Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
Aktuelle Zeit: Do 9. Mai 2024, 09:20

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde




Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 2 Beiträge ] 
Autor Nachricht
 Betreff des Beitrags: Folge 1863 - Weihnachtsgäste
BeitragVerfasst: So 25. Dez 2022, 00:51 
Offline
Benutzeravatar

Registriert: Di 14. Sep 2010, 16:04
Beiträge: 10228
Wohnort: Popihausen
Folge 1863: Weihnachtsgäste

Spieltag: Samstag, 24.12.2022


Hubertus zu Hohenlobese taucht bereits zu früher Stunde in dem Pensionszimmer auf, das er seinem Sohn Kolja seit der Zerstörung des Hotels zahlt – und das dieser seither mit Popo teilt. Die beiden vergnügen sich gerade lautstark im Hotelbett, als Hubertus zur Tür reinplatzt – offenbar haben die beiden in ihrem sexuellen Eifer vergessen abzuschließen.
„Na, habt ihr Spaß?“ fragt Hubertus und blickt die beiden streng an.
„Kannst du nicht anklopfen?“ fragt Kolja atemlos und wischt sich die Schweißperlen von der Stirn, während sich Popo in die Decke einwickelt.
„Hab ich“, erwidert Hubertus. „Ihr habt mich ja nicht gehört.“
„Und da platzt man einfach so rein?“ fragt Kolja.
„Die Türe war nicht verschlossen“, erklärt Hubertus. „Außerdem bezahle ich dieses Zimmer hier, da ist es ja wohl das Mindeste, dass ich reinkommen darf, wenn es mir beliebt.“
Schweigen.
„Im übrigen bezahle ich dieses Zimmer hier für dich, mein Sohn. Nicht für deine kleine Gespielin!“ Hubertus sieht zuerst Popo, dann Kolja streng an.
„Was willst du denn nun?“ fragt Kolja, nachdem er sein Schweigen überwunden hat.
„Dir anbieten, dass du bei mir wohnen kannst, solange du noch in der Stadt bist. Ich wüsste nicht, was an diesem Pensionszimmer besser sein sollte als an meinem Gästezimmer.“
Kolja beißt sich auf die Unterlippe. Dann erwidert er: „Hier bin ich… unabhängig.“
„Unabhängig?“ wiederholt Hubertus das letzte Wort seines Sohnes.
„Ja. Bei dir, da… da… da fühle ich mich ja wieder...wie… ein Kind.“
„So“, sagt Hubertus. „Na gut, wenn dir so viel an deiner Unabhängigkeit liegt, dann wirst du ja nichts dagegen haben, wenn du für die Kosten der Pension hier ab sofort selber aufkommst, oder?! Frohe Weihnachten!“ Damit dreht Hubertus sich um und setzt zum Gehen an.
„Und wovon soll ich das bezahlen?“ fragt Kolja fassungslos.
Hubertus hält inne. „Es gibt da so eine Erfindung, die nennt sich arbeiten“, entgegnet er. „Erwachsene Menschen verdienen sich im allgemeinen damit ihren Lebensunterhalt.“
Kolja schweigt verbissen, Popo ebenfalls…
„Nun guck nicht wie ein Kalb im Gewitter“, sagt Hubertus. „Ich wäre bereit, dir das Zimmer noch eine Weile zu bezahlen. Dir. Nur dir! Die junge Dame hier wird wohl sicher Freunde oder Familie haben, bei der sie unterkommen kann…“
„Paps, ich…“ beginnt Kolja.
„Entweder oder…“, fährt Hubertus ihm über den Mund. „Nach Weihnachten komme ich wieder, dann ist sie weg. Oder du musst selber sehen, wie du für deine Kosten aufkommst.“
