Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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BeitragVerfasst: Sa 23. Okt 2021, 23:03 
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Folge 1805: Nur eine kleine Bitte...

Spieltag: Donnerstag, 21.10.2021


„Frau Schildknecht!“
Kaum dass Tanja am Morgen das Haus verlassen hat, ertönt der Ruf von der anderen Straßenseite. Als Tanja sich umdreht, läuft Simone winkend zu ihr rüber. Auch das noch!
„Hat Ihr Sohn es sich inzwischen vielleicht doch noch anders überlegt?“ fragt sie hoffnungsvoll. „Ist er eventuell doch noch bereit, Herrn Finkelstein mal zu fragen, ob ich…“
„Vergessen Sie’s!“ fällt Tanja ihr ins Wort. „Simon wird ihn nicht fragen. Dieser Mann hat in seinem Leben schlimme Dinge mitgemacht. Und jetzt ist er über 90, da wird mein Sohn Ihnen bestimmt nicht dabei helfen, seine Lebensgeschichte sensationsgeil auszuschlachten!“
„Was heißt denn hier sensationsgeil ausschlachten?“ empört Simone sich. „Ich bin doch keine billige Klatschreporterin. Ich bin eine seriöse Schriftstellerin und ich möchte eine hochwertige Biographie über das Leben dieses Mannes verfassen.“
Doch Tanja bleibt beharrlich und lässt Simone schließlich einfach stehen. Zerknirscht begibt diese sich zu Vasily.
„Die ist ja sowas von stur“, motzt sie. „Bei der komm ich nicht weiter, ich muss nochmal mit diesem Simon selber reden, aber seit einer Woche versteckt der sich ja vor mir. Oder sie schirmt ihn von mir ab, was weiß ich…“
„Schreib doch etwas anderes“, schlägt Vasily vor. „So ein ssswärfälliges Thema. Wer will denn das läsen?“
„Sag mal, spinnst du?“ fragt Simone fassungslos. „Das ist ein Thema, das immer noch brandaktuell ist. Das sieht man ja wohl an dieser Sauerei mit den Stolpersteinen. Außerdem kann es meiner Meinung nach gar nicht genug Literatur über diese Epoche geben. Das ist etwas, das niemals in Vergessenheit geraten darf.“
„Ich finde ja immer noch, du solltest eine griechissse Liebestragödie sssreiben“, meint Vasily augenzwinkernd.
„Mit dir hab ich schon griechische Liebestragödie genug“, grinst Simone – und landet nochmal schnell mit Vasily im Bett, ehe der sein Restaurant eröffnen muss.
Als Vasily nachmittags längst im Akropolis ist und Simone oben in seiner Wohnung gelangweilt aus dem Fenster blickt und sich mal wieder Gedanken über ihr nächstes Buch macht, sieht sie zufällig, wie Simon das Haus Nr. 3 verlässt und zur Bushaltestelle rüber geht. In Windeseile ist Simone ebenfalls unten auf der Straße.
„Hi“, sagt sie. „Bist du auf dem Weg zu Herrn Finkelstein? Willst du ihn heute besuchen?“
„Das geht Sie gar nichts an“, murrt Simon kurz angebunden.
„Willst du ihm nicht wenigstens mal von mir erzählen?“ fragt Simone. „Ganz unverbindlich. Ich will ihn ja zu gar nichts drängen. Wenn er das mit der Biographie nicht möchte, dann akzeptiere ich das.“
„Vergessen Sie’s“, sagt Simon – und steigt in den Bus, der in diesem Moment hält.
Simone bleibt einen Moment zerknirscht stehen. Dann kommt ihr eine Idee: Wenn sie dem Bus - und somit auch Simon – folgt, könnte sie zumindest rausfinden, in welchem Altenheim der alte Mann lebt. Dann könnte sie vielleicht selbst mit ihm sprechen und bräuchte den kleinen Schildknecht gar nicht. Bis sie ihren Autoschlüssel geholt und zu ihrem Wagen gerannt ist, ist der Bus zwar längst weg, aber zumindest weiß Simone, in welche Richtung die Linie fährt. Sie nimmt die Verfolgung auf und holt den Bus ein paar Stationen weiter tatsächlich ein. Und kurz darauf entdeckt sie auch Simon, der an einer der nächsten Haltestellen den Bus verlässt – und wenige Minuten später weiß Simone, in welcher Seniorenresidenz Ibraim Finkelstein wohnt…
Dieser lässt sich gerade von Simon, der tatsächlich nicht im Traum daran denkt, ihm von Simones Anliegen zu berichten, erneut vorlesen, als es an der Tür seines Zimmer klopft. Ein junger Pfleger steckt den Kopf zur Tür rein und sagt: „Herr Finkelstein, hier ist noch mehr Besuch für Sie.“
Im nächsten Moment betritt Simone den Raum.
