valerie, jetzt mach dich doch net lächerlich!“ versucht Gabi ihre Stieftochter zu beruhigen – doch die ist bereits aus dem Lokal geflohen…
Auf der Straße rauft sich die Zenker-Tochter die Haare. Zunächst geht sie auf ihren Hauseingang zu, wendet sich dann aber doch ab und läuft in die Lindenstraße, auf das Haus Nr. 3 zu, geht dann aber doch vorbei und in Richtung Park, nur um kurz davor wieder umzudrehen. Vor dem Hotel bleibt sie stehen und wischt sich Schweiß und Tränen aus dem Gesicht. Sie steht vollkommen neben sich… Was, wenn Lisa rausfindet, dass sie gar nicht im Krankenhaus arbeitet? Wenn sie Gabi und Andy davon erzählt…? In Valerie steigt die Panik hoch. Diese verdammte Lisa! Warum muss sie ihr immer alles kaputt machen? Fieberhaft denkt Valerie nach… Sie muss Lisa zuvorkommen! Sie muss zuhause erzählen, dass sie im Krankenhaus gekündigt hat und eine neue Stelle in einem anderen Krankenhaus erfinden. Aber wie sollte sie das begründen? Kaum noch in der Lage, rational zu denken und zu handeln, stürmt Valerie blindlings über die Straße auf den Supermarkt zu, hört plötzlich ein lautes Quietschen, spürt im nächsten Moment, wie ihr die Beine weggerissen werden, sie über eine Motorhaube kugelt und unsanft auf der Straße landet…
„Oh mein Gott!“ schreit Nina entsetzt und springt panisch aus dem Auto. „Ich hab Sie gar nicht kommen sehen. Haben Sie sich verletzt?“
„Ich… glaub nicht“, stammelt Valerie und richtet sich mühsam auf.
„Oh… Sie sind… du bist… doch die Schwester von Iffi“, erkennt Nina das Unfallopfer nun. Bei ihren regelmäßigen Besuchen bei ihrer Freundin ist Nina in den vergangenen Monaten natürlich auch ein paar Mal deren Schwester begegnet, hatte allerdings nie allzu viel mit ihr geredet.
„Soll ich einen Krankenwagen rufen?“ fragt Nina vorsichtig. „Oder dich in die Praxis rüber bringen?“
„Nein, alles gut“, versichert Valerie. „Nur der Schreck…“
„Es tut mir so leid“, bedauert Nina.
„Meine Schuld“, murmelt Valerie. „Ich hab nicht richtig aufgepasst.“
„Ich ja auch nicht“, gibt Nina zu – und in dem Moment bricht Valerie in Tränen aus.
„Oh Gott!“ ruft Nina entsetzt aus. „Hast du dir doch was getan?“
„Nein!“ heult Valerie. „Aber an manchen Tagen geht halt einfach alles schief!“
„Das kenne ich“, sagt Nina tröstend. „Willst du vielleicht auf einen Kaffee mit zu mir rauf kommen? Also, falls du Zeit hast. Ich komme gerade vom Nachtdienst…“
„Ich… auch!“ lügt Valerie.
Und Minuten später sind die beiden in der Wohnung, wo Klaus gerade Mila und Ida mit Frühstück versorgt.
„Oh je, jetzt platze ich hier auch noch rein“, sagt Valerie entsetzt.
„Macht gar nichts“, entgegnet Nina. „Klaus macht das hier schon und wir setzen uns einfach in unser Schlafzimmer, da haben wir Ruhe. Wir haben nämlich zur Zeit auch zwei ukrainische Gäste, da ist es halt generell etwas… überlaufen hier.“
Während Klaus noch sichtlich irritiert darüber ist, dass Nina am frühen Morgen Valerie anschleppt, sitzen die beiden Frauen auch schon bei Tee und Gebäck im Schlafzimmer.
Valerie, die überglücklich darüber ist, dass endlich mal wieder jemand ein offenes Ohr für sie hat, tischt Nina ein paar Lügenmärchen von einer anstrengenden Nachtschicht im Krankenhaus und der Pflege einiger schwerstkranker Patienten auf. Nina zeigt sich beeindruckt und lässt Valerie wissen, dass sie sehr viel Respekt vor ihrem Beruf habe und sich nicht vorstellen könne, in der Pflege zu arbeiten, was Valerie innerlich noch ein paar Nummer größer werden lässt. Im Gegenzug zollt Valerie Nina Anerkennung für ihren Job als Polizistin und der Gefahr, der sie sich damit ständig aussetzt.