Zur gleichen Zeit ist Helga in der Lindenstraße im Weihnachtsfieber. Gerade eben hat sie ein ganzes Blech schwarzer Raben aus dem Backofen gezogen, aber davon lässt sie sich die Besinnlichkeit nicht verderben. Voller Elan macht sie sich an die nächste Ladung Teig. Die letzten Wochen waren schrecklich genug. Jetzt ist Weihnachten. Höchste Zeit, das Leben wieder mit mehr Optimismus anzugehen. Und selbst Andy ist gut gelaunt. Den Tod seiner Mutter scheint er ganz gut verkraftet zu haben. Fröhlich pfeifend schleicht er um Helga herum und nascht bei jeder Gelegenheit vom Plätzchenteig. Lediglich auf Gabi färbt die Weihnachtsstimmung nicht ab. Seit der Tragödie im Hotel ist sie wieder eine Gefangene ihrer Angst – voll und ganz. Die meiste Zeit verschanzt sie sich in ihrem Schlafzimmer und zieht sich die Decke über den Kopf…
„Wenn die Plätzchen fertig sind, werde ich den Baum schmücken“, erklärt Helga. „Ich bin sicher, dass Gabi das auf andere Gedanken bringen wird!“
„Ich bin mir da leider nicht so sicher“, brummt Andy. „Ich fürchte, wenn sich da nicht bald etwas bessert, dann werden wir uns professionelle Hilfe sie suchen müssen. Lisa meint auch…“
„Ach, was Lisa schon meint“, winkt Helga ab. „Die braucht doch selbst professionelle Hilfe. Heute Abend kommen Lea und Klaus und Mila… Dann kommt Leben in die Bude. Und Besinnlichkeit. Das wird Gabi viel mehr helfen, als jede Therapie. Du wirst schon sehen…“
„Dein Wort in Gottes Ohr“, brummelt Andy.
In diesem Moment klingelt es an der Tür.
„Ich mach schon auf“, beschließt Helga. „Pass bitte auf die Plätzchen auf, wir können nicht noch mehr schwarze Raben gebrauchen…“
Im Hausflur steht Marian Petry. Der sympathische junge Mann arbeitet seit einiger Zeit als Postbote im Bezirk um die Lindenstraße und hat jetzt, um Weihnachten, besonders viel zu tun. Auch in der Alten-WG ist er in den vergangenen Tagen und Wochen besonders häufig aufgetaucht.
Nachdem Helga ihre Post entgegengenommen hat, drückt sie ihm eine Tüte Plätzchen in die Hand und sagt herzlich: „Fröhliche Weihnachten! Sie Armer sind sicher froh, wenn Sie endlich Feierabend haben. Ich wünsche Ihnen einen wundervollen Abend und ein wundervolles Weihnachtsfest mit Ihren Lieben!“
„Mein Weihnachten besteht er aus Tiefkühlpizza allein vor dem Fernseher“, meint Marian schulterzuckend. „Aber trotzdem danke.“
„Wie bitte?“ fragt Helga entsetzt. „Sie sind alleine an Weihnachten? Haben Sie denn niemanden?“
„Meine Freundin und ich haben uns vor ein paar Monaten getrennt und meine Eltern und Geschwister leben nicht in Bayern“, erklärt er. „Und da ich keinen Urlaub mehr habe, bis heute arbeiten muss und gleich am Dienstag wieder anfange, lohnt es sich auch nicht, über die paar Tage noch zur Familie zu fahren. Ist halt alles maximal dumm gelaufen dieses Jahr. Freundin futsch, Urlaub futsch. Naja, immerhin hab ich jetzt Plätzchen!“
Zum Abschied winkt er Helga mit der Plätzchentüte, doch nicht mit Mutter Beimer: Deren weihnachtlich gestimmtes Gluckenherz ist nun erwacht – und ehe Marian Petry es sich versieht, ist er für den Abend zum Essen eingeladen.
„Du solltest doch aufpassen!“ schimpft Helga, als sie Minuten später die nächste Ladung Raben aus dem Ofen holt.
„Und du kannst doch an Heilig Abend nicht einfach wildfremde Kerle zu uns einladen!“ schimpft Andy.
„Erstens ist es nur ein Kerl“, erklärt Helga schnippisch. „Und zweitens ist er nicht fremd. Er bringt uns täglich die Post!“
„Das ist aber doch kein Grund, dass er gleich mit uns Weihnachten feiert“, kontert Andy.