„Mein Gott, ist das ein Akt, hier reinzukommen“, seufzt sie. „Ich bin doch geimpft und trage einen Mundschutz. Die tun ja geradewegs so, als würde ich hier Pest und Cholera reinschleppen.“
Während Simon den Neuankömmling fassungslos anstarrt, fragt Finkelstein verwirrt: „Wer sind Sie?“
„Meine Name ist Simone Stadler“, stellt sie sich vor. Und nach einem Blick auf Finkelsteins beachtlich gefülltes Bücherregal fügt sie hinzu: „Oh, Sie lesen wohl viel. Das ist gut. Dann haben Sie bestimmt schon von mir gehört. Ich bin Schriftstellerin. Die Kommissar-Aiderbichl-Reihe ist von mir. Na, Sie wissen schon, Kommissar Aiderbichl. Sepp Aiderbichl. Dieser Macho-Ermittler aus Starnberg. Von dem hab ich in den letzten 14 Jahren 11 Fälle geschrieben. Aber zwischendurch auch immer mal andere Sachen. ‘Der Todesengel von Bogenhausen’ ist auch von mir. Oder ’Mord auf der Wies’n’. Hach, ich liebe Krimis. Und Thriller. Aber ich finde, es wird jetzt doch mal Zeit für was anders. Große Literatur quasi. Der Papa wird sich freuen…“
„Was wollen Sie von mir?“ unterbricht der völlig überrumpelte Finkelstein ihren Redefluss.
„Ach so, Simon hat Ihnen noch nichts erzählt!?!“ spielt Simone die Überraschte. „Herzlichen Glückwunsch, Herr Finkelstein, vor Ihnen steht Ihre Biographin!“
Während Simon peinlich berührt sein Gesicht in den Händen verbirgt, fragt Finkelstein vollkommen konsterniert: „Meine… was bitte…?“
„Ich werde Ihre Biographie schreiben“, erklärt Simone. „Über Ihre Zeit im Konzentrationslager. Wer werden das detailliert aufarbeiten, um jungen Menschen wieder den Schrecken des Holocausts vor Augen zu führen.“
„Den… Schrecken des…“, stammelt Finkelstein und wird kreidebleich.
„Damit das niemals in Vergessenheit gerät“, setzt Simone fort. „Und damit die Leute mal wieder merken, wie dumm es ist, Stolpersteine zu beschmieren.“
„Ich… möchte,… das… Sie… jetzt gehen“, japst Finkelstein, der inzwischen weiß wie die Wand ist und in einer merkwürdigen Schieflage in seinem Sessel hängt.
„Was hat er denn plötzlich?“ fragt Simone besorgt. „Ist das etwa ein Schlaganfall?“
Ibraim Finkelstein steht kurz davor, aus seinem Sessel zu kippen und Simon sagt panisch: „Ich hol Schwester Heike!“
„Nein!“ krächzt Finkelstein. „Ein… Glas… Wasser. Nur … ein… Glas Wasser!“
Nachdem Simon ihm das Wasser gereicht hat, geht es Finkelstein tatsächlich augenblicklich besser, aber er wirkt immer noch vollkommen erschöpft.
„Sie gehen jetzt besser!“ fährt Simon die Autorin böse an. Diese will zuerst etwas erwidern, zieht dann aber doch kleinlaut von dannen.
„Wer war das?“ krächzt Finkelstein erschöpft. „Was...hast du ihr… über… mich… erzählt?“
Simon versichert Ibraim Finkelstein, dass er Simone Stadler im Grunde nur vom Sehen kennt und nie mit ihr über ihn gesprochen, sondern dass sie im Restaurant nur ein Gespräch mit seiner Familie mit angehört darauf offenbar diese fixe Idee entwickelt hat.
„Ich mache dir auch überhaupt keine Vorwürfe, mein Junge“, versichert Finkelstein, „du hast gar nichts falsch gemacht.“
Simone ist derweil ziemlich mitgenommen über die Geschehnisse in der Seniorenresidenz und sehr verstimmt in die Lindenstraße zurückgekehrt. Das dieser Mann gleich kollabiert, wenn sie ihm von ihren Plänen berichtet, hat sie nun wahrlich nicht gewollt…
Sie überlegt ernsthaft, ihre Pläne wieder zu verwerfen und sich Gedanken über ein anderes neues Projekt zu machen, als Simon im Akropolis auftaucht.
„Er möchte was von Ihnen lesen“, erklärt er Simone.
„Wie bitte?“ fragt diese verdattert.
„Er möchte sich erstmal ein Bild davon machen, was Sie so schreiben, bevor er sich darauf einlässt, seine Lebensgeschichte von Ihnen verwursten zu lassen“, sagt Simon.
„Okay, das ist kein Problem“, erwidert Simone hastig. „Ich werde ihm was raussuchen. Woher denn der plötzliche Sinneswandel?“
„Das frag ich mich auch!“ Simon blickt sie böse an. „Ich an seiner Stelle würde das jedenfalls nicht machen!“
Simone kann ihr Glück kaum fassen. Sollte sie es tatsächlich doch noch schaffen, Ibraim Finkelstein davon zu überzeugen, seine Biographie schreiben zu dürfen…?