„Aber heute Nacht war es wirklich schlimm“, erklärt Valerie. „Ein Patient, dem es eigentlich schon besser ging, musste zurück auf die Intensivstation verlegt werden. Er wird wohl sterben… Deshalb war ich vorhin auch so durch den Wind und hab nicht aufgepasst, wo ich hin laufe…“
„Ich kann das gut nachvollziehen, dass es dir da schwerfällt, nach Feierabend wieder runterzukommen“, sagt Nina. „Manchmal erlebe ich im Dienst Sachen, die verfolgen mich noch nach Ewigkeiten…“
„Das kann ich mir gut vorstellen“, erwidert Valerie. „Mein Problem ist aber auch, dass ich mit niemandem wirklich über solche Dinge reden kann. Meine Familie nimmt mich ja gar nicht für voll. Für meinen Vater bedeutet Krankenpflege irgendwie Bettpfannen leeren und Essen verteilen und damit hat sich’s. Und für Iffi ist sowieso jeder, der nicht studiert hat, kein vollwertiger Mensch.“
„Ach, komm“, winkt Nina ab. „Iffi ist manchmal schon ein wenig speziell, aber so schlimm ist sie doch nun auch wieder nicht…“
„Zu dir vielleicht“, protestiert Valerie. „Ihr seid ja auch Freundinnen. Aber zu mir ist sie immer ganz widerlich. Das war sie als Kind schon. Iffi hat sich mir gegenüber immer als was Besseres gefühlt…“
Die beiden Frauen reden noch eine Weile weiter, bis Nina irgendwann merkt, dass ihre Nachtschicht ihren Tribut fordert und sie wirklich reif für ihr Bett ist. Valerie gibt daraufhin vor, ebenfalls hundemüde zu sein. Die beiden beschließen, dass sie sich mal wieder treffen sollten, und verabschieden sich voneinander.
Valerie ist hinterher ganz euphorisiert von ihrer Begegnung mit Nina. Doch die gute Laune wird erneut durch das Wissen getrübt, dass Lisa nun in dem Krankenhaus arbeitet und somit die akute Gefahr besteht, dass sie ihr Lügengespinst eines Tages auffliegen lassen könnte…
Als Valerie kurze Zeit später ein paar Einkäufe im Supermarkt getätigt hat und sich auf den Heimweg begibt, entdeckt sie Lisa, die mit Gabi vor dem Bayer steht und sich unterhält. Sofort schrillen wieder sämtliche Alarmglocken bei ihr. Mit energischen Schritten geht Valerie auf die beiden zu und fragt Lisa: „Warum machst du das? Willst du mir wieder alles kaputt machen?“
„Wie bitte?“ fragt Lisa völlig konsterniert.
„Wieso hast du dich in dem Krankenhaus beworben, in dem ich auch arbeite?“ herrscht Valerie sie an. „Verfolgst du mich? Willst du dich krampfhaft in mein Leben drängen, um mich fertig zu machen?“
„Geh, Valerie, bitte“, mischt sich Gabi ein. „Jetzt beruhig’ dich erst ormal, du bist ja völlig aufg’löst…“
„Ja, weil sie sich in mein Leben drängt!!“ kreischt Valerie schrill.
Lisa schüttelt fassungslos den Kopf und meint: „Also eigentlich hatte ich ja eher den Eindruck, dass du dich in mein Leben drängst. Oder was war das, als du vor ein paar Monaten Deniz entführt hast, um mit ihr zu meiner Mutter zu fahren? Ohne mein Einverständnis!!!“
„Das war etwas ganz anderes!!“ schreit Valerie.
„So? War es das?“ Lisa sieht sie vernichtend an. „Kann es sein, dass bei dir mittlerweile noch ein paar Schrauben mehr locker sind als früher?“
„Geh, Mädels, bitte“, versucht Gabi den Disput zu schlichten. „Könnt’s ihr nicht wie vernünftige, erwachsene Leut’ miteinander reden?“
Lisa beherzigt Gabis Bitte, atmet tief durch und sagt ruhig und sachlich: „Valerie, das ist doch wirklich albern. Ich bin froh, dass ich eine neue Stelle gefunden habe. Als ich mich im Krankenhaus beworben habe, habe ich nicht mal daran gedacht, dass du da auch arbeitest … Was ist denn dein Problem? Wir hatten doch bisher gar nichts miteinander zu schaffen. Und falls sich das mal ändert, dann gehen wir einfach kollegial miteinander um …“
