Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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 Betreff des Beitrags: Folge 1821 - Starrsinn
BeitragVerfasst: So 13. Feb 2022, 00:02 
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Folge 1821: Starrsinn

Spieltag: Donnerstag, 10.02.2022

Bereits am frühen Morgen klingelt es an der Tür der Alten-WG Sturm. Als Helga, noch im Morgenmantel, öffnet, steht draußen im Treppenhaus Marcella, kreidebleich und mit dunklen Ringen unter den Augen.
„Morgen, Frau Beimer, ist Popo da?“ fragt die Italienerin.
„Frau Varese, Sie sehen aber gar nicht gut aus“, stellt Helga fest und weicht erschrocken zwei Schritte zurück. „Oh mein Gott! Sie haben doch nicht etwa Corona?“
„Nein, aber einen fetten Magen-Darm-Infekt“, erklärt Marcella und Helga weicht noch einen Schritt zurück. „Ich brauche dringend Popos Hilfe, sie muss im Café für mich einspringen.“
Nachdem Helga Popo aus dem Bett gerufen hat, ist diese alles andere als begeistert. „Ich habe gekündigt“, erklärt die Kanadierin schnippisch. „Nächste Woche ich fange in die neue George-Filiale an. Und bis dahin ich will haben meine Müsligang.“
„Müsligang?“ fragt Marcella verwirrt.
„Sie meint Müßiggang“, sagt Helga und sieht Popo dabei säuerlich an.
„Ich bezahle dir auch was extra“, bittet Marcella. „Ich finde so schnell niemanden. Und es ist auch nur für heute und morgen, versprochen. Am Wochenende bin ich wieder fit, aber im Moment geht es echt nicht, ich hab die ganze Nacht gekotzt. Und jetzt hab ich auch noch Durchfall.“
„Ersparen Sie uns bitte die Details!“ fordert Helga und weicht noch weiter zurück. „Und stecken Sie uns hier bloß nicht an, das können wir gerade gar nicht gebrauchen. Die Mutter von Herrn Zenker liegt im Krankenhaus mit einem Oberschenkelhalsbruch. Sie ist letzte Woche hier im Hausflur gestürzt. Aber nächste Woche soll sie schon entlassen werden. Sie ist so stur, sie weigert sich, eine Reha zu machen. Und wenn sie wieder hier ist, können wir es uns nun wirklich nicht erlauben, hier auch noch Magen-Darm zu haben.“
Dann stößt Helga Popo unsanft an und die erbarmt sich schließlich und verspricht, zwei Tage im Marcellas auszuhelfen. Aber keinen Tag länger…
Andy taucht derweil im Krankenhaus auf, um Lola zu besuchen – und um sie davon zu überzeugen, doch erstmal an den Reha-Maßnahmen teilzunehmen, ehe sie sich entlassen lässt. Doch mit diesem Vorhaben beißt er auf Granit, seine Mutter verhält sich wieder mal stur wie ein Maulesel und ist nicht bereit, ihren Standpunkt nochmal zu überdenken.
„Es kommt eine Physiotherapeutin nach Hause, die mir dort hilft, mich wieder zu mobilisieren“, erklärt Lola. „Dafür brauche ich keine Reha.“
„Aber wenn du nicht gerade mobilisiert wirst, liegst du im Bett und bist auf Pflege angewiesen“, erklärt Andy. „Wie sollen wir denn das bewerkstelligen?“
„Dafür gibt es einen Pflegedienst“, erwidert Lola stur. „Ich habe mich schon ganz genau informiert, was mir so alles zusteht!“
Andy gibt es auf. Stattdessen sucht er das Gespräch mit Dr. Ludger Nöhren, den behandelnden Arzt seiner Mutter. Auch der weist nochmals darauf hin, dass es für Lola definitiv vernünftiger wäre, zunächst eine stationäre Reha zu machen, aber dass man sie letzten Endes natürlich auch nicht zwingen könne.
„Es gibt auch die Möglichkeit, in ein Zentrum für Tages-Reha zu gehen“, erklärt der Arzt. „Da wird sie morgens abgeholt und abends wieder nach Hause gebracht. Vielleicht kriegen wir es ja hin, ihr das schmackhaft zu machen. Dann wäre sie zumindest nicht den ganzen Tag zu Hause.“
„Sie kennen meine Mutter nicht“, murrt Andy, „das wird sie ebenso ablehnen wie alles andere…“
„Ich hatte in den letzten Tagen ausreichend Gelegenheit, sie kennenzulernen“, sagt Dr. Nöhren grinsend.
