Elses Erben

Lindenstraße 1985 bis 2015 - 30 Jahre Lindenstraße, laßt uns darüber im Lindenstraßenforum schnacken.
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 Betreff des Beitrags: Folge 1848 - September
BeitragVerfasst: Di 6. Sep 2022, 15:05 
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Folge 1848: September

Spieltag: Donnerstag, 01.09.2022


„Meinst du nicht, dass du allmählich ein bisschen übertreibst?“
Nina sieht Klaus beim Frühstück mit einem zweifelnden Blick an.
„Wie meinst du das?“ will er mit gereiztem Unterton in der Stimme wissen.
„Wie du dich in letzter Zeit aufführst“, erwidert Nina. „Deine Aversion gegen dieses Hotel, wie du versuchst, die halbe Nachbarschaft aufzuhetzen. Und wie du dann letztens mit dem Hotel-Chef mitten auf der Straße aneinander geraten bist…“
„Willst du tatenlos dabei zusehen, wie sich unsere Straße nach und nach in etwas komplett fremdes verwandelt?“ fragt Klaus empört.
„Klaus, die ganze Stadt verändert sich“, erklärt Nina genervt. „Und nicht nur hier, sondern überall. Das ist der Lauf der Dinge, wenn sie nichts verändern würde, würden wir immer noch in Höhlen leben. Ich finde, du übertreibst wirklich maßlos.“
„Völlige Übersprungshandlung“, befindet Mila altklug. „Fehlgeleitet und ohne jeglichen Sinn.“
Klaus blickt seine Tochter böse an. Anschließend versucht er, seinen Standpunkt vor Nina zu verteidigen und predigt erneut, wie das Hotel als Wurzel allen Übels die gesamte Gegend ins Unglück zu stürzen beginnt, während Ida fröhlich damit beschäftigt ist, die Brotstücke auf ihrem Teller kichernd in Milch zu ertränken…
Nina ist genervt von Klaus und davon, wie verbissen, ja, nahezu fanatisch seine Sicht auf so viele Dinge inzwischen ist. Zunächst das Society-Buch, da er immer noch in mühevoller Kleinarbeit im Selbstverlag auf den Markt zu bringen versucht. Und nun diese fixe Idee, dass ein Hotel in der Nachbarschaft und der Kauf eines Gebäudes eine Straße weiter durch zwei Investoren die ganze Nachbarschaft ins Unglück stürzen würde…
Nach dem Frühstück bringt Nina Ida weg, die mittlerweile in ´Käthes` Kindergruppe geht. Nina hat heute frei und will diesen Tag endlich mal mit ein paar schönen Dingen genießen, etwas für sich selbst tun – und sich nicht von Klaus’ Pessimismus und seiner Engstirnigkeit runterziehen lassen…
Und so trifft sich Nina heute zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder mit Valerie, deren Aufforderungen, zusammen etwas zu unternehmen, sie immer wieder aus beruflichen oder familiären Gründen ausschlagen musste. Valerie ist natürlich sehr erfreut über das spontane Treffen, als die beiden gemeinsam im Biergarten des Akropolis sitzen und an diesem schönen Spätsommertag einen griechischen Salat essen.
„Hast du heute wieder Nachtdienst?“ erkundigt sich Nina.
„Nein, ich habe frei, zu viele Überstunden“, lügt Valerie. „Ich hab also den ganzen Tag Zeit für dich, wenn du magst.“
„Schön“, lächelt Nina.
„Ist irgendwas?“ fragt Valerie. „Du siehst ein bisschen traurig aus…“
Nina zögert kurz, doch dann schüttet sie ihrer neuen Freundin das Herz aus. Eigentlich wollte sie ihren Frust für sich behalten, doch nun erzählt sie Valerie detailliert alles, was sie in ihrer Beziehung zu Klaus stört.
„Manchmal denke ich, es war ein Fehler, dass wir vor zweieinhalb Jahren nochmal einen Neustart gewagt haben“, schließt Nina ihre Ausführungen. „Klaus ist mir so fremd geworden. In seiner ganzen Art. Das ist einfach nicht mehr der Klaus, in den ich mich vor über 20 Jahren verliebt habe.“
„Naja, Menschen verändern sich halt mit der Zeit“, meint Valerie. „Bei Iffi ist es ja genauso. Wenn man sich das mal vorstellt, Iffi und Klaus, die waren alle beide so richtig wilde Feger, als sie jung waren. Und jetzt… Wenn man sich mal vorstellt, wie spießig die Iffi geworden. Und faschistisch. Eine spießige Faschistin. Meine Schwester Iffi! Wenn mir das vor 30 Jahren einer erzählt hätte… Sie ist ja fast schon so etwas wie die neue Else Kling hier in der Nachbarschaft…“
„Ach, jetzt übertreib aber mal nicht“, lacht Nina.
