Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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BeitragVerfasst: Sa 15. Mai 2021, 23:02 
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Folge 1782: Herr Lotti sucht das Glück


Spieltag: Donnerstag, 13.05.2021 (Christi Himmelfahrt)



'Lotti' und Robert sehen sich inzwischen nahezu täglich, seitdem sie am vergangenen Donnerstag die Nacht miteinander verbracht haben. Für 'Lotti' ist es jetzt schon die ganz große Liebe. Er ist hin und weg von Robert, von seiner Klugheit, davon, wie wortgewandt er ist – von seinem attraktiven Äußeren mal ganz zu schweigen. Dennoch plagen 'Lotti' insgeheim zwischendurch Zweifel, ob das alles nicht zu schön ist, um wahr zu sein, ob dieser Mann nicht möglicherweise doch nur mit ihm spielt... Aber wenn er dann wieder in Roberts Nähe ist, sind diese Zweifel sofort wie weggeblasen... Da beide in einiger Entfernung zur Lindenstraße in voneinander entgegengesetzten Richtungen wohnen, hat sich die Lindenstraße für sie zu einer Art Treffpunkt entwickelt, da beide ja nun mal auch täglich zur Arbeit herkommen. Auch am heutigen Feiertag treffen sie sich wieder mal hier und frühstücken gemeinsam an einem der Außentische vor dem Cafe Bayer - misstrauisch beäugt von Gabi, die ihnen gerade zwei Gläser Sekt zu ihrem Frühstück servieren darf. Und sie ist nicht die einzige: Auch andere Lindensträßler betrachten das junge Glück der beide mit großen Augen und tuscheln hinter vorgehaltener Hand, so wie auch Iffi und Alex, die an diesem Morgen Brötchen im Bayer holen und dafür quasi direkt an den beiden vorbei müssen. Robert ist das Ganze sehr recht. Er liebt es nahezu, die Lindensträßler zu provozieren, indem er sich mit ihrem allseits beliebten Friseur 'Lotti' so vertraut vor ihrer aller Augen präsentiert. 'Lotti', der nur noch Augen für Robert hat, bekommt das gar nicht mit und schwebt einfach nur auf Wolke 7.
„Soll ich uns noch zwei Sektchen bestellen?“ fragt Robert, als sie das Frühstück beendet haben.
„Lieber nicht!“ lehnt 'Lotti' ab.
„Och, warum denn nicht?“ fragt Robert. „Auf einem Bein kann man doch nicht stehen...“
'Lotti' räuspert sich verlegen und erklärt: „Ich hab's in meinen wilden, jungen Jahren gerne ein bisschen übertrieben mit dem Alkohol und anderen Rauschmitteln. Also ich war weder Alkohol noch drogensüchtig... Gott bewahre! Aber ich hab's halt doch sehr oft sehr intensiv krachen lassen und war wahrscheinlich nicht mehr allzu weit davon entfernt, dass ich wirklich... abrutsche. Ich hab jedenfalls öfter mal die Kontrolle verloren und will nicht, dass mir sowas nochmal passiert. Darum bin ich heute sehr... bescheiden, was Alkohol- oder sonstigen Suchtmittelkonsum anbelangt.“
„Aber das passt doch ganz hervorragend!“ säuselt Engel. „Ich bin nämlich heute auch sehr sparsam geworden in Bezug auf jedweden Kontakt zu Suchtmitteln.“
Robert zwinkert ihm zu und 'Lotti' muss kichern. Während der vielen Stunden, die die beiden in den vergangenen Tagen miteinander verbracht haben, hat Robert ihm in aller Ausführlichkeit von seiner dunklen Vergangenheit und insbesondere seiner Zeit als Dealer berichtet. Er hat ihm ebenso detailliert von seinen Gefängnisaufenthalten erzählt und gelobt, inzwischen ein besserer Mensch geworden zu sein.