„Er hat sich auch zuerst sehr geziert“, berichtet Helga. „Aber ich hab ihm gesagt, dass bei uns sowieso die Bude voll ist und ein Esser mehr da gar nicht auffällt. Ich glaube, ihm gefällt diese Alternative dann doch besser, als allein vor dem Fernseher Tiefkühlpizza zu essen…“
Als Helga eine Weile später mit dem Schmücken des Baumes beschäftigt ist, ist Andys weihnachtliche Stimmung verflogen – er denkt an seine Mutter, an die psychisch angeschlagene Gabi… und an den fremden Briefträger, der heute Abend mit ihnen am Tisch sitzen wird…
Als es wieder klingelt und Helga zur Tür eilt, ruft Andy: „Bitte lade jetzt nicht auch noch einen Paketboten zum Abendessen ein!“
Doch draußen steht kein Zusteller, sondern Popo…
„Hi, Helga Darling“, begrüßt sie sie kleinlaut.
„Na, das nenne ich mal eine Überraschung“, erwidert Helga schnippisch.
„Sorry… but… Ich weiß nicht, wohin… Koljas Dad zahlt mir nicht mehr die Pension und ich… Ich hab hier doch sonst nobody….“
Und schon ist Helgas Herz erweicht und sie nimmt die verlorene Stiefenkeltochter an ihre Brust.
„Auch das noch“, brummt Andy, als Popo das Wohnzimmer betritt. „Du hast vielleicht Nerven, du verlogenes Früchtchen, du!“
„Hello, Grumpy Old Andy“, begrüßt Popo ihn. „Im so sorry for your loss. Ich hab Grandma Lola immer gemocht sehr gerne…“
Der Tag verstreicht, doch die Weihnachtsstimmung will nicht so recht aufkommen. Zum Abendessen quält sich Gabi aus ihrem Bett, lässt sich aber von der weihnachtlich geschmückten Wohnung nicht aufheitern und stochert blass und lustlos auf ihrem Teller rum. Auch Klaus und Mila sind keine großen Stimmungsbomben, denn die Tatsache, dass sie Weihnachten ohne Nina und Ida verbringen müssen, liegt ihnen quer im Magen. Andy lässt Popo seine Abscheu über das, was sie Hülsch angetan hat, sehr deutlich spüren. Und auch Popos Laune ist betrübt, denn die Tatsache, dass Kolja den Weihnachtsabend nun tatsächlich bei seinem Vater verbringt und keinen Versuch unternommen hat, darum zu kämpfen, dass sie doch weiterhin bei ihm in der Pension bleiben darf, wurmt sie sehr. Dieser ach so coole und lockere Weltenbummler ist halt auch nur auf seinen Vorteil bedacht und wenn er sich um Papas finanziellen Segen sorgen muss, dann kriecht er lieber dem in den Arsch, statt für Popo einzustehen… Lea ist im Grunde von Anfang an auf dem Absprung, sie will später noch zu einer Party. Der einzige, der wirklich weihnachtliche Stimmung mitbringt, ist Marian. Nach seiner anfänglichen Skepsis freut er sich nun riesig über diese überraschende Änderung seines ursprünglichen Weihnachtsabends und hat Helga zum Dank mit einem riesigen Blumenstrauß bedacht – wenn auch nur von der Tankstelle – und allen anderen je einen Schoko-Weihnachtsmann mitgebracht…
Doch am Ende des Abends bleibt Helga enttäuscht zurück, denn die erhoffte Besinnlichkeit bleibt aus. Gabi geht früh ins Bett und Andy folgt ihr. Popo tut es ihnen gleich und auch Klaus und Mila wollen lieber den Rest des Heiligen Abends unter sich in der eigenen Wohnung verbringen. Als Lea zu ihrer Party aufbricht, schließt Marian sich ihr spontan an. Und Helga verbleibt schließlich, schwarze Raben mümmelnd, alleine vor dem Fernseher und zappt sich durchs Festtagsprogramm…