„Doch!“ beharrt Valerie. „Und Klaus… naja, ich finde, der wird seinem Vater immer ähnlicher.“
„Ich hab Hans immer gemocht“, sagt Nina nachdenklich.
„Ich ja eigentlich auch“, überlegt Valerie. „Aber ´n bisschen seltsam war der schon, oder? So ein Korinthenkacker irgendwie. Ein bisschen so wie der alte Benodakt, der bei uns im Haus im Dachgeschoss wohnt. Naja, okay, vielleicht nicht ganz so schlimm, aber die Richtung stimmt schon.“
Nina muss kurz laut auflachen. Doch dann wird sie nachdenklich. „Vor vielen Jahren hat mein Kollege Wöhrl mal einen Zuhälter erschossen“, berichtet sie. „So ein richtig mieses Schwein war das, der vielen Frauen schlimme Dinge angetan hat. Aber trotzdem war das Ganze nicht gerechtfertigt, also, es war keine Notwehr oder so… Ich war danach total fertig und wusste nicht, wie ich damit umgehen soll. Einerseits hab ich gedacht, es ist nicht richtig, was es ja auch nicht war. Auf der anderen Seite habe ich aber auch gedacht, so ein Abschaum wie der, hat es im Grunde nicht anders verdient. Ich bin dann zu Hans gegangen. Ich musste mit jemandem darüber reden. Mit jemand Außenstehendem. Ich hab gehofft, er würde das ähnlich sehen wie ich und mich dazu ermutigen, die Sache unter den Teppich zu kehren. Keine Ahnung, ich weiß auch nicht, ich hab mir wohl tatsächlich so eine Art Absolution von ihm erhofft… Aber Hans hat das leider vollkommen anders gesehen. Er hat mir so etwas in der Art gepredigt, dass man sich die Gesetze nicht so zurechtbiegen kann, wie man sie gerade braucht und dass Wöhrl für sein Handeln die Verantwortung tragen muss. Er ist dann ins Gefängnis gegangen. Für ein Stück Dreck, das vorher schon zig Leben zerstört hat… Aber Hans beharrte darauf, dass Recht Recht bleiben muss…“
„Da siehst du es! So war er!“ ruft Valerie aus und sagt dann leiser: „Aber als seine Anna reihenweise Menschen um die Ecke befördert hat, da hat er wahrscheinlich alle Hebel in Bewegung gesetzt, um sich irgendwie vor Schlimmerem zu bewahren…“
„Naja, so würde ich das jetzt auch nicht sagen“, meint Nina dazu.
Nach ihrer Verabredung mit Valerie fühlt sie sich noch unentspannter als zuvor. Irgendwie ist das schon eine merkwürdige Frau. Und anstrengend in ihrer gesamten Art. Aber sie muss sich ja zum Glück nicht täglich mit ihr umgeben…
Als Nina nach Hause kommt, sagt Klaus zu ihr: „Ich wollte gerade was essen gehen, im Akropolis. Hast du Lust mitzukommen? Hab gerade einen Artikel beendet und abgeschickt.“
Das ist mal wieder typisch, denkt sich Nina. Seit Tagen liegt sie Klaus damit in den Ohren, dass sie gerne mal wieder mit ihm ins Akropolis will – doch entweder hatte er keine Zeit oder keinen Hunger… Und nun…!