„Und diese Ratte“, flüstert 'Lotti', „die haben dir wirklich Urszula und Beate auf den Arsch tätowiert.“ Denn natürlich hat 'Lotti' inzwischen auch dieses Relikt vergangener Zeiten zu Gesicht bekommen.
„Ich find sie gar nicht schlecht“, erwidert Robert. „Ich hab mehrmals überlegt, sie mir entfernen zu lassen. Aber warum? Ich hab mich mittlerweile so daran gewöhnt. Und im Knast hab ich wesentlich schlechtere Tattoos gesehen. Sowas hat längst nicht jeder, ich kann mir eigentlich was drauf einbilden.“
Nachdem sie bezahlt haben, schlendern beide Arm in Arm Richtung Park – als ihnen etwa in Höhe der Nummer 3 Carsten und 'Käthe' entgegen kommen, die am heutigen Himmelfahrtstag einen kleinen Morgenspaziergang unternehmen wollen.
„Ach neee“, entfährt es Carsten und er sieht Robert missbilligend an.
„Guten Morgen“, sagt 'Lotti' kurz angebunden und will weiter.
„Ach, Carsten“, zischelt Robert. „Als ob du nicht ohnehin schon bemitleidenswert genug aussiehst. Wenn du dann auch noch so ein verhärmtes Gesicht machst, wird’s bestimmt nicht besser.“
„Lass einfach deine Finger von 'Lotti'“, brummt Carsten. „Der ist zu schade für ein Schwein wie dich.“
„So böse Worte aus deinem anständigen Mund. Tss tss“, macht Robert.
„Komm, Bert, lass ihn doch, wir gehen weiter“, fordert 'Lotti' Robert auf.
„Du nennst ihn BERT?“ fragt Carsten 'Lotti' fassungslos.
„Was dagegen?“ murrt 'Lotti'.
„Also wenn ich mich nicht irre, hast du mich früher 'Robby' genannt“, erinnert sich Robert. „Na komm, Lottchen, lassen wir und von dem Stinkstiefel nicht den schönen Frühlingstag versauen.“
Das junge Glück setzt seinen Weg fort und Carsten blickt böse hinterher. „Bert und Lottchen“, murrt er fassungslos.
„Ach, lass die doch, wenn sie wollen“, meint nun 'Käthe', der sich die ganze Zeit rausgehalten hat. „Ich nenn dich doch auch Schnucki, nicht wahr, Schnucki?!“ Er drückt Carsten einen Schmatzer auf den Mund und zieht in dann mit sich...
Robert und 'Lotti' haben es sich kurze Zeit später auf der sonnenbeschienen Wiese im Park gemütlich gemacht, wo Robert Liebesgedichte aus einem mitgebrachten Büchlein vorliest und 'Lotti' nur so dahinschmilzt. Auch hier werden die beiden, während sie so im Gras liegen, misstrauisch beäugt, unter anderem von Gung, der mit Elias auf den Spielplatz geht und von Nico, der auf seiner Joggingrunde vorbeikommt. Robert genießt es immer mehr, so im Mittelpunkt des Interesses zu stehen...
Irgendwann beschließen die beiden, im Biergarten vom Akropolis etwas zu Mittag zu essen. Und auch dort sind sie quasi die Attraktion des Tages: Vasily nimmt mit Widerwillen ihre Bestellung auf und serviert ihnen das Essen und auch Roland muss zwischenzeitlich die Küche verlassen und einen Blick in den Biergarten werfen, nachdem er von Vasily gehört hat, wer in Begleitung von 'Lotti' bei ihnen zu Gast ist. Andy, Gabi und Helga, die gemeinsam mit Popo an einem der anderen Tische zu Mittag essen, sehen ständig tuschelnd zu ihnen rüber. Lediglich Mandy, die mit ihren Kindern Jeremy und Phoebe ebenfalls im Biergarten isst – und die nichts von Roberts Vergangenheit weiß – winkt ihnen lächelnd zu.