„Dann wissen Sie ja, wovon ich rede“, brummelt Andy und verabschiedet sich. Dann hält er nochmal inne und fragt den Arzt: „Ach so… Meine Tochter arbeitet hier im Krankenhaus als Schwester. Valerie Zenker heißt sie. Sie wissen nicht zufällig, auf welcher Station sie gerade eingeteilt ist? Dann könnte ich sie noch kurz besuchen, wo ich schon mal hier bin…“
„Der Name sagt mir gar nichts“, bedauert der Arzt. „Hat sie Ihnen denn nie gesagt, auf welcher Station sie arbeitet?“
„Sie wird immer da eingesetzt, wo sie gerade gebraucht wird, das ist immer woanders“, erwidert Andy.
„Merkwürdig“, meint Nöhren. „So eine Vorgehensweise ist hier in diesem Hause eigentlich eher unüblich. Aber, nun ja, in Zeiten des Pflegenotstands… wer weiß, was sich die Personalabteilung da wieder ausgedacht hat. Aber bedauerlicherweise sagt mir der Name nichts…“
Andy geht weiter und trifft im Aufzug auf eine junge Krankenschwester, die er ebenfalls fragt, ob sie Valerie kenne, doch auch die muss verneinen.
„Soll ich mich mal für Sie erkundigen?“ fragt die Schwester bemüht höflich, doch man merkt ihr deutlich an, dass ihr dies eigentlich gerade gar nicht passt – schließlich hat sie ja auch noch genug anderes zu tun…
„Nein, schon gut, lassen Sie mal“, lehnt Andy ab und beschließt, Valerie später selbst zu fragen, wohin man sie momentan gesteckt hat…
Zuhause diskutiert Andy später mit Gabi und Helga darüber, wie es mit seiner Mutter weitergehen soll, wenn sie erstmal aus dem Krankenhaus entlassen wurde.
„Wer weiß, ob sie überhaupt jemals wieder in ihr Haus nach Göttingen zurück kann“, gibt Gabi zu bedenken. „So a Bruch in dem Alter, wer weiß, ob sie sich überhaupt noch richtig davon erholen wird…“
„Jetzt mal bloß den Teufel nicht an die Wand!“ schnauzt Andy, als es an der Tür klingelt und Valerie ihnen einen Besuch abstattet. Auch sie wird in die Diskussion involviert und als Andy sich erkundigt, in welchem Bereich des Krankenhauses sie denn momentan tätig ist, erklärt Valerie, dass sie zur Zeit fast jeden Tag woanders einspringen muss.
„Der Arzt von Lola meint, dass so ein Verfahren bei euch eigentlich eher nicht üblich ist“, erinnert sich Andy.
„Ja, der macht ja auch die Dienstpläne nicht“, erwidert Valerie patzig. „Bei dem Mangel an Pflegepersonal ist das anders ja kaum noch zu bewältigen.“
„Aber ist das denn nicht sehr anstrengend und sehr belastend, wenn man sich fast täglich auf neue Leute und Situationen einstellen muss?“ möchte Helga.
„Das ist es ja ohnehin“, erwidert Valerie. „Jeden Tag werden Patienten entlassen und neue aufgenommen, da muss man sich eh ständig neu orientieren.“
Das Thema kommt wieder zurück auf die Pflege, die Lola brauchen wird, wenn sie aus dem Krankenhaus entlassen ist und plötzlich wirft Valerie ein: „Ich könnte das ja auch machen! Dann bezahlst du mich halt mit Lolas Pflegegeld und niemand muss sich hier auf eine fremde Person im Haushalt einstellen.“
„Soweit kommt das noch!“ mault Andy, „dass du deinen halbwegs ordentlich bezahlten Job im Krankenhaus hinschmeißt und dich dann mit dem spärlichen Pflegegeld über Wasser hältst. Nein, nein, die Krankenkasse organisiert für uns eine osteuropäische Kraft. Für die da drüben ist das eine Menge Geld, was sie damit hier verdienen können. Aber für dich ist das nichts, das hast du wirklich nicht nötig...“
Zerknirscht resigniert Valerie. Wenn er wüsste, denkt sie… Denn eigentlich würde sie lieber ihre Großmutter pflegen und sich dafür bezahlen lassen, als Arbeitslosenhilfe zu kassieren und dafür täglich stundenlang durch die Stadt zu strolchen oder sich leise in ihrem Zimmer zu verbarrikadieren…
„Es wird auf jeden Fall noch enger hier, wenn wir jetzt bald auch noch so eine Pflegerin hier beherbergen“, sagt Helga besorgt.