„Ich war grad erst da“, erwidert sie leicht pikiert. „Mit Valerie…“
„Oh“, macht Klaus und fügt dann schulterzuckend hinzu: „Na gut, dann gehe ich eben alleine. Ich muss jetzt dringend was essen…“
Und weg ist er! Nina fühlt sich zunehmend frustriert und beschließt, eine Runde Rad zu fahren. Durch Bewegung und frische Luft kriegt sie vielleicht den Kopf ein wenig frei…
Als sie ihr Fahrrad aus der Garage schiebt, muss sie feststellen, dass sie es schon eine ganze Weile nicht mehr benutzt hat. Sie sollte es dringend mal wieder putzen. Und die Kette müsste auch geölt werden… Aber für eine kleine Runde würde es so schon noch reichen… Nina schwingt sich in den Sattel, tritt in die Pedale, rauscht von der Lindenstraße in die Ulrike-Böss-Straße – und sieht den großen dunklen Wagen zu spät… Sie hört Bremsen quietschen, spürt einen Zusammenstoß – und liegt im nächsten Moment auf der Straße…
Während sie sich aufrappelt, fragt eine Männerstimme von hinten über ihren Kopf: „Haben Sie sich verletzt?“ Als Nina sich umdreht, steht dort der Hotelkettenbesitzer Hubertus zu Hohenlobese, der gerade aus dem Wagen gestiegen ist, mit dem sie zuvor kollidierte.
„Haben Sie schon mal was von Vorfahrt achten gehört?“ fragt er nun etwas gereizter, nachdem er festgestellt hat, dass Nina offenbar keine ernsthaften Verletzungen davongetragen hat.
„Tut mir leid, ich war irgendwie…“, murmelt Nina und blickt zwischen ihrem verbeulten Fahrrad und dem offenbar völlig unbeschädigtem Auto hin und her. „Ihrem Auto ist ja anscheinend nichts passiert“, fügt sie schnell hinzu.
„Ihrem Fahrrad dafür aber umso mehr“, erkennt der Hotelier.
„Eigene Doofheit“, meint Nina – und entdeckt dann, dass ihre Hose völlig zerrissen und ihre Knie aufgeschürft sind.
„Sind Sie gegen Tetanus geimpft?“ fragt zu Hoheblobese.
„Ja, klar“, antwortet Nina.
„Soll ich Sie zu einem Arzt bringen?“
„Ach, Quatsch. Deshalb doch nicht. Das ist halb so schlimm.“ Dann muss Nina grinsen und sagt: „Oh je, ich glaube, ich hab mir die Knie zum letzten Mal mit acht oder so so dermaßen aufgeschürft.“
Die beiden tauschen ihre Kontaktdaten aus, falls doch noch was sein sollte und zu Hohenlobes fragt Nina ein weiteres Mal, ob sie seine Hilfe wirklich nicht braucht, dann verabschieden sie sich…
In der Zwischenzeit verspeist Klaus im Biergarten einen Gyros-Teller, während am Nachbartisch drei der Wendland-Töchter, Lovis und die Zwillinge Maite und Merle, drei Eisbecher bei Vasily ordern.
Nach Aufgabe der Bestellung, betrachtet Lovis ihre Schwestern skeptisch und fragt: „Soll das jetzt eigentlich ewig so weitergehen, dass ihr kaum noch ein Wort miteinander redet? Die ganzen Ferien über ist zwischen euch schon Eiszeit – und damit meine ich keine Schokobecher…“
„Ich find’s halt zum kotzen, dass ich ohne Merle auf diese neue Schule muss!“ motzt Maite.
„Aber ich finde das doch selbst blöd“, wirft Merle ein. „Wir waren doch immer zusammen in einer Klasse und jetzt plötzlich nicht mehr.“
„Dann wechsel auch zu Gesamtschule!“ fordert Maite ihre Schwester auf.
„Das kannst du doch nicht allen ernstes von ihr verlangen“, sagt Lovis kopfschüttelnd.
Während die Diskussion unter den Schwestern weitergeht, beäugt Klaus ein Plakat, das am Zaun des Biergartens hängt; eines von vielen Plakaten in der Umgebung, die auf die Lesung von Simone Stadler in Begleitung von Ibraim Finkelstein in der Buchhandlung Engel in drei Wochen hinweisen.
„Das ist deine Freundin, oder?“ fragt Klaus Vasily, als der gerade ein neues Getränk serviert und deutet auf das Plakat.
„Allerdings“, antwortet Vasily – nicht ohne Stolz in der Stimme.
„Meinst du, sie wäre damit einverstanden, wenn ich mal einen Artikel über sie schreibe?“ erkundigt Klaus sich. „Ein kleines Künstler-Porträt über Münchens neue Bestseller-Autorin sozusagen…“
„Das fragst du sie am bestens selbst“, erwidert Vasily schmunzelnd. „Sie sitzt drinnen an der Theke. Soll ich sie dir mal rausschicken?“
Während Klaus begeistert zustimmt, kommt es am Nachbartisch mit den Wendland-Töchtern endlich zur Versöhnung zwischen Maite und Merle.