Als Lea an diesem Tag das Marcellas betritt, um die obligatorische Ration Coffe to go für sich und ihre Kollegen im Friseur-Salon zu holen, steht Carsten vor ihr an der Theke und hustest und schnieft, als würde er aus dem letzten Loch pfeifen.
„Das hört sich aber gar nicht gut an“, stellt Marcella besorgt fest. „Bist du sicher, dass du kein Corona hast?“
„Nein, ich teste mich mehrmals die Woche“, versichert Carsten. „Ich bin einfach nur total erkältet. Der Herbst macht mir jetzt schon zu schaffen. Und ich denke mit Grauen an den langen deutschen Winter. Ach, wenn doch schon wieder Frühling wäre! Am liebsten würde ich in den Süden auswandern. Sonnenschein und gemäßigtes Klima und nicht dieser nass-kalte Mist hier.“
Nachdem Carsten bezahlt hat und gegangen ist und Lea gerade ihre Bestellung aufgibt, betritt Tristan von Sassnitz, der junge Anwalt, der seine Kanzlei über dem Friseur hat, das Café.
„Guten Morgen, Frau Varese, das Übliche bitte!“ sagt er im Vorbeigehen und nimmt an einem Tisch weiter hinten im Lokal platzt. Lea starrt ihm nach.
„Das Übliche?“ fragt sie. „Kommt der öfter her?“
„Jeden Morgen pünktlich um halb elf“, erklärt Marcella. „Verbringt hier seine Frühstückspause, isst ein belegtes Baguette, trinkt einen Cappuccino, liest seine Zeitung…“
„Aha“, macht Lea und starrt weiterhin zu ihm rüber.
„Mach doch ein Foto von ihm“, schlägt Marcella vor, „das kannst du dann den ganzen Tag anschmachten.“
Schnell dreht Lea dem Anwalt wieder den Rücken zu und sagt empört: „Ich will doch nichts von dem, was soll ich mit seinem Foto?“
„Och, ich meine ja nur“, entgegnet Marcella.
„Was du schon meinst“, nölt Lea. „Ich interessiere mich nicht die Bohne für so einen Anwaltsschnösel.“
„Entschuldigung, könnten Sie mal einen Schritt zur Seite gehen“, ertönt plötzlich eine Stimme von hinten. „Der Anwaltsschnösel möchte mal da ran.“ Hinter ihr steht von Sassnitz und deutet auf einen kleinen Korb mit Desinfektionstüchern, der auf dem Tresen steht.
„Klar“, sagt Lea und weicht verlegen einen Schritt zurück.
„Der Anwaltsschnösel dankt“, erwidert von Sassnitz, nimmt sich grinsend ein Tuch aus dem Korb und geht zu seinem Platz zurück.
„Ups, wie peinlich“, grinst Marcella.
„Ach, quatsch“, sagt Lea hastig. „Ist mir doch scheißegal, was der von mir denkt.“ Ihr hochroter Kopf spricht eine andere Sprache.
Einige Stunden später sieht Lea in einer kurzen Pause zwischen zwei Kunden im Salon, wie von Sassnitz das Haus verlässt, in seinen Wagen steigt und davon fährt. Interessiert blickt sie ihm durch die Fensterfront des Friseur-Ladens hinterher.
„Na, spannend?“ fragt ’Lotti’, der plötzlich hinter ihr steht.
„Boah“, macht Lea entnervt. „Müsst ihr Kerle euch eigentlich immer so anschleichen?“
„Interessanter Typ, oder?“ fragt ’Lotti’.
„Wer denn?“ möchte Tanja nun auch neugierig wissen.
„Der Anwalt von oben“, gluckst ’Lotti’.
„Ach, der interessiert mich null“, behauptet Lea. „Was soll ich denn mit so einem Lackaffen. Außerdem ist der viel zu alt für mich.“
