Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
Aktuelle Zeit: Di 30. Apr 2024, 18:52

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 1 Beitrag ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Folge 1830 - Gerdi
BeitragVerfasst: So 17. Apr 2022, 14:05 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Di 14. Sep 2010, 16:04
Beiträge: 10222
Wohnort: Popihausen
Folge 1830: Gerdi

Spieltag: Donnerstag, 14.04.2022 (Gründonnerstag)


Iris hat beschlossen, am bevorstehenden Ostersonntag den Familiensinn mal wieder ein wenig zu stärken, und will ihren Vater William zu sich nach Hause einladen. Sie möchte ihn bereits am Morgen aus der Seniorenresidenz abholen und den Tag mit einem gemeinsamen Brunch starten und später nach Kaffee und selbstgebackenem Osterlamm mit einem Abendessen ausklingen lassen. Alex ist nicht sehr erfreut, schließlich ist sein Verhältnis zu William nach wie vor nicht das beste, aber Iris zuliebe schafft er es, seinen Frust runterzuschlucken, und will den Tag einfach irgendwie über sich ergehen lassen.
„Ich werde ihn heute in der Mittagspause besuchen und ihm von unseren Plänen erzählen“, erklärt Iris beim Frühstück.
„Meinst du nicht, dass das alles sehr kurzfristig ist“, überlegt Alex, „heute ist ja immerhin schon Donnerstag.“
„Ach was“, winkt Iris ab, „in der Seniorenresidenz ist doch ein Tag wie der andere, da freut man sich doch über jede Abwechslung, egal wie kurzfristig das kommt.“
Alex befürchtet, dass Iris recht hat, hofft jedoch insgeheim immer noch ein bisschen, dass William einfach keine Lust auf Ostern mit der Sippschaft hat und die Einladung ausschlagen wird – und dass er selbst am Osterwochenende einfach seine Ruhe haben wird. Und völlig unwahrscheinlich findet Alex es nicht, schließlich ist William ein alter Sturkopf, mit dem man noch lange nicht macht, was man will.
Als Iris am Mittag in der Seniorenresidenz aufkreuzt, ist William jedoch weder in seinem Zimmer noch im Aufenthaltsraum zu finden. Während Iris noch ein wenig ratlos rumsteht und nach dem Pflegepersonal Ausschau hält, sagt plötzlich eine weibliche Stimme hinter ihr: „Sie suchen sicher Ihren Vater, nicht wahr?“
Als Iris sich umdreht, steht dort Williams freundliche Mitbewohnerin Luise, die Iris schon von früheren Besuchen bei ihrem Vater kennt, und lächelt sie an.
„Hallo… ja“, erwidert Iris. „Wo…. Ist der denn?“
„Ich glaube, er ist draußen im Garten“, sagt Luise. „Da ist er in letzter Zeit häufiger, seitdem das Wetter besser ist.“
„Mein Vater im Garten?“ wundert sich Iris. „Das passt ja überhaupt nicht zu ihm. Da könnte er ja glatt eine Überdosis frische Luft abbekommen.“
„Doch, doch, er geht gern raus an die frische Luft, seitdem er Frau Kanietzky kennt“, lacht Luise.
„Frau… wen?“ fragt Iris irritiert – den Namen hat sie in Verbindung mit der Seniorenresidenz noch nie gehört.
„Sehen Sie nur!“ Luise ist an eines der Fenster des Aufenthaltsraumes getreten und deutet nach draußen. Und dort spaziert tatsächlich ihr Vater an der Seite einer kleinen, zierlichen Frau mit Rollator den Gartenweg entlang, schnuppert an Blumen, deutet auf zwitschernde Vögel in den Bäumen und auf vorbeischwirrende Bienen. Iris kann es kaum fassen – so hat sie ihren Vater in mehr als 40 Jahren Lebenszeit noch nicht gesehen…
„Einen schönen guten Tag wünsche ich“, sagt sie freundlich, nachdem sie ein paar Minuten später ebenfalls in den Garten der Residenz gegangen ist.
„Iris“, freut sich William und strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Dann sagt er: „Das ist Gerdi. Gerdi, das ist meine Tochter Iris. Sie ist Ärztin!“
„Aha“, sagt Gerdi Kanietzky beeindruckt und lächelt Iris freundlich an.
„Guten Tag, Frau… ähm“, beginnt Iris.
„Ach, bitte lassen Sie doch die Frau weg. Meinen komischen Nachnamen kann sich doch eh keiner merken. Ich bin einfach nur die Gerdi.“