„Tut mir leid, dass ich die ganzen letzten Wochen so eine Zicke war“, entschuldigt sich Maite. „Ich hab uns damit die ganzen Sommerferien versaut.“
Die beiden probieren das Eis der jeweils anderen und endlich scheint alles wieder in Ordnung zu sein.
Wenig später nimmt Simone Platz an Klaus’ Tisch.
„Von wen schreibst du denn?“ erkundigt Simone sich, nachdem Klaus ihr sein Vorhaben unterbreitet hat.
„Ich hab lange für die KARLOTTA geschrieben“, erklärt er. „Aber mittlerweile bin ich als freier Journalist tätig. Ich hab mehrere Abnehmer, für die ich regelmäßig schreibe. Einen schönen Bericht über dich und dein Buch würde ich auf jeden Fall an den Mann bringen.“
„Ich...äh… könnte dir auch ein Interview geben“, schlägt Simone vor. „Sozusagen als Ergänzung zum Artikel.“
„Das wäre natürlich großartig!“ freut sich Klaus voll aufrichtiger Begeisterung.
Die beiden reden noch eine Weile über den geplanten Artikel, über den Journalismus, über die Schriftstellerei im allgemeinen und Simones Bücher im besonderen und im Grunde hat Klaus hinterher schon reichlich Material für seinen Artikel zusammen. Klaus berichtet auch von seinem Society-Buchprojekt und dass er dies nun im Selbstverlag zu veröffentlichen versucht, weil er einfach keinen seriösen Verlag findet, der sich auf das Projekt einlassen will.
„Society ist natürlich schon starker Tobak“, findet Simone. „Kein Wunder, dass die Verlage da die Schwänze einkneifen. Diese Sekte hat ihre Leute ja echt überall sitzen und wenn man denen an den Karren pisst, dann sind die schon nicht ohne…!
„Aber gerade weil die so gefährlich sind, kann man das doch nicht alles totschweigen“, mault Klaus.
„Ohne etwas versprechen zu können…“., beginnt Simone zögerlich. „Aber… ich könnte mal vorsichtig bei meinem Verleger anfragen, ob der eventuell Interesse an dem Thema hätte. Eigentlich ist der ziemlich unkonventionell und lässt sich so schnell nicht ins Bockshorn jagen… Aber, wie gesagt, ich kann nichts versprechen…“
„Das wäre natürlich super“, erwidert Klaus hoffnungsvoll.
Irgendwann wandert die Unterhaltung eher zufällig zum Hotel Bei den Linden – der aktuell größte wunde Punkt in Klaus’ Leben. Und binnen kürzester Zeit, schafft er es, sich wieder in Rage zu reden und sich über all das auszulassen, womit seit geraumer Zeit der halben Nachbarschaft in den Ohren liegt. Dabei wird er so laut, dass nicht nur Simone, sondern auch die Wendland-Schwestern am Nachbartisch interessiert seinen Ausführungen lauschen.
„Ich muss allmählich mal wieder“, zieht Simone, der Klaus’ in seiner Hitzköpfigkeit zunehmend auf die Nerven geht, aus der Affäre. „Wir können ja morgen oder so mal telefonieren wegen unseres Interviews.“
Inzwischen haben auch die Wendland-Mädchen ihre Eisbecher bezahlt und sich zum Aufbruch bereit gemacht.
„Meinen Sie wirklich, dass das Hotel der Straße hier so sehr schadet?“ fragt Lovis Klaus, als die Mädchen an seinem Tisch vorbei kommen.
Und sofort ist Klaus wieder in seinem Element und betet binnen Sekunden alles runter, was seiner Meinung nach, ausgelöst durch das neue Hotel, im Viertel gerade den Bach runtergeht und zukünftig vermutlich noch runtergehen wird.
„Krass!!“meint Maite dazu beeindruckt. „Was ein einziges Hotel so anrichten kann!“
„Eigentlich passt das gar nicht hier in die Straße“, befindet Merle, als sie zum Hotel rüberblickt.
„Stimmt!“ pflichtet Maite ihr bei.



Gabi hat unruhig geschlafen in der vergangenen Nacht und beim Frühstück kaum Appetit. Auch ansonsten ist sie sehr wortkarg und blass an diesem Morgen.
„Ist Bruno den gut auf Ischia angekommen?“ erkundigt sich Helga besorgt.