„Wollen wir zurück in den Park?“ fragt Robert nach dem Essen.
„Och, ich dachte, wir wollten noch einen Waldspaziergang machen“, nöhlt 'Lotti'. „Der Wald ist doch im Mai so schön!“
„Der Wald läuft uns nicht weg“, findet Robert. „Da können wir am Wochenende noch hingehen. Ich fand's heute Vormittag im Park auch sehr schön.“
'Lotti' gibt schließlich nach. Als die beiden erneut auf dem Weg zum Park sind, bleiben sie vor der Hotelbaustelle stehen.
„Das sowas hier mal gebaut würde, hätte ich früher auch nie gedacht“, staunt Robert. „Eine Kundin in meiner Buchhandlung hat mir erzählt, dass in der oberen Etage Penthouse-Wohnungen entstehen sollen.“
„Das war zumindest der Plan, als der Lohmann oder wie der hieß, das Projekt in Angriff genommen hat,“ bestätigt 'Lotti'. „Keine Ahnung, ob das noch aktuell ist.“
„So eine Penthouse-Wohnung wär schon was Feines“, findet Robert und sieht träumerisch die Hotelfassade hinauf.
'Lotti' lacht: „Eine Penthouse-Wohnung in dem Teil werden sich ein kleiner Buchhändler und ein mickriger Friseur aber sicher niemals leisten können.“
„Na, warten wir mal ab“, meint Robert, schlingt seinen Arm um 'Lotti' und führt ihn zurück in den Park.
Sie faulenzen den Nachmittag in der Sonne und Robert freut sich weiterhin über jeden alten Bekannten, der des Weges kommt und die beiden mit vielsagenden Blicken betrachtet. Als die Sonne langsam hinter den Häusern der Lindenstraße verschwindet und es auf der Wiese im Park schattig und kühler wird, mein Robert: „Wir wäre es jetzt mit einem kleinen Abendessen im George?“
„Da verbringe ich jeden Tag meine Mittagspause, eigentlich hab ich da keinen so großen Bock drauf, wenn ich mal frei habe“, nörgelt 'Lotti'.
Aber auch diesmal setzt Robert sich durch. Nachdem sie bei Marcella noch ein Glas Wein als Absacker bestellen, fragt 'Lotti': „Und gehen wir heute zu dir oder zu mir?“
„Mmmh“, macht Robert. „Wir haben jetzt die vergangene Woche jede Nacht zusammen verbracht. Vielleicht sollte heute mal jeder bei sich schlafen, was meinst du?“
„Hast du etwa schon die Nase voll von mir?“ fragt 'Lotti' sichtlich empört.
„Natürlich nicht“, stellt Robert schnell klar. „Aber wir müssen ja jetzt auch nicht ständig aneinander kleben.“
„Aber wir hatten doch heute einen so schönen Tag zusammen“, schnieft 'Lotti' gekränkt.
„Eben“, findet Robert. „Und darum ist es jetzt sicher nicht schlecht, wenn jeder die Nacht mal für sich verbringt.“
'Lotti' schaut ihn traurig an und Robert fügt schnell hinzu: „Dann ist es umso schöner, wenn wir uns am Wochenende wiedersehen. Und dann gehen wir auch in den Wald! Versprochen!“
'Lotti' gibt sich damit schließlich zufrieden. Nach einer innigen Verabschiedung macht er sich trällernd auf den Heimweg. Er ist verliebt. Richtig verliebt. Und sein 'Bert' liebt ihn auch, da ist er sich sicher – ganz egal, was die anderen über ihn sagen...