„Hallo, Gerdi“, sagt Iris und lacht.
„Gerdi wohnt noch nicht so lange hier“,erklärt William. „Und damit sie sich nicht so fremd fühlt und besser einlebt, habe ich sie unter meine, wie sagt man…? Unter meine… Fittiche genommen.“
Iris muss grinsen. „Das ist ja wirklich sehr ehrenhaft von dir“, sagt sie.
„Das ist es wirklich“, bestätigt Gerdi und wirft William einen langen Blick zu. „Ihr Vater ist ein richtiger Kavalier. Ohne ihn hätte ich mich in der ersten Zeit hier sehr verloren gefühlt.“
Iris findet die beiden nahezu rührend zusammen. Als sie ihrem Vater schließlich ihre Pläne für den Ostersonntag unterbreitet, lehnt dieser tatsächlich ab. Er möchte den Tag lieber mit Gerdi in der Seniorenresidenz verbringen.
„Die Gerdi hat nämlich keine Angehörigen mehr“, berichtet William. „Wenn ich jetzt auch noch weg bin, dann sitzt sie den ganzen Ostersonntag entweder alleine in ihrem Zimmer oder mit all den senilen Langweilern hier im Aufenthaltsraum.“
„Dann kannst du Gerdi ja einfach mitbringen!“ schlägt Iris nach kurzer Überlegung vor.
„Really?“ fragt William und wirkt ehrlich erfreut.
„Oh, nein, nein!“ wehrt Gerdi schnell ab. „Das kann ich nicht annehmen! Ich kann mich doch nicht einfach am Ostertag in Ihre Familie drängen!“
„Ach, wir sind doch sowieso nur unter uns“, sagt Iris schnell. „Nur mein Partner und ich, mein Vater und Sie. Ein ganz kleiner Kreis, wirklich nichts, wo Sie sich irgendwie reindrängen würden. Also Alex und ich würden und jedenfalls freuen.“
Gerdi ist zunächst noch ein bisschen verlegen, lässt sich dann aber schließlich doch noch von William und Iris umstimmen.
Zurück in der Lindenstraße nimmt Iris einen kleinen Imbiss im Akropolis zu sich und begibt sich dann in die Praxis zurück. Auf dem Weg dorthin kommen ihr Hand in Hand Mandy und David auf dem Bürgersteig entgegen. Die beiden machen einen sehr glücklichen Eindruck zusammen und für Iris wird der Tag sogleich noch schöner. Sie freut sich, dass es mit den beiden nun offensichtlich nach all den Querelen doch noch geklappt hat..
Nachdem Iris den Nachmittag in der Praxis, den letzten Arbeitstag vor dem langen freien Osterwochenende, hinter sich gebracht hat, kommt sie gut gelaunt nach Hause und erzählt Alex, was sich am Mittag in der Seniorenresidenz kurzfristig für neue Oster-Pläne ergeben haben… Und Alex bleibt sogleich der Mund offen stehen.
„Jetzt bringt dein Dad also schon irgendwelche Omis aus seinem Altenheim mit hierher?“ fragt er fassungslos. „Am Sonntag, noch dazu am Feiertag! Das ist doch jetzt nicht dein Ernst, Iris?!“
„Jetzt sei doch nicht immer so egoistisch“, entfährt es Iris vorwurfsvoll. „Du hättest das sehen sollen, ich habe meinen Vater noch nie so erlebt. So… fürsorglich. So empathisch. Völlig anders als sonst. Ich glaube, er hat sich bis über beide Ohren in diese Gerdi verknallt. Schön, dass er nach Mamas Tod wieder nach vorne sieht…“
Iris grinst ganz versonnen vor sich hin, als Alex sie aus ihren süßen Gedanken reißt. „Ja, schön“, murrt er. „Wenn er so verknallt ist und diese Gerda so toll findet, dann ist es doch super, wenn die beiden Ostern ganz ungestört und in trauter Zweisamkeit in ihrem Altenheim miteinander verbringen können.“
„Gerdi!“ korrigiert Iris ihn, „nicht Gerda! Und ich finde dich gerade mal wieder unmöglich. Manchmal frage ich mich echt, wer von euch der sturere Bock ist, du oder mein Vater. Und ich würde mal ernsthaft behaupten, dass momentan du das Rennen machst!“
„Also Iris…“
„Nix, also Iris! Dad und Gerdi sind für Sonntag eingeladen und dabei bleibt es. Den Ostermontag haben wir für uns, da können wir es uns gemütlich machen und alles ruhig angehen lassen. Aber Sonntag ist Familientag! Basta!“
Und damit lässt sie den verdutzten Alex einfach stehen und verschwindet im Badezimmer…