„I denk schon“, erwidert Gabi. „I hab nix mehr von ihm g’hört.“
„Geht’s dir nicht gut?“ hakt Helga weiter nach, aber Gabi weicht einer Antwort aus.
Auch Andy findet Gabis Verhalten befremdlich und fragt sie, ob sie krank werde. Auch das weist Gabi zunächst von sich. Lola verhindert, dass Andy sich weiter erkundigen kann, denn diese hat ihre Reha-Maßnahmen nach dem Sturz inzwischen abgeschlossen und hält sich nun den ganzen Tag wieder in der Wohnung auf – eine Rückkehr nach Göttingen hat sie dabei bislang nicht mehr thematisiert.
Als das Ehepaar Zenker eine Weile später alleine in seinem Zimmer sitzt, rückt Gabi endlich mit der Sprache raus.
„I hab letzte Nacht von der Toni geträumt“, flüstert sie plötzlich. „I weiß net mehr genau was, es war a ganz a wirrer Traum. Aber… mich nimmt des alles so mit. Je länger die Toni fort bleibt, desto mehr befürcht i… des… des… Bei’m Maxl damals hab ich ja auch bis zum Schluss g’hofft, dass er wohlbehalten wieder auftaucht… Aber je länger sie verschwunden is’, desto größer wird meine Angst, des sie gar net mehr am Leben is´…“
Andy will gerade zu einer Antwort ansetzen, als von hinten eine Stimme ertönt: „Wie? Was soll das heißen? Antonia ist verschwunden?!?“
Als die beiden herumfahren, steht Lola mit erschrockenem Gesichtsausdruck in der Zimmertür. So ein Mist, denkt Andy, auf diese Weise sollte seine Mutter die Wahrheit bestimmt nicht erfahren. Andy und Gabi wird jedoch klar, dass sie sich hier mit einer Ausrede nicht mehr rauswinden können und sie schenken Lola schließlich reinen Wein ein. Als sie merken, dass es auch nichts bringt, nur einzelne Fragmente preis zu geben, erzählen sie ihr schließlich die ganze Geschichte… Lola ist sichtlich empört. „Und warum verheimlicht ihr mir so etwas? Habt ihr gedacht, die Alte hat sowieso nicht mehr so viel Zeit, da fällt es schon nicht auf, wenn Antonia sich zu ihren Lebzeiten nicht mehr blicken lässt?“
Als Andy mit der Argumentation aufwartet, dass er seine Mutter nicht unnötig aufregen wollte, wehrt Lola gereizt ab. Und tatsächlich scheint sie die Nachricht besser als erwartet zu verkraften und versucht mit kühlem Kopf und sachlicher Logik zu ergründen, wie man sich nun verhalten sollte.
„Auf jeden Fall dürfen wir nicht den Kopf in den Sand stecken“, findet Lola. „Die Polizei weiß schon, was zu tun ist. Und gar keine Nachrichten sind zunächst mal gute Nachrichten. Denn solange wir nichts hören, lebt Antonia auch noch…“
Gabi ist da nicht so überzeugt wie ihre Schwiegermutter. Ihre Ängste plagen sie immer weiter und sie befürchtet zunehmend das Schlimmste…
Während Gabi sich ihren Ängsten und Sorgen hingebt, klingelt Marian Petri, der neue Postbote für den Bezirk um die Lindenstraße, mit einem Einschreiben an der Tür. Der Brief ist von der Pflegekasse und legt offen, dass nun, wo Lola offiziell wieder genesen ist, die Leistungen für Jekaterinas Unterstützung nicht mehr gezahlt werden.