Mandy hat auch in der vergangenen Woche quasi jede Minute am Krankenbett ihrer Tochter verbracht, doch der Zustand ist unverändert, Phoebe liegt weiterhin im Koma. Während Jeremy von seinen Schuldgefühlen fast aufgefressen wird, zeigt sich Phoebes behandelnde Ärztin Frau Dr. Juliane Vogelsang zunehmend besorgt, denn je länger Phoebes aktueller Zustand anhält, umso mehr sinken die Chancen auf Besserung.
Als Mandy für ihr tägliches Ritual des Duschen und Umziehens nach Hause kommt, erklärt David ihr feierlich, dass er am Abend für sie und Jeremy kochen will, damit sie mal für ein paar Stunden raus aus dem Krankenhaus und vielleicht sogar auf andere Gedanken kommt. Doch Mandy ist fassungslos über diese Geste.
„Ich bleibe so lange im Krankenhaus, bis Phoebe wieder aufwacht“, erklärt sie bitter. „Du glaubst doch nicht, dass ich hier fröhlich mit euch Weihnachten feiere, während mein Kind da alleine im Krankenbett an diesen Apparaten liegt…!“
„Du hast hier aber noch ein Kind!“ erinnert David sie scharf.
„Ja“, keift Mandy. „Dem wir die ganze Scheiße hier zu verdanken haben!“
Ein vorwurfsvoller Blick, gerichtet an ihren Sohn, und schon ist Mandy wieder unterwegs zum Krankenhaus. Jeremy verkriecht sich wieder schuldbewusst in seinem Zimmer – doch so schnell gibt David nicht auf…
Am Abend tauchen er und Jeremy mitsamt dem von David zubereiteten und in Warm- und Frischhalteboxen verstauten Essen und sogar mit ein paar kleinen Weihnachtsgeschenken bei Mandy und Phoebe im Krankenhaus auf. Mandy ist zunächst gar nicht begeistert, doch dann lässt selbst sie sich von Davids Eifer und seinen Bemühungen um etwas Weihnachtsstimmung anstecken. Schließlich zeigt Mandy sich sogar Jeremy gegenüber versöhnlicher und geht endlich auf ihn zu.
Als dann gerade doch noch so etwas wie ein Hauch von weihnachtlicher Besinnlichkeit aufzukommen scheint, beginnen plötzlich Phoebes Geräte zu piepen und die darauf angezeigten Vitalwerte Sprünge zu veranstalten. David ruft beunruhigt nach einer Schwester. Und als diese Frau Dr. Vogelsang verständigt, die heute Nacht zufällig im Dienst ist, öffnet Phoebe plötzlich ihre Augen und blickt sich irritiert um…
Eine ganze Weile später, nachdem Frau Dr. Vogelsang die Angehörigen aus dem Zimmer geschickt, Werte überprüft und ein paar kleinere Untersuchungen vorgenommen hat, kommt sie zu Mandy, David und Jeremy auf den Flur und erklärt ihnen, dass momentan alles danach aussieht, als ob Phoebe es schaffen wird.
„Wir müssen abwarten, wie sich das in den nächsten Tagen entwickelt“, erklärt die Ärztin. „Aber es sieht tatsächlich so aus, als habe Phoebe keine schwerwiegenden Schäden von dem Unfall davon getragen…
Und plötzlich ist sie da, die Weihnachtsstimmung. Als Mandy, David und Jeremy an Phoebes Bett sitzen, ist diese bereits wieder eingeschlafen. Aber es ist kein Koma mehr, in dem sie liegt, sondern ein heilsamer Schlaf, der ihr dabei helfen soll, wieder ganz gesund zu werden. Leise, um sie bei ihrem Genesungsprozess nicht zu stören, sitzen Mandy, David und Jeremy an ihrem Bett, essen, bescheren sich und haben durch dieses Weihnachtswunder doch noch einen wunderbaren Heiligen Abend…