´Käthe` ist überglücklich und erfüllt von Vorfreude, denn nach monatelanger Trennung kommt Carsten heute, pünktlich zum bevorstehenden Osterfest, in die Lindenstraße zurück, nachdem er die Wintermonate im sonnigen Kalifornien verbracht hat.
„Artjom und ich essen heute Abend im Akropolis und gehen dann ins Kino“, erklärt Urszula am Morgen, während Artjom mürrisch daneben sitzt. „Dann könnt ihr ganz ungestört euer Wiedersehen feiern.“
„Wir wollen euch aber nicht vergraulen“, sagt ´Käthe` hastig.
„Na hör mal“, wirft die Polin ein. „Seit Monaten strapazieren wir deine Gastfreundschaft, damit wir nicht in unsere Bruchbude zurück müssen. Da ist es ja wohl das Mindeste, dass ihr zu zweit eure Wiedervereinigung feiern könnt.“
„Ihr könnt natürlich auch nach Carstens Rückkehr so lange bleiben, wie ihr wollt!“ verspricht ´Käthe´.
„Ich hab eine Zusage vom Hotel“, erklärt Urzsula. „Im Mai kann ich dort als Hausfriseurin anfangen, ich hoffe, dass ich für uns dann bald eine bezahlbare Wohnung finde.“
Nach dem Frühstück macht sich `Käthe´ auf den Weg, um noch ein paar Einkäufe für das Wiedersehen mit Carsten zu erledigen. Vor dem Supermarkt trifft er auf Sandra.
„Es tut mir ja wirklich leid, ich hätte dich gerne bei uns aufgenommen“, sagt ´Käthe` etwas verlegen. „Aber wir haben ja noch Urszula und Artjom bei uns und so groß ist unsere Wohnung ja leider nicht.“
„Ach, datt macht doch ja nix“, winkt Sandra. „Bei Jack bin isch ja jut untergekommen und inner Villa is nu wirklisch junuch Platz. Naja, okay, watt heißt jenuch Platz. Der Bruder vonne Jack wohnt da ja auch und der Gung. Also für eijenes Zimmer für misch reischt et dann doch nisch mehr, aber watt sollet. Die ham enne superjemütlische Couch. Und isch kann endlisch ma wieder so rischtisch viel Zeit mit Emma verbringen.“
„Also bleibst du jetzt wieder in München?“ erkundigt ´Käthe` sich nochmal.
„Natürlisch“, antwortet Sandra. „In Köln war isch ja auch auf Jobsuche, nachdem mein letzter Arbeitjeber dursch de Pandemie pleite jejangen is. Und hier in Münschen hab ich schon watt; isch fang demnächst hier innet Hotel in Küsche an. Jut, da bin isch dann zwar net de Chefköschin, sondern nur eine von vielen, aber ejal. Isch hab wieder Arbeit und isch bin inne Nähe von Emma. Watt will isch mehr?“
Nachdem die beiden sich voneinander verabschiedet haben, erledigt ´Käthe´ seine Einkäufe und richtet anschließend die Wohnung her, um Carsten gebührend willkommen heißen zu können. Während er noch so vor sich hin wurschtelt, kommt Carsten, den ´Käthe´ eigentlich persönlich vom Flughafen abholen wollte, früher als geplant mit einem Taxi in der Lindenstraße an. Während er den Fahrer bezahlt und sich mit seinem Gepäck auf das Haus Nr. 3 zubewegt, telefoniert er die ganze Zeit mit Beate.
„Ich bin sicher, dass das noch eine Katastrophe gibt“, krakeelt Beate gerade mit ihrer schrillen, lauten Stimme ins Telefon. „Ihr Schwulen seid ja immer so ein bisschen überdramatisch. Und ihr zwei Schnuckis ganz besonders!“
„Jetzt spar dir mal deine Klischees“, motzt Carsten mit einer Mischung aus Empörung und Genervtheit zurück. „Natürlich wird das nicht schön. Aber wir sind zwei erwachsene Menschen und so werden wir das auch regeln.“