„Ach, Mensch, das tut mir jetzt echt leid für dich“, sagt Andy zu Jekaterina. „Aber wenn meine Mutter noch länger hier bleibt, vielleicht gibt es dann ja doch die Möglichkeit, dass du irgendwie so eine Art Alltagsbegleitung oder sowas für sie übernehmen. Auch wenn sie wieder gesund ist, ist sie ja trotzdem nicht mehr die Jüngste…“
„Du kannst natürlich trotzdem weiterhin bei uns wohnen bleiben“, sagt Helga. „Jetzt, wo Bruno wieder weg ist, haben wir ja… ein kleines bisschen mehr Platz!“
„Ist alles gut“, winkt Jekaterina ab. „Ich habe noch anderen Job. Ich kann gehen kellnern. Und ich werde suchen eigene Wohnung. So schnell wie möglich. Für mich und meine Eltern und meine Schwester. Müssen die auch nicht mehr wohnen bei Klaus und Nazi-Bul… äh, Nina und bei Herr Behrend und Frau Doktor Brooks. Alles wird gut!“
„Euch will aber hier niemand vertreiben!“ sagt Helga schnell. „Deine ganze Familie ist weiterhin sehr willkommen in der Lindenstraße.“
„Ich weißen!“ entgegnet Jekaterina schnell und ringt sich ein Lächeln ab. Dennoch ist sie insgeheim frustriert. Ihr Pflegejob bei Lola war eine Möglichkeit, um gutes Geld für sich und ihre Familie zu verdienen. Nun ist sie zunächst – bis sie eventuell doch was Neues findet – aufs Anschaffen angewiesen. Und das immer mit der Angst, dass Nina ihr dabei einen Strich durch die Rechnung macht. Und selbst wenn sie einen seriösen Job finden sollte, wäre das sicher wieder irgendeine Drecksarbeit. Das ist so frustrierend, schließlich hat sie in ihrer ukrainischen Heimat mal studiert und dabei von einer besseren Zukunft geträumt. Soll so nun ihr Leben aussehen…?
Während Jekaterina am Abend die Wohnung verlässt, um auf den Strich zu gehen, begibt Lola sich in Gabis Zimmer und versucht ein weiteres mal, sie aufzubauen und ihr etwas von ihren Ängsten zu nehmen.
„Woher nimmst nur diese Zuversicht?“ fragt Gabi.
„Zuversicht ist das einzige, was uns in gewissen Situationen am Leben hält“, erwidert Lola. „Das hab ich schon während des Krieges begriffen. Und während der harten Zeit des Wiederaufbaus. Egal wie dunkel alles ist – irgendwann geht auch wieder die Sonne auf!“
Und zum ersten Mal an diesem Tag ist Gabi auch bereit zu einem kleinen Lächeln. „Danke!“ flüstert sie und umarmt ihre Schwiegermutter.

Marcella wacht an diesem Tag mit schweren Beinen, Kopfschmerzen und Schwindelgefühl auf. Die Schwangerschaft macht ihr mal wieder deutlich zu schaffen. Dennoch muss der Laden laufen und sie schleppt sich ins Marcellas, während Sebastian, der gerade zu ihr in die Lindenstraße gezogen ist und zur Zeit ein paar Tage Urlaub hat, seine Habseligkeiten in Marcellas Wohnung zu verteilen versucht – kein einfaches Unterfangen, denn schließlich war seine alte Bleibe doch deutlich größer.
Während Marcella mühsam ihrer Arbeit nachgeht und das Gefühl hat, diesen Tag kaum zu überstehen, sitzen David und Mandy bei ihr am Tresen und trinken Cappuccino.
„Geht ihr euch denn noch nicht auf die Nerven?“ erkundigt Davids sich bezüglich Sebastians Einzug bei Marcella.
„Alles fein“, stöhnt sie und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
„Du könntest ja auch zu uns ziehen“, meint Mandy grinsend. „Dann wären wir wie eine richtige Familie.“
David sieht sie skeptisch an. „Ich bin mir nicht sicher, ob Jeremy das gut finden würde“, äußert er zweifelnd.
„Wir sollten es drauf ankommen lassen“, meint Mandy. „Ich glaube, das Eis ist gebrochen, er akzeptiert dich allmählich.“
„Ich bin mir da nicht so sicher“, zweifelt David weiter. In dem Moment betritt Sebastian das Café.
„Ich hab mal ein bisschen nachgedacht“, ruft er fröhlich. „Was hältst du von Matteo? Oder Luca?“
Als Marcella die fragenden Blicke von David und Mandy bemerkt, streicht sie sich über den Bauch und erklärt: „Wir haben Anfang der Woche erfahren, dass es ein Junge wird!“
„Oh schön!“ freut sich Mandy.
„Von mir aus muss das wirklich kein italienischer Name sein“, sagt Marcella gequält.
„Ich finde was italienisches aber schön“, erwidert Sebastian. „Mit einer italienischen Mama!!!“
Marcella verdreht die Augen. „Mal sehen“, murrt sie. „Wir müssen das ja nicht hier und jetzt entscheiden…“
Ein paar Stunden später, Marcella quält sich weiter durch den Tag, fliegt die Tür des Lokals auf und eine vorwurfsvolle Stimme ruft: „Du blöde Kuh! Warum hast du mir nichts davon erzählt?“
Als Marcella sich umdreht, steht ihre Schwester Giovanna im Laden.