Mechthild hockt an diesem Morgen des Heiligen Abends frierend vor dem Marcellas, als Giovanna plötzlich aus dem Bistro tritt. Mechthild erhebt sich schwerfällig, drauf und dran, sich aus dem Staub zu machen – sie ist daran gewöhnt, ständig vertrieben zu werden.
„Warten Sie!“ sagt Giovanna und hält ihr einen Pappbecher mit Kaffee entgegen. „Der ist für Sie! Sie sitzen doch schon die ganze Zeit hier draußen in der Kälte!“
„Oh, vielen Dank, das ist sehr freundlich von Ihnen“, erwidert Mechthild und nimmt den Becher entgegen.
„Frohe Weihnachten!“ sagt Giovanna und geht zurück ins Lokal.
Während Mechthild ihren heißen Kaffee schlürft, fährt auf der anderen Straßenseite, auf einem der Parkplätze vor der Villa, Ortrun von Sassnitz vor. Als sie aussteigt, blickt sie misstrauisch zu ihrer Schwester hinüber, dann eilt sie mit gesenktem Blick über die Straße und verschwindet im Hauseingang zwischen dem Marcellas und dem Friseur-Salon.
„Hast du hier geschlafen?“ fragt Ortrun fassungslos, nachdem Tristan ihr, völlig zerknautscht und in T-Shirt und Boxer-Shorts die Türe geöffnet hat.
„Ich hab gestern noch lange gearbeitet“, erklärt der Anwalt seiner Mutter. „Hat sich nicht wirklich gelohnt, nach Hause zu fahren.“
„Ach. Papperlapp!“ macht Ortrun mit wegwerfender Handbewegung. „Du schläfst hier, weil dieses Büro komfortabler ist als diese behelfsmäßige Übergangswohnung, die die Versicherung dir organisiert hat. Das geht doch wirklich nicht so weiter. Warum ziehst du denn nicht zu mir? Wenigstens so lange, bist du wieder eine gescheite Wohnung hast…“
„Mutter, bitte…!“
„Aber es ist doch Weihnachten! Und heute Abend kommst du ohnehin zu mir! Nun pack deinen Kram zusammen und komm gleich mit! Wir machen es uns richtig schön gemütlich! Du arbeitest doch heute ohnehin nicht mehr!“
„Irrtum, Mutter, ich wollte heute noch ein paar Akten aufarbeiten!“
„An Weihnachten?!?!“ Frau von Sassnitz rümpft fassungslos die Nase. „Unglaublich! Wie dein Vater! Immer nur die Arbeit im Kopf! Irgendwann wird dich auch ein Herzinfarkt dahinraffen, ehe du 50 bist…! Aber…. Was ist denn das???“ Entsetzt beäugt Ortrun von Sassnitz eine halbleere Cognac-Flasche und einen halbvollen Aschenbecher auf der Fensterbank. „Das ist aber doch nicht etwas von dir?“
„Nein, das ist vom Weihnachtsmann!“ knurrt Tristan ironisch – und erntet einen bösen Blick von seiner Mutter. Deren Aufmerksamkeit fokussiert sich aber bereits wieder auf etwas anderes: Beim Blick aus dem Fenster hat sie entdeckt, wie ihre Schwester unten auf der Straße erneut ihr Auto umrundet – und ihr Puls beschleunigt sich sogleich rapide.
„Ist dir nicht gut, Mutter?“ fragt Tristan. „Was gibt’s denn da draußen?“
„Nichts!“ ruft Ortrun hektisch und versperrt ihrem Sohn den Blick aus dem Fenster. Auf keinen Fall möchte sie, dass Tristan irgendetwas mitbekommt. Sie verwickelt ihn noch eine Weile in ein Gespräch und verabschiedet sich schließlich mit der Aufforderung, dass sie ihn pünktlich um 16 Uhr in ihrer Villa erwartet. Mit einem letzten missbilligenden Blick auf Cognac und Aschenbecher verlässt sie die Kanzlei. Draußen auf der Straße sieht sie sich suchend um – Mechthild ist anscheinend verschwunden. Mit eiligen Schritten geht Ortrun zu ihrem Auto hinüber…
Als sie gerade einsteigen will, sagt eine knarzige Stimme: „Frohe Weihnachten, Schwesterherz!“
Ortrun zuckt zusammen und entdeckt Mechthild, die sich hinter einem hohen Strauch im Vorgarten der Villa mit der Arztpraxis verborgen gehalten hat. Einen Moment lang will sich Ortrun dem Fluchtreflex hingeben und in ihr Auto springen. Dann fragt sie stattdessen: „Was willst du von mir?“
„Man wird seiner einzigen Schwester doch wohl noch ein gesegnetes Weihnachtsfest wünschen dürfen“, knurrt Mechthild heiser.
„Ich… ich habe keine Zeit für sowas“, sagt Ortrun und steigt ein.
„Das finde ich aber sehr schade“, erwidert Mechthild, „schließlich habe ich keine Familie mehr, außer dir. Und du hast doch auch nur noch mich!“
Ortrun lacht empört auf. „Na, das wüsste ich aber!“ kreischt sie schrill. „Ich habe immerhin einen Sohn. Und wir haben ein außergewöhnlich gutes Verhältnis zueinander.“
„Ach ja“, krächzt Mechthild heiser. „Dein Sohn… Er ist Anwalt, stimmt’s?! Hat seine Kanzlei da drüben über dem Friseur-Salon… Dann bist du ja doch nicht meine einzige Familie. Ich habe noch einen Neffen. Wie schön… Schade, dass wir uns nie kennenlernen durften…“
Ortruns Augen verengen sich zu Schlitzen und sie zischt: „Ich warne dich, Mechthild! Halte dich von meinem Sohn fern!“
Mechthild genießt den panischen Unterton, der plötzlich in der Stimme ihrer Schwester mitschwingt und sie fragt unschuldig: „Aber wieso denn bloß? Warum bist du denn plötzlich so nervös? Hast du etwa Angst, dass dein Sohn erfahren könnte, was für ein Mensch seine so ehrwürdige Mutter wirklich ist? Und was damals wirklich geschehen ist…?“