„Na, dein Wort in Gottes Gehörgang“, plärrt Beate. „Du wirst jetzt aber schon schnell klar Schiff machen und ihn nicht ewig im Ungewissen lassen, oder?“
„Ich werde das jetzt sofort auf den Tisch bringen“, versichert Carsten seiner Schwester. „Ich muss Schluss machen. Ciao!“
Minuten später betritt Carsten die Wohnung. `Käthe´ schreit schrill auf, ehe er seinem Schnucki um den Hals fällt. „Aber ich wollte dich doch abholen!“
´Käthe´ kann gar nicht mehr aufhören, Carsten abzuknutschen, doch der verhält sich sonderbar steif und reserviert. Beim Anblick der geschmückten Wohnung und des gedeckten Tisches fragt er verlegen: „Ist das alles für mich?“
„Nein, eigentlich habe ich zum Ende meines Strohwitwer-Daseins eigentlich noch meine sieben Lover erwartet“, witzelt ´Käthe`.
Carsten wirkt nun noch verlegener. Schließlich murmelt er: „Georg, ich muss dir was sagen…“
´Käthe´sieht seinen Partner fragend an. Was soll nur diese Grabesstimme?
„Ich hab jemanden kennengelernt“, kommt Carsten unverblümt zur Sache. „In San Francisco. Steven heißt er. Steve.“
„Okay“, flüstert Georg und schluckt hörbar. „Hast… hast du mich… betrogen?“ fragt er nach einer Pause.
Carsten nickt zögerlich. ´Käthe´ schluckt erneut. Dann sagt er: „Nun ja… Das kann ja mal vorkommen. So allein… in der Fremde. Und ich war ja auch nicht immer ein Heiliger… Also, ich meine… Ach, vergessen wir es. Was in Amerika passiert ist, bleibt in Amerika. Ich bin so froh, dass du wieder da bist.“
Nun schluckt Carsten. „Damit ist es leider nicht getan“, sagt er heiser.
„Wie… meinst du das?“
„Ich hab mich verliebt, Georg. Ernsthaft verliebt…“
„Ver...liebt?!“
Einen unendlich langen Moment blicken sich die beiden schweigend an. Und die Stille dröhnt förmlich in ihren Ohren. Dann sagt Carsten: „Es tut mir so leid. Aber… ich war so glücklich. Mit Steve. Ich werde zurück gehen nach San Francisco. Ich… ich möchte nochmal neu anfangen, mit Steve…“
„Mit Steve…“, wiederholt ´Käthe´ tonlos.
„Du kannst natürlich in der Wohnung bleiben“, erklärt Carsten schnell. „Bis ich mein Visum habe und alle Formalitäten erledigt sind, ziehe ich ins Hotel.“
´Käthe´ schaut ihn ungläubig an. Er glaubt immer noch zu träumen, als Carsten sein Gepäck erneut schultert und die Wohnung, die er doch gerade erst betreten hat, wieder verlässt… Und allmählich beginnt seine Welt zu bröckeln und in Schutt und Asche zu zerfallen, während er in der geschmückten Wohnung neben dem gedeckten Tisch steht…
„Wir sind wieder daaaa!“ erklingt irgendwann Urszulas Stimme aus dem Flur. Es ist mittlerweile stockdunkel und ´Käthe` hat keine Ahnung, wie spät es ist und wie lange er am Tisch gesessen und vor sich hingestarrt hat…
„Ist… Carsten noch nicht da?“ fragt Urszula irritiert, als sie die Küche betritt.
„Er… ist schon wieder weg“, flüstert ´Käthe´ mit trockener Kehle.
„Wie weg?“ fragt Urszula.
Und dann bricht ´Käthe´ von einem Moment zum nächsten in eine wahre Tränenflut aus und er fällt der vollkommen verdatterten Urszula schluchzend um den Hals…