„Ach? Gibt’s dich auch noch?“ fragt Marcella spitz.
„Du meldest dich ja nie bei mir“, erwidert Giovanna zickig. „Und dann muss ich von Mama erfahren, dass du schwanger bist!“
Die beiden umarmen sich schließlich und Giovanna betrachtet ihre große Schwester eingehend.
„Oh mein Gott, du siehst wirklich furchtbar aus“, stellt sie schließlich ungeniert fest.
„Ja, ich weiß“, stöhnt Marcella. „Wie ein Ballon…“
„Das meine ich nicht. Eher so aufgedunsen. Und blass wie der Tod auf Latschen!“
„Ja, vielen Dank auch“, giftet Marcella und weicht eingeschnappt zurück. „Ich hab mir das auch nicht ausgesucht!“
„Für mich wäre das ja überhaupt nichts“, meint Giovanna, als sie später mit einer Cola am Tresen hockt. „So Schwangerschaft und so.“
„Meinst du für mich?“ nölt Marcella. „Aber wenn man die Pille auskotzt, hat man halt die Arschkarte.“
„Oh Gott“, stöhnt Giovanna. „Also sobald ich wieder einen Freund habe, lasse ich mir die Spirale einsetzen.“
„Ja, besser ist es wohl“, pflichtet Marcella ihr bei.
Nachdem eine weitere Weile verstrichen ist, wird Giovanna auf die Weinflaschen aufmerksam, die im Regal hinter dem Tresen stehen.
„Was bietest du denn hier für ein teures Gesöff an?“ fragt sie fassungslos. „Das passt hier aber überhaupt nicht rein! Trinken deine Gäste sowas?“
„Das Zeug hat Michele mir aufs Auge gedrückt. Und, nein, meine Stammgäste trinken sowas nicht, allein schon, wenn sie den Preis sehen“, winkt Marcella lachend ab. „Aber zwischendurch kommen immer wieder irgendwelche Schlipsträger und kaufen mir gleich mehrere Flaschen ab.“
„Und was musst du Michele dafür latzen?“ fragt Giovanna.
„Ich beteilige ihn nur am Gewinn“, erklärt Marcella. „Die Flaschen überlässt er mir so. Wenn ich nichts verkaufe, muss ich ihm auch nichts zahlen.“
„Komische Sache“, findet Giovanna nachdenklich.
Im Laufe des Nachmittags merkt Marcella zunehmend, dass sie nicht mehr kann. Und ausgerechnet jetzt besucht ihre zuverlässigste Mitarbeiterin Laura übers Wochenende ihre Eltern in Österreich. Marcella erreicht spontan auch keine ihrer anderen Aushilfen, aber es ist ziemlich viel los. Wäre der Laden leer, würde sie heute einfach früher zu machen, aber so…
Eine Gruppe junger Menschen, darunter Paul, Mika und Romy aus der WG vom Haus Nr.1, besetzen die hinteren Plätze und machen ein ziemliches Spektakel – eine Sache, die Marcella heute ganz schlecht ertragen kann…
Nachdem sich, bis auf die lärmende Horde, keine weiteren Gäste mehr im Lokal befinden, hängt Marcella vorsichtshalber das „Geschlossene Gesellschaft“-Schild in die Tür, um zu verhindern, dass der Laden sich erneut füllt. Doch die Jugendlichen machen weiterhin keine Anstalten, bald aufzubrechen.
Als Mika eine neue Runde ordert, erkundigt Marcella sich, ob sie nicht langsam zahlen wollen, sie wolle bald schließen.