„Was… was willst du?“ keucht Ortrun nervös. „Geld? Willst du Geld? Ich habe Geld! Ich… ich gebe dir, was du willst. Und dann verschwindest du wieder aus unserem Leben, verstanden?!“
„Warum plötzlich so großzügig?“ fragt Mechthild. „Geld! Ging es dir früher nicht immer nur ums Geld? Und jetzt willst du mir was schenken?“
„Ich… Ich gebe dir 10.000 Euro, in Ordnung? Das ist eine Menge Geld für eine wie… für einen Menschen, der auf der Straße lebt. Ich gebe dir 10.000 und danach verschwindest du wieder und lässt mich und meinen Sohn in Frieden!“
Mechthild sieht ihre Schwester einen Augenblick lang nachdenklich an. Dann knurrt sie: „Du kannst dir dein Geld sonst wohin stecken. Ich will dein Geld nicht! Ich hatte Jahrzehnte Zeit zu lernen, wie man sich ohne Geld durchschlägt.“
„Was willst du dann?“ fragt Ortrun mit belegter Stimme.
„Gerechtigkeit“, flüstert Mechthild. „Nichts als Gerechtigkeit.“ Sie blickt Ortrun durchdringend an, dann flüstert sie „Frohe Weihnachten, Schwesterherz“, dreht sich um und verschwindet in Richtung Park. Ortrun bleibt noch eine ganze Weile mit klopfendem Herzen im Auto sitzen und starrt in die Richtung, in die ihre Schwester verschwunden ist, ehe sie sich im Stande sieht, den Motor zu starten und wegzufahren…
Derweil stapft Mechthild eine Weile durch den Park und kehrt schließlich in die Lindenstraße zurück – wo sie den Wendland-Zwillingen Maite und Merle über den Weg läuft.
„Wir haben Sie gesucht“, erklärt Maite mit feierlicher Stimme. „Und wir hatten echt Schiss, dass wir sie nicht finden. Ausgerechnet heute!!“
„Wo doch Weihnachten ist!“ fügt Merle hinzu.
„Aber… aber wieso?“ fragt Mechthild irritiert.
„Wir möchten Sie für heute Abend zu uns zum Essen einladen“, erklärt Maite.
„Aber… aber das geht doch nicht“, stammelt Mechthild. „Eure… Familie und… überhaupt…“
„Das ist alles geklärt!“ versichert Maite fröhlich. Und tatsächlich hat sie ihre Eltern so lange bearbeitet und ihnen immer und immer wieder vorgehalten, dass sie und Jeremy es nur Mechthild zu verdanken haben, lebend aus dem Keller gekommen zu sein, bis diese sich schließlich erbarmt haben. Zwar mit sehr gemischten Gefühlen, aber immerhin ist Weihnachten ja das Fest der Liebe – auch der Nächstenliebe…
Während Ortrun am Abend überglücklich darüber ist, dass Tristan tatsächlich den Weg in ihre Villa gefunden hat, aber dennoch keine richtige Stimmung im Hause von Sassnitz aufkommen will, kann Mechthild ihr Glück kaum fassen, als sie am reich gedeckten Tisch der Wendlands sitzt und mit sehr viel Herzlichkeit und Gastfreundschaft empfangen und umsorgt wird – und das leckerste und reichlichste Essen seit langem serviert bekommt. Auch Nils und Kerstin wird im Laufe des Abends zunehmend bewusst, dass es die richtige Entscheidung war, Maites Drängen nachzugeben. Lovis, die ohnehin der Fraktion ´kurz die Welt retten` angehört, begegnet Mechthild von Anfang an unvoreingenommen. Und selbst Annalena, die anfangs etwas skeptisch war, findet zunehmend Gefallen an dem ungewöhnlichen Weihnachtsgast…
Derweil hat Tristan das Angebot seiner Mutter ausgeschlagen, bei ihr zu übernachten und ist, zu deren Verdruss, wieder aufgebrochen. Statt in seine kleine Wohnung, den Notnagel nach der Zerstörung seines Penthouse, verschlägt es ihn jedoch wieder in die Lindenstraße. Er hat beschlossen, Lea doch noch kurz aufzusuchen, um ihr zumindest frohe Weihnachten zu wünschen. Als er gerade aus seinem Auto steigt, das er in der Kastanienstraße vor dem Café abgestellt hat, entdeckt er, wie Lea das Haus Nr. 3 verlässt, aufgestylt wie zu einer Party. In ihrer Begleitung sind ihr Mitbewohner Konstantin und ein junger Mann, den Tristan zunächst nicht einordnen kann, in dem er dann aber den Briefträger erkennt, der auch regelmäßig die Geschäftspost für seine Kanzlei bringt. Tristan wusste gar nicht, dass Lea mit dem befreundet ist… Als er auf die drei zugehen will, sieht er plötzlich entsetzt, wie Lea sich diesem Postheini an den Hals wirft und jubelt: „Heute Nacht kann alles oder nichts passt! Quasi wie an Silvester! Nur eine Woche früher!“
Tatsächlich haben Lea und Marian, nachdem sie die Alten-WG verlassen haben, mit Konstantin schon ein bisschen vorgeglüht – und nun hat Lea bereits ordentlich einen im Tee und ist wirklich offen für alles, was die Nacht noch zu bieten hat. Marian hat Spaß daran. Dieser Heilige Abend ist wirklich ganz anders geworden, als er es sich am Morgen nur zu erträumen gewagt hätte. Und plötzlich küsst Lea ihn leidenschaftlich auf den Mund und Marian lässt sich darauf ein – während Tristan entsetzt mehrere Schritte zurückweicht, um sich im Dunkeln der Häuserfassade auf der Kastanienstraße zu verbergen…