In der Wohnung Schildknecht-Zöllig herrscht Grabesstimmung. Simon verkriecht sich weiterhin in seinem Zimmer und Sunny spricht seit ihrer Rückkehr aus Berlin kaum ein Wort. Zwar spricht es niemand offen aus, doch Tanja hat zunehmend das Gefühl, dass Sunny insgeheim doch Simon die Schuld an Yanniks Tod gibt... Für den heutigen Feiertag haben sich nun Anja und Leon aus Berlin angekündigt, um Yanniks Sachen abzuholen. Sunny hat angeboten, bereits alles zusammen zu packen, doch Anja hat ihn scharf darauf hingewiesen, die Finger von den Sachen ihres Sohnes zu lassen – sie würde das selber machen.
Pünktlich um elf Uhr stehen Anja und Leon auf der Matte. Nachdem sie Sunny knapp begrüßt haben, geht Anja zielstrebig auf das Zimmer von Yannik und Simon zu – und muss feststellen, dass die Tür verschlossen ist.
„Hier ist abgeschlossen!“ giftet Anja empört.
„Simon, machst du bitte die Tür auf!“ Sunny klopft an. „Anja und... Leon sind da!“
Nach einigen Sekunden öffnet Simon die Tür von innen, schlüpft nach einem kurzen Blickwechsel mit Anja hinaus und verschwindet ins Badezimmer, wo er gleich wieder hinter sich verriegelt...
Während Sunny und Tanja sich in der Küche aufhalten, packt Anja unter Tränen Yanniks Sachen zusammen, während Leon die Taschen, Kisten und Kartons zum Auto runter trägt.
Als Anja den letzten Schwung zusammen packt, kommt Simon zu ihr ins Zimmer.
„Ich bin gleich weg“, murmelt sie und zieht den Reißverschluss einer Reisetasche zu.
„Ich... ähm... ich wollte... also“, stammelt Simon.
„Was?“ zischt Anja ihn an.
„Ich wollte... nur sagen, wir leid es mir tut, dass... ich... also...“
„Spar's dir“, zischt Anja ihn an. „Und jetzt lass mich in Ruhe, ich will gehen!“
„Ich... aber... ich“,stottert Simon.
Anja sieht Simon mit eisigem Blick an und giftet: „Warum bist du nicht tot, häh? Warum musste Yannik sterben und DU lebst noch? Warum bist du nicht von diesem Scheiß Kran...“
Anja bricht erneut in Tränen aus und Simon steht hilflos vor ihr. Nun kommen auch Sunny und Tanja aus der Küche und Anja kreischt hysterisch: „Er hätte sterben soll, nicht Yannik! Er ist Schuld daran, dass Yannik tot ist!“
„Das ist nicht wahr“, wirft Tanja aufgebracht ein.
„Halt du den Mund“, fährt Anja sie an. „Halt du doch einfach deinen Mund! Dein verdammter Sohn lebt ja noch! Und er ist Schuld daran, er hat Yannik in den Tod getrieben!“ Anja wird immer hysterischer und hat sich kaum noch unter Kontrolle. Sie schreit und weint. Als Sunny sie zu beruhigen versucht, beginnt Anja mit beiden Fäusten auf sie einzuschlagen, ehe sie sich schließlich weinend und schluchzend an der Wand runtergleiten lässt. In diesem Moment kommt Leon zurück in die Wohnung, versucht, ihr beim Aufstehen zu helfen, doch Anja schlägt seine Hände weg und weint hemmungslos weiter. Nach einigen Momenten hat sie sich wieder halbwegs im Griff. Sie rappelt sich auf und sagt zu Leon: „Los, wir gehen! Nur weg hier!“ Sie lässt einen letzten bösen Blick über Simon, Tanja und Sunny schweifen und zischt: „Auf Nimmerwiedersehen!“ Dann verlassen die beiden die Wohnung und die Lindenstraße, während Simon sich wieder in seinem Zimmer verbarrikadiert.