„Es wird höchste Zeit, dass der Bruno nach Italien zurückgekehrt“, sagt Gabi entschlossen. „Und darum ruf ich jetzt auch die Isolde an! Die muss ihn dazu bewegen, zu ihm zurück zu kommen.“
Gabi sucht Isoldes Nummer raus und greift nach dem Telefon.
Zur gleichen Zeit lümmelt sich Bruno im Bordell mal wieder im Bett von Pia Lorenz und ahnt nicht das Geringste von dem, was seine Tochter gerade einzufädeln versucht. Wie immer nach dem Geschlechtsakt kommt es zwischen Bruno und Pia noch zu einem ungezwungenen Small Talk. Dabei erkundigt sich Pia, ob Bruno sein Leben in Italien und seine dort verflossene Beziehung nicht vermisse.
„Ach weißt, des Thema ist für mich ein für allemal erledigt“, erklärt Bruno. „Die Isolde und ich, wir hatten eine gute Zeit, eine wirklich gute Zeit. Aber manchmal muss man halt wissen, wann Schluss ist. Auch bei einer guten G’schicht. Und dann wird es Zeit für was Neues. Auch in der Liebe.“
Pia verschluckt sich, da sie Brunos Aussage aus nicht wirklich erklärlichen Gründen sofort auf sich münzt. „Ich glaube, dass ist keine gute Idee“, räuspert sie. „Für so etwas bin ich nicht zu haben. Also nicht mehr. Ich hab schon ziemlich schlechte Erfahrungen damit gesammelt, mich mit einem ehemaligen Freier einzulassen.“
Bruno lacht laut auf. Dann erklärt er ihr grinsend, dass er eigentlich von den schön altmodischen Kontaktanzeigen spricht, die an jedem Wochenende im Stadtanzeiger veröffentlicht werden, dass er dort schon einige dieser Anzeigen mit ernsthaftem Interesse gelesen hat und nun beschlossen hat, mal auf eine davon zu reagieren.
„Ach so“, lacht Pia verlegen. „Sorry, das hab ich jetzt in den völlig falschen Hals gekriegt. Na, dann wünsche ich dir viel Glück dabei.“
„Und was ist mit deinem Glück?“ fragt Bruno die Prostituierte plötzlich. „Willst das hier machen, bis du alt und grau bist?“
Pia lächelt betrübt. „Ich bin ja jetzt schon nicht mehr ganz taufrisch“, sagt sie bitter. „Viele Kunden gehen lieber zu meinen jüngeren Kolleginnen. Früher, da habe ich immer von einem eigenen Schuhgeschäft geträumt. Hat auch kurzzeitig geklappt. So halbwegs zumindest. Aber dann ist der Schuss gehörig nach hinten losgegangen.“
„Und heut?“ fragt Bruno.
„Ich hab so ein paar Kurse besucht“, erwidert Pia. „Offiziell darf ich mich jetzt Masseurin nennen. Aber das ist weder was, was wirklich gesucht wird, noch ist es was, womit man viel verdienen kann. Naja, massieren kann ich ja in meinem jetzigen Job auch ganz gut gebrauchen, nicht wahr?! Trotzdem wäre es schön, wenn ich irgendwann in diesem Leben nochmal aus diesem… Gewerbe raus käme…“
„Ich drück dir die Daumen, dess du’s schaffst“, sagt Bruno, als er sich verabschiedet.