CLIFFHANGER auf: Tristan von Sassnitz


Mitwirkende Personen
Helga Beimer
Klaus Beimer
Mila Beimer
Popo Wolfson
Kolja zu Hohenlobese
Hunertus zu Hohenlobes
Lea Starck
Konstantin Landmann
Andy Zenker
Gabi Zenker
Mechthild Walther
Ortrun von Sassnitz
Tristan von Sassnitz
Nils Wendland
Kerstin Wendland
Annalena Wendland
Lovis Wendland
Maite Wendland
Merle Wendland
David Krämer
Mandy Peschke
Jeremy Peschke
Phoebe Peschke
Giovanna Varese
Marian Petry
Dr. Juliane Vogelsang

© ´popo wolfson`2022

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
 Betreff des Beitrags:
Verfasst: So 25. Dez 2022, 00:51 


Nach oben
  
 
 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1863 - Weihnachtsgäste
BeitragVerfasst: Di 27. Dez 2022, 11:34 
Offline

Registriert: Mi 29. Sep 2010, 00:11
Beiträge: 11594
schöne Folge, Popo. Dankeschön. Habe sie bereits zu Weihnachten gelesen.


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 2 Beiträge ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde


Wer ist online?

0 Mitglieder


Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
cron
Powered by phpBB® Forum Software © phpBB Group


Bei iphpbb3.com bekommen Sie ein kostenloses Forum mit vielen tollen Extras
Forum kostenlos einrichten - Hot Topics - Tags
Beliebteste Themen: Quelle, NES, Haus, Erde, Liebe

Impressum | Datenschutz