Später am Abend kommt Sunny in Simons Zimmer. Eine Weile sitzen sie schweigend auf dem Bett, bis Sunny flüstert: „Die Ecstasys waren von Yannik, nicht wahr?“
„Die haben wir zusammen gekauft“, antwortet Simon. „Im Knochenpark. Bei einem Dealer. Der hat sie uns angeboten, als wir Gras bei ihm gekauft haben.“
„Aber das mit dem Gras, das ist wahrscheinlich auf Yanniks Mist gewachsen?“ vermutet Sunny.
Nach einem Moment des Schweigens nickt Simon.
„Und Yannik hatte vermutlich auch die Idee, auf den Kran zu klettern?“ will Sunny wissen.
Diesmal schweigt Simon etwas länger, dann sagt er: „Ich bin zuerst rauf geklettert. Und Yannik ist mir dann gleich nach.“
Sunny schluckt. „Es war deine Idee, auf den Kran zu klettern?“
„Ich... ja... nein... ja... also“, stottert Simon.
„Sie waren beide so zugedröhnt, dass sie überhaupt nicht mehr begriffen haben, was sie da tun“, sagt plötzlich Tanja, die sich unbemerkt von den beiden, in die Zimmertür gestellt hat. „Du hast Yannik zu nichts überredet, stimmt's Simon?“
Simon nickt. Und Sunny stutzt. „Du wusstest das?“ fragt sie. „Du hast gewusst, dass Simon vor Yannik auf den Kran gestiegen ist?“
Tanja räuspert sich. „Simon hat es mir letzte Woche erzählt. Als du in Berlin warst.“
„Letzte Woche...“, flüstert Sunny. Und dann lauter, an Tanja gewandt: „Und warum hast du mir nichts davon erzählt?“
„Aber was hätte das denn geändert?“fragt Tanja irritiert.
Sunny blickt fassungslos zwischen Simon und Tanja hin und her. Dann springt sie auf und verlässt das Zimmer. „Anja hatte doch recht“, bringt sie atemlos hervor. „Yannik könnte noch leben, wenn Simon nicht...“
„Sunny, das ist Unsinn“, sagt Tanja und versucht, Sunny die Hand auf die Schulter zu legen. Die schlägt sie jedoch weg und schließt sich im Schlafzimmer ein. Und auch Simon verschließt seine Zimmertür wieder vor Tanjas Nase... Eine Weile später hört Tanja Suny im Schlafzimmer leise sprechen – anscheinend telefoniert sie. Wenige Minuten später verlässt Sunny mit einem Koffer das Schlafzimmer.
„Was... was machst du?“ fragt Tanja fassungslos.
„Ich muss hier weg“, erklärt Sunny und schnappt sich Jacke, Handtasche und Schlüsselbund.
„Wo willst du denn hin?“ will Tanja wissen.
„Ich hab mir ein Zimmer in der Pension in der Ulmenstraße genommen“, antwortet Sunny.
„Und... wie lange?“
„Keine Ahnung... Ich kann das hier im Moment nicht...!“ Und schon ist Sunny zur Tür hinaus...