„Wieso? Du hast doch noch fast zwei Stunden geöffnet“, wundert sich Mika. „Außerdem müssen wir feiern, Romy hat eine tolle Praktikumsstelle an Land gezogen.“
Marcella erkennt, dass sie auf Granit beißt. Zumindest werden wegen des Schildes keine neuen Gäste mehr kommen, bleibt nur zu hoffen, dass die feiernde Gruppe bald weiterzieht…
Eine Stunde später ist jedoch immer noch keine Aufbruchstimmung spürbar. Marcella hat sich auf einen Stuhl in der hintersten Ecke ihres Thekenbereichs niedergelassen und hofft, dass man zumindest möglichst selten nach ihr verlangt. Als dann aber plötzlich doch alle gleichzeitig etwas neues bestellen wollen, quält Marcella sich von ihrem Stuhl hoch und sucht nach ihrem Block, als ihr plötzlich schwindelig wird. Noch ehe Marcella selbst richtig begreift, was gerade geschieht, verliert sie das Bewusstsein und sackt zu Boden, wobei sie laut scheppernd und klirrend mehrere Gläser und Flaschen vom Tresen reißt. Die feiernde Meute verstummt augenblicklich…
Als Marcella zu sich kommt, sieht sie verschwommen Paul, Mika und Romy über sich, im Hintergrund stehen weitere Gäste.
„Ich rufe einen Krankenwagen“, hört sie Romy sagen.
„Nein… kein… Krankenwagen“, stöhnt Marcella.
„Ey, du bist hier gerade voll abgeklappert!“ sagt Mika. „Und du bist schwanger!“
Keine Widerrede hilft, der Krankenwagen wird verständigt und Marcella ins Krankenhaus abtransportiert.
Während Romy für Marcella den Laden abschließt, versucht Paul Sebastian zu verständigen, doch der ist nicht zuhause.
Etwas später versucht Paul erneut sein Glück – diesmal mit Erfolg. Nachdem Sebastian erfahren hat, was geschehen ist, macht er sich sofort auf den Weg ins Krankenhaus, wo man ihn in der Notaufnahme zunächst zu vertrösten versucht.
„Sind Sie ein Verwandter von Frau Varese?“ erkundigt sich die Ärztin Dr. Angelika Nottke, als sie sich Sebastian endlich annimmt.
„Ich bin ihr Fr… Verlobter“, erwidert er schnell.
„Sie sind nicht verheiratet?“ hakt die Ärztin nach.
„Noch nicht. Aber ich bin der Vater des Kindes!“
„Eigentlich darf ich Ihnen keine Auskunft erteilen…“
„Ich weiß! Ich bin selbst Arzt! Also… Zahnarzt. Aber es geht hier um meine Verlobte und um MEIN Kind!!!“
Frau Dr. Nottke seufzt tief. Dann sagt sie: „Frau Varese hat eine schwere Schwangerschaftsvergiftung. Es… es geht ihr definitiv nicht gut und wir wissen nicht, ob… “
„Sie… Sie meinen, sie verliert das Kind?“
„Wir wissen nicht…, ob wir sie retten können. Alle beide. Mutter UND Kind!“

CLIFFHANGER auf: Dr. Sebastian Ritter

Mitwirkende Personen
Dr. Sebastian Ritter
Marcella Varese
Giovanna Varese
David Krämer
Mandy Peschke
Nina Zöllig
Ida Zöllih
Klaus Beimer
Mila Beimer
Helga Beimer
Lola Zenker
Andy Zenker
Gabi Zenker
Valerie Zenker
Hubertus zu Hohenlobese
Simone Stadler
Vasily Sarikakis
Lovis Wendland
Maite Wendland
Merle Wendland
Paul Dagdelen
Mika Arlen
Romy Brinkmann
Jekaterina Litwinski
Marian Petri
Dr. Angelika Nottke

© ´popo wolfson` 2022

_________________
Das Leben besteht zu 10% aus dem, was dir passiert und zu 90% daraus, wie du darauf reagierst
Charles R. Swindoll


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Verfasst: Di 6. Sep 2022, 15:05 


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1848 - September
BeitragVerfasst: Di 6. Sep 2022, 15:27 
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Registriert: Mi 15. Sep 2010, 12:37
Beiträge: 10007
Wow, schweres Drama am Ende :o

Der Satz der Folge: „Völlige Übersprungshandlung“, befindet Mila altklug. „Fehlgeleitet und ohne jeglichen Sinn.“ :lol:


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 Betreff des Beitrags: Re: Folge 1848 - September
BeitragVerfasst: Mi 7. Sep 2022, 10:58 
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Registriert: Mi 29. Sep 2010, 00:11
Beiträge: 11587
ui, Drama so aus dem Nichts.
Wie in den ersten Folgen der Lindenstrasse, da jagte ein Drama das nächste. :P
Hm, willst Du Matschella rausstreichen :| ? Werden es zu viele "Darsteller"? ;)


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