„Mitte bis Ende dreißig, würde ich schätzen“, sagt ’Lotti’. „Das passt schon. Du bist ja auch keine 18 mehr.“
„Also Timo war jedenfalls älter“, schaltet Tanja sich wieder ein.
„Und da warst du sogar noch ein paar Jahre jünger“, gibt ’Lotti’ zu bedenken.
„Ach, lasst mich doch alle in Ruhe!“ Genervt macht sich Lea wieder an die Arbeit. Aber sie muss sich selbst dabei ertappen, wie sie bei jedem Auto, dass vor dem Haus hält, zum Fenster blickt, um zu sehen, ob er möglicherweise wieder zurück kommt. Um sich auf andere Gedanken zu bringen, schickt sie eine Sprachnachricht an Konstantin und möchte von ihm wissen, ob sie am Abend zusammen kochen sollen.
Doch Konstantin hat gerade keine Zeit, Leas Nachricht abzuhören, denn just in dem Moment betritt Dr. Brigitte Klöckner sein Büro – wie immer umnebelt von einer unheilschwangeren Aura. Doch zu Konstantins Erleichterung verläuft der Besuch der Direktorin ohne besondere Zwischenfälle, die Klöckner möchte mit ihm lediglich die coronakonforme Durchführung eines geplanten Advents-Basars besprechen und bittet ihn dazu für morgigen Tag nach der großen Pause zu einem Gespräch. Erleichtert ruft Konstantin kurz darauf bei Lea zurück und teilt ihr mit, dass er sich freuen würde, am Abend mit ihr zu kochen.
Also begibt sich Lea nach Feierabend erstmal in den Supermarkt – und reiht sich mit ihrem Einkaufswagen genervt in die ellenlange Schlange vor der einzigen, geöffneten Kasse. Es geht nur schleppend voran und irgendwann sagt eine männliche Stimme hinter ihr: „Entschuldigung, würde es Ihnen etwas ausmachen, einen kleinen Schritt zur Seite zu gehen, der Anwaltsschnösel müsste mal DA ran!“ Als Lea sich irritiert umdreht, steht Tristan von Sassnitz hinter ihr und deutet auf die Kaugummis, die hinter dem Kassenband aufgereiht sind.
„Ich… äh…“, stottert Lea, als sie zur Seite geht, meint dann aber schnippisch: „Sie hätten ja auch noch `ne Minute warten können, wenn’s hier gleich weiter geht, kommen Sie besser ran!“ Und dann wendet sie sich genervt an Kassierer Paul: „Ey, könnt ihr vielleicht mal ´ne zweite Kasse aufmachen, die Schlange geht schon fast bis zu den Tiefkühltheken!“
Während Paul ein „Zweite Kasse, bitte“ in sein Mikrofon brummelt, sagt Tristan grinsend zu Lea: „Na, offenbar sind Sie ja grundsätzlich zu allen Menschen, oder zumindest zu allen Männern, so kratzbürstig. Ich dachte schon, ich müsste das persönlich nehmen.“
Lea dreht sich weg. Eigentlich findet sie diesen Typen nahezu unverschämt anziehend. Und dass er dann auch noch so freundlich zu ihr ist, sollte sie eigentlich freuen. Im Grunde weiß sie selbst nicht, warum sie sich gerade so verhält, wie sie sich verhält…
„Gibt’s bei Ihnen heute Ratatouille?“ fragt von Sassnitz mit Blick in ihren Einkaufswagen.
„Äh...ja“, stottert Lea.
„Ich liebe Ratatouille“, sagt er.