Klaus und Nina wollen den heutigen Vatertag für einen Ausflug ins Grüne mit Mila und Ida nutzen. Nach dem Tod von Yannik und dem Eklat auf seiner Beerdigung sind die beiden sich einig, dass sie das lange Wochenende nutzen sollen, um sich mal wieder auf andere Gedanken zu bringen. Als der Proviant fürs geplante Picknick gepackt ist und sie gerade aufbrechen wollen, klingelt es an der Tür.
„Och nö, wer ist das denn jetzt?“ fragt Nina genervt.
„Bestimmt meine Mutter“, vermutet Klaus. „Die hat immer den richtigen Riecher für den ungünstigsten Moment.“
„Ich mach schon auf“, ruft Mila vom Wohnungsflur her. Sie reißt die Tür auf – und weicht erschrocken zwei Schritte zurück.
„Guten Morgen, Mila“, erklingt eine zaghafte Frauenstimme aus dem Treppenhaus.
„Mila, wer ist es denn?“ fragt Klaus, tritt aus der Küche in den Flur – und erstarrt ebenfalls. Im Treppenhaus steht Nastya und lächelt die beiden verlegen an.
„Ich fass' es nicht!“ Klaus stellt sich vor Mila und fährt Nastya an: „Was willst du hier? Mach, dass du weg kommst!“
„Klaus, können wir bitte reden?“ fragt Nastya.
„Was ist denn los?“ hallt Ninas Stimme aus der Küche. Im nächsten Moment tritt auch sie in den Flur und bleibt ebenfalls fassungslos stehen.
„Oh“, gibt Nastya von sich. „Back to the roots? Na, das nenne ich jetzt wirklich mal eine Überraschung!“
„Allerdings“, gibt Nina zögerlich von sich. „Was machst du hier? Ich dachte, du bist in der Psychiatrie.“
„Ich bin längst entlassen worden,“entgegnet Nastya. „Ich habe eine Therapie gemacht und es geht mir gut. Ich war... durcheinander. Aber das ist jetzt vorbei.“
„Und das sollen wir dir glauben?“ giftet Nina. „Du bist doch völlig irre. Verschwinde oder ich rufe meine Kollegen. Du hast hier nichts zu suchen.“
Nina gerät immer mehr in Rage und schimpft mit hochrotem Kopf auf Nastya ein.
„Ich glaube, die einzige Irre hier bist du“, sagt Nastya mit nahezu beängstigender Gelassenheit. „Jetzt beruhig' dich mal wieder, du kriegst ja noch einen Herzinfarkt.“
„Was willst du?“ fragt Klaus noch einmal energisch.
„Ich möchte mir dir reden.“
„Aber ich nicht mit dir!“ Klaus will Nastya die Tür vor der Nase zuschlagen, doch diese schiebt ihren Fuß dazwischen.
„Nun hör dir doch erstmal an, was ich zu sagen habe!“
Klaus und Nina tauschen skeptische Blicke, während Mila sich zögerlich im Hintergrund aufhält.
„Eine Minute“, sagt Klaus schließlich.
„Klaus, bitte“, mischt Nina sich ein. „Lass dich doch nicht von der bequatschen.“
„Eine Minute!“ wiederholt Klaus nochmal. „Deine Zeit läuft...“
„Natürlich“, erwidert Nastya und beginnt eilig zu erzählen, dass sie nach ihrer Entlassung aus der Psychiatrie beruflich nicht mehr auf die Beine gefunden hat und im Moment von Sozialhilfe leben muss, dass alle Versuche, eine vernünftige Arbeitsstelle zu finden, gescheitert sind und dass sie daher einen Entschluss gefasst habe: „Ich möchte ein Buch schreiben. Über Society. Über das, was ich dort erlebt habe und was diese Gruppierung mit den Menschen macht. Ich bin mir sicher, dass das das Zeug zum Bestseller hat, wenn man es richtig anhgeht.“
„Na, dann viel Erfolg“, keift Nina und will erneut die Tür schließen.
„Ich kann das nicht alleine“, erklärt Nastya. „Ich kann nicht schreiben. Mein Deutsch ist immer noch nicht gut genug. Und ich habe kein Talent für schriftliches Formulieren. Du schon, Klaus. Und du hast Kontakte. Zur Presse, zu Verlegern. Wenn du mir hilfst, dann wird da was. Aber nur dann...“
Nina schnappt fassungslos nach Luft und Klaus fragt böse: „Warum sollte ich das tun? Warum sollte ich ausgerechnet dir helfen?“
Nastya blitzt ihn an und beginnt zu lächeln. „Weil du ehrgeizig bist“, erklärt sie. „Weil das genau dein Ding ist. Und weil ich sehe, dass es dich jetzt schon in den Fingern juckt.“
„Das ist Unsinn!“ mault Klaus. „Such dir einen anderen, ich werde dir nicht helfen!“
Nastya gibt ihm einen Zettel mit ihrer Handynummer. Und ehe die verschwindet, sagt sie: „Überleg es dir in Ruhe. Schlaf eine Nacht drüber oder auch zwei. Und wenn du dich entschieden hast, dann meldest du dich bei mir.“
„Darauf kannst du lange warten!“ ruft Klaus ihr zornig nach.
Nach diesem unerwarteten Besuch ist allen die Stimmung gründlich vergangen. Dennoch brechen sie schließlich zu ihrem geplanten Ausflug auf und hoffen, in der Natur auf andere Gedanken zu kommen. Doch das klappt nicht so recht. Vor allem Klaus ist den ganzen Tag über sehr nachdenklich und Nina beobachtet besorgt, wie er mehrmals den kleinen Zettel mit Nastyas Handynummer betrachtet.
„Wirf ihn doch weg!“ fordert Nina ihn auf – doch Klaus steckt ihn wieder ein.
Nachdem sie am Abend von ihrem Ausflug zurückgekehrt sind, sagt Klaus zu Nina: „Ich hab's mir überlegt, ich ruf sie morgen an.“
„Was?“ fragt Nina entsetzt. „Das ist doch jetzt nicht dein Ernst?“
„Überleg doch mal“, versucht Klaus, seine Entscheidung zu erklären. „Ein Buch über Society. So ein richtiger Insider-Bericht von einem ehemaligen Mitglied. Nastya hat recht, so ein Buch wird durch die Decke gehen, das hat vorher noch niemand veröffentlicht; kein Autor, kein Journalist, kein ehemaliges Mitglied! Niemand!“
„Ja, und warum nicht?“ fährt Nina ihn an. „Weil diese Sekte gefährlich ist! Diese Leute provoziert man nicht einfach so! Und davon mal abgesehen, geht es hier um Nastya! Du kannst doch nicht ernsthaft mit ihr zusammenarbeiten wollen, nach allem, was sie dir angetan hat! Und Mila! Und mir! Uns allen! Klaus, das kann doch nicht dein Ernst sein!!!“