Derweil ist Gabi recht zufrieden mit ihrem Telefongespräch mit Isolde. Denn diese hat durchaus Interesse an einer Wiederbelebung ihrer Beziehung mit Bruno und will schnellstmöglich nach München reisen. Als Gabi am Abend im Bett mit Andy darüber spricht, sind die beiden sich einig, dass sie Isoldes geplanten Besuch vorerst vor Bruno verheimlichen wollen, denn wenn sie ihm erst überraschend gegenüber steht, so hoffen die beiden, dann wird Bruno gar nicht anders können, als zu ihr zurückkehren zu wollen …

„Meine Kollegen haben rausgefunden, bei wem Sunny in den letzten Monaten so oft war!!“ erklärt Nina an diesem Morgen Tanja ganz aufgeregt.
Tanja scheint jedoch gar nicht richtig zuzuhören und sagt: „Wir haben einen Termin für die Ballon-Bestattung. Nächsten Donnerstag, kriegen wir das hin?“
„Die Wohnung wurde von einem gewissen Doktor Manfred Pauli gemietet“, berichtet Nina aufgewühlt. „Aber da ist niemand mehr. Alles verwaist. Der scheint über alle Berge zu sein. Aber der ist wohl kein unbeschriebenes Blatt.
Nun ist Tanja doch hellhörig geworden. „Doktor Manfred Pauli???“ fragt sie fassungslos.
„Kennst du den?“ erkundigt sich Nina.
„Nur flüchtig“, erwidert Tanja. „Als Ludwig damals seinen Unfall hatte, hat er eine Zeit lang seine Praxis hier in der Straße geführt. Und Jahre später war er in einen Organ-Handel-Skandal verwickelt, als Hajo Scholz eine neue Niere brauchte.“
„Genau wegen diesem Organ-Handel ist er bei uns auch aktenkundig“, erklärt Nina. „Und es besteht der Verdacht, dass er immer noch in allerlei dubiose medizinische Geschichten verwickelt ist und illegal mit Präparaten handelt oder nicht zugelassene Behandlungsmethoden praktiziert!“
„Und… warum ist er jetzt weg?“ fragt Tanja zögerlich.
„Wahrscheinlich, weil er von Sunnys Tod erfahren hat und nun kalte Füße bekommen hat“ , vermutet Nina. „Aber es wird nach ihm gefahndet. Auch international. Dieser Mann ist ein durch und durch skrupelloser Verbrecher und irgendwann kriegen sie ihn!“
„Der muss mittlerweile steinalt sein“, grübelt Tanja. „Und so jemand nimmt billigend den Tod von Menschen in Kauf. Aus reiner Profitgier. Dabei steht der doch quasi selbst schon mit einem Bein im Grab.“
Die beiden Frauen schweigen eine Weile betroffen, dann lässt Nina sich von Tanja auf den aktuellen Stand von Sunnys bevorstehender Ballon-Bestattung bringen und die beiden besprechen die Details.
Christa ist derweil immer noch bei Nina und Klaus untergeschlüpft, während ihr Mann Jürgen bis zu Sunnys Ballon-Bestattung, die ihm immer noch ein Dorn im Auge ist, erstmal nach Berlin zurückgekehrt ist. Die Ehe der Zöllig-Eltern scheint tatsächlich nicht mehr zu retten zu sein, Christas Entschluss, ihren Mann zu verlassen, steht fest. Sie hat mittlerweile wieder Kontakt aufgenommen zu einer alten Schulfreundin, die mittlerweile seit Jahren an der Mecklenburger Seenplatte lebt. Vor anderthalb Jahren ist deren Mann an Corona gestorben und sie wohnt nun alleine in dem großen Haus, welches die Kinder längst verlassen haben. Christas Plan ist es, nach Sunnys Aussegnung zu ihr zu ziehen und in dem Mecklenburger Haus eine Alten-WG mit ihrer Freundin zu gründen – ähnlich wie in Helgas Wohnung in der Lindenstraße. Doch bis zur Ballon-Bestattung will Christa in München bleiben. Am Nachmittag sitzt sie mit Nina zusammen und sagt: „Ich habe jede Nacht schreckliche Albträume.“
„Von Sunny?“ fragt Nina und legt ihre Hand auf die ihrer Mutter.
Christa schüttelt den Kopf. „Von dir“, gesteht sie.
„Von mir?“ Nina sieht ihre Mutter fragend an.