„Sie sind aber nicht eingeladen“, entgegnet Lea schnippisch – und hätte sich im nächsten Moment dafür selbst am liebsten auf die Zunge gebissen. Warum verhielt sie sich so? Der Typ ist doch super.
Nachdem Lea endlich abkassiert worden ist, sagt sie nur kurz: „Tschüss!“ - und verschwindet.
„Schönen Abend noch und guten Appetit!“ ruft Tristan ihr nach. Lea schießt erneut das Blut in den Kopf, sie zeigt aber keine weitere Reaktion und verhindert krampfhaft, sich nochmal zu ihm umzudrehen. „Blöde Kuh!“ beschimpft sie sich selbst, nachdem sie den Supermarkt verlassen hat.
Als sie später gemeinsam mit Konstantin kocht, wandern ihre Gedanken unkontrolliert immer wieder zu dem „Anwaltsschnösel“. Als er plötzlich an der Tür klingelt, schießt ihr sogar für einen kurzen Augenblick der wahnwitzige Gedanke durch den Kopf, dass er das jetzt ist, um sich selbst zum Ratatouille einzuladen. Im selben Moment kann sie darüber nur den Kopf schütteln, der Typ weiß schließlich nicht mal, wo sie wohnt. Oder sollte er Erkundigungen eingezogen haben? Bei Marcella vielleicht?
Während Leas Gedanken Achterbahn fahren, geht Konstantin zur Wohnungstür – und erstarrt nach dem Öffnen; im Treppenhaus steht die Klöckner!
„Guten Abend, Herr Landmann“, sagt sie mit ihrer unverkennbaren tiefen Stimme. „Ich war gerade in der Gegend und dachte, wir könnten vielleicht doch schon im privaten Rahmen unseren Advents-Basar besprechen. Ich hab uns auch was Feines mitgebracht.“ Mit diesen Worten zieht sie eine Flasche Rotwein aus ihrer Tasche hervor.
„Ähäm, Frau Dr. Klöckner…“ , beginnt Konstantin zögerlich, „ich glaube, das ist keine gute Idee. Ich hab Ihnen doch schon gesagt, dass ich nicht gerne im privaten…“
„Nun zieren Sie sich doch nicht so“, fällt die Klöckner ihm ins Wort. Mit einem großen Schritt ist sie in der Wohnung und beginnt an seinem Kragen rumzufingern.
„Wer ist es denn?“ ruft Lea aus der Küche. Überrascht lässt die Klöckner von Konstantin ab und weicht einen Schritt zurück. Im nächsten Moment erscheint Lea im Flur.
„Hallo“, sagt sie zur Klöckner. Diese nickt nur kurz und blickt irritiert zwischen den beiden hin und her.
„Das ist Fr. Dr. Klöckner, meine Chefin“, erklärt Konstantin. „Und das ist Lea. Meine… Freundin.“
„Aha“, ist alles, was die Klöckner hervorbringt. Sie hat sich aber schnell wieder gefangen. „Dann wünsche ich Ihnen noch einen angenehmen Abend und entschuldigen Sie bitte die Störung.“
Die Weinflasche verschwindet blitzartig wieder in der Tasche und im nächsten Moment ist die Klöckner schon auf dem Weg nach unten und aus Konstantins Blickfeld verschwunden – lediglich die Absätze ihrer Schuhe hallen noch durchs Treppenhaus.
„Was wollte die denn?“ fragt Lea fassungslos.
„Kleiner Verführungsversuch“, japst Konstantin. „Danke fürs Mitspielen.“
„Ja, kein Problem. Unglaublich!“ Lea schüttelt den Kopf.
Und beim gemeinsamen Essen verbringen sie dann doch noch einen schönen Abend, bei dem sie Tristan von Sassnitz und Dr. Brigitte Klöckner für ein paar Stunden aus ihren Köpfen verbannen.