Popo sitzt an diesem Morgen in ihrer ehemaligen Wirkungsstätte, dem Marcellas und trinkt einen Kaffee, als sie überraschend einen Videoanruf von ihrer Mutter Pat erhält.
„Warum du rufst mich an um this time?“ fragt Popo irritiert. „Bei dir es ist doch noch mitten in the night. Warum schläfst du nicht?“
„Honey!“ trällert Pat vom Display. „I’ve just come from such a fun Easter party. And then I suddenly had such a longing for you!!!“
„Warum du sprichst nicht deutsch?“ fragt Popo. „Du hast von mir verlangt, ich soll nur sprechen deutsch, um zu lernen die Sprache und jetzt du selbst sprichst nur englisch mit mir!“
„Ja, du hast recht, sorry“, entschuldigt sich Pat. „Aber, Honey, du bist schon so gut in diese schreckliche Sprache geworden, deine Opa Erich wäre sicher sehr stolz auf dich. Und das eine Jahr, das du in Deutschland bleiben solltest, ist nun rum. Wie wär’s? Ich komme in one or two weeks nach Munich gejettet, wir machen uns noch ein paar nice days und in May we fly back to Toronto. Together. Du könntest in Herbst wieder gehen back to High School und nochmal versuchen zu machen deine Abschluss. Die sehen das sehr gerne, wenn jemand hat gemacht ein Jahr Auslandserfahrungen.“
„Ich komme noch nicht zurück nach Toronto“, sagt Popo entschlossen.
„What?“ entfährt es Pat überrascht. „Why not?`“
Und so erzählt Popo ihrer Mutter, dass sie gerade eine ganz große Karriere-Chance direkt vor der Nase hat und demnächst wahrscheinlich Geschäftsführerin des Cafés werden wird, in dem sie arbeitet.
„Oh my little Popo“, freut sich Pat. „I’m so proud of you! Da siehst du mal, was dir gebracht hat dieses Jahr in Deutschland!“
Tatsächlich ist auch Popo zufrieden. Sie ist überzeugt davon, dass sie Hülsch um den Finger gewickelt hat und der ihr den Job als Geschäftsführerin verschaffen kann – und dass sie dann auf bequeme Art und Weise und mit wenig Arbeit eine Menge Geld verdienen kann…
Während Popo nach Beendigung des Telefonats mit ihrer Mutter noch ihrer Phantasie nachhängt, wird sie plötzlich von einem stöhnenden Laut aus Richtung Theke aus ihren Gedanken gerissen. Als sie aufblickt, sieht sie Marcella, die sich in letzter Sekunde einen Putzeimer schnappen kann, ehe sie sich darin erbricht.
„Oh my God“, stöhnt Popo angeekelt. „Was ist los mit dir?“
„Ich weiß auch nicht, das muss irgendein hartnäckiger Infekt sein“, japst Marcella. „Mir ist schon seit Tagen morgens ständig so schlecht.“
„Oh, dann bist du vielleicht pregnant… ah, schwanger“, mutmaßt Popo.
„Unmöglich, ich nehme die Pille“, sagt Marcella mit voller Überzeugung.
„Okay, aber wenn du die Pille auskotzt, sie nützt nicht viel“, kichert Popo.
„Wie meinst du das?“
„Vor ungefähr zwei Monaten ich musste für dich springen ein, weil du hattest a stomach flu“, erinnert Popo. „Du hast gekotzt und wenn du damals hast deine Pille ausgekotzt… wer weiß!“