„Dass du im Dienst erschossen wirst“, flüstert Christa kaum hörbar. „So, wie diese beiden jungen Polizisten in Rheinland-Pfalz…“
„Ach, Mama…“
„Nichts, ach, Mama“, sagt Christa nun energischer. „Das ist so ein gefährlicher Beruf. Du riskierst jeden Tag dein Leben.“
„Das ist natürlich eine schreckliche Sache in Kusel“, sagt Nina, „aber das war nun wirklich eine Extrem-Situation, so etwas passiert ja zum Glück nicht jeden Tag. Und in meiner Ausbildung habe ich gelernt…“
„Die beiden toten Menschen haben auch in ihrer Ausbildung gelernt, wie man sich richtig verhält“, unterbricht Christa ihre Tochter. „Aber was nützt es, wenn man an einen Psychopathen gerät. Oder irgendeinen skrupellosen Schwerverbrecher. Du hast täglich mit so vielen kriminellen, unberechenbaren Menschen zu tun.“
Nina seufzt. „Ich wollte immer nur Polizistin sein“, erklärt sie.
„Aber du machst das nun schon so lange“, erwidert Christa. „Musst du denn noch raus auf die Straße? Kannst du dich nicht in den Innendienst versetzten lassen?“
„Aber das bin ich einfach nicht!“ entgegnet Nina. „Ich will raus! Unter die Menschen! Vor Ort was bewirken.“
Christa sieht sie kurz schweigend an. Dann sagt sie: „Um Peter mit seiner Stelle im Baumarkt oder um Mirko mit seiner Werbeagentur mache ich mir keine Sorgen. Was soll da schon passieren? Aber du als Polizistin… Ich will nicht noch ein Kind verlieren…“
Dann steht sie auf und verlässt schweigend den Raum. Nina sieht ihr nachdenklich nach. Sie kann die Ängste ihrer Mutter ja durchaus nachvollziehen, gerade jetzt im Moment, so kurze Zeit nach Sunnys Tod. Aber was soll sie machen? Sich ihrer Mutter zuliebe wirklich in den Innendienst versetzen lassen und dabei todunglücklich werden in ihrem Job…?
Derweil hat Tanja in der Schildknecht-Wohnung Besuch von ´Käthe `und Urszula. Die drei sitzen zusammen und reden über die bevorstehende Ballon-Bestattung. Urszula zeigt sich dieses Mal empathischer und verkneift sich jegliche Kommentare über Artjom und die Sorgen bezüglich seiner weiteren Schullaufbahn. Tanja lässt ihrer Trauer um Sunny freien Lauf und teilt ihren Freunden mit, wie sehr sie sie vermisst und wie ungewiss ihr weiteres Leben nun aussieht. Simon belauscht die Unterhaltung eine Weile vom Flur aus und fühlt sich schrecklich schuldig an dem ganzen Drama. Wenn er nicht als erster auf diesen verdammten Kran geklettert wäre, wäre Yannik nicht gestorben. Und wenn Yannik noch leben würde, würde Sunny vermutlich ebenfalls noch leben. Erst in der Trauer um ihren Sohn hat sie sich wieder so verbissen in die Idee hinein gesteigert, eine `richtige` Frau werden zu wollen. Ohne ihn wäre das alles nie passiert, dessen ist sich Simon zunehmend sicher…
Leise verlässt er die Wohnung und das Haus. Er schleicht in den dunklen Hinterhof, wo er eine Zigarette raucht, als er hinter sich bei den Mülltonnen plötzlich ein Geräusch hört. Als er herumfährt, steht bei den Tonnen Mila, die noch schnell den Müll heruntergebracht hat.
„Hi“, sagt sie zu ihm.
„Hi“, erwidert er knapp.
„Seit wann rauchst du denn?“ fragt sie und blickt angewidert auf die Zigarette in seiner Hand. Als Simon lediglich mit den Schultern zuckt, sagt sie naserümpfend: „Rauchen ist schon echt ekelig.“
„Musst ja nicht mitmachen“, erwidert Simon pampig und zündet sich eine weitere Zigarette an.
„Na, dann viel Spaß noch“ , entgegnet Mila ebenso schnippisch und verschwindet wieder.