CLIFFHANGER auf: Klaus Beimer


Mitwirkende Personen
Peter 'Lotti' Lottmann
Dr. Carsten Flöter
Georg 'Käthe' Eschweiler
Robert Engel
Helga Beimer
Klaus Beimer
Mila Beimer
Nina Zöllig
Ida Zöllig
Sunny Zöllig
Tanja Schildknecht
Simon Schildknecht
Nastya Pashenko
Andy Zenker
Gabi Zenker
Iffi Zenker
Nico Zenker
Roland Landmann
Vasily Sarikakis
Popo Wolfson
Mandy Peschke
Jeremy Peschke
Phoebe Peschke
Marcella Varese
Gung Phan Kien
Elias Aichinger
Alex Behrend
Anja Zöllig
Leon Bludau

© popo wolfson, 2021

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Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


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Verfasst: Sa 15. Mai 2021, 23:02 


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BeitragVerfasst: So 16. Mai 2021, 08:23 
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Hervorragend, liebe Popo, du hast tolle Einfälle und man kann sich das alles echt lebhaft vorstellen top


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BeitragVerfasst: So 16. Mai 2021, 12:12 
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Danke schön!

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BeitragVerfasst: Di 18. Mai 2021, 21:43 
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Wow. So toll!

Der erste Strang voller Leichtigkeit, der zweite mit tiefer Verzweiflung und der dritte, der meinen Blutdruck ankurbelt.

Super Popo. Ich habe gerade so viel Arbeitsstress und habe mir erlaubt, weil ich mich schon seit dem Wochenende darauf freue, jetzt mal die Folge zu lesen. Und ich bin wieder voll angetan.
In der verliebten Szene von Lotti muss ich vor mich hinlachen, weil es Original Robert und Original Lotti sind, über die Du schreibst. Man sieht alles vor sich. Und auch das Getuschel der Nachbarn. Wunderbar.

Wie blöd man Anja finden mag, aber im zweiten Strang berührt mich, wie Anja wegbricht und sich dann wieder in voller Negativität und Verachtung umschaltet.

Und wie Nastja einen Keil zwischen Klaus und Nina innerhalb einer Minute schafft zu setzen, ist beeindruckend.

Bin neugierig und freue mich sehr darauf, dass es bald weitergeht.


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