Antonia ist bereits am frühen Morgen genervt.
„Boah, wo ist denn das Ladekabel von meinem I-Pad?“ zetert sie durch die Wohnung.
„Wozu brauchst du jetzt dein Ladekabel?“ fragt Iffi. „Du musst sofort zur Schule!“
„Darum will ich es jetzt anschließen, damit es heute Mittag aufgeladen ist“, erklärt Toni.
„Üsch glööb, de Völerie hat göstorn een Lodeköbel gesucht“, erinnert sich Roland. „Vülleischt höt se 't ussgeliehen?“
„Ja, toll, ohne zu fragen“, motzt Antonia.
„Frooch se halt“, erwidert Roland.
„Die ist nicht da“, erklärt Iffi, „sie hat Frühdienst.“
„Dann guck ich jetzt selbst in ihrem Zimmer nach“ , beschließt Antonia.
„Aber fass’ sonst nichts an“, sagt Iffi. „Du weißt ja, wie eigen sie ist…“
„Das ist mir scheißegal“, mosert Antonia. „Sie hat mich ja schließlich beklaut.“
Mit diesen Worten steuert sie Valeries Zimmer an – und erlebt eine dumme Überraschung.
„Abgeschlossen!“ ruft sie empört.
„Wie bitte?“ fragt Iffi fassungslos. „Warum schließt die denn ab? Was meint die blöde Kuh denn, was wir in ihrem Zimmer anstellen, wenn sie nicht da ist?“
„Damit ist ja wohl klar, dass ich ab sofort auch abschließe, wenn ich nicht da bin“, verkündet Antonia und setzt ihr Vorhaben auch gleich in die Tat um, ehe sie sich auf den Weg zur Schule macht.
„Toll!“ schimpft Iffi.“Jetzt wird sie noch eigenbrötlerischer. Und an allem ist mal wieder meine Scheiß Schwester Schuld.“
Kurz darauf verlassen auch Iffi und Roland die Wohnung. Als alle Räume in völliger Stille und Einsamkeit liegen, wird vorsichtig die Tür des Gästezimmers von innen aufgeschlossen und Valerie kommt raus und tapert in die Küche, um sich Frühstück zu machen. Sie hat den Entschluss gefasst, sich nicht mehr den ganzen Tag draußen in der Kälte rumzutreiben, wenn sie vorgibt, zur Arbeit zu sein. Stattdessen verbarrikadiert sie sich lieber in ihrem Zimmer und harrt lesend im Bett aus, solange jemand in der Wohnung ist. Und sobald die anderen unterwegs sind und sie das Reich für sich hat, kann sie tun und lassen, was sie will. Allerdings ist ihr auch bewusst, dass dieser Zustand keine Dauerlösung ist. Mit ihrer Arbeitslosenunterstützung kann sie keine allzu großen Sprünge machen. Sowohl eine eigene Wohnung wie auch die finanziellen Forderungen, die ihre Schwester an sie stellt, solange sie bei ihr lebt, sind so schwer zu erreichen…
Antonia befindet sich derweil missmutig in der Schule und ärgert sich darüber, dass wegen ihrer blöden Tante nun nicht mal ihr I-Pad laden kann. Ihre Stimmung bessert sich schlagartig, als sie auf dem Handy eine Textnachricht von Karim erhält.
„Heute Mittag Treffen?“ schreibt er.
„Klar. Was machen wir?“ antwortet sie.
„Erstmal treffen wir uns in der Wohnung, dann sehen wir weiter“, kommt es von ihm zurück.
Zufrieden macht sich Antonia nach Schulschluss auf den Weg, zu ihrem Liebesnest. Iffi wird eh erst am Abend wieder zuhause sein und nicht mitbekommen, wenn sie später kommt. Und sollte Tante Valerie sie verpetzen, würde sie einfach behaupten, dass die lügt. Ihre Mutter wird der Psycho-Tante auch nicht mehr glauben als ihr.
Als Toni in der Wohnung ankommt, ist Karim allerdings nicht allein.
„Das ist Yussef“, stellt Karim den Gast vor, „ein… Kumpel von mir.“
Yussef nickt ihr kurz und knapp zu.
Die Stimmung ist merkwürdig angespannt, das merkt Antonia sofort.