Simon blickt ihr nach, bis sie aus dem Hof verschwunden ist, ehe er sich wieder seinen finsteren Gedanken hingibt…

Lisa ist nervös, denn heute hat sie ihren Gerichtstermin wegen der manipulierten Impfstoff-Ampullen. Entsprechend angespannt ist daher auch die Stimmung an diesem Morgen bei den Dagdelens. Deniz wird in aller Eile abgefertigt und zur Schule geschickt und als Murat Lisa anbietet, sie zur ihrem Termin zu begleiten, lehnt diese das empört ab und verlangt von ihm, sich gefälligst um seine Shisha-Bar zu kümmern.
Dort taucht dann später auch Andrea auf, um sich nach Lisa zu erkundigen.
„Sie wollte nicht, dass ich mitkomme“, erklärt Murat. „Sie ist so stur. Ich soll die Shisha-Bar wieder zum Laufen bringen. Die Shisha Bar! Das ist alles, was für sie zählt. Da geht sie dann sogar lieber alleine zu ihrer Verhandlung.“
Das Zusammentreffen der beiden löst sofort wieder das bereits bekannte Knistern aus, doch beide bemühen sich, ihre Gefühle zu unterdrücken…
Am Mittag erscheint Lisa in der Shisha-Bar. Und sie macht alles andere als einen glücklichen Eindruck.
„Was ist passiert, Baby?“ fragt Murat besorgt. „Musst du etwa… ins Gefängnis?“
Lisa schweigt einen Augenblick, dann sagt sie: „Ich muss eine Geldstrafe bezahlen. 50.000 Euro! Wie sollen wir das machen? Wir sind doch jetzt schon so gut wie pleite!!!“
„Aber… du bekommst keine Gefängnisstrafe?“ will sich Murat erneut versichern.
„Ach, Mann, jetzt hör doch mal auf mit deiner Gefängnisstrafe“, winkt Lisa gereizt ab. „Ich muss ein Vermögen an Strafe bezahlen, das ist fast genauso schlimm!“
Murat und Lisa sehen sich einen Moment lang betreten an. Dann sagt Murat: „Aber immerhin musst du nicht ins Gefängnis. Stell dir mal vor, was das für Deniz bedeutet hätte.“
Lisa nickt zaghaft. „Und ich bekomme kein Berufsverbot“, sagt sie.
„Dann kannst du dich jetzt um eine neue Stelle bewerben!“ freut sich Murat. „Das ist doch prima!“
„Nein, ich bewerbe mich nicht um eine NEUE Stelle!“ erklärt Lisa entschlossen. „Ich rede jetzt nochmal mit Iris! Wenn sogar das Gericht der Meinung ist, dass ich noch in meinem Beruf arbeiten darf, dann muss sie mir auch noch eine Chance geben!“
Und so taucht Lisa kurz nach der Mittagspause in der Praxis auf und bittet Iris direkt und ohne Umschweife, ihr ihre Stelle zurückzugeben.
„Tut mir leid, Lisa, aber das geht nicht“, erklärt Iris energisch. „Erstens ist hier zu viel zwischen uns schiefgelaufen und zweitens ist deine Stelle inzwischen schon wieder besetzt.“
Iris deutet auf Corinna, die gerade in diesem Moment das kleine Labor jenseits des Empfangsraums verlässt.
„Guten Tag“, sagt diese zu Lisa, die sie einen Augenblick nachdenklich ansieht. Dann fällt der Groschen. „Ich kenne Sie doch! Sie haben hier früher schon gearbeitet, Sie sind Frau Marx!“
„Genau!“ erwidert Corinna. „Kennen wir uns? Ach je, Sie waren damals wahrscheinlich noch fast ein Kind, oder?“
Lisa geht gar nicht weiter auf Corinna ein, sondern giftet Iris an: „So ist das also! Du wartest nicht mal mein Urteil ab, du besetzt meine Stelle vorher schon neu, ohne überhaupt zu wissen, ob ich wieder arbeiten darf oder nicht!“
„Weil mir von Anfang an klar war, dass es zwischen uns beiden zu keinem Arbeitsverhältnis mehr kommen wird!“ erklärt Iris mit Nachdruck.
„Und dann bist du so dämlich und besetzt meine Stelle lieber mit so einer alten Schrapnelle kurz vor der Rente?!“ keift Lisa.
„Also erlauben Sie mal“, entfährt es Corinna empört.