Marcella wird es gleichzeitig heiß und kalt. Nervös bestellt sie ihre Mitarbeiterin Laura ins Café, damit diese kurzfristig für sie einspringt und begibt sich Hals über Kopf in den nächsten Drogeriemarkt, wo sie sich mit einem ganzen Sortiment an Schwangerschaftstests eindeckt – um dann zuhause festzustellen, dass sie nicht pinkeln kann… Nachdem sie anderthalb Flaschen Mineralwasser an sich reingekippt und eine Weile abgewartet hat, meldet sich endlich ihre Blase und Marcella begibt sich ins Bad und packt die Tests aus… Marcella kann sich nicht erinnern, wann sie zuletzt oder ob sie generell jemals in so wenigen Minuten so viel Nervenstress aushalten musste, während sie auf die Ergebnisse der Tests wartet – und muss entsetzt feststellen, dass jeder einzelne Schwangerschaftstest ein positives Ergebnis anzeigt!
„Oh, fuck, das kann doch jetzt echt nicht wahr sein!“ stöhnt Marcella verzweifelt. Panisch ruft sie bei ihrer Gynäkologin an, um möglichst sofort einen Termin zu bekommen, doch die Arzthelferin teilt ihr unfreundlich mit, dass diesbezüglich vor Ostern definitiv nichts mehr zu machen ist. In ihrer Not ruft Marcella schließlich bei Dr. Brooks an, aber dort geht ihr Anruf nicht mal durch – die ganze Zeit ist besetzt! Kurz entschlossen macht sich Marcella auf den Weg, um persönlich in der Praxis aufzuschlagen. Auf dem Weg dorthin kommt ihr Iffi entgegen.
„Hey, warte mal“, begrüßt Marcella sie. „Wie praktisch, dass ich dich hier treffe. Ich muss dich was fragen.“
„Ach ja?“ fragt Iffi und in ihrer Stimme schwingt eine Mischung aus Irritation und Neugier mit.
„Naja, ich meine, also… du kennst dich ja aus“, sagt Marcella. „Du warst ja schon öfter ungewollt schwanger.“
„Wie bitte???“ fragt Iffi empört.
„Äh, sorry“, murmelt Marcella verlegen. „Also… ich meine… was glaubst du: Wenn sechs von sechs Schwangerschaftstests aus der Drogerie positiv sind… für wie wahrscheinlich hältst du es, dass man dann wirklich schwanger ist?“
Iffi starrt Marcella ungläubig an. „Für… sehr wahrscheinlich“, erwidert sie.
„Naja, ich meine, die sind ja nicht unbedingt immer so zuverlässig“, sucht die Italienerin verzweifelt nach einem Strohhalm. „Und ungefähr die Hälfte davon war auch im Sonderangebot. Vielleicht sind die nicht mehr… so ganz… gut?“
Iffi kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Marcella“, sagt sie, „wenn du sechs positive Schwangerschaftstests hast, dann bist du mit absoluter Sicherheit wirklich schwanger. Und wenn die noch so sehr aus dem Sonderangebot stammen, aber so viele Fehlergebnisse KANN es da einfach nicht geben…“
„Scheiße! Okay, danke“, murmelt Marcella und setzt ihren Weg fort.
Im Vorzimmer der Praxis Brooks gerät Marcella dann gleich mit Corinna aneinander.
„Sie sehen doch, was hier los ist“, sagt die Arzthelferin schnippisch. „Die ganze Praxis ist voll, wir wissen kaum, wo uns der Kopf steht, morgen ist langes Osterwochenende und dann platzen Sie hier einfach rein, ohne vorher wenigstens mal anzurufen, und wollen einfach mal eben so irgendwo dazwischen geschoben werden?!“