„Störe ich?“ fragt sie skeptisch.
„Du störst doch nie, Prinzessin“, versichert Karim ihr gewohnt charmant. „Allerdings… also, wir müssten noch was besprechen. Dringend. Soll ich dich später zuhause abholen? So in ein bis zwei Stunden?“
Antonia ist ein wenig pikiert. Dann versucht sie sich betont lässig zu geben und sagt: „Nicht zuhause. Meine irre Tante hat Frühdienst und ist heute Mittag da. Dann lieber beim Jugendzentrum.“
Dort gabelt Karim Antonia dann zwei Stunden später auch auf – allerdings ist er anders als sonst. Er wirkt bedrückt und angespannt, will aber nicht mit der Sprache rausrücken, als Antonia ihn fragt, ob alles in Ordnung ist.
Der Nachmittag verläuft verkrampft und in keinster Weise so, wie Antonia es von Karim gewohnt ist. Er ist wortkarg und scheint permanent in Gedanken versunken.
„Ich geh dann jetzt mal“, sagt Antonia am Abend. „Meine Mutter ist bestimmt schon zurück und macht Terz.“
„Ich fahr dich“, beschließt Karim.
„Nicht nötig“, erwidert Toni schnippisch. „Du hast ja anscheinend sowieso keinen Bock auf mich.“
„Antonia!“ Karim hält sie am Arm fest. „Sorry… es tut mir leid. Das hast du echt nicht verdient. Es ist nur… also… Shit… Ich hab grad echt Probleme.“
„Was… denn für Probleme?“ fragt Antonia besorgt.
„Ich hab Schulden bei Yussef“, platzt es aus Karim raus.
„Was denn für Schulden?“ fragt Toni entgeistert.
„Naja…“, beginnt Karim zögernd. „Das alles hier! Die Wohnung, das Auto, die Geschenke für dich, Klamotten, Schmuck und so… Das bezahlt sich ja schließlich nicht von alleine!“
Antonia sieht Karim fassungslos an. „Du verschuldest dich? Wegen mir?“
„Ja… nein… also...naja“, stammelt er.
„Warum machst du denn so einen Scheiß?“ will Toni aufgewühlt wissen. „Ich will doch nicht, dass du dich meinetwegen verschuldest!“
„Aber… ich möchte dir doch so gerne was bieten“, entgegnet Karim mit dem treuherzigsten Hundeblick, den Antonia jemals gesehen hat. „Weil… weil ich dich doch so sehr liebe! Und weil ich so stolz und so glücklich bin , so eine schöne, kluge und liebe Freundin wie dich zu haben!“
„Aber… ich liebe dich doch auch“, erwidert sie.
„Ich will dich nicht verlieren“, erklärt Karim, „weil ich dir nicht das bieten kann, was du gerne hättest…“
„Aber… du verlierst mich doch nicht“, sagt Antonia und ist den Tränen nahe.
Die beiden fallen sich in die Arme, lang und intensiv.
„Kann ich dir irgendwie helfen?“ fragt Antonia irgendwann.
„Naja…, beginnt Karim zögernd und bricht dann ab. „Nein! Das geht nicht! Auf gar keinen Fall! Das kann ich nicht von dir verlangen!!!“
„Was denn?“
„Es geht nicht, Prinzessin! Das ist unmoralisch.“
„Wieso? Was denn?“ drängt Toni.“Bitte! Sag schon! Ich mach es, wenn ich dir damit helfen kann!“
„Also, der Yussef“, sagt Karim stockend. „Der war sehr, also SEHR angetan von dir. Der war ganz neidisch, weil ich so eine hübsche Freundin habe. Und…“
„Und was???“
„Also…“, sagt Karim. „Er würde mir all meine Schulden erlassen. Ich wäre quasi ein freier Mann, weißt du. Wenn… also wenn er…“
„Wenn er was?“ fragt Toni. „Jetzt sag schon!“
„Wenn er… also nur ein einziges Mal...mit dir schlafen dürfte!“
Antonia starrt Karim fassungslos an. „WAS?“
„Also nur ein einziges Mal“, versichert Karim. „Das hätte gar nichts zu bedeuten. Und du würdest das nur für mich tun!“