„Ich erlaube gar nichts!“ schreit Lisa – und dann an Iris gewandt: „Das wird dir noch Leid tun.“
Mit energischen Schritten rauscht Lisa aus der Praxis, während Iris und Corinna ihr fassungslos nachblicken. Andrea hat sich die ganze Zeit über betroffen im Hintergrund gehalten.
Lisa taucht kurze Zeit später in der Shisha-Bar auf und macht ihrer Wut vor Murat Luft, ehe sie sich nach Hause begibt, um über ihre berufliche Zukunft nachzudenken.
Murat überlegt derweil, ob er nochmal mit Iris reden soll, verwirft den Gedanken aber gleich wieder. Doch auch er macht sich Sorgen, denn heute war wieder kein einziger Gast in seiner Shisha-Bar. Als er Ludde draußen auf der Straße vorbeilaufen sieht, stürmt er aus dem Laden.
„Hey, Alter!“ ruft er ihm nach. „Warst lange nicht mehr da! Kein Bock, bei mir mal wieder Shisha zu rauchen!“
Murat bezweifelt, dass Lisa gemeint hat, dass er seinen potentiellen Kunden nun auf der Straße hinterher schreit, als sie sagte, dass er endlich mehr Einsatz zeigen soll – aber irgendwie muss er ja aktiv werden.
„Tut mir leid“, ruft Ludde ihm zu. „Aber das sitzt bei mir im Moment finanziell echt nicht dran. Ich muss… Ich hab Schulden!“
Ludde setzt seinen Weg fort und Murat bleibt in seiner verwaisten Shisha-Bar zurück…
Derweil durchsucht Lisa zuhause die Schubladen fluchend nach aktuellen Passbildern für ihre Bewerbungen, hat aber offenbar keine mehr und bekommt einen erneuten Wutausbruch bei dem Gedanken, dass sie nun auch noch Geld für neue Fotos ausgeben muss. Bei ihrer Suchaktion fällt ihr ein Schlüssel in die Hände, bei dem ihr nach kurzem Überlegen einfällt, dass es sich dabei um einen Ersatzschlüssel der Praxis handelt, den sie vor Jahren mal zuhause eingelagert hat. Beim Gedanken an Iris kommt ihr erneut die Galle hoch und sie pfeffert den Schlüssel wütend in eine Ecke. Dann verschiebt sie ihr Vorhaben, neue Passbilder machen zu lassen, auf morgen und beginnt stattdessen, im Internet nach Stellenausschreibungen für medizinische Assistentinnen zu suchen. Dabei muss sie feststellen, dass ganz viele Arztpraxen mittlerweile auch nach männlichen Assistenten suchen.
„Scheiß Gleichberechtigung“, flucht Lisa und beginnt schließlich ziellos durchs Netz zu surfen, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Dabei stößt sie auf einer Nachrichtenseite auf einen Bericht, in dem besorgt darüber geschrieben wird, dass immer mehr gefälschte Impfausweise für die Covid-Impfungen im Umlauf sind und dass sich dafür mittlerweile ein regelrechter Markt entwickelt hat.
Lisa klappt genervt den Laptop zu. Dieses Scheiß Covid 19 hat ihr die ganze Misere doch im Grunde eingebrockt. Ohne Corona würde Murats Shisha-Bar noch laufen und sie wäre niemals in dieses Dilemma mit dem Impfstoff geraten. Plötzlich kommt ihr ein wild verwegener Gedanke, den sie aber zunächst wieder verwirft. Doch im Laufe des Tages will diese spontane Eingebung sie nicht mehr so recht loslassen…
Spät am Abend schleicht Lisa sich im Schutze der Dunkelheit nochmal zur Villa und verschafft sich leise mit ihrem alten Ersatzschlüssel Zutritt. Gott sei Dank kennt sie sich aus in der Praxis und weiß, wo was aufbewahrt wird. Nur im dezenten Licht ihrer Handy-Taschenlampe sucht sie sich einen Packen Blanco-Impfausweise zusammen und schnappt sich einen der Praxis-Stempel, von denen mehrere ersatzweise in einer Schublade liegen. Als sie anschließend durch den dunklen Hausflur zur Tür huscht, öffnet sich diese plötzlich von außen, als Lisa sie fast erreicht hat. Entsetzt macht sie kehrt und flüchtet panisch in die Praxis-Toiletten. Doch offenbar wurde sie von dem Ankömmling bereits gesehen.