„Ich hab angerufen!“ erwidert Marcella gereizt. „Aber hier kommt man ja überhaupt nicht durch!“
„Ja, da sehen Sie mal, was hier los ist!“ giftet Corinna.
„Was fehlt dir denn eigentlich?“ mischt Andrea sich freundlicher in die Unterhaltung ein. „Ist es sehr dringend? Oder kann das nicht eventuell doch noch bis nach den Ostertagen warten?“
Marcella blickt sich um, als habe sie irgendetwas hochgradig unanständiges. Dann flüstert sie: „Ich bin vielleicht schwanger…“
„Oh, herzlichen Glückwunsch“, freut sich Andrea, während Corinna schrill auflacht und dann zickt: „Ja, dann sollten Sie mal besser gleich zu Ihrem Frauenarzt gehen!“
„Da krieg ich vor Ostern keinen Termin mehr!“ zischt Marcella.
„Ja, hier auch nicht!“ knurrt Corinna.
„Hast du denn irgendwelche Beschwerden?“ erkundigt sich Andrea.
„Ich kotze morgens ständig“, flüstert Marcella.
„Das ist in einer Schwangerschaft natürlich absolut ungewöhnlich“, erwidert Corinna sarkastisch.
„Herrgott, ich will doch einfach nur wissen, ob ich wirklich schwanger bin und in der wievielten Woche“, giftet Marcella die unfreundliche Frau Marx an.
In diesem Moment verlässt Iris mit einer anderen Patientin das Sprechzimmer und bekommt den Disput zwischen ihrer Angestellten und Marcella mit. Nachdem sie erfahren hat, um was es geht, bietet sie Marcella an, um kurz vor Feierabend nochmal zu einer Untersuchung reinzukommen. Marcella ist dafür sehr dankbar…
Dennoch bringen ihr die Stunden bis zu ihrem Termin keine Beruhigung, denn Marcella wird zunehmend bewusst, dass in den vergangenen Wochen auch ihre Periode ausgeblieben ist. Dabei hat sich Marcella jedoch nicht allzu viel gedacht, denn wenn sie Stress hat, passiert dies ab und an – und ihr eigenes Café hat schon das ein oder andere Mal Stress für sie bedeutet…
Bei ihrem Termin am Abend passiert dann jedoch genau das, was Marcella mittlerweile ohnehin längst bewusst geworden ist: Iris bestätigt ihr die Schwangerschaft… Und Marcella ist auch klar, dass Popo mit ihrer Vermutung recht haben muss und das ganze Drama wirklich um den Zeitpunkt herum begonnen haben muss, als sie im Februar ihre Magen-Darm-Grippe hatte, denn dabei muss sie tatsächlich auch ihre Pille erbrochen haben…
Iris gibt ihrer Patientin noch ein paar Informationsbroschüren mit und rät ihr, gleich nach Ostern einen Termin bei ihrem Gynäkologen zu machen. Marcella fühlt sich, als sei sie vor eine Wand gerast. Am liebsten würde sie einfach nur aufwachen aus diesem verfluchten Albtraum. Doch alles Wünschen bringt nichts, sie muss der Realität ins Auge blicken – und vor allen Dingen muss sie auch mit Sebastian, dem werdenden Vater, darüber sprechen. Als die beiden sich am Abend in Marcellas Wohnung treffen, druckst sie zunächst ein wenig um den heißen Brei herum, kommt dann aber doch schließlich zum Punkt und erzählt Sebastian, was Sache ist. Und dann der nächste Schock für die Italienerin: Sebastian scheint sich, nach anfänglicher Überraschung, wirklich über diese Neuigkeit zu freuen…