CLIFFHANGER auf: Antonia Zenker

Mitwirkende Personen
Antonia Zenker
Iffi Zenker
Valerie Zenker
Roland Landmann
Konstantin Landmann
Lea Starck
Tristan von Sassnitz
Peter ’Lotti’ Lottmann
Tanja Schildknecht
Simon Schildknecht
Vasily Sarikakis
Simone Stadler
Dr. Carsten Flöter
Marcella Varese
Paul Dagdelen
Karim El-Farooq
Dr. Brigitte Klöckner
Ibraim Finkelstein
Yussef Mahdi

© „popo wolfson“, 2021

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


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Verfasst: Sa 23. Okt 2021, 23:03 


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BeitragVerfasst: So 24. Okt 2021, 09:01 
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Registriert: Mi 15. Sep 2010, 12:37
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Ach du Schande :o


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BeitragVerfasst: So 24. Okt 2021, 18:39 
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Registriert: Mi 29. Sep 2010, 00:11
Beiträge: 11591
Hm, dass Antonia an die große Liebe glaubt, kann ich mir gut vorstellen.
Dass Antonia mit einem anderen Typen schläft, weil Karim das will, das kann ich mir bei Antonia weniger vorstellen. Denn das wirkt ja nicht mehr nach großer Liebe.

Anders wäre es, wenn Antonia so ein Mädchen wäre, das schon einige Jungs gehabt hätte.

Bin spannt.

Dass Valerie keine Lust hat, den ganze Tag durch die Stadt zu ziehen, kann man verstehen. Die Idee einfach zu Hause zu bleiben, jedoch mucksmäuschenstill zu sein, ist witzig. :lol:


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