„Hallo?“ ruft eine Männerstimme durch den Flur. „Wer ist da? Ich hab Sie gesehen!“
Im nächsten Moment fliegt die Toilettentür schwungvoll auf, das Licht geht an – und vor ihr steht Ludde!
„Ach du“, stellt er abfällig fest. „Was machst du denn so spät noch hier?“
„Ich musste noch was… erledigen“, behauptet Lisa und versucht, ihre Beute hinter ihrem Rücken zu verbergen.
Ludde zögert einen Moment. Dann sagt er: „Ich dachte, du arbeitest hier gar nicht mehr!?!“
„Das geht Sie gar nichts an!“ zischt Lisa. „Und außerdem kann ich mich nicht erinnern, Ihnen das Du angeboten zu haben!“
„Was hast denn da hinterm Rücken?“ fragt Ludde.
„Nichts!“ zischt Lisa giftig.
„Komm, zeig doch mal!“ fordert Ludde und beginnt, an ihr rumzuzerren.
„Nimm deine dreckigen Pfoten weg!“ keift Lisa und versucht, ihn abzuschütteln.
„Ach, sind wir jetzt doch beim Du?“
In diesem Moment fällt klappernd der Stempel zu Boden und um ihn rum rieseln die Impfausweise herab. Lisa beginnt, hektisch alles zusammen zu klauben, doch Ludde ist schneller und hat sich einiges bereits gekrallt. Irritiert betrachtet er die Sachen, doch dann scheint ihm ein Licht aufzugehen.
„Ach nee“, sagt er grinsend. „Will sich da jemand mit gefälschten Corona-Impfungen eine neue Einnahmequelle verschaffen?“
Lisa wird knallrot. „Es ist ganz anders, als es aussieht. Ich muss das entsorgen, weil… weil…“
„Und ich bin der Lover von Lady Gaga“, grinst Ludde und zieht sein Handy hervor. „Na, dann will ich doch mal die Bullen rufen.“
„ Bitte nicht!“ Panik blitzt in Lisas Augen auf.
Ludde lässt das Handy sinken und denkt nach.“Okay, keine Bullen“, sagt er schließlich. „Aber dafür ziehen wir das Ding gemeinsam durch. Ich könnte gerade nämlich auch ganz gut eine kleine Finanzspritze gebrauchen.“
„Ich soll mit Ihnen gemeinsame Sache machen?“ fragt Lisa entsetzt.
„Ach, sind wir jetzt doch wieder beim Sie?“ fragt Ludde grinsend und zückt erneut sein Handy. „Entweder so. Oder ich rufe doch die Bullen! Deine Entscheidung, Blondie!“

CLIFFHANGER auf: Lisa Dagdelen

Mitwirkende Personen
Ludde Mayer
Lisa Dagdelen
Murat Dagdelen
Deniz Dagdelen
Dr. Iris Brooks
Andrea Neumann
Corinna Marx
Pia Lorenz
Bruno Skabowski
Gabi Zenker
Andy Zenker
Valerie Zenker
Lola Zenker
Popo Wolfson
Marcella Varese
Helga Beimer
Klaus Beimer
Mila Beimer
Nina Zöllig
Tanja Schildknecht
Simon Schildknecht
Urszula Winicki-Brenner
Georg ´Käthe` Eschweiler
Christa Zöllig
Dr. Ludger Nöhren

© ´popo wolfson` 2022

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


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Verfasst: So 13. Feb 2022, 00:02 


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BeitragVerfasst: Di 15. Feb 2022, 14:05 
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Beiträge: 11587
Mir gefällt es sehr gut, dass Andy theoretisch so nah an Valeries Schwindel gekommen, aber dennoch nicht auf die Idee gekommen ist. Das finde ich sehr realistisch und auch deshalb sehr gelungen, weil die Spannung dadurch wieder hochgefahren ist und trotzdem Valerie weiterhin in ihrer Parallelwelt bleiben kann. Finde ich super!

Lisa und Ludde.... :D , ein passendes Gespann. Erinnert mich irgendwie an Olli und Lisa damals. Zwei sitzen in einem Boot, jeder versucht den anderen rauszuschmeissen, aber beide eint das gleiche Problem, nämlich das Boot, indem sie nicht sitzen dürfen.


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Autor: popo wolfson
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