„Was ist denn los mit dir?“ wundert sich der junge Zahnarzt, als er den betroffenen Gesichtsausdruck seiner Freundin bemerkt.
„Was los ist?“ entfährt es Marcella entsetzt. „Ich bin schwanger! Das ist los!!!“
„Nun ja, okay, das kommt jetzt ein bisschen plötzlich“, stimmt Sebastian ihr zu. „Aber das ist doch bei Schwangerschaften meistens so. So etwas kann man halt nicht immer planen. Und es ist doch toll! Ein Baby! UNSER Baby!“
„Gar nichts ist toll!“ entfährt es Marcella mit Tränen in den Augen. „Ich will kein Kind! Ich wollte nie Kinder!“
„Aber warum denn nicht?“ fragt Sebastian konsterniert.
„Ich hab mich gerade selbstständig gemacht mit meinem eigenen Café“, erklärt Marcella. „Wie soll denn das laufen mit einem Kind? Und überhaupt… Ich wollte nie Kinder! Kinder passen einfach nicht in meine Lebensplanung! Ich finde alleine die Vorstellung grauenhaft. Die Schwangerschaft! Dann hat man dieses… dieses zerbrechliche Baby! Dann ein nervendes Kleinkind. Dann einen pubertierenden Teenager. Man hat dieses Kind für die nächsten 18 Jahre an der Backe! Mindestens! Fast 20 Jahre lang nur Stress und Ärger…“
Sebastian kann kaum fassen, was Marcella ihm da gerade erzählt. „Siehst du das tatsächlich so?“ fragt er ungläubig. „Siehst du das so schwarz?“
„Ja, das tue ich!“ erwidert Marcella bestimmt. „Ich kann und ich will das nicht!“
„Aber… du bist jetzt nun mal schwanger.“
„Ja, aber ich werde dieses Kind nicht bekommen!“ entgegnet Marcella entschlossen.
„Was?“ Sebastian wirkt ernsthaft entsetzt. „Das ist jetzt aber nicht dein Ernst?!“
„Doch!“, sagt Marcella noch einmal und mit noch mehr Nachdruck in der Stimme. „Gleich nach Ostern werde ich mich über eine Abtreibung informieren!“

CLIFFHANGER auf: Marcella Varese

Mitwirkende Personen
William Brooks
Dr. Iris Brooks
Alex Behrend
David Krämer
Mandy Peschke
Marcella Varese
Dr. Sebastian Ritter
Popo Wolfson
Pat Wolfson
Corinna Marx
Andrea Neumann
Georg ´Käthe´ Eschweiler
Dr. Carsten Flöter
Beate Flöter
Urszula Winicki-Brenner
Artjom Brenner
Sandra Sarikakis
Iffi Zenker
Luise Fröhlich
Laura Steinke
Gerdi Kanietzky

© ´popo wolfson` 2022

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags:
Verfasst: So 17. Apr 2022, 14:05 


Nach oben
  
 
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 1 Beitrag ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde


Wer ist online?

0 Mitglieder


Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron
Powered by phpBB® Forum Software © phpBB Group


Bei iphpbb3.com bekommen Sie ein kostenloses Forum mit vielen tollen Extras
Forum kostenlos einrichten - Hot Topics - Tags
Beliebteste Themen: Quelle, NES, Haus, Erde, Liebe

Impressum | Datenschutz