„Du willst mich schlecht machen“, zetert Valerie weiter. „Damit ich vor den Kollegen blöd dastehe und am Ende womöglich meinen Job verliere!“
„Himmelherrschaft nochmal, Valerie“, wird Gabi nun energischer. „Merkst denn gar nicht, was du da für einen Unsinn redst?“
„Jetzt fällst du mir auch noch in den Rücken“, fährt Valerie Gabi weinend an und zieht schließlich in Rage von dannen.
„Ich weiß wirklich net, was mit ihr los ist“, murmelt Gabi entschuldigend …
Einige Stunden später, es ist inzwischen Nachmittag, begegnet Valerie Nina zufällig auf der Straße wieder.
„Das war wirklich sehr schön heute Morgen“, freut sich Valerie. „Ich konnte schon lange nicht mehr so offen mit jemandem reden.“
„Wie gesagt, können wir das gerne mal wiederholen“, erwidert Nina.
„Ja, gerne“, strahlt Valerie. „Ich hab nämlich nicht so viele Freundinnen, weißt du. Früher, in der Schule, da wurde ich immer gehänselt, weil ich so dick war. Und später wurde ich dann von den meisten auch immer nur verarscht. Es fällt mir echt schwer, Freundschaften zu schließen, weil ich damit irgendwie immer auf die Schnauze falle …“
Nina hat zunehmend Mitleid mit Valerie und vermutet, dass sie trotz der unmittelbaren Nähe ihrer Familie ein sehr einsamer Mensch ist. Sie beschließt daher, sich tatsächlich in Zukunft häufiger mit ihr zu treffen.
Lisa absolviert derweil ihren Spätdienst im Krankenhaus und die ganze Zeit geht ihr Valeries merkwürdiges Verhalten nicht aus dem Kopf. Kurz vor Feierabend spricht sie ihre Kollegin Ramona an, die bereits seit längerer Zeit in dem Haus arbeitet und dort im Laufe der letzten Jahre auf verschiedenen Stationen tätig war.
„Kennst du eigentlich eine Valerie Zenker?“ möchte sie wissen.
„Wer soll das sein?“ fragt Ramona.
„Die arbeitet hier im Haus. Auch als Krankenschwester“, erklärt Lisa. „Seit ein paar Monaten aber erst.“
„Nee, kenne ich nicht“, bedauert Ramona. „Aber hier wechselt das Personal auch so oft und es ist ja ein ziemlich großes Krankenhaus, da bekommt man so etwas nicht mit, es sei denn, man arbeitet in der Personalabteilung.“
„Meinst du, ich könnte mich da mal nach ihr erkundigen?“ überlegt Lisa. „Ich wüsste halt gerne, auf welcher Station sie arbeitet.“
„Ich glaube kaum, dass die solche Informationen einfach rausgeben“, meint Ramona. „Nicht mehr, seitdem das Thema Datenschutz so groß geschrieben wird. Aber vielleicht solltest du mal Schwester Alma fragen.“
„Wer ist das?“
„Die Stationsschwester von der 3 A“, erklärt Ramona. „Und die Klatschzentrale des Hauses. Die arbeitet schon seit gefühlten 100 Jahren hier und die weiß wirklich alles. Keine Ahnung, wie sie es neben all der Arbeit immer noch schafft, sich auf den neuesten Stand zu bringen, aber sie schafft das. Und Alma kennt auch jeden, wirklich jeden!“
„Dann sollte ich die vielleicht wirklich mal fragen“, beschließt Lisa.
„Soweit ich weiß, hat die aber gerade Urlaub“, sagt Ramona.
„Naja, läuft mir ja nicht weg“, entgegnet Lisa. Und nachdem Ramona sich in den Feierabend verabschiedet hat, sagt Lisa zu sich selbst: „Na, dann wollen wir doch mal hören, was Schwester Alma so über dich zu sagen hat, Valerie…“

CLIFFHANGER auf: Lisa Dagdelen


Mitwirkende Personen
Anna Ziegler
Sarah Ziegler
Claudio Russo
Enzo Buchstab
Gabi Zenker
Valerie Zenker
Lisa Dagdelen
Helga Beimer
Klaus Beimer
Mila Beimer
Nina Zöllig
Ida Zöllig
Dr. Carsten Flöter
Konstantin Landmann
Artjom Brenner
Nele Lindner
Dr. Brigitte Klöckner
Sina Kleist
Cedric Heltau
Lenny Kroon
Ramona Schlephak

© ´popo wolfson´ 2022

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


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Verfasst: So 22. Mai 2022, 07:03 


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